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Die Aufnahme neuer Bundesmitglieder

KAPITEL II............................................................................................................................................................................... 24

J. H EIDELBERGER B UND (1553-1556)

2. Die Aufnahme neuer Bundesmitglieder

a) Mainz und Trier

Die Aufnahme der beiden geistlichen Kurfürsten von Trier und Mainz, die nicht bei dem ersten Treffen in Wimpfen dabei waren, paßt auf den ersten Blick nicht ganz in den skizzierten Rahmen einer Vereinigung weltlicher Fürsten.

Trier und Mainz dürften wohl in erster Linie aufgenommen worden sein, um die Verbindung zwischen der Pfalz und Jülich herzustellen und weil ihnen - wie gesagt - als Königswähler bei der Ablehnung der spanischen Sukzession besonderes Gewicht zukam.750 Ihre Aufnahme führte jedoch sofort zu Rangstreitigkeiten, weil Mainz und Trier ihre kurfürstliche Präeminenz auch im Bund gewahrt wissen wollten. Die Bundesordnung sollte dementsprechend ausgestaltet werden, wobei Mainz und Trier mit der Unterstützung durch die Kurpfalz rechneten. Der Pfälzer Kurfürst verweigerte jedoch letztendlich die erhoffte kurfürstliche Solidarität; um nicht von den Prälaten majorisiert zu werden, wollte er sich nicht von den übrigen weltlichen Fürsten trennen.751 Unbehagen lösten die beiden geistlichen Kurfürsten zusätzlich dadurch aus, daß ihre Domkapitel dem Beitritt noch zustimmen mußten. Das nämlich gefährdete die angestrebte Geheimhaltung der persönlich geführten Beratungen, woraufhin die weltlichen Fürsten den Beitritt der beiden Erzbischöfe sogleich wieder bedauerten. Der jülische

747Zitiert nach Sicken, Heidelberger Verein, S. 389.

748Sicken, Heidelberger Verein, S. 388f.

749Dies kommt in der bayerischen Werbung um den Beitritt Württembergs deutlich zum Ausdruck: Der neue (Landsberger) Bund sei in Form und Substanz dem Heidelberger Bund nachgebildet, nur nicht so weitschweifig, Albrecht v. Bayern an Christoph v. Württemberg, 16. V. 1556, Ernst, Briefwechsel Wirtemberg, Bd. 4, S. 71f.

750Allerdings hatten die Habsburger sich schon 1551 darauf verständigt, daß Ferdinand Karl im Kaiseramt nachfolgen sollte, dann Philipp und diesem dann Maximilian; immer unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Kurfürsten, vgl. dazu den Brief Karls V. an Ferdinand, 1551, Druffel, Bd. 3, S. 180-183.

751Protokoll der Heidelberger Verhandlungen (20.-28. III. 1553), Druffel, Bd. 4, S. 72-90, bes. S. 78. Der Pfälzer Kanzler mahnte in einem Gutachten für den Kurfürsten (Juli 1553), vermehrt weltliche Fürsten

Kanzler faßte die neuerlichen Bedenken wie folgt zusammen: „es haben die weltlichen disse Sachen [scil. Wahrung des Friedens im Reich] mer und besser zu bedenken, dan di bischof, diweil jene allein usufructuarii, die weltlichen aber seien iren landen und leuten verpflichtet, haben Kinder und erben“752.

b) König Ferdinand

Die Ausrichtung des Bundes stellte Albrecht von Bayern vor einige Probleme; er strebte eine vom Kaiser unabhängige Position an, wollte aber zugleich seine engen Beziehungen zu König Ferdinand nicht gefährden.753 Herzog Albrecht setzte sich deswegen von Anfang an für die Aufnahme Ferdinands in den Bund ein.754

