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1 PROFIL UND SOZIALE HERKUNFT

1.3 Soziale Herkunft der Studierenden

Über den erreichten Ausbildungsabschluss oder die berufliche Position der Eltern der Studierenden lassen sich Herkunftsgruppen bilden, die Aussagen zur Bildungs- und Sozial-vererbung beim Hochschulzugang zulassen.

Bei jedem zweiten Studierenden hat mindestens ein Elternteil studiert

Aus der Herkunftsgruppe mit geringer Schul-qualifikation sind nur wenige an der Hoch-schule vertreten. Bei 5% der Studierenden an Universitäten und 10% an Fachhochschulen haben die Eltern einen Volksschulabschluss und anschließend eine Lehre gemacht.

Mehr Studierende berichten als höchstem Abschluss der Eltern von einem Realschulab-schluss mit anschließender Lehre: 14% an Universitäten und 19% an Fachhochschulen (vgl. Tabelle 9).

Bei mehr als der Hälfte der befragten Stu-dierenden besitzt mindestens ein Elternteil

selbst einen Studienabschluss: die Mehrheit davon einen Universitätsabschluss (43%), ein deutlich kleinerer Teil einen Abschluss an einer Fachhochschule (13%). Die akademische Reproduktion ist damit unter den Studieren-den sehr hoch (vgl. auch Isserstedt u.a. 2007).

Höhere Reproduktion an den Universitäten An den Universitäten berichten weit mehr Studierende von Eltern mit höherer Ausbil-dung. Bei fast jedem zweiten hat ein Elternteil selbst einen Universitätsabschluss. Zusammen mit den Fachhochschulausbildungen können 60% der Studierenden zur Herkunftsgruppe mit höherer Qualifikation gerechnet werden (vgl. Tabelle 9).

An den Fachhochschulen haben die Eltern der Studierenden deutlich seltener Universi-tätsabschlüsse, nur 28%. Zusammen mit den Fachhochschulausbildungen gehören den-noch 44% der Studierenden zur Herkunfts-gruppe mit höherer Qualifikation und bei insgesamt 62% hat mindestens ein Elternteil das Abitur.

Tabelle 9

Höchster Bildungs- und Ausbildungsabschluss der Eltern von Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen (WS 2006/07)

(Angaben in Prozent, ohne Kategorien: „weiß nicht“ und „sonstige“)

Insge- Universitäten Fachhochschulen

samt Insge- Eltern Insge- Eltern

samt Vater Mutter samt Vater Mutter

Volksschule, Lehre 6 5 11 12 10 16 19

Realschule, Lehre 15 14 16 27 19 19 34

Meisterprüfung 5 4 7 1 9 12 2

Abitur, Fachschule 16 16 13 18 18 16 17

FH, Lehrerseminar 13 13 12 10 16 14 8

Uni, TH, PH 43 47 39 30 28 21 17

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Unterschieden nach beiden Elternteilen fällt auf, dass die Mütter seltener über eine hö-here Ausbildungsstufe verfügen als die Väter, aber häufiger einen Haupt- oder Realschulab-schluss besitzen. Die höhere Qualifikation geht damit weiterhin häufiger auf den Vater zurück.

Sättigung akademischer Reproduktion Bis zum neuen Jahrtausend ist der Anteil jener Studierender an Universitäten wie Fachhoch-schulen gestiegen, von denen ein Elternteil ein Universitätsstudium absolviert hat. Die

„akademische Reproduktion“ ist entgegen manchen Erwartungen seit 2001 nicht zurück-gegangen, sondern auf hohem Niveau fast un-verändert geblieben, an den Fachhochschu-len sogar überproportional gestiegen.

Mitte der 80er Jahre hatte bei jedem vier-ten Studierenden an Universitävier-ten mindes-tens ein Elternteil selbst studiert. Seit 2001 beträgt deren Anteil nahezu die Hälfte der Studierenden. Dabei ist ein gewisser Schub durch die neuen Länder erfolgt: zwischen 1990 und 1993 um acht Prozentpunkte (vgl.

Abbildung 2).

