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3 BEDEUTUNG DES STUDIUMS UND FACHIDENTIFIKATION

3.5 Absicht zum Studienabbruch und Fachwechsel

Als beunruhigend werden immer wieder die hohen Wechsler- und Abbrecherquoten dar-gestellt. Wenn Studierende ihr Studium auf-geben, insbesondere wenn sie bereits einige Semester investiert haben, nehmen sie tief-greifende Änderungen ihres Lebensweges vor. Gedanken an Fachwechsel oder Studien-abbruch haben deshalb eine Signalfunktion.

Jeder fünfte Studierende erwägt einen Studienabbruch

An den Universitäten haben 21%, an den Fach-hochschulen 19% der Studierenden bereits über einen Studienabbruch nachgedacht.

Jedoch zieht die Mehrheit davon (13%) einen

Abbruch nicht sehr ernsthaft in Erwägung, damit beschäftigen sich nur 3% an den Univer-sitäten und 2% an den Fachhochschulen (vgl.

Abbildung 12).

Abbildung 12

Erwägungen zu Fachwechsel und Studien-abbruch an Universitäten und Fachhoch-schulen (WS 2006/07)

(Skala von 0 = gar nicht bis 6 = sehr ernsthaft; Angaben in Prozent für Kategorien: 1-2 = etwas, 3-4 = ernsthafter, 5-6 = sehr ernsthaft)

sehr ernsthaft ernsthafter etwas

2 4 13

Studienabbruch

2 3 7

Fachwechsel

3 5 13

Studienabbruch

3 4 10

Fachwechsel

UNIVERSITÄTEN

FACHHOCHSCHULEN

KalliGRAPHIK

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulfor-schung, Universität Konstanz.

Einen Fachwechsel erwägen die Studie-renden etwas seltener als einen Abbruch. An den Universitäten denken 17%, an den Fach-hochschulen 12% über einen Wechsel des Studienfaches nach, freilich in unterschiedli-cher Intensität. Die geringere Wechselabsicht an den Fachhochschulen kann mit dem be-grenzteren Fächerangebot zusammenhän-gen. Aber auch die hohe Fachidentifikation

veranlasst weniger Studierende, einen Wech-sel in Betracht zu ziehen.

Zu beachten ist, dass die Fachwechsler als Studierende an den Hochschulen bleiben, während die Abbrecher aus dem Hochschul-system insgesamt aussteigen. Dieser Umstand ist für die weitere Analyse der Gründe und Motive für Wechsel oder Abbruch bedeutsam.

Fachwechsler bleiben weiterhin in der Gruppe der befragten Studierenden, während Stu-dienabbrecher nicht mehr vertreten sind.

Aber auch die möglichen Gründe für den Studienabbruch, zwischen individuellen und institutionellen Faktoren angesiedelt, werden bei den potentiellen Studienabbrechern in aufschlussreicher Weise ersichtlich (vgl.

Georg 2008).

Am wenigsten Wechsel- und Abbruch-gedanken in der Medizin

Gedanken an einen Fachwechsel oder gar ei-nen Studienabbruch hegen die Studierenden der Medizin am seltensten, in sehr ernsthafter Weise nur ein Prozent. Hinsichtlich des Fach-wechsels liegen sie damit auf dem Niveau der Studierenden an den Fachhochschulen, wäh-rend sie gleichzeitig aber seltener als diese einen Studienabbruch in Erwägung ziehen (vgl. Tabelle 49).

Am häufigsten ziehen die Studierenden der Rechtswissenschaft einen Fachwechsel in Betracht; fast genauso häufig auch die Studie-renden der Naturwissenschaften. Mehr als jeder fünfte Studierende hat in diesen beiden Fächergruppen bereits den Wechsel seines Hauptfaches erwogen.

Tabelle 49

Beabsichtigter Fachwechsel und Studienabbruch nach Fächergruppen (WS 2006/07) (Skala von 0 = gar nicht bis 6 = sehr ernsthaft; Angaben in Prozent für Kategorien: 1-2 = etwas, 3-4 = ernsthaft, 5-6 = sehr ernsthaft)

Universitäten Fachhochschulen

Kult. Soz. Rechts- Wirt. Medi- Nat. Ing. Soz. Wirt. Ing.