Die übrigen Bundesstände taten sich mit dieser Entscheidung jedoch schwer, weil ihnen die Position Ferdinands, genauer sein Verhältnis zu Karl V., unklar war. Sie knüpften deshalb Bedingungen an das Beitrittsersuchen Ferdinands. So sollte er lediglich mit Vorder- und Oberösterreich dem Bund beitreten - diese Bedingung war für Ferdinand unproblematisch. Mißlich war hingegen für ihn, daß der Heidelberger Bund ihm keine Unterstützung im Kampf gegen Markgraf Albrecht gewähren wollte, weil der Bund es ablehnte, Hilfe bei schon bestehenden Auseinandersetzungen zu leisten.755 Des weiteren sollte sich Ferdinand damit einverstanden erklären, daß Karl V. kein Bundesmitglied werden sollte.756 In den Beitrittsverhandlungen konnte Ferdinand zwar erreichen, daß das diskriminierende Beitrittsverbot für seinen Bruder zurückgenommen wurde, aber dieser Vorgang

aufzunehmen, damit die geistlichen Fürsten nicht die Majorität erlangen könnten, Stumpf, Diplomatische Geschichte des Heidelberger Fürstenvereins, S. 164.

752Druffel, Bd. 4, S. 78.

753Das Lavieren Albrechts wird auch an seinem Vorschlag deutlich, den Memminger Bund mit dem Heidelberger zu verschmelzen.

754Der bayerische Herzog wollte weder dem Egerer noch dem Memminger Bund beitreten. Statt dessen sollte Ferdinand Mitglied des Heidelberger Bundes werden, denn es gebe zur Zeit nichts Besseres, Instruktion für Wiguleus Hundt, vor dem 18. V. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 156f.

755Zasius an Ferdinand, 9. X. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 298-300, hier S. 299. Dies war eigentlich - neben der Bestätigung der politischen Verhältnisse im Reich auf der Grundlage des Passauer Vertrags - eines der Hauptziele Ferdinands gewesen, die er durch den Beitritt erreichen wollte. Zasius hatte zwar in den Beitrittsverhandlungen versucht, die Bundesfürsten davon zu überzeugen, welchen verheerenden Eindruck es machen würde, wenn Kurfürsten und Fürsten als die „Säulen, auf denen der status Imperii et pacis publicae gebaut“ seien, den schlimmsten Landfriedensbrecher ausnehmen würden - worauf der Mainzer Kurfürst antwortete, daß erst einmal der Kaiser entschieden gegen den Markgrafen handeln solle, dann wüßten auch die Reichsstände, wie sie sich verhalten sollten; Brief Zasius an Ferdinand, Heilbronn, 9. X. 1553, in: Bucholtz, Bd. 7, S. 540-543, hier S. 541f.

756Sicken, Heidelberger Verein, S. 367.

zeigt zugleich, wie isoliert und umstritten der Kaiser zu diesem Zeitpunkt im Reich war757 - und wie dies auch auf Ferdinand ausstrahlte.758

Als Ferdinand schließlich im März 1554 aufgenommen wurde,759 trat er dem Bund im Range eines Erzherzoges - nicht eines Königs bei, rangierte bei gleichem Anschlag protokollarisch hinter den Kurfürsten.760 Daß Ferdinand dem Bund auch unter solchen Bedingungen beitrat, demonstriert, in welchem Maße er nach dem Scheitern der Memminger Einung und der Ungewißheit hinsichtlich des Egerer Bundesprojektes den Anschluß an die wichtigsten Reichsfürsten suchte,761 um seine politische Position im Reich - unabhängig von seinem Bruder - festigen zu können. Damit distanzierte Ferdinand sich sichtbar von seinem kaiserlichen Bruder. Entsprechend reserviert fiel dann auch die Reaktion Karls V. auf die Absicht Ferdinands, dem Bund beizutreten, aus.762

c) Aufnahme weiterer Mitglieder

Als weitere (assoziierte) Mitglieder wurden lediglich der Bischof von Augsburg sowie die Reichsstadt Augsburg aufgenommen,763 ohne daß sie allerdings über Sitz und Stimme in der Bundesversammlung

757Reichspolitisch weitgehend isoliert war der Kaiser seit den Passauer Verhandlungen 1552, Luttenberger, Glaubenseinheit und Reichsfriede, S. 713.

758Nach dem Ladenburger Bundestag im Juli 1553 verfaßte der Pfälzer Kanzler ein Gutachten für den Kurfürsten, in dem er sich eindeutig gegen die Aufnahme der beiden Habsburger in den Heidelberger Bund aussprach.

