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KAPITEL II............................................................................................................................................................................... 24

C. R HEINISCHE E INUNG (1532-1547)

1. Gründungspersonen- und ziele

Die Rheinische Einung wurde am 8. November 1532 in Oberwesel von dem Kurfürst von der Pfalz, dem Landgraf von Hessen sowie den geistlichen Kurfürsten von Mainz und von Trier gegründet. Am 26. Mai 1533 wurde als einziger weiterer Einungsverwandter der Bischof von Würzburg aufgenommen.267 Prima vista mag es erstaunen, daß in einer Phase zunehmender konfessioneller Konfrontation im Reich drei altgläubige Fürsten mit dem dezidiert protestantischen Anführer des Schmalkaldischen Bundes, Philipp von Hessen, eine Einung errichteten (die konfessionelle Orientierung des pfälzischen Kurfürsten war zu dieser Zeit noch nicht eindeutig). Damit steht die Frage nach den Zielen und Motiven der jeweiligen Einungsfürsten, die sie zum Abschluß der Rheinischen Einung bewogen, im Mittelpunkt der Betrachtung. Und sie ist um so entscheidender, als nicht nur konfessionelle Gegensätze, sondern zudem alte nachbarschaftliche Streitigkeiten um Zölle, Herrschaftsrechte und Grenzverläufe bestanden.268 Insbesondere Mainz war mit seinen dynastischen Nachbarn Pfalz und Hessen in derartige territoriale Auseinandersetzungen verwickelt. Die wesentliche Voraussetzung für den Beitritt des Mainzer Erzbischofs und seines Domkapitels in die Einung war deshalb die Beilegung der nachbarschaftlichen Auseinandersetzungen, die durch Austrag, also schiedsgerichtlich, innerhalb der Einung abschließend entschieden werden sollten.269 Hinzu kam das gemeinsame Anliegen aller Einungsfürsten, die niederadelige Bedrohung, die einen Höhepunkt in

266Wichtigste Literatur zur Rheinischen Einung: Friedrich Eymelt, Die Rheinische Einung des Jahres 1532 in der Reichs- und Landesgeschichte (= Rhein. Archiv 62), Bonn 1967 sowie darauf basierend Franz Petri, Die Rheinische Einung des Jahres 1532 und ihr Verhältnis zu Habsburg, in: FS Ludwig Petry, Bd. 1, Wiesbaden 1968, S. 97-108. Der Bundesbrief vom 8. XI. 1532 ist ediert in: Spieß, Der Kayserliche neunjährige Bund, Beilage IV, S. 50-66 sowie bei: Nikolaus J. von Hontheim, Historia Trevirensis diplomatica et pragmatica ..., Bd. 2, Augustae Vind. et Herbipoli 1750, S. 632-639, dort auch die wichtigen Nebenabsprachen, S. 639ff.

267Bei den geistlichen Fürsten traten zudem die jeweiligen Domkapitel der Einung bei.

268Hinzu kam das Problem der geistlichen Jurisdiktion zwischen Mainz und Hessen sowie der Schutz der weitverstreuten mainzischen Besitzungen, die im hessischen Einflußbereich lagen, Eymelt, Rheinische Einung, S. 23f.

269Eymelt, Rheinische Einung, S. 35-37.

der Sickingen-Fehde erreicht hatte, abzuwehren. Dementsprechend bildete die Anti-Sickingenkoalition von 1521 (Trier, Hessen, Pfalz)270 den Kern der Rheinischen Einung.

Eine weitere Bedrohung der fürstlichen Macht war von den aufständischen Bauern ausgegangen, die von den rheinischen Einungsfürsten ebenfalls zum Teil gemeinsam bekämpft worden waren.271 Fürstliche Standessolidarität und damit verbunden die Bewahrung der politisch-sozialen Ordnung waren somit ein wichtiger Zusammenhalt, der das konfessionell Trennende in den Hintergrund rücken ließ.272

Ein weiterer Anlaß für die Gründung der Einung war vor allem der gemeinsame, wenn auch in unterschiedlicher Intensität vorhandene Widerstand der Einungsfürsten gegen die Vormachtstellung der Habsburger im Reich. Allgemeines Mißtrauen - auch unter den grundsätzlich kaisertreuen geistlichen Fürsten - hatte 1528 die Übertragung der Temporalien des Stifts Utrecht an Karl V. als burgundischen Landesherren hervorgerufen; gleiches drohte, so die im Reich kursierenden Gerüchte, 1533 dem Bistum Münster, was außer den geistlichen Fürsten speziell Philipp von Hessen beunruhigte,273 weil dieser befürchten mußte, daß Macht und Einfluß der Habsburger in Nordwestdeutschland weiter zunehmen und der burgundische Länderkomplex dann fast unmittelbar an Hessen grenzen würde.

