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2 HOCHSCHULZUGANG UND STUDIENMOTIVE

2.4 Erwartungen an das Studium

Die Erwartungen an die Nützlichkeit eines Hochschulstudiums lassen sich in fachlich-professionelle, materielle und soziale Berei-che zusammenfassen. Fachlich-professionelle Aspekte betreffen die spätere Tätigkeit, wie eine interessante Arbeit und die Möglichkei-ten zur Entwicklung eigener Vorstellungen.

Gleichzeitig umfassen sie Qualifikationen, wie fachliche und wissenschaftliche Kenntnisse sowie eine gute Allgemeinbildung. Materielle Erwartungen existieren im Hinblick auf die späteren Gratifikationen wie Einkommen und Prestige. Eher konträr dazu liegen die sozialen oder altruistischen Erwartungen, wie anderen zu helfen oder die Gesellschaft zu verbessern.

Schließlich kann das Studium als „Morato-rium“ dienen, wenn es den Eintritt ins Er-werbsleben hinauszögern soll.

Größte Erwartungen an fachlich-professionellen Nutzen des Studiums Unverändert hohe Erwartungen setzen die Studierenden in die Aussicht, später eine

interessante Arbeit zu erhalten und mehr über das gewählte Fach zu erfahren. Etwa drei von vier Studierenden sehen ihr Studium dafür als sehr nützlich an (vgl. Tabelle 23).

In einer wissenschaftlichen Ausbildung sehen zwei von drei Studierenden einen ho-hen Nutzen und etwa jeder zweite Studieren-de verbinStudieren-det mit Studieren-dem Studium Autonomie und Allgemeinbildung.

Die Erwartungen an Autonomie haben in den letzten Jahren nachgelassen, dem Studi-um wird diesbezüglich weniger zugetraut.

Die wissenschaftliche und die allgemeine Bildung haben dagegen an Bedeutung ge-wonnen. Die Erwartungen sind gestiegen, durch das Studium spezifische und allgemei-ne Qualifikatioallgemei-nen zu erwerben.

Erwartungen an materielle Gratifikationen steigen stetig

Die Erwartungen an materielle Vorteile und Gratifikationen sind seit den 80er Jahren stetig angestiegen. Vor allem das hohe Ein-kommen weist eine wachsende Bedeutung auf. Seit den 80er Jahren ist es um 21 Prozent-punkte angestiegen und hat damit fast die Wichtigkeit der professionellen Qualifikati-onsaspekte erreicht (vgl. Tabelle 23).

Die Erwartung an den Prestigegewinn ist zwar ebenfalls deutlich angestiegen (um 11 Prozentpunkte), aber sie besitzt noch keine vordringliche Bedeutung: Denn nur etwas mehr als jeder vierte Studierende sieht sein Studium für das Erreichen einer hohen sozia-len Position als sehr nützlich an.

Finanzielle Gratifikationen werden auf-grund des Hochschulstudiums häufiger als

Tabelle 23

Erwartungen an den Nutzen eines Hochschulstudiums (1983 - 2007) (Skala von 0 = nicht nützlich bis 6 = sehr nützlich, Angaben in Prozent für Kategorien: 5-6 = sehr nützlich) Erwarteter Früheres Bundesgebiet Deutschland

Nutzen 1983 1985 1987 1990 1993 1995 1998 2001 2004 2007 fachlich-professionell

interessante Arbeit 75 75 75 77 75 74 74 74 74 75 mehr über Fach

erfahren 70 71 70 68 66 68 69 68 71 72

wissenschaftliche

Ausbildung 54 56 57 54 56 58 55 58 62 66

eigene Ideen

entwickeln 56 63 60 62 61 61 58 57 57 54

gebildete

Persönlichkeit 32 32 32 32 38 39 39 42 45 48 materiell

gutes Einkommen 26 29 33 34 38 37 34 42 44 47 hohe soziale Position 17 19 21 21 23 24 23 27 27 28 sozial

anderen Menschen

helfen 27 31 28 26 29 29 30 30 34 34

Gesellschaft

verbessern 26 26 24 26 26 25 27 26 33 34

Moratorium Berufstätigkeit

hinausschieben 13 13 13 12 11 12 8 9 7 7 Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

entsprechender Zugewinn betrachtet, so wie oftmals auch der höhere soziale Status als Aka-demiker; deshalb werden sie von den Studie-renden mehr betont.

