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4 STUDIENORDNUNG UND ANFORDERUNGEN

4.3 Fachliche und allgemeine Anforderungen

Ein Fachstudium umfasst fachliche und über-fachliche Anforderungen. Dabei können Unter- wie Überforderungen von Nachteil sein. Deshalb ist das erfahrene Anforderungs-niveau nicht nur für die Bewältigung des Studiums (Studierbarkeit), sondern auch für den Ertrag (output) von hoher Bedeutung.

Zum Spektrum der fachlichen Anforderungen gehören das Fachwissen und das Verständnis grundlegender Prinzipien. Die überfachli-chen Anforderungen umfassen soziale und intellektuelle Fähigkeiten, sogenannte „soft skills“ oder Schlüsselqualifikationen.

Faktenerwerb ist für jeden Dritten an Universitäten übertrieben

Der Erwerb von Faktenwissen wird von der Hälfte der Studierenden an Universitäten im Ausmaß als ausgewogen beurteilt. Ein Drittel erlebt es als zu hoch, ein Fünftel als zu niedrig.

An den Fachhochschulen erleben die Studie-renden häufiger ein angemessenes Ausmaß.

Gleichzeitig fühlen sie sich seltener überfor-dert (vgl. Tabelle 59).

Das Verständnis zugrundeliegender Prin-zipien fordern die Fachbereiche für die Mehr-heit der Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen in einem ausgewogenen Ausmaß. Überfordert fühlen sich darin nur wenige Studierende; häufiger berichten sie

Tabelle 59

Fachliche Anforderungen an Universitäten und Fachhochschulen (1983 - 2007) (Angaben in Prozent, ohne Kategorie: „ kann ich nicht beurteilen“)

Erwerb von Früheres Bundesgebiet Deutschland

Faktenwissen 1983 1985 1987 1990 1993 1995 1998 2001 2004 2007 Universitäten

zu wenig 12 14 14 16 15 15 18 16 17 17

gerade richtig 38 38 37 36 40 42 41 44 47 49

zu viel 45 43 44 45 41 39 36 36 33 31

Fachhochschulen

zu wenig 12 15 15 17 19 20 24 21 22 22

gerade richtig 49 49 47 45 49 51 51 55 56 58

zu viel 35 32 34 34 29 26 21 20 19 18

Prinzipien verstehen Universitäten

zu wenig 44 44 45 48 42 42 39 34 31 28

gerade richtig 47 47 47 49 49 50 51 56 59 62

zu viel 6 7 6 6 7 6 7 8 8 8

Fachhochschulen

zu wenig 37 37 38 36 37 37 35 30 30 26

gerade richtig 54 53 53 54 53 56 55 60 64 65

zu viel 8 7 7 8 8 6 7 8 7 8

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

von zu niedrigen Anforderungen: Mehr als jeder vierte Studierende sieht hier Defizite.

Anforderungen werden ausgewogener Die Anforderungen der Fachbereiche für den Erwerb von Faktenwissen und dessen Ver-ständnis waren in den 80er Jahren weniger ausgewogen. An Universitäten und Fach-hochschulen fühlten sich damals weit mehr Studierende im Erwerb von Faktenwissen überfordert und im Verständnis unterfordert.

Sowohl die Über- als auch die Unterforderung sind beide vor allem seit den 90er Jahren zurückgegangen (vgl. Tabelle 59).

Die bessere Ausgewogenheit bei den fachlichen Anforderungen korrespondiert mit der steigenden Lehr- und Studienqualität.

Bemühungen zu deren Verbesserung sollten

daher auch darauf abzielen, eine ausgewo-gene Anforderungsstruktur herzustellen.

Viele Fakten, wenig Grundlagen in der Medizin

Von einer sehr unausgewogenen Struktur berichten die Studierenden in der Medizin.

Der Faktenerwerb ist für die Mehrheit weit übertrieben: Zwei Drittel halten ihn für zu hoch. In der Rechtswissenschaft gibt fast die Hälfte der Studierenden diese Einschätzung ab (vgl. Tabelle 60).

