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2. Die westliche Automobilzulieferindustrie – Strukturveränderungen und

2.4 Qualitätsanforderungen und -standards

2.4.2 Qualitätsstandards und Zertifizierung

5. Managementleistung (management performance) – Wachstumsrate, Unternehmensgröße, Stabilität, Profit und Marktanteil des Unternehmens.

Total Integrated Management beinhaltet die Prinzipien zur Qualitätssicherung im ganzen Unternehmen, die bereits Total Quality Management beinhaltete,82 geht aber durch seinen umfassenden Managementprozess-Anspruch noch darüber hinaus.83

Bei westlichen und ganz besonders bei japanischen Automobilzulieferern wird den diversen Qualitätssicherungswerkzeugen sowie Qualitätssicherungskonzepten große Bedeutung zugemessen, da Null-Fehler-Qualität angestrebt werden muss, um sich als zuverlässig lieferndes Unternehmen mit qualitativ hochwertigen Produkten im Markt zu behaupten. Die Einführung solcher Maßnahmen wird auch für Automobilzulieferer in China unvermeidbar sein, wenn sie sich als Lieferanten für die globalen Automobilhersteller etablieren wollen. Die Qualitätsanforderungen der OEM-Multinationals sind hoch, und es gibt formelle Qualitätsstandards, nach denen sich Direktlieferanten der Automobilhersteller – und zunehmend auch deren Sublieferanten – zertifizieren lassen müssen. Ohne die oben genannten Instrumente sind die anspruchsvollen Vorschriften kaum zu erfüllen.

2.4.2 Qualitätsstandards und Zertifizierung

Methoden ihrer Herstellung.87Sie beeinflussen direkt die Organisation von wichtigen Produktionsabläufen. Sie detaillieren, wie ein Unternehmen Qualität messen und welche Fehlerbehebungsmaßnahmen es einleiten muss, wenn die Qualität sinkt und vor allem, wie es vorbeugende Qualitätskontrollen zu implementieren hat.88 Die so erzwungene Standardi-sierung kann Kosten senken, gemeinsame Objektiven für Mitarbeiter definieren und die Effizienz eines Werks erhöhen.89

Auf ISO 9000 basierendes Qualitätsmanagement hat in der Automobilindustrie einen hohen Stellenwert erlangt, da es den Automobilherstellern und z.B. auch Versicherungen garantiert, dass zertifizierte Zulieferunternehmen die Benchmarks der Qualitätskontrolle erfüllen. Das Vorhandensein eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems ermöglicht es den Autoherstellern, auch ohne detaillierte und kostspielige Überwachung zu verifizieren, dass ein Zulieferer ein Minimum an Qualitätskontrolle erreicht. Dadurch ersparen sich die Automobilhersteller die Investitionen, die nötig wären, um umfangreiche Informationen über die Kompetenzen ihrer Zulieferer zusammenzutragen. Diese Investitionen waren in der Vergangenheit sehr hoch – aufgrund der großen Anzahl von Zulieferern (mehrere Hundert pro OEM) und weil viele Zulieferer direkte Audits durch die Hersteller blockierten oder ihnen auswichen. Ihre internationale Kompatibilität macht die halb-offiziellen ISO 9000-Normen für Länder übergreifende Transaktionen besonders wertvoll, da Automobilhersteller auf sie vertrauen können, wenn es darum geht, unbekannte ausländische Zulieferer zu beurteilen.

Gleichzeitig können lokale Zulieferer sich durch ihre Zertifizierung zu ISO-9000 besser auf internationalen Märkten aufstellen.90

2.4.2.2 Von OEM-Standards zu national einheitlichen Standards

In den USA bestand trotz der Existenz der allgemeinen ISO-Normen zwischen 1964 und 1994 jeder der drei größten amerikanischen Autohersteller General Motors, Ford und Chrysler darauf, dass seine Direktlieferanten zusätzlich zu der Zertifizierung durch ISO seine eigenen detaillierten Vorschriften über den Ablauf von Prozessen zur Produktionsplanung, Prototypenlieferung und Serienanlauf einhielten.

In den frühen Neunzigerjahren war der Druck auf die Zulieferer, jedem dieser Systeme gerecht zu werden, so unerträglich geworden, dass bei einer Konferenz der American Society for Quality (ASQ) Automotive Division die Vertreter einiger großer Zulieferer die Automobilhersteller aufforderten, eine für Lieferanten zu bewältigende Methode zu entwickeln. Daraufhin entwickelten diese den vereinheitlichen amerikanischen Qualitätsstandard QS 9000.91 In der ersten Phase wurde QS 9000 lediglich von

87 vgl. Lane, Christel: "The social regulation of inter-firm relations in Britain and Germany: market rules, legal norms and technical standards", in: Cambridge Journal of Economics, 1997, Jg.21, Nr.2, S.197-215

88 vgl. Casper, Steven und Hancke, Bob, 1999, a.a.O.