Abbildung 2

„Akademische Qualifikation“ der Eltern von Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen (1985 - 2007)

(Angaben in Prozent)

29

37 37 42

48 45 47

9 10 10 15 16 20

28 27 28 18

13 14 12

11 12 13

14 15 17

15 14 12

13 13 16

25 16

1985 1990 1995 2001 2007 1985 1990 1995 2001 2007

Universitätsabschluss Fachhochschulabschluss 26

16

1987 1993 1998 2004 1987 1993 1998 2004

Universitäten Fachhochschulen

„Akademische Qualifikation“ mindestens eines Elternteils

KalliGRAPHIK Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

An den Fachhochschulen studierten vor etwa 20 Jahren kaum Kinder, deren Eltern an einer Universität waren, nur jeder Zehnte. Seit 2001 sind es an dieser Hochschulart etwas über ein Viertel, wobei sich der Anteil Studie-render aus akademischen Elternhäusern mit Universitätsabschluss seit 1993 fast verdoppelt hat.

Gleichzeitig ist seit den 80er Jahren der Anteil an Bildungsaufsteigern zurückgegan-gen. Dieser Trend ist nur zum Teil auf die steigende Qualifikation der Eltern zurückzu-führen. Der Anteil an akademischer Bildung ist zwar insgesamt angestiegen, aber gleich-zeitig ziehen sich die bildungsfernen Schich-ten zunehmend von einer höheren Bildung zurück. Offenbar ist ein Bildungsaufstieg für manche zu unsicher geworden.

Seit dem WS 2000/01 ist jedoch kein weite-rer systematischer Anstieg von Akademiker-Kindern mehr zu verzeichnen. Es scheint eine Sättigung der akademischen Selbstreproduk-tion eingetreten zu sein, die auf das Erreichen eines Maximums hindeutet. Diese Sättigung bezieht sich nur auf die Universitätsabschlüs-se der Eltern. Der Anteil an Studierenden, deren Eltern einen Fachhochschulabschluss besitzen, ist seit den 80er Jahren fast konstant geblieben.

Zunahme von Akademikerkindern in allen Fächergruppen

Die Verschiebung zugunsten höherer akade-mischer Reproduktion ist in allen Fächergrup-pen zu beobachten. Der größte Anstieg an Stu-dierenden aus akademischen Elternhäusern fand seit den 80er Jahren in den

medizini-schen Fächern statt (um 33%). Aber auch in den anderen Fächergruppen der Universitä-ten sind die Anteile um 19 bis 30 Prozentpunk-te angestiegen.

Entwicklung der sozialen Herkunft an Fachhochschulen uneinheitlich

An den Fachhochschulen hat zwar ebenfalls in allen Fächergruppen die akademische Re-produktion zugenommen, jedoch in sehr un-terschiedlicher Art und Weise. Bis Mitte der 90er Jahre ist die Entwicklung vergleichbar: In allen Fächergruppen berichten etwa 17% der Studierenden von akademischen Eltern. Ab dann ist eine unterschiedliche Entwicklung zu beobachten (vgl. Tabelle 10):

• In den Sozialwissenschaften ist kaum eine weitere Steigerung festzustellen (nur um 4%), die zudem seit dem Jahr 2000 völlig stagniert: Jeder Fünfte hat einen akademi-schen Elternteil.

• In den Ingenieurwissenschaften ist bis zum Jahr 2000 eine deutliche Steigerung zu be-obachten (um 11%), die seither ebenfalls stagniert: Jeder Vierte hat 2007 einen aka-demischen Elternteil.

• In den Wirtschaftswissenschaften ist der größte Anstieg zu verzeichnen, um insge-samt 17 Prozentpunkte seit 1995. Gleichzei-tig ist dieser Anstieg im neuen Jahrtausend ungebrochen: Jeder Dritte hat einen aka-demischen Elternteil.

Die Akademisierungsrate in den Wirtschafts-wissenschaften deutet auf eine höhere Akzep-tanz dieser Fachrichtung an Fachhochschulen bei Akademikerkindern hin, die sich der an Universitäten annähert.

