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B. F RAGESTELLUNG , M ETHODE UND S TAND DER F ORSCHUNG

1. Typologischer Vergleich

Eine derartige vergleichende Analyse der Landfriedensbünde ist deshalb ein Kernziel dieser Arbeit.

Ihr ist Kapitel III gewidmet. Dort werden die Einungen und Einungsprojekte unter den folgenden Kriterien untersucht: Gründungsziele und Gründungspersonen der Einungen, ständische und konfessionelle Struktur der Mitglieder und ihr Wandel, bündisches Leitungspersonal,

das Reich - Konkurrenz und Symbiose, in: Alternativen zur Reichsverfassung, S. 43-63; sowie:

Landfriedenseinung und Standessolidarität - der Schwäbische Bund und die „Raubritter“, in: FS Rabe, S.

471-492; Haug-Moritz, Kursachsen und der Schmalkaldische Bund, in: FS Horst Rabe, S. 507-524; dies., Reich und Konfessionsdissens im Reformationszeitalter. Überlegungen zur Reichskonfessionspolitik Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen, in: Hess. Jb. f. LG 46 (1996), S. 137-159; dies., Zwischen Kooperation und Konfrontation - Der Schmalkaldische Bund und seine Führungsmächte, in: Der Schmalkaldische Bund und die Stadt Schmalkalden, Wechmar/Schmalkalden 1996, S. 89-99.

21Volker Press, Die Bundespläne Kaiser Karls V. und die Reichsverfassung, in: Das römisch-deutsche Reich im politischen System Karls V., hg. v. Heinrich Lutz (= Schriften des Historischen Kollegs 1), München 1982, S. 55-106; Alternativen zur Reichsverfassung, hg. v. Volker Press/Dieter Stievermann (= Schriften des Historischen Kollegs 23), München 1995.

22Die wenigen Ausnahmen sind der Aufsatz von Press, Die Bundespläne Kaiser Karls V. und die Reichsverfassung, sowie die in ihrer Fragestellung veraltete Arbeit von Martti Salomies, Die Pläne Kaiser Karls V. für eine Reichsreform mit Hilfe eines allgemeinen Bundes, Helsinki 1953. Vgl. ferner: Friedrich v.

Bezold, Das Bündnisrecht der deutschen Reichsfürsten bis zum Westfälischen Frieden, Bonn 1904;

Thomas Nipperdey, Der Föderalismus in der deutschen Geschichte, in: ders., Nachdenken über die deutsche Geschichte, München 1986, S. 60-109, bes. S. 60-65. Mit dem Einungswesen direkt befassen sich überblicksartig Franziska Neuer-Landfried, Die katholische Liga, Kallmünz 1968, S. 1-11; Gerhard Pfeifer, Die Bedeutung der Einung im Stadt- und Landfrieden, in: ZfbayLG 32 (1969), S. 815-831; Georg Droege, Die Bedeutung des bündischen Elements, in: DeutVerwG, hg. v. Kurt Jeserich/Hans Pohl/Georg-Chr. v. Unruh, Bd. 1, Stuttgart 1983, § 8, S. 188-193; sowie Peter Moraw, Die Funktion von Einungen und Bünden im spätmittelalterlichen Reich, in: Press/Stievermann, Alternativen zur Reichsverfassung, S. 1-21.

23Eine derartige vergleichende Analyse bündischer Strukturen fordert auch Göttmann, Die Bünde und ihre Räume, S. 441f.

Organisationsstruktur der Einungen und ihre Entwicklung, Handeln der Einung nach innen gegenüber ihren Mitgliedern und nach außen auch gegenüber Institutionen des Reiches, sowie die geographische Erstreckung der Einungen.25

Die allermeisten der im folgenden behandelten Landfriedensbünde des 16. Jahrhunderts sind militärisch nicht aktiv geworden. Neben der Landfriedenssicherung dienten sie in erster Linie der Durchsetzung konfessioneller und ständischer (bei Fürsten landesherrlicher) Interessen auf politischem Wege. Als wichtige typologische Einteilungskriterien dürften sich somit die Merkmale Stand und Konfession erweisen. Auf dieser Grundlage kann man demnach für das 16. Jahrhundert drei Typen von Landfriedensbünden unterscheiden:

a) Zwischenständisch-überkonfessionelle Landfriedensbünde und -bundesprojekte

Nach dem Auftreten der Reformation waren sämtliche kaiserlichen Versuche gescheitert, Einungen zu gründen oder zu erhalten, die zugleich überkonfessionell und zwischenständisch sein sollten (Verlängerung des Schwäbischen Bundes, kaiserlicher Reichsbund und Memminger Bund). Der ständische Antagonismus, der entscheidend zum Ende des Schwäbischen Bundes beitrug, konnte auch in der Folgezeit nicht überwunden werden.