Viel seltener erleben die Studierenden in den Sozial- und Kulturwissenschaften, dass zu viel Wert auf den Erwerb von Faktenwissen gelegt wird: Jeder Fünfte hält ihn für über-trieben, an Fachhochschulen sogar nur jeder Elfte. Die seltene Überlastung resultiert nur

Tabelle 60

Fachliche Anforderungen nach Fächergruppen (WS 2006/07) (Angaben in Prozent, ohne Kategorie: „kann ich nicht beurteilen“)

Universitäten Fachhochschulen

Erwerb von Kult. Soz. Rechts- Wirt. Medi- Nat. Ing. Soz. Wirt. Ing.

Faktenwissen wiss. wiss. wiss. wiss. zin wiss. wiss. wiss. wiss. wiss.

zu wenig 27 27 6 10 3 8 15 24 13 20 gerade richtig 50 48 46 46 29 55 57 64 59 58

zu viel 20 21 46 40 67 33 23 9 27 18

Prinzipien verstehen

zu wenig 30 30 34 25 45 22 24 21 26 29 gerade richtig 62 63 59 63 47 67 64 72 65 61

zu viel 6 6 6 11 8 10 12 6 7 10

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

zum Teil aus einer angemessenen Struktur, sie geht ebenso häufig auf zu geringe Anforde-rungen zurück.

Das Verständnis für zugrundeliegende Prinzipien kommt nach Ansicht der Studie-renden vor allem in der Medizin zu kurz:

Knapp die Hälfte sieht hierin ein Defizit.

Viel ausgewogener ist diese Anforderung in den Naturwissenschaften sowie in den Sozialwissenschaften an Fachhochschulen.

Für 67% der Studierenden in den Naturwissen-schaften und für 72% in den Sozialwissenschaf-ten wird das Grundlagenverständnis im rich-tigen Ausmaß eingefordert (vgl. Tabelle 60).

Leistungsansprüche sind für viele Studierende angemessen

Hohe Leistungsnormen bedeuten nicht au-tomatisch eine Überforderung für die renden, sondern sie werden von vielen Studie-renden akzeptiert. Das gilt sowohl für die geforderte Arbeitsintensität im Studium als auch für die regelmäßige Leistungsüberprü-fung. Das erlebte Ausmaß der Arbeitsintensi-tät halten etwas weniger, die regelmäßigen

Leistungsnachweise etwas mehr als die Hälfte für angemessen (vgl. Abbildung 16).

An Universitäten wird für die Studieren-den etwas häufiger zu viel Wert auf eine hohe Arbeitsintensität gelegt als an den Fachhoch-schulen (39% zu 34%).

Seit den 80er Jahren haben sich die Leis-tungsanforderungen an den Universitäten nur wenig verändert. An den Fachhochschu-len sind größere Veränderungen eingetreten.

Als ausgewogen akzeptierten die Arbeitsin-tensität in den 80er Jahren nur 36%, 2007 sind es 46%; die zu hohe Arbeitsbelastung hat sich von 50% auf 34% verringert.

Defizite in überfachlichen Fähigkeiten Neben der fachlichen Qualifikation werden überfachliche Kompetenzen zunehmend wichtiger. Die Hochschulen reagieren auf diese Anforderungen mit eigens eingerichte-ten Lehrveranstaltungen zu „Schlüsselqualifi-kationen“. Nach Ansicht der Studierenden sind die bisherigen Bemühungen aber noch unzureichend. In vielen Kompetenzen erle-ben sie Defizite (vgl. Abbildung 16).

Abbildung 16

Beurteilung von fachlichen und überfachlichen Anforderungen im Fachstudium an Universitäten und Fachhochschulen (WS 2006/07)

(Angaben in Prozent)

4 25 47 14 2

3 14 51 23 4

sich mit theoretischen Fragen und Aussagen auseinander zu setzen

8 38 49 2

22 47 26 1

Umsetzung des Gelernten auf praktische Fragen und Anwendungen

20 36 26 2

16 35 28 3 1

sich für soziale/politische Fragen aus der Sicht des eigenen Fachgebietes zu interessieren

