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4. Mikroökonomische Betrachtungsebene

4.2 Sourcingstrategien und Anforderungen der Automobilhersteller in China

4.2.10 Sourcingstrategie von DPCA

Potenzielle Zulieferer können prinzipiell lokale chinesische Unternehmen, 100%ige Tochterunternehmen westlicher Unternehmen oder aber chinesisch-westliche Joint Ventures sein. BMW Brilliance erwartet, dass die meisten Zulieferer mittelfristig chinesisch-westliche Joint Ventures sein werden. Mit diesen Unternehmen fällt die Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit leicht, da sie an westliche Standards gewohnt sind und über Erfahrungen mit BMW oder anderen internationalen OEMs verfügen. Allerdings weigern sich laut Heinz-Jürgen Preissler diese Unternehmen oft, ihre Preise in China unter ihre globalen Preise zu senken, aus Sorge, Wettbewerb zwischen ihren eigenen internationalen Standorten zu erzeugen. Niedrige Preise seien für globale Zulieferer in China aber in Zukunft unerlässlich, da BMW ein globales Preisniveau für Komponenten in China langfristig nicht akzeptieren könne, da das Unternehmen im chinesischen Markt großem Preisdruck ausgesetzt sei. Um niedrige Preise zu erzielen, setzt BMW langfristig zusätzlich zu den traditionellen Zulieferern auf lokale Lieferanten. BMW ist bereit, diese technisch intensiv zu unterstützen, damit sie die hohen qualitativen Anforderungen erfüllen können. Heinz-Jürgen Preissler betonte, dass es bei der qualitativen Entwicklung von – besonders lokalen – Lieferanten Aufgabe des OEM sei, technische und Management-Unterstützung zur Verfügung zu stellen.

Bezüglich der Standortpräferenzen für Zulieferer ist die Geschäftsführung von BMW Brilliance der Ansicht, dass einige Zulieferteile, z.B. Autositze, in unmittelbarer Nähe des Fertigungsstandorts von BMW produziert werden sollten, da sie leicht beim Transport beschädigt werden.

Die insgesamt 30 aktuellen Zulieferer von BMW sind Auslandsbeteiligungen mit Standorten in Changchun, Shenyang, Dalian, Beijing, Yantai, Shanghai, Changsha, und Qinghuangdao.51

Abbildung 49: Pkw-Modelle von DPCA

Citroën ZX Fukang Peugeot 307 (Stufenheck)

4.2.10.1 Sourcing der Motorkomponenten

DPCA verwendet in China alte Motorentypen, die bei PSA in Frankreich nicht mehr eingesetzt werden. Daher kann DPCA auf einfachere Komponenten zurückgreifen, z.B.

gegossene Nockenwellen, die von der Dongfeng-Gießerei beliefert werden, während in Frankreich in den gleichen Modellen komplexere gebaute Nockenwellen53 eingesetzt werden.54

4.2.10.2 Allgemeine Sourcingstrategie: Import vs. Lokalisierung

Die Lokalisierungsrate der Komponenten für neu eingeführte Pkw-Modelle beträgt in der Regel ca. 45% und erreicht jeweils nach drei Jahren 60%. Ziele im Rahmen der weiteren Lokalisierung sind die bessere Nutzung der existierenden Zuliefererbasis in China, die Anlagensubstitution (d.h. der Einkauf von lokalen Anlagen und Werkzeugen) und eine bessere Kostenkontrolle.55 Für DPCA ist der Hauptgrund für die Lokalisierung nicht die staatliche vorgeschriebene Local Content-Rate, sondern der Kostenaspekt.56 Allerdings liegen derzeit die Preise für die lokal produzierten Komponenten noch 13% über den erwarteten. Die in China vertretenen internationalen Zulieferer müssen schnell auf lokale Materialien und Komponenten umsteigen, um niedrigere Preise zu erreichen.57

PSA hat einen ehrgeizigen Sourcingplan für China; ab 2004 sollen jährlich Komponenten im Wert von 100 Millionen Euro für Europa eingekauft werden. Im April 2004 wurde ein PSA-Sourcingbüro in Shanghai gegründet, um die Sourcingaktivitäten zu intensivieren. Mittel-fristig soll ein einheitliches Evaluationssystem für die Zulieferer von PSA und DPCA imple-mentiert werden, damit bereits von DPCA zugelassene Zulieferer an PSA in Frankreich exportieren können, ohne re-evaluiert werden zu müssen.58

53 So genannte "gebaute Nockenwellen" sind im Gegensatz zu den aus Eisen gegossenen Nockenwellen aus mehreren Einzelteilen zusammenmontiert und reduzieren so Gewicht des Motors.

