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Interne Handeln des Bundes: Konfliktbewältigung, Uneinigkeit und Ende

KAPITEL II............................................................................................................................................................................... 24

C. R HEINISCHE E INUNG (1532-1547)

3. Interne Handeln des Bundes: Konfliktbewältigung, Uneinigkeit und Ende

Zweck eines Landfriedensbundes war grundsätzlich der gemeinsame Bestand und Schutz vor äußeren Angriffen sowie der friedliche Austrag von Konflikten im Inneren. Beides sollte die Rheinische Einung in freilich nur sehr eingeschränkter Form bewerkstelligen. Der gemeinsame Schutz vor äußeren Bedrohungen galt nur bedingt, weil die Einungsfürsten 1532 in einem weiteren Zusatzvertrag jeweils eine Vielzahl von Ausnahmen vereinbart hatten.288 Dies führte beispielsweise im Ergebnis dazu, daß Mainz und Hessen sich fast völlig neutralisierten:289 Mainz hatte die

285Eymelt, Rheinische Einung, S. 44.

286Eymelt, Rheinische Einung, S. 128f.

287Dies geht aus einer Mainzer Instruktion hervor. Dort wird u.a. das Verhältnis von Rheinischer Einung und Reichsbund thematisiert, weil der Kaiser 1547 die Suspension aller bestehenden Einungen gefordert hatte, einzig der zu gründende kaiserliche Reichsbund sollte als Landfriedensbund bestehen dürfen. Instruktion des Mainzer Kurfürsten für seine Gesandten bei den Ulmer Reichsbundverhandlungen, Mainz, Ende Juni/Anfang Juli 1547, Wien HHStA, MEA RTA 13a, fol. 416r-419v.

288Hontheim, Historia Trevirensis, Bd. 2, S. 639-641; Eymelt, Rheinische Einung, S. 45f.

289Eymelt, Rheinische Einung, S. 47.

Wetterauer Grafen ausgenommen, zu denen auch einer der Hauptgegner des Landgrafen, der Graf von Nassau-Dillenburg zählte, der mit dem Landgrafen einen erbitterten Erbstreit um die Grafschaft Katzenellenbogen führte. Hessen wiederum hatte die Angehörigen des Schmalkaldischen Bundes ausgenommen, die die Hauptgefahr für die weit verstreuten Mainzer Besitzungen in Mitteldeutschland darstellten. Des weiteren hatten die Einungsfürsten beschlossen, daß sämtliche religiösen Streitigkeiten ausgenommen sein sollten. Die vielen Ausnahmen, die den gegenseitigen Beistand auf wenige Fälle reduzierten, belegen deutlich die unterschiedlichen politischen Interessen und Orientierungen der Einungsfürsten. Damit war schon zu Beginn der Einung der Vorrat an gemeinsamen Zielen sehr gering, er beschränkte sich eigentlich nur auf die Absicht, den Schwäbischen Bund aufzulösen und - damit verbunden - die habsburgische Macht im Reich zu schwächen.

a) Aufnahme neuer Mitglieder

Vor dem Hintergrund der zentralen Ziele der Rheinischen Einung als interkonfessionellen Fürstenbundes war die Aufnahme von Städten und Niederadeligen in den Bund recht unwahrscheinlich. Die Aufnahme von Niederadeligen dürfte angesichts der Erfahrungen mit Sickingen und des fürstlichen Mißtrauens gegenüber dem mindermächtigen Adel ohnehin nie zur Diskussion gestanden haben. So blieb der Mitgliederbestand von 1533 bis zum Ende der Einung mit fünf Reichsfürsten konstant. Zwischenständisches Handeln innerhalb einer Einung war, wie man am Niedergang des Schwäbischen Bundes erkennen kann, fast unmöglich geworden. Auch von den dem Schwäbischen Bund unmittelbar nachfolgenden Einungen zeichneten sich ja viele durch ständische Exklusivität aus.

Allerdings hat sich Landgraf Philipp um die Aufnahme oberdeutscher Städte in die Rheinische Einung bemüht, die er aus dem Schwäbischen Bund abziehen wollte. Fraglich ist allerdings, wie viele oberdeutsche Städte überhaupt beitrittswillig waren.290 Innerhalb der Rheinischen Einung sprachen sich die geistlichen Fürsten, allen voran der Mainzer Kurfürst, gegen die Aufnahme oberdeutscher Städte aus.291 Die Mainzer Vorbehalte waren im übrigen nicht nur ständischer, sondern auch konfessioneller Natur, da viele der oberdeutschen Städte protestantisch waren.292 Im Gegenzug

290Vgl. dazu das ablehnende Gutachten Conrad Peutingers an Bürgermeister und Rat von Augsburg vom 21.-23.