Zunahme sozialer und materieller Werte Jeder dritte Studierende setzt hohe Erwartun-gen in einen sozialen Nutzen seines Hoch-schulstudiums. Darunter fallen zwei Möglich-keiten: zum einen anderen Menschen zu hel-fen und zum anderen zur Verbesserung der Gesellschaft beizutragen. Die Studierenden

erwarten damit häufiger, sich individuell oder gesellschaftlich nützlich einbringen zu kön-nen (jeweils 34%), als sozial in eine hohe Posi-tion aufzusteigen (28%).

Die sozial-altruistischen Erwartungen der Studierenden haben im letzten Jahrzehnt et-was an Bedeutung gewonnen. Jedoch geht diese Zunahme sozialer Werte mit einem zu-nehmenden Anspruch an materiellen Werten einher. Die soziale und gesellschaftliche Ver-antwortung unter den Studierenden nimmt zu, aber nicht einseitig, da sie auf eigene

Vor-teile und Gratifikationen nicht verzichten wollen.

Diese beiden bislang so verschiedenen Grundhaltungen stellen für die Studierenden anscheinend keinen Gegensatz mehr dar, sondern lassen sich vielmehr zunehmend miteinander vereinbaren.

Studium ist kein Moratorium

Nur wenige Studierende (7%) sehen einen großen Nutzen darin, durch ihr Hochschulstu-dium die Berufstätigkeit hinausschieben zu können. Diese Einschätzung der Studienzeit verblasst zusehends. Vor 25 Jahren diente noch doppelt so vielen Studierenden ihr Stu-dium auch als Moratorium (vgl. Tabelle 23).

Da die Gratifikationserwartungen einer-seits und das Motiv der Arbeitsplatzsicherheit andererseits zunehmend wichtiger werden, dient das Studium in stärkerem Maße der öko-nomischen Absicherung. Dieses Ziel kann nicht durch eine Moratoriumsphase erreicht werden, sondern bedarf vielmehr einer vor-ausschauenden effizienzorientierten Pla-nung.

Studentinnen setzen mehr auf einen sozialen Nutzen

Zwischen studierenden Männern und Frauen fallen einige Unterschiede in den Erwartun-gen an den Nutzen des Studiums auf. Die Studentinnen erwarten seltener, sich später ein gutes Einkommen sichern zu können als die männlichen Studierenden (43% zu 53%).

Dafür erwarten sie häufiger einen fachlich-professionellen Zugewinn vor allem in ihrer sozialen Orientierung:

• Fachwissen (74% zu 68% bei den Studenten),

• Allgemeinbildung (50% zu 44%),

• später anderen zu helfen (39% zu 27%),

• Gesellschaft zu verbessern (36% zu 31%).

Studentinnen verbinden mit einem Studium in stärkerem Maße als die männlichen Stu-denten Bildung und soziale Verantwortung.

Universitätsstudierende erwarten mehr Wissenschaftlichkeit

Zwischen den Hochschularten treten insge-samt keine auffälligen Differenzen in den Er-wartungen der Studierenden an den Nutzen eines Studiums auf. Nur auf eine gute wissen-schaftliche Ausbildung setzen Studierende an Universitäten (67%) häufiger als an Fachhoch-schulen (59%).

Bedeutsamer ist der Vergleich zwischen den Fächergruppen. Wie bei den Motiven äußern die Studierenden hier sehr unter-schiedliche Erwartungen. Nur hinsichtlich ei-nes Studiums als Moratorium erwarten sie in keiner Fächergruppe einen größeren Nutzen.

Geringste materielle Erwartungen in den Kultur- und Sozialwissenschaften Die Studierenden der Kultur- und der Sozial-wissenschaften weisen recht ähnliche Erwar-tungen auf. Bei den fachlich-professionellen Werten setzen sie mehr als andere auf Auto-nomie und Allgemeinbildung, weniger auf Wissenschaftlichkeit und eine interessante Arbeit (vgl. Tabelle 24).