54 vgl. Interview mit Sheng Huiqi (盛惠琪), Purchasing Department Auto Parts Purchasing Division, DCPA in Wuhan am 16.Mai 2004

55 vgl. Liu Weidong (刘卫东), General Manager von DPCA bei einem PSA-Zulieferforum am 7.Juni 2004 in Beijing

56 vgl. Hervé Guyot, PSA Purchasing Vice President bei einem PSA-Zuliefererforum am 7.Juni 2004 in Beijing 57 vgl. Bernard Delpit, Deputy General Manager von DPCA bei einem PSA-Zulieferforum am 7.Juni 2004 in

Beijing

58 vgl. Michel Gilles, PSA, Platforms, Engineering&Purchasing Executive Vice-President bei einem PSA-Zuliefererforum am 7.Juni 2004 in Beijing

4.2.10.3 Einflussnahme des chinesischen Partners

Nach Aussagen französischer Einkäufer von PSA existiert ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen den Interessen von PSA und dem chinesischen Partner Dongfeng.59 PSA hat einen hohen Qualitätsanspruch und importiert im Zweifelsfall kritische Komponenten. PSA legt großen Wert auf die Lokalisierung von erfahrenen französischen Zulieferern, die die gewohnte Qualität zusichern und mit denen die technische Abstimmung reibungslos verläuft.

Dongfengs größtes Ziel ist es dagegen, möglichst niedrige Preise zu erzielen. Aus diesem Grund drängen die chinesischen Einkäufer von DPCA auf die Belieferung durch ihnen bekannte chinesische Zulieferer, wobei die technischen und qualitativen Anforderungen in den Hintergrund treten. Der Interessenkonflikt resultiert meist in einem Kompromiss:

Gewisse Komponenten werden zunächst importiert und französische Zulieferer durch PSA beim Nachfolgen nach China unterstützt. Dongfeng dominiert die Auftragsvergabe einfacherer Komponenten an die bewährten chinesische Zulieferer.60

4.2.10.4 Präferenzen / Anforderungen in Bezug auf Zulieferer

Die Kriterien für die Lieferantenauswahl von DPCA sind Entwicklungskompetenz, preisliche Wettbewerbsfähigkeit und das Vorhandensein eines modernen Qualitätssicherungssystems.

Alle Zulieferer müssen nach ISO/TS16949 zertifiziert sein.61

Für jedes neue Pkw-Projekt werden ca. 250 Komponentenzulieferer benötigt. In DPCAs Erfahrung sind die chinesischen Zulieferer in der Regel schwach bei der Produktentwicklung und der Qualitätssicherung. Von den Lieferanten für das Projekt 307 hatten beispielsweise 50% keine guten Projektmanagement-Fähigkeiten (d.h. sie konnten keine Vorschläge zur Verbesserung und Fehlerbehebung machen und investierten nicht in die Qualitätszertifizierung), während 33% keine zuverlässigen Testvorrichtungen besaßen und ihre Preissenkungsmaßnahmen nicht einhielten.

Der PSA Purchasing Vice President Hervé Guyotübte beim PSA-Zulieferforum in Beijing am 7. Juni 2004 Kritik an der Haltung der europäischen Zulieferer von DPCA in China: Erstens hätten sie nicht genügend Produktionsstandorte in China, zweitens sei ihre lokale Integration mit chinesischen Sublieferanten ungenügend, und drittens seien ihre Preise zu hoch. PSAs Erwartungen an chinesische Zulieferer sind:

a) Die Qualität und die Investitionen in Anlagen zu erhöhen; modernere Werkzeuge und Anlagen zu verwenden.

b) Ihre Technologie zu verbessern und aktiv technologische Lösungsvorschläge vorzubringen.

59 vgl. Gespräch mit Herrn C., französischer Auto Parts Purchasing Manager, DPCA in Wuhan am 16.Mai 2004

60 vgl. Präsentation "PSA International Purchasing Business in China" des Purchasing Departments (Directon Des Achats) von PSA, Erstellungsdatum 24.November 2003

61 vgl. Liu Weidong (刘卫东), General Manager von DPCA bei einem PSA-Zulieferforum am 7.Juni 2004 in Beijing

c) Ihre Produktionsprozesse zu verbessern und strukturelle Änderungen in ihren Produktionsanlagen vorzunehmen.

d) Internationale Regeln und Gesetze einzuhalten, vor allem den Schutz des geistigen Eigentums.

e) Ihre Transport- und Logistik-Kompetenz zu erhöhen.

Als Anreiz für die Erfüllung dieser Anforderungen bietet PSA technologische Unterstützung an und bietet bei Erfolg chinesischen Unternehmen die Möglichkeit, direkt an PSA in Europa zu exportieren und damit den begehrten Schritt in den internationalen Markt zu erreichen.

4.2.11 Sourcingstrategien chinesischer Automobilhersteller für ihre eigenen