Sie würden den Bund nur für ihre eigenen Zwecke benutzen und der freie Meinungsaustausch, wie er bisher im Bund vorhanden sei, würde entfallen. Lieber solle Ferdinand dem Egerer Bund, über dessen Gründung in Zeitz verhandelt wurde, beitreten. Komme dieser aber nicht zustande, so könne man den König nicht abweisen, solle ihm jedoch nicht die Dauer des Bundes verraten; Stumpf, Diplomatische Geschichte des Heidelberger Fürstenvereins, S. 164f.

759Die Entscheidung über die Aufnahme Ferdinands war schon auf dem Heilbronner Bundestag (September/Oktober 1553) gefallen; Heilbronner Abschied, 6. X. 1553, Wien HHStA, RA i.g. 19/4, fol. 370r-375v, hier fol. 373r.

760Dies forderte auch der Pfälzer Kanzler in seinem Gutachten, Stumpf, Diplomatische Geschichte des Heidelberger Fürstenvereins, S. 165; vgl. ferner: Druffel, Bd. 4, S. 278, 406-409.

761Ferdinand gibt explizit den Tod Moritzens sowie das Scheitern des Memminger Bundes als Beitrittsgründe an;

Instruktion Ferdinands für Zasius an Albrecht v. Bayern, Wien, 2. VIII. 1553, Wien HHStA, RA i.g. 19/3, fol. 287r-293r, hier fol. 290v. - Gleichwohl versuchten Zasius und Ferdinand sofort, eine dominierende Rolle im Bund zu spielen. So sollte der habsburgische Kriegsrat im Bund, Georg Graf Helfenstein, Bundeshauptmann werden (Zasius an Ferdinand, 9. X. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 299f.); habsburgischer Bundesrat wurde Truchseß Wilhelm v. Waldburg (Dienstvertrag vom 13. I. 1554, Abschrift in: Wien HHStA, RA i.g. 23, fol. 139r-140v), Lupke-Niederich, Habsburgische Klientel, S. 214.

762Karl an Ferdinand, 9. XII. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 331-337, hier S. 334. Das Verhältnis der beiden Brüder war ohnehin dadurch belastet, daß beide für ihre Söhne um die englische Thronfolgerin warben, was Karl gegenüber seinem Bruder in dem selben Brief scharf kritisierte: „Et pour vous dire le tout plainement comme il se doit entre frères je treuve que dois quelque temps enca vous suivez ce chemin de faire les choses et me demander advis après qu´elles sont faictes, contre ce qu´avez accoustumè, qu´est chose que peut souvent porter grand prèjudice aux nègoces“, ebd. S. 333.

763Vgl. die Werbung der Stadt Augsburg bei Christoph v. Württemberg, 15. II. 1554, PC Straßburg, Bd. 5, S. 514f.;

Augsburg erkundigte sich ebenfalls bei Straßburg über den Bund, ebd., S. 515f.

verfügten. Sie mußten nicht den vollen Bundesbeitrag aufbringen, verfügten jedoch über keinerlei Einfluß auf die Geschicke des Bundes.764 Weitere Reichsstände sind dem Heidelberger Bund nicht beigetreten, obwohl schon sehr früh mögliche Neuaufnahmen ventiliert wurden.765

Nach dem Eintritt Ferdinands sprachen sich die Pfalz und Württemberg für den vermehrten Beitritt protestantischer Mitglieder aus; beschlossen wurde außerdem, die Zahl der stimmberechtigten Vollmitglieder auf zwölf zu beschränken.766 Die geplante Aufnahme Hessens,767 die dem gewünschten konfessionellen Proporz entsprochen hätte, kam jedoch nicht zustande. Zum einem sollte Hessen vor Bundeseintritt zunächst den Konflikt mit den Grafen von Nassau um das

