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Die innere Organisation des Bundes

KAPITEL II............................................................................................................................................................................... 24

K. L ANDSBERGER B UND (1556-1598)

2. Die innere Organisation des Bundes

Da jedes Bundesmitglied eine Stimme besaß,848 konnten die Städte aufgrund der Mitgliederstruktur sowohl ständisch (von den Fürsten) als auch konfessionell (von den katholischen Mitgliedern)

843Den Kreis nannten die Schwaben selbst ein Quasi-Bündnis, Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, S.

96f.

844Absage der Grafen im März 1558. Vermutlich erwarteten die Wetterauer Grafen von dem Bund keinen wirksamen Landfriedensschutz, weil sie zu weit vom bayerisch-österreichischen Kern des Bundes entfernt waren, zumal ihre nächsten Bundesgenossen die nicht sehr mächtigen fränkischen Stände gewes en wären.

Möglicherweise kamen auch konfessionelle Bedenken hinzu; vgl. dazu Schmidt, Wetterauer Grafenverein, S. 264.

845Das für die handeltreibenden Städte so wichtige Durchzugsrecht aus wirtschaftlichen Gründen wurde explizit garantiert; Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § I/1, Ziegler, Dokumente, S. 222.

846Dieses strategische Ziel hatte Conrad Peutinger in einem Gutachten an Bürgermeister und Rat von Augsburg am 21.-23. II. 1533 festgestellt, in: Konrad Peutingers Briefwechsel, hg. v. Erich König, München 1923, S.

462-466, hier S. 464f. Aber auch von habsburgischer Seite war der Beitritt kaisertreuer Städte gefördert worden; schon 1553 hatte Zasius den geplanten Zusammenschluß schwäbischer und rheinischer Reichsstädte, dem auch Prälaten und Niederadelige beitreten sollten, unterstützt, Brief Zasius an Ferdinand, 24. VIII. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 245-249.

847Zwar hatte Augsburg schon dem Heidelberger Bund angehört, jedoch nur als zahlendes, nicht aber als stimmberechtigtes Vollmitglied, so daß es keinen Einfluß auf die Entscheidungen des Bundes nehmen konnte.

848Nebenvertrag vom 1. VI. 1556, Häberlin, Bd. 17, S. LIV. Dieses volle Stimmrecht galt aber nur, wenn der gesamte Bundesbeitrag geleistet wurde, Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § II/2, Ziegler, Dokumente, S. 226, der aber von den Städten Windsheim und Weißenburg nicht aufgebracht werden konnte, die deshalb kein

majorisiert werden. Wie die weitere Entwicklung zeigen sollte, achteten die bayerischen Herzöge in ihrer Funktion als Bundeshauptleute darauf, daß sich an der katholischen und fürstlichen Stimmenmehrheit im Bund nichts änderte.849 Protestantische Fürsten sind letztendlich der Einung trotz mehrmaliger Angebote und intensiver Verhandlungen nicht beigetreten.850

Im Falle der Stimmengleichheit sollte der Bundeshauptmann die Entscheidung treffen.851 Zwar war bei der Gründung des Bundes festgelegt worden, daß die Bundeshauptmannschaft zwischen Habsburg und Bayern alternieren sollte,852 sie wurde jedoch nach einem Beschluß der Stände in der Folgezeit ausschließlich von den bayerischen Herzögen ausgeübt.853 Hauptaufgaben des Bundeshauptmanns, der besoldet wurde,854 waren Vorsitz und Leitung der von ihm ausgeschriebenen Bundesversammlungen. Er leitete auch die Verhandlungen mit den präsumtiven Beitrittskandidaten und besaß im Kriegsfall gemeinsam mit den Kriegsräten den Oberbefehl über die Bundestruppen.

Die detaillierten und ausführlichen militärischen Bestimmungen für den Kriegsfall nehmen in der Bundesordnung den meisten Platz ein und zeugen von der Wichtigkeit dieser Materie. Zur Sicherung und Aufrechterhaltung des Landfriedens sollten im Bedarfsfall Truppen geworben und von den Bundesständen unterhalten werden. Jeder Bundesstand hatte dann das sog. Simplum (200 Reiter und 800 Soldaten zu Fuß) zu stellen. Je nach Situation konnten die Truppenkontingente erhöht (Duplum, Triplum) oder vermindert werden.855 Ferner mußte jedes Mitglied Geschütze und Munition deponieren. An Beiträgen waren 10.000 Gulden als Großer Vorrat für den Kriegsfall in Augsburg zu

Stimmrecht besaßen und im Bund von Nürnberg vertreten wurden, Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, S. 89.

