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1 PROFIL UND SOZIALE HERKUNFT

1.4 Fachtraditionen

Anhand der Angaben zu den fachlichen Be-reichen der Berufsausbildung der Eltern kön-nen fachliche Herkunftsgruppen gebildet werden, die Aussagen zur Fachtradition bei den Studierenden erlauben. Und über die Dif-ferenzierung nach Berufs- und

Hochschulaus-bildung kann das Ausmaß an „fachlicher Ver-erbung“ erfasst werden (vgl. Multrus 2006).

Zur Klärung der „Fachtradition“ werden die Angaben der Studierenden zum Bereich der beruflichen Ausbildung ihrer Eltern ver-wendet, um zu untersuchen, wie oft Studie-rende Fachrichtungen wählen, in denen be-reits ihre Eltern ausgebildet wurden.

Väter haben am häufigsten eine technische Ausbildung

Am häufigsten berichten die Studierenden, dass ihre Väter in einem Handwerk oder in einem technischen Berufszweig ausgebildet sind. Das gilt für die berufliche Ausbildung ebenso wie für ein Hochschulstudium des Vaters (vgl. Abbildung 3 und 4):

Abbildung 3

Akademische Ausbildungsrichtung der Eltern (WS 2006/07)

(Angaben in Prozent ohne Kategorien: „keine Ausbildung“ und

„weiß nicht“)

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschul-forschung, Universität Konstanz.

Abbildung 4

Berufliche Ausbildungsrichtung der Eltern (WS 2006/07)

(Angaben in Prozent ohne Kategorien: „keine Ausbildung“ und

„weiß nicht“)

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulfor-schung, Universität Konstanz.

• 26% der Väter haben eine technische oder handwerkliche Berufsausbildung,

• 18% haben einen ingenieurwissenschaftli-chen Hochschulabschluss, davon 12% im Bereich Elektrotechnik, Maschinenbau und Verkehrstechnik, und 6% im Bereich Architektur, Bauingenieurwesen und Vermessungstechnik.

Bei Unterscheidung nach der Ausbildungsart, Berufsausbildung oder Hochschulausbildung, ist über die Hälfte der Väter ohne Hochschul-abschluss im Bereich Technik und Handwerk ausgebildet. An zweiter Stelle der beruflichen Ausbildungen folgt bei den Vätern mit 8% der kaufmännische Bereich.

Mütter sind am häufigsten kaufmännisch ausgebildet

Die Mütter der Studierenden haben am häu-figsten eine kaufmännische Ausbildung: Jede fünfte kann sie vorweisen. Viele haben auch ein Studium der Sozialwissenschaften (15%) absolviert oder eine berufliche Ausbildung im Bereich Gesundheit, Pflege und Pharmazie durchlaufen (12%).

Technische oder handwerkliche Berufe sind bei den Müttern dagegen sehr selten (2%), eher haben sie noch ein ingenieurwissen-schaftliches Studium absolviert (4%).

Die getrennte Aufsummierung der elter-lichen Ausbildungsrichtungen für akademi-sche und berufliche Ausbildungen stellt gleichzeitig die bestehenden Unterschiede in der Bildungsstufe der Eltern heraus: Von den Vätern hat die Hälfte eine akademische Aus-bildung, von den Müttern zwei Fünftel (vgl.

Abbildung 3).

Deutlich erkennbare Fachtradition bei akademischen Elternhäusern

Die akademischen Ausbildungsrichtungen der Eltern können direkt mit den Fächergrup-pen der Studierenden verglichen werden.

Dabei zeigt sich, dass die Studierenden dann häufiger eine bestimmte Fächergruppe bele-gen, wenn auch der Vater (vgl. Tabelle 12) oder die Mutter (vgl. Tabelle 13) ein Fach aus dieser Gruppe studiert hat.

Die Fachtradition lässt sich jeweils an den Diagonalwerten in den beiden folgenden Tabellen ablesen. Sie stellen dar, wie häufig die Studierenden die entsprechende Fächer-gruppe gewählt haben, wenn Vater oder Mutter bereits in dieser Fächergruppe einen Abschluss besitzen. Die Größe des Effektes der Fachtradition kann dann im Vergleich zur Fachwahl der Studierenden insgesamt be-rechnet werden, wie sie bereits dargestellt wurde (vgl. z.B. Tabelle 6).

Gleichzeitig bieten die jeweiligen Reihen dieser beiden Tabellen für Vater und Mutter auch die Angaben der Studierenden für die Wahl einer Fächergruppe, wenn die Eltern einen Abschluss in einer anderen Fächer-gruppe besitzen. An diesen Unterschieden zum Diagonalwert lässt sich ebenfalls die Größe des Einflusses der Fachtradition erken-nen (vgl. Tabelle 12 und 13).

Die Fachtradition tritt an den Universitä-ten deutlicher hervor als an den Fachhoch-schulen: Bei einer Universitätsausbildung der Eltern wählen die Studierenden häufiger selbst eine fachlich vergleichbare Ausbildung an einer Universität als an einer Fachhoch-schule. Daher ist die Fachtradition an den

Fachhochschulen weniger erkennbar, wenn die Eltern eine Universität besuchten.