Am wenigsten erwarten sie später mate-rielle Gratifikationen, darin unterscheiden sie sich am deutlichsten von anderen Fächer-gruppen. Nur jeder Dritte setzt auf ein gutes

Einkommen und jeder Fünfte auf eine hohe soziale Position. Für Studierende dieser Fächer dient ein Studium nicht unbedingt der Karrie-replanung.

Unterschiedlich sind die Erwartungen der Studierenden hinsichtlich des sozialen Nut-zens. Die Studierenden der Sozialwissenschaf-ten halSozialwissenschaf-ten ihr Studium für weit nützlicher, um später anderen zu helfen und die Gesellschaft zu verbessern. Die Studierenden der Kultur-wissenschaften sehen hier anscheinend weni-ger Möglichkeiten, ihre Ausbildung umzuset-zen.

An den Fachhochschulen erwarten die Studierenden der Sozialwissenschaften im

Vergleich zu den Universitäten häufiger, später eine interessante Arbeit zu erhalten, aber noch seltener meinen sie, ein gutes Einkommen zu erzielen. Dafür setzen sie ihre Erwartungen öfters in den sozialen Nutzen ihres Studiums: 76% hoffen darauf, anderen zu helfen und 60% wollen die Gesellschaft verbessern (vgl. Tabelle 24).

Höchster Prestigegewinn in der Rechtswissenschaft

Die Studierenden der Rechtswissenschaft erwarten seltener als andere intellektuelle Autonomie. Dafür erwarten sie am häufigsten später eine hohe soziale Position zu bekleiden.

Tabelle 24

Erwartungen an den Nutzen eines Hochschulstudiums nach Fächergruppen (WS 2006/07) (Skala von 0 = nicht nützlich bis 6 = sehr nützlich, Angaben in Prozent für Kategorien: 5-6 = sehr nützlich)

Universitäten Fachhochschulen

Erwarteter Kult. Soz. Rechts- Wirt. Medi- Nat. Ing. Soz. Wirt .Ing.

Nutzen wiss. wiss. wiss. wiss. zin wiss. wiss. wiss. wiss wiss.

fachlich-professionell

interessante Arbeit 69 69 78 72 87 77 81 78 73 77 mehr über Fach

erfahren 74 74 67 52 86 78 70 78 58 68

wissenschaftliche

Ausbildung 63 63 67 60 75 76 70 60 58 61

eigene Ideen

entwickeln 59 58 42 43 52 53 59 61 46 57

gebildete

Persönlichkeit 60 55 50 49 38 37 41 55 50 41 materiell

gutes Einkommen 32 32 56 73 44 50 61 24 68 55 hohe soziale Position 21 21 46 39 38 23 28 21 39 28 sozial

anderen Leuten helfen 31 49 38 20 80 25 18 76 17 21 Gesellschaft verbessern 37 45 39 24 40 30 29 60 20 25 Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Etwas überdurchschnittlich sind ihre Er-wartungen an den ökonomischen, aber auch am den sozialen Nutzen; eher unterdurch-schnittlich ist ihre Erwartung, mehr über ihr Fach zu erfahren (vgl. Tabelle 24).

Hohe materielle Erwartungen in den Wirtschaftswissenschaften

Das spätere Einkommen spielt in den Wirt-schaftswissenschaften in doppelter Weise eine herausragende Rolle: Zum einen ist die Erwartung an ein hohes Einkommen größer als in allen anderen Fächergruppen, und zum anderen ist sie in diesem Fach größer als jede andere Nutzenerwartung.

Recht ausgeprägt ist in den Wirtschafts-wissenschaften auch die Erwartung an eine hohe soziale Position. Über die materielle hinaus wird auch eine soziale Gratifikation erhofft. Mit der materiellen Priorität geht die geringste Erwartung an einen sozialen Nut-zen einher. Nur ein Fünftel der Studierenden glaubt, anderen Menschen oder der Gesell-schaft Hilfe bieten zu können.