In der Rechtsform der Einung herrschte grundsätzlich das Prinzip der Gleichheit der Schwörenden.

Aber gerade die weltlichen Fürsten waren nicht länger bereit, den Städten und mindermächtigen Herrschaftsträgern gleichberechtigte Mitsprache einzuräumen.

Insofern konnten weder Karl V. noch Ferdinand I. die traditionelle kaiserliche Klientel, eben die Mindermächtigen und die Städte, in dem Maße mittels Einungen an das Haus Habsburg binden, wie dies noch Maximilian I. gelungen war.

Viele schwäbische Adelige wurden zwar noch Mitglied des katholischen Bundes von Nürnberg, der allerdings primär konfessionell orientiert war. Danach aber trat keiner mehr von ihnen einer Einung bei. Interesse bekundeten sie noch am Reichsbund und am Memminger Bund, doch diese beiden Projekte wurden nicht realisiert. Und als die schwäbischen Mindermächtigen von den Habsburgern aufgefordert wurden, dem Landsberger Bund beizutreten, sagten sie ihre Teilnahme ab. Statt dessen

24Auch Helmut Neuhaus, Das Reich in der Frühen Neuzeit (= Enzyklopädie Deutscher Geschichte 42), München 1997, betont die Notwendigkeit einer „politik- und verfassungsgeschichtlich breit angelegten Bünde-Geschichte“ (S. 97).

25Dieser Fragenkomplex war Gegenstand einer Tagung über bündische Strukturen, die im November 1994 in Bad Liebenzell stattfand. Zur geographischen Erstreckung der Einungen vgl. Göttmann, Die Bünde und ihre Räume, S. 441f.

zogen sie es vor, im inzwischen etablierten schwäbischen Reichskreis oder, wenn sie der Ritterschaft angehörten, in ihrem Ritterkanton zu verbleiben.26

Schwierig gestaltete sich auch das Verhältnis des Kaisers zu den Reichsstädten nach der Ausbreitung der Reformation. Die überwiegende Mehrzahl der oberdeutschen Reichsstädte war protestantisch geworden, und als Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes (mit Ausnahme Nürnbergs) zählten sie überdies zu den Gegnern des Kaisers. Dieser Konflikt trug zum Ende des Schwäbischen Bundes bei.

Erst 1547 unternahm Karl V. mit dem Reichsbund den Versuch, eine Einung zu gründen, der sämtliche Reichsstädte beitreten sollten. Auch wenn einige oberdeutsche Reichsstädte den Reichsbund und danach die meisten von ihnen den Memminger Bund befürworteten, so sahen die Städte in Kaiser Karl V. nicht den Garanten ihrer Freiheit und Unabhängigkeit, wie noch in dessen Vorgänger Maximilian. Dafür war die Politik Karls V. zu wenig städtefreundlich. Neben den Eingriffen in das kommunale Verfassungsgefüge durch die Hasenräte zeigt dies am deutlichsten das Schicksal der protestantischen Reichsstadt Konstanz, die 1548 nach ihrer Eroberung durch kaiserliche Truppen zu einer österreichisch katholischen Landstadt wurde.

b) Konfessionell-zwischenständische Einungen

Nach dem Ende des Schwäbischen Bundes konnten zwischenständische Einungen, also Einungen, in denen Fürsten, Städte sowie mindermächtige Adelige und Prälaten einigermaßen gleichberechtigt waren,27 nur unter konfessionellen Vorzeichen gegründet werden (Schmalkaldischer Bund und katholischer Bund zu Nürnberg). Im 16. Jahrhundert bildete somit die Konfession den wesentlichen Integrationsfaktor, um die vorhandenen ständischen Antagonismen zu überwinden und in gewisser Weise auszugleichen.

