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Gründungsverhandlungen in Eger (April/Mai 1553)

KAPITEL II............................................................................................................................................................................... 24

H. E GERER B UNDESPROJEKT (1552/53)

3. Gründungsverhandlungen in Eger (April/Mai 1553)

Ferdinand und Moritz strebten eine zügige Bundesgründung an, weswegen die eingeladenen Reichsständen ihre Gesandten zum sofortigen Abschluß bevollmächtigen sollten.645 Dementsprechend wurden zusammen mit der Einladung die maßgeblichen Bestimmungen der Bundesordnung versandt,646 die sich weitgehend an dem knappen Entwurf Moritzens vom Januar 1553 orientierten,647 und lediglich um die von Ferdinand geforderte kaiserliche Konfirmation für das Bundesgericht ergänzt worden waren.648 Als weitere Beratungsgrundlagen für die auf dem Egerer Bundestag zu erstellende Bundesordnung, dies hatten Moritz und Ferdinand im Vorfeld vereinbart, sollten die letzte Bundesordnung des Schwäbischen Bundes von 1522 sowie der kurfürstliche Entwurf des Reichsbundes vom Oktober 1547 dienen.649

644Ferdinand an Karl vom 18. IV. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 120. Als Ferdinand diesen Brief schrieb, hatten die Egerer Verhandlungen bereits begonnen.

645Instruktion Ferdinands für Heinrich v. Plauen, Bohuslav Lobkowitz v. Hassenstein, Florian Griespeck, Graz, 5.

IV. 1553, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 69r-76r; Druffel, Bd. 4, S. 109f. - Diese Vorgehensweise hatte Ferdinand auch für die Memminger Bundesverhandlungen vorgeschlagen.

646Gemeinsame Instruktion von Ferdinand und Moritz für ihre Gesandten Nidprugg und Laschwitz, Graz 9. III.

1553, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 32r-37v (österr. Entwurf); Druffel, Bd. 4, S. 62f. (sächsischer Entwurf).

647Instruktion Ferdinands für Plauen, Lobkowitz und Griespeck, Graz, 5. IV. 1553, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol.

69r-76r, hier fol. 70v.

648Vor das Bundesgericht sollten auch Einungsfremde gestellt werden können: „so bedärgten [bedenken] wir auch, daz solch unnser punndtnuß und verainung sunderlich mit hochgedachter Rö. Kai. Mt. gnedigster bewilligung unnd autoritet, darauf gestellt werden mög, wo jemannts ainen punndtsgenossen, ainicher sachen halb spruch unnd vordrung nit erlassen wollt, daz derselbig ine vor unns anndern punndtsverwannten, oder unnsern geordneten punndtsrichtern zubeclagen oder zuberegtfertigen in erster instanz schuldig sein solle“, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 36r; Druffel, Bd. 4, S. 62f.

649Moritz an Ferdinand, ohne Ortsangabe, 28. III. 1553, mit den beiden Bundesordnungen als Beilage und den entsprechenden Anmerkungen Moritzens; Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 43r-52v; vgl. dazu den sächsischen Bundesentwurf anhand einer Auflistung von zu übernehmenden Artikeln der Ordnungen des Schwäbischen und des Reichsbundes, vorgelegt auf dem ersten Egerer Bundestag, Wien HHStA, RA i.g.

18/1, fol. 115r-118v. - Grundlage des kurfürstlichen Entwurfs von 1547 bildete ebenfalls die Schwäbische Bundesordnung von 1522. Die vergleichsweisen großen Mitspracherechte der mindermächtigen Stände wurden dann 1547 von den Kurfürsten in ihrem Sinne geändert; s. o.: Kap. über den Reichsbundprojekt.

Daran wollte insbesondere Moritz anknüpfen, während Ferdinand vor allem die Schwäbische Bundesordnung zu Grunde legen wollte; in der österreichischen Instruktion für die Egerer Verhandlungen ist bezeichnenderweise auch nur von dieser die Rede, Instruktion Ferdinands für Heinrich v. Plauen, Bohuslav Lobkowitz v. Hassenstein, Florian Griespeck, Graz, 5. IV. 1553, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol.