Beabsichtigter wiss. wiss. wiss. wiss. zin wiss. wiss. wiss. wiss. wiss.

Fachwechsel

- etwas 9 10 14 9 7 12 12 7 7 6

- ernsthafter 4 3 4 4 3 5 5 2 3 3

- sehr ernsthaft 4 3 4 3 1 4 2 1 2 2

Zusammen 17 16 22 16 11 21 20 10 12 11

Studienabbruch

- etwas 14 14 13 12 10 15 14 11 9 15

- ernsthafter 6 6 5 5 2 5 6 4 5 4

- sehr ernsthaft 3 3 4 2 1 3 2 2 3 2

Zusammen 23 23 22 19 13 23 22 17 17 21

Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

In allen drei Fachrichtungen an den Fach-hochschulen bleibt der Anteil Studierender, die sich mit einem Studienfachwechsel be-schäftigen, gering; er beträgt jeweils zehn bis zwölf Prozent.

Über einen Studienabbruch machen sich die Studierenden in den verschiedenen Fä-chergruppen ähnlich häufig Gedanken. Nur in der Medizin und in den Wirtschaftswissen-schaften an den Universitäten liegt der Anteil der möglichen Abbrecher unter 20%.

Eine relativ hohe Quote Studierender mit Abbruchgedanken weisen die Kulturwissen-schaften, Sozialwissenschaften und Naturwis-senschaften auf, wo jeweils fast ein Viertel einen Studienabbruch erwägt, darunter aber ein größerer Teil in geringer Intensität.

An den Fachhochschulen erwägen die Studierenden der Ingenieurwissenschaften insgesamt etwas häufiger einen Studienab-bruch als in den anderen beiden Fächergrup-pen dieser Hochschulart.

Studienanfänger denken häufiger an einen Fachwechsel oder Studienabbruch Veränderungen werden eher zu Studienbe-ginn erwogen als zu späteren Zeitpunkten des Studiums, wenn die erbrachten Investitionen ansteigen und als zu hoch erachtet werden, um sie ohne entsprechenden Ausgleich auf-zugeben.

Bei den Studienanfängern macht sich ein Drittel Gedanken über einen Fachwechsel, 16%

davon in ernsthafter Weise. Unklare oder falsche Vorstellungen und Erwartungen an das Fachstudium und die Hochschule können hierbei eine Rolle spielen (vgl. Tabelle 50).

Über den Studienverlauf hinweg nehmen solche Gedanken kontinuierlich ab. Studie-rende im vierten Studienjahr erwägen nur noch zu 10% einen Fachwechsel, ab dem fünf-ten Studienjahr fällt der Anteil auf 3%.

Abbruchgedanken sind zu Studienbeginn ebenfalls häufiger vorhanden als zu späteren Zeiten im Studium. Die Studienanfänger

er-wägen zu 28% einen Abbruch, davon 10% in ernsthafter Weise.

Über den Studienverlauf nehmen diese Gedanken zwar ab, doch hegen im vierten Studienjahr immer noch 18% den Gedanken, ihr Studium aufgeben. Und selbst in der Stu-dienendphase, nach dem 12. Fachsemester, denken noch 11% daran, die Hochschule ohne Abschluss zu verlassen.

Tabelle 50

Gedanken an Fachwechsel und Studienab-bruch nach Studienjahr (WS 2006/07) (Skala von 0 = gar nicht bis 6 = sehr ernsthaft; Angaben in Pro-zent für Kategorien: 1-2 = etwas, 3-4 = ernsthafter, 5-6 = sehr ernsthaft)

Gedanken Studienjahr

an... 1. 2. 3. 4. 5. 6. Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG

Hochschulfor-schung, Universität Konstanz.

Unter den Studierenden, die sich jenseits des 6. Studienjahres befinden und die Regel-studienzeit überschritten haben, steigt die Abbruchneigung wieder an, so dass jeder Vierte eine Studienaufgabe in Betracht zieht.

Unsicherheit bei Bachelorstudierenden Mit der kürzeren und strikteren Studienanla-ge des Bachelor wird die Erwartung ver-knüpft, dass ein Studienabbruch seltener in

Betracht gezogen wird. Diese Erwartung wird jedoch von den Befunden nicht unterstützt.