II. 1533, in: Konrad Peutingers Briefwechsel, hg. v. Erich König, München 1923, S. 462-466.

291Eymelt, Rheinische Einung, S. 62f.

292Die meisten protestantischen Städte Oberdeutschlands fanden dementsprechend im Schmalkaldischen Bund Aufnahme.

schlug der Mainzer Erzbischof deshalb vor, daß doch auch König Ferdinand Mitglied der Einung werden sollte - woraufhin der Landgraf seinen Plan fallen ließ.

Die von Hessen betriebene Aufnahme Ulrichs von Württemberg verlief ebenfalls im Sande. Zum einen verzögerten die übrigen Einungsfürsten immer wieder eine klare Entscheidung, zum anderen gab Ulrich von Württemberg selbst dem Schmalkaldischen Bund den Vorzug, weil dieser im Gegensatz zur Rheinischen Einung gerade Streitigkeiten mit konfessionellem Hintergrund nicht ausnahm.293

Einzig Bamberg war ein für alle Einungsfürsten genehmer Aufnahmekandidat. Der Bamberger Bischof wollte jedoch lieber im Schwäbischen Bund verbleiben und lehnte deshalb einen Beitritt in die Rheinische Einung ab, um konsequenterweise 1535 Mitglied im kaiserlichen Neunjährigen Bund zu werden.

b) Konfliktbeilegung

Der friedliche Austrag von Konflikten innerhalb der Einung, wie er im Einungsbrief vorgesehen wurde, war besonders für die militärisch schwachen geistlichen Territorien von fundamentalem Interesse. So war das Mainzer Erzstift der Rheinischen Einigung nur unter der Bedingung beigetreten, daß die bestehenden Streitigkeiten mit Pfalz und Hessen schiedlich beigelegt würden. Nachdem die Auseinandersetzung zwischen Mainz und Pfalz um den Grenzverlauf in der Nähe von Bingen Anfang der 1530er Jahre eskaliert war,294 konnte dieser alte Streit durch Vermittlung des Trierer Kanzlers in der Tat friedlich beilegt werden.

Problematischer erwiesen sich die Auseinandersetzungen zwischen Mainz und Hessen.

Hauptstreitpunkt waren die Gemeinden Gernsheim, Wolfskehlen und Idstein, in denen der Landgraf den Zehnten einzog, die Gerichtsbarkeit ausübte und die Reformation einführte, wogegen sich der Erzbischof verwahrte. Die Gemeinden waren zwar 1418 an die Grafen von Katzenellenbogen, deren Erbe Hessen beanspruchte, verpfändet worden, doch war die Pfandschaft inzwischen wieder von Mainz eingelöst worden. Der Erzbischof bat deshalb 1536 um einen schiedlichen Austrag, ohne daß Philipp von Hessen darauf einging. Daraufhin rief Mainz Trier als Vermittler an und reichte eine lange Klageschrift ein, in der der Mainzer Erzbischof neben der Wiedererlangung seiner Herrschaftsrechte

293Eymelt, Rheinische Einung, S. 83.

294Von Pfälzer Seite wurden Bingener Bürger als Geiseln genommen und an den umstrittenen Stellen das Mainzer Wappen mit dem pfälzischen übermalt, Eymelt, Rheinische Einung, S. 93-96.

eben auch die Beendigung der Austeilung des Abendmahls in beiderlei Gestalt sowie der Kirchen- und Klostervisitationen forderte.295

Die Mainzer Forderungen liefen letztendlich auf die Rücknahme der Reformation hinaus, auf die der Landgraf, wie nicht anders zu erwarten, ablehnend reagierte und sogar eine Gegenklage einreichte.296 Der inzwischen anberaumte Schiedstag in Limburg wurde daraufhin verschoben, die hessischen Übergriffe aber blieben. Doch auch die Limburger Verhandlungen endeten ergebnislos.

Bis 1538 fanden immer wieder Schiedstage statt; 1544 wurde noch einmal versucht, den Streit gütlich beizulegen. Die Verhandlungen wurden jedoch stets von hessischer Seite verschleppt.

Rechtsfrieden im Inneren konnte die Rheinische Einung somit nur in geringem Umfang herstellen.

Positiv war immerhin, so Friedrich Eymelt, daß es wegen dieser Streitigkeiten nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam.297 Ob Mainz gegen Hessen zur Wahrung seiner Rechte einen Krieg begonnen hätte, ist allerdings sehr fraglich.

Die Ausgestaltung des Binnenbereiches, also sowohl das Handeln nach innen als auch der Organisationsgrad der Rheinischen Einung, war jedenfalls recht gering.

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