Dies galt vor dem Tridentinum allerdings in weit stärkerem Maße für den protestantischen Bereich.

Während dieses Zeitraums traten viele der altgläubigen Reichsstände - selbst die in ihrer Existenz bedrohten geistlichen Fürsten - keinem dezidiert katholischen Bündnis bei. Ein wesentlicher Grund dafür liegt vermutlich auch daran, daß bei den allermeisten von ihnen eine katholische

26Die Etablierung der Reichsritterschaft in den 1530er und 1540er Jahren sind allerdings Ergebnis einer erfolgreichen Adelspolitik von Karl V. und Ferdinand. Vgl. dazu Volker Press, Kaiser Karl V., König Ferdinand und die Entstehung der Reichsritterschaft, Wiesbaden 1976.

27Eine gewisse Ausnahme stellen sowohl die oberschwäbischen Landfriedenseinungen als auch die Fränkische Einung, der Nürnberg und die Bischöfe von Bamberg und Würzburg angehörten, dar. Aber in der Fränkischen Einung war der niedere Adel nicht vertreten, und in den oberschwäbischen Bünden fehlten die Fürsten.

Konfessionalisierung (noch) nicht erfolgt war.28 Im Gegensatz zum Protestantismus bestand in der altgläubigen Kirche bis zum Tridentinum Unklarheit über die fundamentalen Glaubenssätze, denn diese wurden erst in der theologischen Auseinandersetzung mit dem Protestantismus entwickelt. Die protestantischen Reichsstände hingegen, die sich größtenteils im Schmalkaldischen Bund zusammenschlossen, wußten sehr genau, welche Glaubensinhalte sie verteidigen wollten. Vor allem aber waren sie einem viel größerem Druck von Kaiser und Reich ausgesetzt.

Bezeichnenderweise trat bei konfessionell ausgerichteten Einungen der Aspekt des Landfriedensschutzes in den Hintergrund; in der Schmalkaldischen Bundesordnung von 1531 findet sich keinerlei Bezug auf den Landfrieden. Statt dessen wurden Bündnisse mit europäischen Machthabern in die Wege geleitet. Schließlich wurden konfessionelle Schutzbündnisse am Jahrhundertende, in der sich verschärfenden konfessionellen Auseinandersetzung vor dem 30jährigen Krieg, überhaupt zum alleinigen Typus bündischer Zusammenschlüsse. Formal waren Liga und Union in ihrem Bezug auf den Landfrieden zwar noch Landfriedensbünde, de facto aber sprengten sie mit ihren europäischen Verbündeten den Reichsverband.

c) Ständisch-überkonfessionelle Landfriedensbünde

Eine untergeordnete Rolle spielte das konfessionelle Element hingegen bei innerständischen Einungen, bei denen Standessolidarität und die gemeinsamen Standesinteressen die Grundlagen des innerbündischen Zusammenhalts bildeten. Nach dem Zerfall des Schwäbischen Bundes schlossen sich viele der ehemaligen Mitglieder in ständisch homogenen Einungen zusammen. Ulm, Augsburg und Nürnberg gründeten 1533 einen Städtebund; vor allem aber entstanden Fürstenbünde: 1532 die Rheinische Einung sowie 1534 die Eichstätter Einung, die 1535 in dem Kaiserlichen Neunjährigen Bund aufging.

Die Fürstenbünde dienten den Fürsten in erster Linie zur Wahrung oder zum Ausbau der eigenen Macht und Herrschaftsrechte, teilweise in Opposition zur kaiserlichen Politik (Rheinische Einung und Heidelberger Bund). Oftmals wurden auch Reichsstädte aufgrund ihrer Finanzkraft in die fürstlich dominierten Einungen aufgenommen, ohne daß ihnen jedoch entscheidende Mitspracherechte eingeräumt wurden (Neunjähriger, Heidelberger, Egerer und Landsberger Bund); Niederadelige konnten hingegen nie in fürstlich dominierte Landfriedensbünde eintreten.

28Zur Auseinandersetzung in der Forschung um die Periodisierung der einzelnen Phasen der Konfessionalisierung vgl. Heinrich R. Schmidt, Konfessionalisierung im 16. Jahrhundert (= EDG 12), München 1992, bes. S. 110-115.

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