849Goetz, Beiträge, S. 204; Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, S. 105.

850Mit der Aufnahme der fränkischen Einung waren mit Bamberg und Würzburg weitere Bischöfe dem Landsberger Bund beigetreten, was das vorhandene Mißtrauen Württembergs und der Pfalz zusätzlich steigerte. Zwar glaube er nicht, schrieb Hz. Christoph an Kf. Ottheinrich (12. V. 1557), daß Hz. Albrecht einen Papistenbund aufrichten wolle, der Verdacht sei jedoch bei vielen vorhanden und ein Bund rufe leicht einen anderen hervor; Ernst, Briefwechsel Wirtemberg, Bd. 4, S. 327f. Vgl. auch den Brief Hz.

Christophs an Sebastian Schertlin, 7. V. 1557, Ernst, Briefwechsel Wirtemberg, Bd. 4, S. 324f.

851Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § II/2, Ziegler, Dokumente, S. 227. Die Terminologie ist selbst innerhalb der Bundesurkunde nicht einheitlich, in der die Begriffe Bundesoberst, oberster Bundeshauptmann und Bundeshauptmann gebraucht werden.

852Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § II/1, Ziegler, Dokumente, S. 225; Nebenvertrag vom 1. VI. 1556, Häberlin, Bd.

17, S. LII/LIII.

853Revers der Stände des Landsberger Bundes, Nov. 1558, Stumpf, Diplomatischer Beytrag, S. 27-31.

854Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § II/2, Ziegler, Dokumente, S. 228.

855Nebenvertrag vom 1. VI. 1556, Häberlin, Bd. 17, S. LIII/LIV.

hinterlegen, sowie jährlich 1000 Gulden als Kleiner Vorrat an den Bundeshauptmann zur Deckung der laufenden Ausgaben zu leisten.856

Äußerst knapp sind in der Bundesordnung hingegen die einschlägigen Angaben über die Ausgestaltung des Bundesgerichts, das an Stelle des verbotenen Rechtsmittels der Fehde Streitigkeiten durch friedlichen Austrag entscheiden sollte.857 Nicht ein institutionalisiertes Bundesgericht, sondern die Bundesversammlung sollte als Gericht fungieren.858 In den von Winfried Mogge geschilderten Rechtsfällen ernannte die Bundesversammlung einen Schiedsrichter, der den gütlichen Ausgleich herbeiführen sollte.859 Allerdings sollten lediglich diejenigen Fälle vor dem Bundesgericht behandelt werden, die der Einung entsprangen und diese belangten.860 Für alle übrigen Streitigkeiten erklärte sich die Einung unzuständig; derartige Fälle sollten entweder - bei Reichsunmittelbaren - gemäß Kammergerichtsordnung vor dem Kammergericht oder - bei Nicht-Reichsunmittelbaren - vor den ordentlichen, gemeint waren vor allem die landesherrlichen Gerichte,861 verhandelt werden. Daß die Landsberger - wie bereits die Heidelberger - Bundesordnung bestimmte Streitigkeiten an ordentliche, auf Dauer angelegte Gerichte verwies, markiert „einen Übergangsprozeß, in dem sich sowohl im Rahmen der Reichskreise als auch in den großen Territorien selbst Friede von der beschworenen Satzung der Einungsverwandten zum obrigkeitlichen Gebot und zum Gesetz wandelte.“862 Wurde eine Streitigkeit vor dem Bundesgericht entschieden, so sollte dieses Urteil endgültig sein, weil Appellation nicht zugelassen wurde. Für die Urteilsexekution sorgte dann der Bund.863

856Nebenvertrag vom 1. VI. 1556, Häberlin, Bd. 17, S. LV.

857Ausdrücklich wurde nochmals das Verbot des konfessionell motivierten Landfriedensbruchs ausgesprochen, ebenso die Unterstützung von Untertanen anderer Einungsgenossen; Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § I/1-3, Ziegler, Dokumente, S. 222f.