Eher lässt sich wieder ein Zusammenhang bei einem Fachhochschulabschluss der Eltern zur Fachwahl der Studierenden an Universitä-ten erkennen. Außerdem zeigen sich Auswir-kungen bei der Fachwahl an Fachhochschu-len in Tradition zum Fachhochschulabschluss der Eltern, die dort deutlich stärker ist (vgl. Ta-belle 12 und 13).

Hohe Fachvererbung in den klassischen Professionen

Am auffälligsten tritt die Fachtradition in den beiden klassischen Professionen auf, der

Medizin und der Rechtswissenschaft. Gemes-sen an der Häufigkeit der Fachwahl der Stu-dierenden aus akademischen Familien insge-samt, entscheiden sich die Studierenden 3,2 mal so häufig für ein medizinisches Fach, wenn der Vater ebenfalls Medizin studiert hat, und 2,5 mal so häufig für Medizin, wenn die Mutter ein Studium der Medizin absolviert hat.

In der Rechtswissenschaft wählen die Stu-dierenden vier mal so häufig diesen Studien-gang, wenn der Vater Jurist ist, und sie neh-men 2,8 mal so häufig ein rechtswissenschaft-liches Studium auf, wenn die Mutter Jura studiert hat.

Tabelle 12

Verteilung der Fächergruppen der Studierenden nach akademischer Ausbildungsrichtung des Vaters (WS 2006/07)

(Angaben in Prozent)

akademische Ausbildungsrichtung des Vaters

Universitäten Fachhochschulen

Fächergruppen Kult. Soz. Rechts- Wirt. Medi- Nat. Ing. Soz. Wirt. Ing.

wiss. wiss. wiss. wiss. zin wiss. wiss. wiss. wiss. wiss.

Universitäten

Kulturwissenschaften 35 27 19 19 15 17 20 19 19 19 Sozialwissenschaften 10 17 13 9 9 9 9 16 8 12

Rechtswissenschaft 5 3 18 7 6 4 3 3 7 3

Wirtschaftswissen. 9 9 9 21 7 6 11 11 15 8

Medizin 9 8 6 8 35 11 9 11 8 5

Naturwissenschaften 18 14 18 14 16 30 16 13 20 18 Ingenieurwissen. 7 9 7 7 6 11 18 10 7 12

anderes 2 1 1 1 3 2 2 2 1 1

Fachhochschulen

Sozialwissenschaften 1 2 1 1 - 1 1 5 1 3

Wirtschaftswissen. 1 4 2 5 1 4 4 3 4 4

Ingenieurwissenschaften 3 4 4 7 1 3 5 2 9 10

anderes 1 2 2 1 1 2 2 5 1 5

zusammen 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Tabelle 13

Verteilung der Fächergruppen der Studierenden nach akademischer Ausbildungsrichtung der Mutter (WS 2006/07)

(Angaben in Prozent)

akademische Ausbildungsrichtung der Mutter

Universitäten Fachhochschulen

Fächergruppen Kult. Soz. Rechts- Wirt. Medi- Nat. Ing. Soz. Wirt. Ing.

wiss. wiss. wiss. wiss. zin wiss. wiss. wiss. wiss. wiss.

Universitäten

Kulturwissenschaften 34 21 13 18 14 13 15 24 18 14 Sozialwissenschaften 8 13 16 4 10 10 8 15 11 15

Rechtswissenschaft 8 3 9 7 5 5 2 4 4 1

Wirtschaftswissensch. 7 9 13 20 11 5 8 5 13 13

Medizin 12 10 13 4 27 12 12 8 7 4

Naturwissenschaften 17 17 17 22 17 32 16 20 16 15 Ingenieurwissensch. 7 11 5 9 7 15 23 10 8 18

anderes 2 2 2 2 4 3 2 3 6 -

Fachhochschulen

Sozialwissenschaften 1 2 2 1 - - 1 1 1 3 Wirtschaftswissensch. 1 4 6 7 2 3 4 5 9 3 Ingenieurwissenschaften 2 4 5 5 2 2 5 2 5 11

anderes 1 4 - 1 1 - 4 3 2 3

zusammen 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Geringe Fachtradition über berufliche Ausbildungen

Die beruflichen Ausbildungsrichtungen der Eltern der Studierenden lassen kaum Hinwei-se auf eine fachliche Reproduktion erkennen.

Die Fachwahl der Studierenden weist in Ab-hängigkeit von der elterlichen Ausbildungs-richtung keine erkennbaren Zusammenhän-ge auf, weder beim Vater noch bei der Mutter.

Die schwachen Zusammenhänge der Wahl wirtschaftswissenschaftlicher Fächer der Stu-dierenden bei einer kaufmännischen Ausbil-dung des Vaters, die 2004 noch zu erkennen waren, sind in der aktuellen Erhebung 2007 nicht mehr vorzufinden.

Studierende mit Fachtradition

Etwas mehr als jeder vierte Studierende hat sein Studienfach in Fachtradition gewählt (27%), d.h. mindestens ein Elternteil hat eine ähnliche Berufsausbildung oder ein Studium der gleichen Fächergruppe absolviert.

Diese Studierenden lassen sich in drei ähnlich große Gruppen unterteilen: Studie-rende in akademischer Fachtradition, in teilakademischer Fachtradition und in nicht-akademischer Fachtradition. Diese unter-schiedlichen Fachtraditionen weisen durch-aus einige Zusammenhänge zum Studienver-lauf auf (vgl. Multrus 2007).