18 26 27

18 32 27

2 1 2 1

sich mit ethischen Fragestellungen des Faches zu beschäftigen

6 35 49 7 1

5 33 49 9 1

komplexe Sachverhalte selbständig analysieren zu können

17 40 25 2

13 39 32 3 1

Forschungsmethoden selbständig anwenden zu können

5 24 60 9 1

9 31 53 6 1

mit anderen Studierenden zusammen zu arbeiten

9 35 49 4 1

15 40 37 4 1

sich in Lehrveranstaltungen an Diskussionen zu beteiligen

16 39 31 3

15 39 31 4 1

Kritik an Lehrmeinungen zu üben

10 46 38 3

13 47 34 3

eigene Interessenschwerpunkte zu entwickeln

3 13 57 21 4

4 15 53 21 6

regelmäßig Leistungsnachweise zu erbringen (Klausuren, Referate etc.)

3 15 46 28 6

3 15 40 31 8

viel und intensiv für das Studium zu arbeiten

viel zu wenig zu wenig gerade richtig zu viel viel zu viel In meinem Fachbereich wird darauf W ert gelegt, ...

Fachhochschulen:

Universitäten:

KalliGRAPHIK

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Nur drei der nachgefragten überfachli-chen Anforderungen werden von einem Großteil der Studierenden als angemessen eingefordert bezeichnet:

• mit anderen Studierenden zusammen zu arbeiten (Teamorientierung),

• komplexe Sachverhalte selbständig zu analysieren (analytisches Denkvermögen),

• sich mit theoretischen Fragen auseinander zu setzen (Theorieverständnis).

Etwa jeder zweite Studierende erlebt diese Anforderungen als ausgewogen. Allerdings fühlen sich auch zwei Fünftel bei der Team- und Analysefähigkeit unterfordert. Das Theo-rieverständnis wird für jeden vierten Studie-renden an Universitäten überbetont.

Deutlich zu wenig Wert legen die Fachbe-reiche nach Meinung vieler Studierender jedoch darauf:

• eigene Interessenschwerpunkte zu entwi-ckeln,

• Kritik an Lehrmeinungen zu üben,

• sich an Diskussionen in Lehrveranstaltun-gen zu beteiliLehrveranstaltun-gen,

• Umsetzen des Gelernten auf praktische Fragestellungen,

• Forschungsmethoden selbständig anzu-wenden,

• sich für soziale und politische Fragen aus der Sicht des Faches zu interessieren,

• sich mit ethischen Fragestellungen des Faches zu befassen.

Diese Kompetenzen werden für die Berufs-wahl häufig nachgefragt. Autonomie und Verantwortungsübernahme, die von Hoch-schulabsolventen erwartet werden, sollten im Studium stärker vermittelt werden.

Mehr praktische, aber weniger theoretische Umsetzung an Fachhochschulen

Die Fachbereiche der Fachhochschulen legen weit mehr Wert darauf, dass die Studierenden das Gelernte auf praktische Fragen anwenden können: An ihnen fühlen sich 49% darin im richtigen Ausmaß gefordert, an Universitäten nur 26%. Demgegenüber erfahren 69% an Universitäten darin Defizite.

Auf die Beschäftigung mit theoretischen Fragen und Aussagen legen die Universitäten mehr Wert; nach Meinung von 27% der Stu-dierenden sogar zu viel (an Fachhochschulen 16%). Dafür kritisieren an Fachhochschulen mehr Studierende, dass ihr Fachbereich dar-auf zu wenig Wert legt: 29%, gegenüber 17% an den Universitäten.

Auf überfachliche Anforderungen wird etwas mehr eingegangen

Obwohl die überfachlichen Anforderungen noch immer zu wenig gefördert werden, ist eine gewisse Verbesserung zu erkennen. Seit den frühen 80er Jahren bestätigen zuneh-mend mehr Studierende ein angemessenes Maß an überfachlicher Qualifikation.

Deutlich verbessert hat sich die verlangte Teamarbeit: 53% gegenüber 38% in den 80er Jahren halten sie an den Universitäten für aus-gewogen; an den Fachhochschulen ist ein An-stieg von 38% auf 60% zu beobachten.

Zu wenig überfachliche Anforderungen in der Medizin

Defizite in überfachlichen Anforderungen kri-tisieren Studierende in allen Fächergruppen, teilweise mit verschiedenen Schwerpunkten.

