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Die Gründung des Bundes und die Region Schwaben

KAPITEL II............................................................................................................................................................................... 24

1. Die Gründung des Bundes und die Region Schwaben

Mitglieder des Schwäbischen Bundes waren bei seiner Gründung Adelige, Prälaten und Städte Schwabens sowie dem Bund zugewandte Fürsten; der Bund war somit eine zwischenständische Einung.

Die Initiative zur Gründung des Bundes war von Kaiser Friedrich III. ausgegangen, der am 26. Juni 1487 ein Mandat an die schwäbischen Stände erließ, wonach diese sich verbinden sollten, um den 1486 auf dem Frankfurter Reichstag beschlossenen zehnjährigen Reichslandfrieden54 in Schwaben mittels einer regionalen Einung umzusetzen. Dem Frankfurter Reichslandfrieden entsprechend sollte der Bund bis 1496 befristet sein. Die schwäbischen Stände erklärten, daß sie „one mittel“55 nur dem Kaiser untertan, also reichsunmittelbar seien,56 und der Kaiser versprach, die ständischen Rechte und Freiheiten der Städte und des Adels gemäß dem Herkommen zu bewahren.

Die Anzahl der reichsunmittelbaren Adeligen, Prälaten und Städte war im Südwesten des Alten Reiches recht groß, denn seit dem Untergang der Staufer war es keiner Macht gelungen, dieses zersplitterte insgesamt Gebiet zu beherrschen. Das so entstandene Machtvakuum konnten auch in

53Wichtigste Literatur und Quellen zum Schwäbischen Bund: Horst Carl, Der Schwäbische Bund (= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 24), Leinfelden-Echterdingen 2000 (grundlegend); ders., Eidgenossen und Schwäbischer Bund - feindliche Nachbarn?, in: Die Eidgenossen und ihre Nachbarn im Deutschen Reich des Mittelalters, hg. v. Peter Rück, Marburg 1991, S. 215-265; ders., Der Schwäbische Bund und das Reich - Konkurrenz und Symbiose, in: Alternativen zur Reichsverfassung, hg. v. Volker Press/Dieter Stievermann (= Schriften des Historischen Kollegs 23), München 1995, S. 43-63; ders., Landfriedenseinung und Standessolidarität - der Schwäbische Bund und die „Raubritter“, in: Recht und Reich im Zeitalter der Reformation. FS f. Horst Rabe, hg. v. Christine Roll, Frankfurt a. M., 2. Aufl. 1997, S. 471-492; Johann Philipp Datt (Hg.), Volumen rerum Germanicarum novum sive de pace imperii publica, Ulm 1698; Karl Klüpfel (Hg.), Urkunden zur Geschichte des Schwäbischen Bundes, 2 Bde., Stuttgart 1846-1853; Ernst Bock, Der Schwäbische Bund und seine Verfassungen. Ein Beitrag zur Geschichte der Reichsreform (=

Untersuchungen zur deutschen Staats - und Rechtsgeschichte 137), Breslau 1927, ND Aalen 1968; Helmo Hesslinger, Die Anfänge des Schwäbischen Bundes. Ein Beitrag zur Geschichte des Einungswesens unter Friedrich III., Ulm 1970; Adolf Laufs, Der Schwäbische Kreis. Studien über Einungswesen und Reichsverfassung im deutschen Südwesten zu Beginn der Neuzeit (= Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte N.F. 16), Aalen 1971; Siegfried Frey, Das Gericht des Schwäbischen Bundes und seine Richter 1488-1534, in: Mittel und Wege früher Verfassungspolitik, hg. v. Josef Engel (= Tübinger Beiträge zur Geschichtsforschung 9), Stuttgart 1979 S. 224-281.

54Frankfurter Reichslandfrieden vom 17. III. 1486, in: Quellen zur Verfassungsgeschichte des römisch-deutschen Reiches im Spätmittelalter (1250-1500), hg. v. Lorenz Weinrich, Darmstadt 1983, S. 534-538.

55Entwurf der Bundesstatuten (Vergriff der Aynung) der in Eßlingen versammelten Bundesstände vom 28. VII.