Doch der hessische Landgraf versuchte nicht nur das eventuelle Vordringen der Habsburger im Nordwesten des Reichs zu verhindern, vielmehr war ihm an der Schwächung der habsburgischen Vormachtstellung im gesamten Reich gelegen. Als Ansatzpunkt diente ihm die geplante Restituierung Ulrichs von Württemberg. Voraussetzung dafür war allerdings die Ausschaltung des Schwäbischen Bundes, der ohnehin in sich konfessionell zerstritten und kaum noch handlungsfähig war. Um das zu erreichen, wurden vor allem die Verlängerungsverhandlungen des Schwäbischen Bundes boykottiert.

Folgerichtig gehörte zu dem konstitutiven Gründungsakt der Rheinischen Einung auch ein Nebenvertrag, in dem Hessen, Kurpfalz und Mainz sich verpflichteten, nicht ohne Wissen und

270Landfriedensbund gegen Franz v. Sickingen vom 20. X. 1521, als Regest aufgeführt bei Otto v. Looz-Corswarem (Hg.), Kaiser und Reich unter Kaiser Karl V. Urkunden und Akten im Staatsarchiv Koblenz, Koblenz 1964, Nr. 14, S. 2.

271Einung der rhein. Kurfürsten Mainz, Köln, Trier und Pfalz gegen die aufrührerischen Untertanen vom 17. X.

1527, Looz-Corswarem, Nr. 24, S. 3. Hervorzuheben ist zudem das enge Verhältnis des pfälzischen Kurfürsten zum Bischof v. Würzburg, der vor den aufständischen Bauern Zuflucht in Heidelberg gesucht hatte und nach dem Sieg über die Bauern vom Kurfürsten nach Würzburg zurückgeführt wurde, Eymelt, Rheinische Einung, S. 23.

272Petri, Rheinische Einung, S. 100f.

273Zu den diplomatischen Aktivitäten des hessischen Landgrafen vgl. Hans-Joachim Behr, Franz von Waldeck 1491-1553, Bd. 1, Münster 1996, S. 88-90.

Zustimmung der anderen einer Verlängerung des Schwäbischen Bundes zuzustimmen.274 Laut Nebenvertrag sollte der Schwäbische Bund aufgelöst oder im Sinne der Fürsten verändert werden, d. h. die beiden anderen Bänke sollten die Fürstenbank nicht überstimmen können.275 Das erst im Mai 1533 hinzukommende Würzburg verpflichtete sich ebenfalls, diese Nebenabsprache einzuhalten.

Trier,276 das ohnehin schon seit 1512 nicht mehr Mitglied des Schwäbischen Bundes war, wurde deswegen nicht in diesen Nebenvertrag einbezogen.

Der hessische Landgraf hatte mit dem Abschluß der Rheinischen Einung seine antihabsburgische Politik erfolgreich abgesichert. Er konnte einen militärischen Zug nach Württemberg unternehmen, ohne nennenswerten Widerstand seitens des Schwäbischen Bundes zu erwarten, weil einflußreiche Mitglieder wie Bayern und eben die Fürsten der Rheinischen Einung sich ihm gegenüber zumindest neutral verhielten. Zugleich waren seine hessischen Besitzungen aufgrund des Schutzes durch Kursachsen und die Einungsfürsten keiner unmittelbaren Gefahr ausgesetzt.277

Sein Ziel und die Funktion der Rheinischen Einung zur Erreichung dieses Zieles hat Philipp von Hessen denn auch selbst klar formuliert: „zweierlei verstendnus [gemeint ist neben der Rheinischen Einung der Schmalkaldische Bund], die alle bede dartzu dinen, daz Ferdinando etwas entzogen wurde“.278 Diese dezidiert antihabsburgische Politik Philipps wurde von den übrigen Mitgliedern der Rheinischen Einung nicht im gleichen Maße geteilt, ihnen ging es vielmehr um die Begrenzung und Kontrolle der habsburgischen Macht.279 Gegenüber diesen außenorientierten Gründungszielen traten solche mit Binnenwirkung in den Hintergrund. Einzig das Mainzer Bemühen, die erwähnten Grenzprobleme im Rahmen der Einung beizulegen, ist hier anzuführen.

274Eymelt, Rheinische Einung, S. 40.

275Eymelt, Rheinische Einung, S. 47.

276Aber auch der Trierer Erzbischof hegte gegenüber den Habsburgern Mißtrauen; Ursache dafür war das gespannte Verhältnis Triers zu Luxemburg, das zum habsburgisch-burgundischen Machtbereich zählte.

277Eymelt, Rheinische Einung, S. 67.

278Brief an den Kurfürsten v. Sachsen vom 16. III. 1533, Eymelt, Rheinische Einung, S. 51.

279Eymelt, Rheinische Einung, S. 56.

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