Gleichzeitig erwarten die Studierenden insgesamt einen geringeren fachlich-profes-sionellen Nutzen durch ihr Studium. Sie er-warten seltener eine interessante Arbeit oder die Möglichkeit, im Beruf eigene Ideen zu ent-wickeln; außerdem erwarten sie weniger Qua-lifikation, vor allem in fachlicher Hinsicht (vgl.

Tabelle 24).

Zwischen den Studierenden der Wirt-schaftswissenschaften an Universitäten und Fachhochschulen treten hinsichtlich ihrer Erwartungen an das Studium kaum unter-schiedliche Haltungen auf.

Der Nutzen des Studium wird in den Wirt-schaftswissenschaften primär in der eigenen Karriere gesehen (vgl. Ramm/Multrus 2006).

Medizin: interessante Arbeit, die anderen Menschen hilft

In drei Aspekten hegen die Studierenden der Medizin jeweils die höchsten Erwartungen.

Zum einen, später eine interessante Arbeit zu haben, dann mehr über das gewählte Fach zu erfahren und schließlich anderen Menschen helfen zu können.

Gemeinsam mit den Studierenden der Na-turwissenschaften erwarten sie ein fachliches Spezialistentum: Sie stellen neben dem Fach-wissen den hohen Nutzen einer Fach- wissenschaft-lichen Ausbildung heraus, machen aber er-kennbare Abstriche an der Allgemeinbildung.

In den materiellen Erwartungen setzen sie eher auf eine hohe soziale Position und nicht übermäßig auf finanzielle Gratifikationen. In ihrer späteren beruflichen Tätigkeit sehen sie einen vergleichsweise großen gesellschaftli-chen Nutzen (vgl. Tabelle 24).

Das Berufsbild des Arztes wird von einer fachspezialistischen Weiterqualifikation be-herrscht, die in fachlich-professioneller und sozialer Hinsicht eine befriedigende Arbeit ermöglicht.

Naturwissenschaften: wissenschaftliche Qualifikation steht im Vordergrund Die Studierenden der Naturwissenschaften hegen hohe Erwartungen an eine wissen-schaftliche Ausbildung. Zusammen mit der fachlichen Weiterqualifikation erwarten sie, eine interessante Arbeit durchführen zu

kön-nen, die jedoch wenig zum sozialen Nutzen beiträgt.

Sie erwarten vergleichsweise seltener als andere Studierende, eine hohe soziale Positi-on zu erhalten, und besPositi-onders selten, eine allgemein gebildete Persönlichkeit zu werden (vg. Tabelle 24).

Die Studierenden der Naturwissenschaf-ten erwarNaturwissenschaf-ten eine wissenschaftlich forschen-de Tätigkeit. Die vergleichsweise geringe Erwartung an die Allgemeinbildung hängt mit der engen fachlichen Spezialisierung zusammen.

Ingenieurwissenschaften: mit wissenschaft-lichen Innovationen Geld verdienen Die Studierenden der Ingenieurwissenschaf-ten ähneln in ihren Erwartungen den Studie-renden der Naturwissenschaften. Sie setzen auf die wissenschaftliche, weniger auf eine allgemeinbildende Ausbildung, die zwar in ei-ne interessante Arbeit münden sollte, jedoch keinen ersichtlichen sozialen Nutzen er-bringt. Sie hegen die geringsten Hoffnungen, später anderen Menschen helfen zu können.

Stärker als andere Studierende forcieren sie jedoch die Umsetzung ihrer eigenen Ideen und erwarten dafür häufiger auch ein hohes Einkommen.

Im Vergleich zu den Universitäten erwar-ten die Studierenden an den Fachhochschu-len weniger Nutzen in der wissenschaftlichen Ausbildung und ein etwas geringeres Ein-kommen. Darüber hinaus sind die Vorstel-lungen an beiden Hochschularten recht ähn-lich (vgl. Tabelle 24).

Von ihrem Studium erwarten die Studie-renden der Ingenieurwissenschaften eine wissenschaftlich innovative Arbeit, mit wirt-schaftlichem, aber weniger sozialem Nutzen.

2.5 Angestrebter