1487, in: Klüpfel, Urkunden, Bd. 1, S. 2.

den Jahren vor der Gründung des Schwäbischen Bundes weder die in mehrere Linien geteilten Habsburger noch die Württemberger ausfüllen. Letztere waren nach der militärischen Niederlage gegen die Pfalz (1462) sowie aufgrund der Probleme infolge der Landesteilung vor allem mit internen Problemen beschäftigt.57 Hingegen hatte der Pfälzer Kurfürst von Norden her seinen Einfluß in den Kraichgau und an den Oberrhein vorgeschoben,58 von Osten drängten die bayerischen Herzöge nach Schwaben und ins Allgäu, während von Süden die Schweizer Eidgenossenschaft durch Beziehungen zu Reichsstädten wie Rottweil und Konstanz nach Schwaben einwirkte. Diese politische Landschaft des deutschen Südwestens wurde durch den Schwäbischen Bund nun allerdings grundlegend verändert. Die zuvor bestehenden kleinen lokalen Verbindungen, die zumeist ohne Vernetzung nebeneinander bestanden, wurden durch den Bund und dessen polarisierende Wirkung zu einem weiträumigen landschaftlichen System verbunden.59

Wesentlich blieb dabei stets der regionale Bezug des Bundes zu Schwaben auf das Land zu Schwaben,60 im damaligen Sprachgebrauch verstanden als die Landschaft zwischen dem Lech im Osten, bis zur Südgrenze des Herzogtum Württemberg im Norden und bis zum Hegau und Schwarzwald im Westen.61 Dieses Verständnis des Landes Schwaben schloß das Herzogtum Württemberg aus, umfaßte somit allein die kleinen, mindermächtigen Stände, die das freie Schwaben als Symbol gegen den fürstlichen Territorialstaat bildeten.62 Diese Region stellte zugleich ein Kerngebiet des Reiches dar:63 Hier saß in großer Anzahl der immediate geistliche und weltliche Adel, der die kaiserliche Klientel bildete und im nahe gelegenen Innsbruck, oder auch im elsässischen Regiment der Habsburger in Enisheim, in habsburgische Dienste treten konnte, hier befanden sich eine Vielzahl kleinerer und bedeutender Reichsstädte, in denen die Mehrzahl der Reichstage

56Tatsächlich präjudizierte die Zugehörigkeit zum Schwäbischen Bund die Reichsunmittelbarkeit, Carl, Eidgenossen, S. 255.

57Dazu ausführlicher Carl, Eidgenossen, S. 218-223.

58Volker Press, Die Ritterschaft im Kraichgau zwischen Reich und Territorium 1500-1623, in: ZGO 122 (1974), S. 35-98, hier S. 38.

59Polarisierend deswegen, weil die politischen Kräfte des Raumes sich entweder für oder gegen den Schwäbischen Bund entscheiden mußten, Carl, Eidgenossen, S. 226.

60Carl, Eidgenossen, S. 244; vgl. dazu Klaus Graf, Das „Land“ Schwaben im späten Mittelalter, in: Regionale Identität und soziale Gruppen im deutschen Spätmittelalter, hg. v. Peter Moraw (=ZHF Beiheft 14), Berlin 1992, S. 127-164.

61Göttmann, Die Bünde und ihre Räume, S. 466.

62Göttmann, Die Bünde und ihre Räume, S. 466f.

63Carl, Schwäbischer Bund und Reich, S. 43.

stattfanden, und hier hatten auch Institutionen des Reiches wie das Reichsregiment in Eßlingen ihren Sitz; kurzum hier waren Kaiser und Reich so präsent wie nirgends sonst im damaligen Reich.