Tabelle 10

Studierende mit mindestens einem Elternteil mit Universitätsabschluss nach Fächergruppen (1983 - 2007)

(Angaben in Prozent)

Früheres Bundesgebiet Deutschland

Universitäten 1983 1985 1987 1990 1993 1995 1998 2001 2004 2007 Kulturwissenschaften 25 27 26 29 38 33 40 44 45 44 Sozialwissenschaften 18 19 19 18 28 30 36 42 36 41 Rechtswissenschaft 31 31 36 42 42 49 48 52 52 50 Wirtschaftswissensch. 20 19 21 22 31 32 39 47 41 40

Medizin 33 36 38 43 52 49 57 59 61 66

Naturwissenschaften 18 24 23 27 34 33 37 45 43 47 Ingenieurwissensch. 19 22 23 24 38 38 44 49 44 49 Fachhochschulen

Sozialwissenschaften 7 8 10 12 16 17 19 21 21 21 Wirtschaftswissensch. 10 12 11 13 15 17 24 29 31 34 Ingenieurwissensch. 9 8 9 8 14 15 17 27 28 26 Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Höchste akademische Reproduktion in der Medizin

In den Fächern der Universitäten hat sich die Bildungsvererbung ebenfalls unterschiedlich entwickelt (vgl. Tabelle 10).

• Bereits in den 80er Jahren sind unter-schiedliche Trends festzustellen. Die Kul-tur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaf-ten weisen kaum Anstiege auf.

• Mit Beitritt der neuen Bundesländer ist seit der Erhebung 1993 in allen Fächergrup-pen, außer in der Rechtswissenschaft, eine größere Zunahme festzustellen.

• Über die 90er Jahre erfolgte dann in allen Fächern ein weiterer Anstieg.

• Seit dem WS 2000/01 stagniert die Zunah-me in allen Fächern, außer in der Medizin.

Als einziges Fach weist die Medizin eine an-dauernde Erhöhung der akademischen Re-produktion auf. Daher weist sie mit 66%

so-wohl die höchste Akademisierungsrate als auch mit 33 Prozentpunkten die höchste Zu-wachsrate auf.

Die Studierenden der Rechtswissenschaft, der Natur- und Ingenieurwissenschaften be-richten etwa zur Hälfte von einem akademi-schen Elternteil, womit sie eine durchschnitt-liche Bildungsvererbung aufweisen, gemes-sen an den Studierenden insgesamt.

Leicht unterdurchschnittlich ist die Aka-demisierungsrate in den Wirtschaftswissen-schaften, den Kultur- und den Sozialwissen-schaften, denn nur etwa zwei Fünftel berich-ten von mindesberich-tens einem Elternteil mit Universitätsabschluss (vgl. Tabelle 10).

Unterschiede der Bildungsvererbung wer-den in Einzelfächern noch stärker sichtbar Die höchste Bildungsvererbung weisen die Studierenden der Zahnmedizin auf, bei denen

75% der Eltern einen Universitätsabschluss be-sitzen. Die niedrigste Akademisierungsrate tritt mit 21% im Sozialwesen und der Archäolo-gie auf.

Die erkennbaren Differenzen in der Aka-demisierungsrate zwischen Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen wieder-holen sich in vielen Fächern, die an beiden Hochschularten angeboten werden. Beson-ders auffällig sind die Unterschiede in den Fächern:

• Informatik (49% an Uni, zu 16% an FH)

• Agrarwissenschaften (51% zu 29%)

• Maschinenbau (48% zu 25%)

• Elektrotechnik (54% zu 23%)

• Verkehrstechnik (59% zu 30%)

• Architektur (53% zu 29%)

Studierende, deren Eltern eine Universität be-sucht haben, streben anscheinend in diesen Fächern eher die universitäre Ausbildung an, wohingegen bei fehlendem akademischem Vorbild eher die Fachhochschule vorgezogen wird.

In zwei Fächern treten keine Differenzen zwischen den Hochschularten auf: Im Sozial-wesen (21%) und im Fach Graphik/Design (28%) sind die Angaben der Studierenden zu ihrer Bildungsherkunft nahezu identisch.