858„[...] Sollen vor den Andern Ainigungs verwandten entschaiden vnnd erortert werden“, Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § I/4, Ziegler, Dokumente, S. 224.

859Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, S. 174.

860Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § I/4, Ziegler, Dokumente, S. 224.

861Damit wurde der Wahrung der Landesherrschaft Rechnung getragen, worauf insbesondere die weltlichen Fürsten bedacht waren. Falls bei bestehenden Erbeinungen rechtliche Austräge vereinbart worden waren, sollten Streitfälle auf diesem Wege geklärt werden; der Landsberger Bund erklärte sich auch hier für subsidiär.

862Göttmann, Landsberger Bund, S. 429.

863„Vnnd sollen sich dj Ainigungs Stende, So vil muglich, dahin befleissen, Ider zeit Ainerlaj Punds Räth vff dj täge zu schickhen, welche der Handlung wissens haben, dardurch auch dieselben desto mer zubefurdern.“

Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § I/4, Ziegler, Dokumente, S. 224. Diese Stelle ist eine der wenigen in der Bundesordnung, in der der Terminus Bundesrat verwendet wird.

Nicht allein auf dem Gebiet des Gerichtswesen unterblieb eine weiter gehende Institutionalisierung, obwohl der Landsberger Bund länger als 40 Jahre Bestand hatte. Auch die Zahl der Bundesbeamten blieb klein. Neben dem Bundeskanzler verfügte der Bund nur noch über einen Zeug- und einen Zahlmeister.864 Der oberste Bundeshauptmann, der Herzog von Bayern, der in erster Linie mit ihnen zusammen arbeiten mußten, rekrutierte fast alle Bundesbediensteten aus seiner eigenen Verwaltung.865 Alle übrigen Gehaltsempfänger des Bundes waren Offiziere,866 die über längere Zeiträume vom Bund angeworben wurden, um die Bundestruppen militärisch zu führen. Festbestallte (zivile) Bundesräte - wie etwa im Schwäbischen Bund - gab es hingegen nicht.867 Jedes Bundesmitglied ordnete zu den Bundestagen Gesandte ab, die fast immer Mitglieder der eigenen Administration waren. So überwiegen bei den geistlichen Mitgliedern Domherren unter den Gesandten, bei den fürstlichen Mitgliedern gelehrte Räte und von seiten der Städte Ratsherren.868 Dieses Verfahren schloß personelle Kontinuitäten nicht aus, der Bund wünschte dies sogar;869 Johann Ulrich Zasius beispielsweise nahm von wenigen Ausnahmen abgesehen als österreichischer Gesandter an den ersten 15 Bundesversammlungen teil.870 Allerdings dürfte es kaum zu einer ausgeprägten Identifikation einzelner Gesandter mit dem Bund gekommen sein, geschweige denn zu einer behördlichen Verselbständigungstendenz der Gesandten und Bundesbeamten, wie dies in Ansätzen beim Schwäbischen Bund der Fall gewesen war, weil die ständige und selbstverständliche Zusammenarbeit, losgelöst von der partikularen Perspektive des jeweiligen Bundesstandes, fehlte.

Eine derartige Entwicklung wäre aber auch nicht im Einklang mit den landesherrlichen Interessen insbesondere der weltlichen Bundesstände gewesen.

864Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, Anhang 3, S. 442.

865Die drei Bundeskanzler (Perbinger, Nadler und Gabler) waren bayerische Räte; die bayerischen Zeugmeister waren zugleich auch die des Bundes, und die bayerischen Zahlmeister verwalteten den kleinen Bundesvorrat; lediglich der große Vorrat, der in Augsburg deponiert war, wurde von einem Augsburgischen Beamten verwaltet, Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, Anhang 3, S. 442.

866Vgl. dazu Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, Anhang 3, S. 439-442.

867Die Bundesordnung sah organisatorisch lediglich die Etablierung von Kriegsräten (§§ III/1-4, Ziegler, Dokumente, S. 232-234) vor, die von den Bundesständen im Kriegsfall zu stellen waren, also nicht vom Bund bezahlt wurden (§ III/3, Ziegler, Dokumente, S. 233).

868Genaue und detaillierte Auflistung bei Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, Anhang 2, S. 430-438.

869Bundesurkunde vom 1. VI. 1556, § II/2, Ziegler, Dokumente, S. 228.

870Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund, Anhang 2, S. 431.

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