69r-76r, hier fol. 71r.

Zu dem Egerer Bundestag am 16. April 1553 erschienen neben den Abgesandten Ferdinands und Moritzens die Vertreter Kurbrandenburgs, der Bischöfe von Bamberg und Würzburg, Herzog Heinrichs von Braunschweig, Phillips von Hessen, Heinrichs von Plauen und der Stadt Nürnberg.650 Beeinträchtigt wurden die Verhandlungen durch Kundschafter und durch umherziehende Reiter des Markgrafen Albrecht,651 der, vor allem wegen der Teilnahme seiner fränkischen Widersacher, in den Egerer Verhandlungen ein gegen ihn gerichtetes Unternehmen sah. Während der Verhandlungen drängten Bamberg, Würzburg und Nürnberg dann auch auf rasche Hilfe gegen den Markgrafen.652 Die Beratungen fanden ihren Abschluß am 6. Mai 1553 mit dem 53 Artikel umfassenden Entwurf einer Bundesordnung.653 Über deren Annahme und über die endgültige Gründung des Bundes sollte auf einem weiteren Bundestag entschieden werden, da, wie es im Eingang des Entwurfes heißt, einige Gesandte (gemeint waren Brandenburg und Hessen) nicht zum Abschluß bevollmächtigt gewesen seien. Der Entwurf folgt in weiten Teilen (vor allem bei den militärischen Bestimmungen und dem Bundespersonal) dem Aufbau der Schwäbischen Bundesordnung.

Auf ein eigenes Bundesgericht wurde entgegen den ursprünglichen Überlegungen jedoch aus Kostengründen und mangels Konsens verzichtet; rechtliche Auseinandersetzungen untereinander sollten nach der Reichsordnung, also vor allem vor dem Kammergericht entschieden werden (Art.

2).654

Keine Einigung konnte über die Forderung Ferdinands erzielt werden, daß der Bund auch gegen die Türken zu Hilfsleistungen verpflichtet sei; diese Frage sollte ebenfalls auf dem nächsten Bundestag geklärt werden.

Umstritten und ungelöst blieb ferner die Stimmverteilung (Art. 13). Braunschweig, Hessen, Bamberg und Würzburg verlangten jeweils eine Stimme pro Bundesmitglied mit Ausnahme Ferdinands, dem

650Ein Verzeichnis der Gesandten sowie Verhandlungsakten mit einem Verhandlungsbericht schickten Lobkowitz und Griespeck an Ferdinand, Eger, 25. IV. 1553, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol 102r-120r, hier 109r-v. Die Gesandten sind ebenfalls namentlich aufgeführt in dem Tagebuch Melchiors von Osse, dem kursächsischen Gesandten: „Handelsbuch des ernfesten hochgelarten und gestrengen hern Melchior von Osse“, in: Schriften Dr. Melchiors von Osse, mit einem Lebensabriß und einem Anhang von Briefen und Akten, hg. v. Oswald Artur Hecker, Leipzig/Berlin 1922, S. 1-267, hier S. 219f. - Der erkrankte Heinrich v.

Plauen, der ursprünglich als Gesandter Ferdinands vorgesehen war, ließ sich durch den österreichischen Gesandten Florian Griespeck vertreten.

651Vgl. die Aufzeichnungen Melchiors von Osse, in: Schriften Dr. Melchiors von Osse, hg. v. Hecker, S. 221f.

652Verhandlungsbericht von Lobkowitz und Griespeck an Ferdinand, Eger, 25. IV. 1553, Wien HHStA, RA i.g.

18/1, fol 102r-106v, hier fol. 106v; Auszüge bei Druffel, Bd. 4, S. 128f.