764Die Einflußlosigkeit dieser beiden Mitglieder ging soweit, daß ihnen bis zum endgültigen Beitritt kein Einblick in Bundesordnung und -abschiede verwehrt wurde; dieses Vorgehen wurde von Johann Ulrich Zasius gegenüber Ferdinand kritisiert (Druffel, Bd. 4, S. 481f., 501). - Der Augsburger Bischof wurde wie Ferdinand auf dem Bruchsaler Bundestag (März 1554) aufgenommen, er entrichtete 20% der Bundesbeiträge. Für ihn war es insbesondere mit Blick auf Christoph v. Württemberg, der Schirmherr zahlreicher Klöster der Augsburger Diözese war, aber auch um Schutz vor Albrecht Alkibiades zu bekommen, wichtig, unter dem Schutz des Bundes zu stehen; außerdem wollte er unbedingt zusammen mit seinem Nachbarn, dem bayerischen Herzog, in einem Bund sein, vgl. dazu seinen Brief an Albrecht v. Bayern, 17. VII. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 206f. Ähnlich sah die Lage für die Stadt Augsburg aus, die auf dem Wormser Bundestag im Juni 1554 aufgenommen wurde und 40% des Jahresbeitrag zu zahlen hatte. Für die Stadt war wesentlich, mit seinem wichtigsten Nachbarn Bayern und den Habsburgern einem Bund anzugehören; dies hatte schon Conrad Peutinger 1533 festgestellt, Gutachten Conrad Peutingers an Bürgermeister und Rat der Stadt Augsburg, 21.-23. II. 1533, in: Konrad Peutingers Briefwechsel, hg. v. Erich König, München 1923, S.

462-466, hier S. 464f.

765Christoph v. Württemberg plante von Anfa ng an den Beitritt des badischen Markgrafen, später den von Hessen und Kursachsen. Ferdinand wollte die Aufnahme kaisertreuer Städte wie Nürnberg (Druffel, Bd. 4, S. 368, 374) und Ulm, weshalb er durch Zasius dort werben ließ, noch bevor er selbst Mitglied des Bundes geworden war. Aber Ulm bestand weiterhin auf dem Standpunkt, sich nur dann einem Bund anzuschließen, wenn diesem sämtliche Stände des schwäbischen Kreises einschließlich der Ritterschaft angehören würden; dieser schwäbische Bund könnte dann dem Heidelberger Bund „wie ainß dem andern die hannd bietten“ (Zasius an Ferdinand, Günzburg, 10. III. 1554, Wien HHStA, Berichte aus dem Reich 3, fol. 365r-371r, hier fol. 368r). Auch Bayern wollte aus wirtschaftlichen Gründen den Beitritt großer Reichsstädte (Augsburg, Ulm, Straßburg, Frankfurt, Köln), denen sogar 1-2 Stimmen zugebilligt werden sollten (Druffel, Bd. 4, S. 378). Die Pfalz wollte hingegen, daß sämtliche weltlichen Kurfürsten in einem Bund vereinigt wären (Brief an Christoph v. Württemberg, August 1554), Druffel, Bd. 4, S. 518f. Beitrittsgesuche stellten ferner: Bfe. v. Münster und Paderborn (Stumpf, Diplomatische Geschichte des Heidelberger Fürstenvereins, S. 161f.); Erzbfe. v. Salzburg und Köln (Stumpf, ebd., S. 179, S. 297); Hz. v. Lothringen (Stumpf, ebd. S. 180).

766Sicken, Heidelberger Verein, S. 368.

767Der Landgraf v. Hessen scheint selbst Ende des Jahres 1552 die Initiative zur Gründung eines Bundes ergriffen zu haben, dem alle Kurfürsten (bis auf Köln) sowie Bamberg, Würzburg, Bayern, Jülich, Württemberg angehören sollten. Dies erschließt Druffel, Bd. 4, S. 14, Anm. 3 aus einem Brief des Trierer an den Pfälzer Kurfürsten vom 21. I. 1553. Tatsächlich ließ Landgraf Philipp im Februar 1553 beim Pfälzer Kurfürsten wegen eines Bundes mit Württemberg, Bayern, Mainz, Trier, Würzburg, Hessen und Sachsen anfragen, Druffel, Bd. 4, S. 47. Der Kurfürst sagte aber mit Verweis auf den geplanten Heidelberger Bund ab, woraufhin Philipp v. Hessen in der Folgezeit den Anschluß an den Heidelberger Verein suchte, vgl. seine Korrespondenz mit Moritz, 4. III. 1553, und August v. Sachsen, 6. X. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 50f., S. 294;

sowie den gegenüber Christoph v. Württemberg direkt geäußerten Wunsch, Bundesmitglied zu werden, 26. XII. 1553, Druffel, Bd. 4, S. 348.

Katzenellenbogener Erbe beilegen;768 zum anderen hegten Albrecht von Bayern und Ferdinand aus konfessionellen Gründen Vorbehalte gegen den Beitritts Hessens.769

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