Studierende bis zum 6. Fachsemester äu-ßern im Bachelorstudium tendenziell sogar häufiger Gedanken an einen Fachwechsel oder einen Studienabbruch als Studierende anderer Abschlussarten. Jeweils ein Viertel äußert solche Überlegungen, die Hälfte davon in ernsthafter Weise (vgl. Tabelle 51).

Gedanken an einen Studienabbruch ma-chen sich Studierende aller Abschlussarten.

Dennoch ist zu erkennen, dass auch die Auf-gabe des Studiums am häufigsten von den Studierenden in den Bachelorstudiengängen erwogen wird. Jeder vierte denkt über einen Abbruch seines Studiums nach. Nur etwas weniger sind es bei den Studierenden, die einen Magister oder ein Diplom anstreben.

Tabelle 51

Gedanken an Fachwechsel und Studienab-bruch nach Abschlussarten (WS 2006/07) (Skala von 0 = gar nicht bis 6 = sehr ernsthaft; Angaben in Pro-zent für Kategorien: 1-2 = etwas, 3-4 = ernsthafter, 5-6 = sehr ernsthaft) Quelle: Studierendensurvey 1983-2007, AG

Hochschulfor-schung, Universität Konstanz.

1) Nur Studierende im 1. bis 6. Fachsemester

Die Befunde lassen offen, ob der Studien-abbruch im Bachelorstudium vergleichsweise seltener wird; allerdings finden sich keine Hinweise auf einen deutlich positiven Effekt.

Bei Abbruchgedanken ist Fach- und Studienidentifikation verloren gegangen Abbruchgedanken gehen mit einer schwä-cheren Fach- und Studienidentifikation ein-her: 41% der Studierenden, die sich ernsthaft Gedanken über die mögliche Aufgabe ihres Studiums machen, wollten ursprünglich nicht studieren; gegenüber 27% bei denen ein Ab-bruch nicht ernsthaft in Frage kommt.

Mit zunehmender Abbruchneigung ist vor allem die Fachidentifikation geringer. Studie-rende mit eher seltenen Abbruchgedanken würden zu zwei Drittel wieder das gleiche Fach wählen. Bei ernsthafter Absicht, das Studium zu beenden, wäre noch ein Drittel bereit, wieder das gleiche Fach zu studieren.

Und bei sehr ernsthafter Absicht bejahen weniger als ein Fünftel der Studierenden ihre getroffene Studienentscheidung.

Ähnliche Zusammenhänge treten bei der Identifikation mit dem Studierendenstatus auf. Bei seltener Abbruchneigung ist noch die Hälfte der Studierenden sehr gerne Stu-dent/in. Bei ernsthaften Gedanken an einen Abbruch ist es noch ein Drittel. Und bei sehr ernsthaften Abbruchserwägungen zeigt sich nur noch jeder vierte Studierende mit seiner Situation als Student zufrieden.

Solche Zusammenhänge sind bei den Stu-dierenden, die einen Fachwechsel erwägen, in weit geringerem Maße anzutreffen. Zwar wollten unter den Studierenden, die einen

Fachwechsel erwägen, ebenfalls weniger ursprünglich ein Studium aufnehmen, aber selbst unter den Studierenden mit sehr ernst-hafter Absicht zum Fachwechsel waren sich 40% sicher, dass sie studieren wollten.

Die Studierenden, die sehr ernsthaft an einen Fachwechsel denken, sind zur Hälfte dennoch sehr gerne Student/in. Die große Mehrheit hat damit eine ausreichende Studie-rendenidentifikation entwickelt, um an ei-nem Studium festzuhalten.

Wie zu erwarten, weisen Studierende mit Gedanken an einen Fachwechsel eine viel schwächere Fachidentifikation auf. Zwei Drittel der Studierenden, die einen Fachwech-sel mehr oder weniger ernsthaft erwägen, würden bei erneuter Entscheidung von vor-neherein lieber ein anderes Fach studieren.

Studierende, die einen Fachwechsel oder einen Studienabbruch erwägen, signalisieren einen erhöhten Bedarf an Beratung. Eine frühzeitige individuelle Studienberatung und Hilfe bei der Bewältigung des Studiums könn-ten für sie positive Wirkungen erzielen: Ent-weder könnte eine angemessene Fachwahl erfolgen oder ein Studienabbruch verhindert werden.