653Besiegeltes Original, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 168r-203v; Auszüge: Druffel, Bd. 4, S. 137-144;

Zusammenfassung des Entwurfes für Karl V., Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 237r-244v.

sie zwei Stimmen zubilligten. Die beiden Kurfürsten und Ferdinand plädierten hingegen für eine andere Stimmverteilung: Für Ferdinand zwei; für Sachsen und für Kurbrandenburg jeweils eine; für Plauen, Würzburg und Bamberg zusammen eine; für Braunschweig, Magdeburg und Halberstadt zusammen eine; schließlich für Hessen und Nürnberg zusammen eine Stimme. In dem zweiten Modell wurden die Stimmengruppen offensichtlich nach konfessionellen und nicht nach regionalen oder ständischen Kriterien zusammengestellt. Aber unabhängig davon, auf welchen Modus der Stimmverteilung die Bundesmitglieder sich einigen würden: So oder so besaß die altgläubige Partei die Mehrheit, und zugleich vereinigte auch die Kurfürstengruppe mit Ferdinand (= 2 Stimmen), Sachsen und Brandenburg vier Stimmen auf sich. Insbesondere Ferdinand wußte also sowohl seine konfessionellen als auch seine ständischen Interessen zu wahren. Dies entsprach genau den Instruktionen seiner Gesandten, die Ferdinand eindringlich ermahnt hatte, darauf zu achten, daß die Vorschläge Moritzens zur Bundesordnung weder die österreichische Landesherrschaft beeinträchtigten noch „zuuorderist unnser alten waren Christlichen Religion abprüchig unnd uerletzlichs“ seien.655

Die vorsichtige Vorgehensweise Ferdinands erklärt sich aus dem Hauptziel des Egerer Bundes.

Dessen Kernbestimmung zielte nämlich auf die Garantie und den Schutz des Passauer Vertrages, und damit auf die dauerhafte Anerkennung der Bikonfessionalität im Reich,656 die 1555 unter Federführung Ferdinands dann auch reichsrechtlich fixiert wurde. In Eger wie mit dem Augsburger Religionsfrieden wollte Ferdinand für den Bestand der katholischen Konfession sorgen, die in den altgläubigen Territorien vor dem Protestantismus abgesichert bleiben sollte.

So wurde in dem Entwurf der Egerer Ordnung bestimmt, daß der Bündnisfall nicht nur bei Landfriedensdelikten, sondern auch bei Verletzung des Passauer Vertrages eintreten solle. Diese zentrale Bestimmung wird am Anfang (Eingang) und am Ende (Art. 45) des Entwurfs genannt, und

654Lediglich bei Streitigkeiten mit Kg. Ferdinand sollten wegen der Exemtion Böhmens von der Rechtsprechung des Kammergerichts Schiedsrichter ernannt werden.

655Ferdinand an seine Kommissare in Eger, Mürzzuschlag, 12. IV. 1553, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 98r-100v, hier fol. 99r; Auszüge bei Druffel, Bd. 4, S. 115. Offiziell spielte die Konfessionsproblematik keine Rolle; in der Proposition Ferdinands und Moritzens wurde sie nicht einmal erwähnt; österr.-sächs. Proposition für die in Eger versammelten Stände, o. Ort, o. Datum, Wien HHStA, RA i.g. 18/1, fol. 234r-235v.

656Ferdinand hatte seinem Bruder schon im Juli 1552, bei ihren Beratungen in Villach, mitgeteilt, daß er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, einen dauerhaften Religionsfrieden mit den Protestanten einzugehen.

Der Kaiser bot ihm daraufhin an, Deutschland zu verlassen, um Ferdinand ein solches Vorgehen zu ermöglichen; er selbst könne eine solche dauerhafte Anerkennung mit seinem Gewissen nicht vereinbaren.

Den Inhalt dieser Verhandlungen schilderte Karl V. seiner Schwester Maria, Lienz, 16. VI. 1552, Druffel, Bd.

2, S. 681-687.

sie wurde dem Kaiser von Ferdinand in unmißverständlicher Weise mitgeteilt.657 Das Hauptziel von Kurfürst Moritz, die - notfalls auch militärische - Garantie des Passauer Vertrages durch den Egerer Bund, war somit erfüllt.

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