Am meisten fühlen sich die Studierenden der Medizin unterfordert. Auf fast alle Anforde-rungen wird für sie zu wenig Wert gelegt;

häufig vermissen sie die Anforderung, eigene Interessen zu entwickeln (vgl. Tabelle 61).

Ähnlich häufig vermissen die Studieren-den in der Rechtswissenschaft die Unterstüt-zung ihrer Fachbereiche. Im Vergleich zu anderen kritisieren sie vor allem fehlende Ansprüche an die Zusammenarbeit.

Tabelle 61

Beurteilung überfachlicher Anforderungen nach Fächergruppen (WS 2006/07) (Angaben in Prozent)

Universitäten Fachhochschulen Anforderung Kult. Soz. Rechts- Wirt. Medi- Nat. Ing. Soz. Wirt. Ing.

wiss. wiss. wiss. wiss. zin wiss. wiss. wiss. wiss. wiss.

eigene Interessen

zu wenig 51 60 62 66 76 61 57 37 62 62

gerade richtig 42 36 32 29 19 31 33 59 33 32 analytisches Denken

zu wenig 36 47 24 41 53 32 30 38 46 38

gerade richtig 52 44 61 47 38 52 53 53 45 51 Kritik üben

zu wenig 54 56 54 63 63 53 51 48 57 55

gerade richtig 36 35 33 26 27 30 27 44 27 28 Diskussionsbeteiligung

zu wenig 43 45 67 72 62 58 66 27 49 51

gerade richtig 49 44 29 25 31 34 26 63 45 45 Zusammenarbeit

zu wenig 42 34 72 51 40 34 31 21 40 29

gerade richtig 49 55 23 43 55 60 61 59 52 62 praktische Umsetzung

zu wenig 71 81 70 78 63 60 63 43 53 46

gerade richtig 26 16 27 19 34 33 32 53 44 48 Forschungsmethoden

zu wenig 53 57 48 58 51 44 53 64 58 57

gerade richtig 33 31 25 23 32 41 30 27 22 24 soziale/pol. Fragen

zu wenig 54 51 57 59 67 59 54 31 54 57

gerade richtig 32 40 33 30 17 15 18 59 26 16 ethische Fragen

zu wenig 46 44 58 59 56 51 47 30 51 45

gerade richtig 33 44 27 18 33 17 14 62 17 18 theoretische Fragen

zu wenig 17 17 11 14 18 15 20 16 22 32 gerade richtig 54 54 49 45 47 53 48 55 47 45 Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

In den Wirtschaftswissenschaften fühlen sich die Studierenden besonders stark in der praktischen Umsetzung des Gelernten unter-fordert. Auffällig häufiger als anderen fehlt ihnen die Aufforderung für Diskussionen.

In den Kulturwissenschaften können die Studierenden an Universitäten am häufigsten eigene Interessenschwerpunkte setzen.

Den Studierenden der Sozialwissenschaf-ten wird vor allem zu wenig vermittelt, wie das Gelernte praktisch umzusetzen ist. Dafür wird in ihrem Studium vergleichsweise mehr Wert auf Diskussionsbereitschaft gelegt. Häu-fig erleben sie ein ausgewogenes Maß an Aus-einandersetzung mit sozialen und ethischen Fragen.

Für die Studierenden der Naturwissen-schaften sind die Anforderungen an die Zu-sammenarbeit und zur Anwendung von Forschungsmethoden häufig ausgewogen.

Selten wird ihrem Interesse für soziale und ethische Fragen im Studium entsprochen.

In den Ingenieurwissenschaften beurtei-len die Studierenden die Anforderungen ganz ähnlich wie in den Naturwissenschaften.

Größere Defizite erleben sie nur in den For-schungsmethoden.

An den Fachhochschulen fällt die Kritik der Studierenden im Vergleich zu den ent-sprechenden Fächergruppen an Universitäten geringer aus. Besonders in den Sozialwissen-schaften bestehen weniger Defizite; nur für die Forschung fühlen sie sich schlechter vor-bereitet. Alle Fächergruppen an Fachhoch-schulen erhalten eine bessere Unterstützung bei Diskussionen und der praktischen Umset-zung des Gelernten (vgl. Tabelle 61).

4.4 Schwierigkeiten und