Jeder fünfte Studierende hat zwei akademische Elternteile

Die Zunahme der akademischen Reprodukti-on bedeutet auch eine Zunahme an Studie-renden aus einem „doppelt“ -akademischen Elternhaus, wo beide Elternteile über einen Hochschulabschluss verfügen. Jeder fünfte Studierende führt an, dass beide Eltern einen

Universitätsabschluss besitzen. An den Uni-versitäten sind es 25% der Studierenden, an den Fachhochschulen 13%.

Am häufigsten berichten die Studieren-den in der Medizin von einer „doppelten Aka-demisierung“ ihrer Eltern (35%), am seltensten im Sozialwesen (7%).

Jeder zweite Studierende hat einen Eltern-teil in höherer beruflicher Stellung Während der Ausbildungsabschluss eher das Bildungs- und Kulturmilieu beschreibt, lässt die berufliche Stellung der Eltern Aussagen zu sozialem Prestige und ökonomischen Mög-lichkeiten zu.

Im WS 2006/07 stammen nur 7% der Stu-dierenden aus „Arbeiterfamilien“, und bei 11%

haben die Eltern eine einfache berufliche Stel-lung. Viel häufiger ist ein Elternteil mittlerer oder leitender Angestellter oder Beamter. Bei jeweils etwa einem Drittel der Studierenden gehören die Eltern zu dieser Berufsgruppe.

Danach folgen mit einigem Abstand die freien Berufe, die jeder zehnte Studierende nennt (vgl. Tabelle 11).

Die Angaben für leitende Angestellte und Beamte, größere Selbständige und Unterneh-mer sowie freie Berufe können als höhere Be-rufsstellungen zusammengefasst werden. Stu-dierende aus einem Elternhaus mit mindes-tens einer höheren beruflichen Stellung sind an den Universitäten stärker vertreten als an den Fachhochschulen:

• 49% der Eltern von Studierenden an Uni-versitäten gegenüber

• 41% an den Fachhochschulen gehören zu dieser Herkunftsgruppe.

Tabelle 11

Berufliche Stellung der Eltern von Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen (WS 2006/07)

(Angaben in Prozent)

Insge- Universitäten Fachhochschulen

samt Insge- Eltern Insge- Eltern

samt Vater Mutter samt Vater Mutter Arbeiter

ohne Ausbildung 2 1 3 3 3 4 6

mit Ausbildung 5 5 15 5 7 20 7

einfache Angestellte

und Beamte 6 6 6 15 7 6 18

kleinere Selbständige 5 5 8 6 6 10 6

mittlere Angestellte

und Beamte 31 31 22 46 33 21 45

mittlere Selbständige 3 3 3 1 3 5 1

leitende Angestellte

und Beamte 36 36 33 18 32 28 13

große Selbständige

und freie Berufe 12 13 10 6 9 6 4

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Seit den 80er Jahren gehen vermehrt Stu-dierende aus einem Elternhaus mit höherer beruflicher Stellung an die Hochschulen.

Dementsprechend sinkt der Anteil aus Arbeiterfamilien stetig, seit 1983 an Fach-hochschulen von 22% auf 6% und an Universi-täten von 10% auf 4%.

Die Unterscheidung zwischen Mutter und Vater stellt heraus, dass die höheren berufli-chen Stellungen im Elternhaus häufiger über den Vater zustande kommen. Die Mütter sind dagegen weit öfters in einem mittleren Ange-stelltenverhältnis oder als mittlere Beamtin-nen, jedoch viel seltener als Arbeiterinnen tätig (vgl. Tabelle 11).

Die beiden klassischen Indikatoren der sozialen Herkunft, Bildungsabschluss und Berufsposition, weisen untereinander deutli-che Zusammenhänge auf. Je höher die

Quali-fikationsstufe der Eltern, desto häufiger ha-ben sie höhere Berufspositionen inne.

Für die Studierenden stellt es einen be-deutsamen Erfahrungshintergrund dar, wie eng im Elternhaus Bildung und Beruf ver-knüpft sind. Darüber wird ihnen ersichtlich, wie stark ein Studium für das Erreichen einer hohen Berufsstellung vorauszusetzen ist oder ob ohne Studium der Zugang in höhere Positionen erreicht werden kann.