Je nach Sichtweise war jedoch unklar, was schwäbisch sei und was nicht. Aus der Perspektive Friedrichs III. gehörte auch der Kraichgau zum Land Schwaben. Folgerichtig forderte er den Kraichgauer Adel auf, dem Schwäbischen Bund beizutreten. Der im wesentlichen zum Kurpfälzer Klientelsystem gehörende Kraichgauer Adel blieb allerdings dem Schwäbischen Bund fern,64 und so entwickelte sich im Kraichgau zunächst kein schwäbisches Bewußtsein. Erst als sich in den 1540er Jahren die Reichsritterschaft formierte, traten die Kraichgauer Ritter der schwäbischen Ritterschaft, dem institutionell am weitesten entwickelten Ritterkanton bei und nicht dem rheinischen, zu dem die pfälzische Region eigentlich gehört.65

Trotz der Betonung der schwäbischen Identität griff der Bund frühzeitig auch nach Franken aus.66 Schon 1488 wurden die fränkischen Markgrafen und der Mainzer Erzbischof aufgenommen. Die weitere Ausdehnung erfolgte ab 1500 nach Osten und Norden mit der Aufnahme Bayerns, Eichstätts, Bambergs und der Pfalz.67 Die politisch und wirtschaftlich zentralen Orte des Schwäbischen Bundes waren hingegen nach wie vor schwäbische: Ulm und Augsburg.68 Der Schwäbische Bund dehnte sich damit nur innerhalb des eigentlichen Reichsgebiets aus - bei Konzentration auf die Region Schwaben. Schon bei der Gründung des Bundes wurde mit Erzherzog Sigismund von Tirol vereinbart, daß er keineswegs Hilfe für seine Länder hinter dem Arlberg und an der Etsch, also Hilfe gegen die Welschen bekäme. Gleichwohl mußte Sigismund den Bund mit den Kräften seiner gesamten Länder unterstützen. Einen weiträumigeren Plan verfolgte dagegen Maximilian anläßlich der Verlängerungsverhandlungen des Bundes von 1500, als er die in habsburgischem Besitz befindliche elsässische Landvogtei und Mailand, um sie effektiver gegen Frankreich schützen zu können, in den Bund aufnehmen lassen wollte. Diese Erweiterungswünsche wurden jedoch von den übrigen Bundesständen abgelehnt.69 Exemplarisch erkennt man an dem Plan Maximilians die weiträumigen nach außen gerichteten dynastischen Interessen der Fürsten, die im

64Klaus Graf, Der Kraichgau. Bemerkungen zur historischen Identität einer Region, in: Die Kraichgauer Ritterschaft in der frühen Neuzeit, hg. v. Stefan Rhein, Sigmaringen 1993, S. 9-46, hier S. 27f.

65Press, Die Ritterschaft im Kraichgau, S. 45-47.

66Carl, Schwäbischer Bund und Reich, S. 46.

67Bock, Schwäbischer Bund, S. 190.

68Press, Vorderösterreich, S. 19. Die städtischen Bundeshauptleute wurden jeweils nur von Ulm und Augsburg gestellt.

69Laufs, Schwäbischer Kreis, S. 123.

Gegensatz zu den mindermächtigen Bundesständen nicht nur eine regionale Binnenorientierung verfolgten.

Eine vereinheitlichende, nach innen zielende Tendenz kam vor allem dem Bundesgericht zu, das den wegen des Fehlens übergeordneter Gewalten zersplitterten und vielfältigen Rechtsraum des deutschen Südwestens rechtlich ansatzweise vereinheitlichen konnte.70

Das landschaftliche Gefüge innerhalb Schwabens blieb gleichwohl ein kompliziertes politisches, ökonomisches und soziales Geflecht. Dabei spielten die Stadt-Landbeziehungen eine wichtige Rolle.71 Die schwäbischen Städte intensivierten auf regionaler Ebene ihre wirtschaftlichen Kooperationen. So kauften beispielsweise von 1472 -1532/36 die städtischen Weberzünfte gemeinsam das regionale Garn auf und vermieden so preistreibende Konkurrenz; gleiches wurde auch für den Getreidehandel (1491-1540) und den Viehhandel (1542/43) vereinbart.72 Verstärkt wurde dabei auch die Frage nach einer Integration der Herren und Prälaten erörtert. Zu einer solchen zwischenständischen Wirtschaftsplanung kam es im Bereich des Getreidehandels jedoch nur einmal 1530/31. Dabei erwies sich der Schwäbische Bund als institutionelle Klammer, weil durch seine schiedsgerichtlichen Verfahren die Nachbarn häufig zusammen geführt wurden.73

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