89 vgl. Hutchins, G.: ISO 9000: a comprehensive guide to registration, audit guidelines, and successful certification, Essex Junction 1994: Omneo

90 vgl. Casper, Steven und Hancke, Bob, 1999, a.a.O.

91 vgl. Munro, Roderick A.: "Future of APQP and PPAP in Doubt", in: Quality, Januar 2002, Jg.41, Nr.1, S.28-32

Komponentenlieferanten gefordert, aber im Zuge seiner erfolgreichen Implementierung wurde das Konzept auf Werkzeug und Materiallieferanten ausgedehnt.92 Das erklärte Ziel von QS 9000 ist die Entwicklung eines grundlegenden Qualitätssystems mit den Bestandteilen kontinuierliche Verbesserung, Fehlerprävention und Reduzierung von Abweichungen und Ausschuss in der Supply Chain.93 Die Anforderungen beinhalten die Umsetzung mehrerer fortgeschrittener Qualitätsdisziplinen, deren Methodik und Verfahrensanweisungen systematisch in QS 9000 eingearbeitet sind. Sie umfassen:

a) Advanced Product Quality Planning (APQP): Eine strukturierte Methode zur stufenweisen Sicherung der Kundenzufriedenheit durch Hindernisbeseitigung.

b) Potential Failure Mode and Effects Analysis (FMEA): Eine Methode, bei der Teams Risiken einschätzen und priorisieren.

c) Production Part Approval Process (PPAP): Ein standardisierter Prozess, der garantieren soll, dass gelieferte Teile den OEM-Anforderungen genügen.94

In Europa verabschiedeten die Automobilhersteller in Zusammenarbeit mit den Automobilverbänden der verschiedenen Länder in den Neunzigerjahren ebenfalls ähnliche Qualitätsnormen, z.B. die VDA 6.1 des Deutschen Automobilverbands, die EAQF in Frankreich und die AVSQ in Italien.95

Im Zuge der Globalisierung begannen die großen Automobilhersteller, zunehmend im Ausland zu produzieren, wobei sie ihren ausländischen Zulieferern die Zertifizierung nach ihren heimischen Qualitätsstandards auferlegten. So forderte Volkswagen in Mexiko von seinen US-amerikanischen Zulieferern beispielsweise die Registrierung nach VDA 6.196 und komplizierte so die Situation für die auf QS 9000 eingestellten amerikanischen Unternehmen.

Im Jahr der Veröffentlichung von QS 9000 (1994) registrierten sich weltweit 13.128 Zulieferer bei dieser Norm, die von Ford, General Motors und Chrysler verlangt wurde. Nach VDA 6.1, die VW, Audi, Mercedes-Benz und MAN forderten, wurden im Jahr ihres Erscheinens (1991) 7.000 Lieferanten weltweit zertifiziert.97

2.4.2.3 Der internationale Qualitätsstandard ISO/TS 16949

Durch die Globalisierung der Automobilindustrie sind die zwar ähnlichen, aber doch in ihren detaillierten Prozessvorschriften unterschiedlichen nationalen Qualitätsstandards wiederum zu umständlich für Zulieferer geworden, besonders für jene, die Automobilhersteller aus verschiedenen Ländern in verschiedenen Ländern beliefern. Seit dem Jahr 2000 erklären

92 vgl. Pearch, Clyde und McRoberts, W.A.: "How can auto suppliers comply with standards?", in: Quality, September 2000, Jg.39, Nr.9, S.54-60

93 vgl. Desatnick, Robert L.: "Does QS 9000 Really Protect the Customer?", in: Journal for Quality &

Participation, Frühling 2001, Jg.24, Nr.1, S.46-49 94 vgl. Pearch, Clyde und McRoberts, 2000, a.a.O., S.54-60

95 vgl. "Big Three Set Deadline", in: Quality, Oktober 2002, Jg.41, Nr.19, S.14-16

96 vgl. Suzik, Holly Ann: "Will QS-9000 disappear?", in: Quality, August 1999, Jg.38, Nr.8, S.12 97 vgl. Heinloth, Stefan: "Good-bye QS-9000?", in: Quality, März 2000, Jg.39, Nr.3, S.50-54

deshalb fast alle Autohersteller, dass sie anstelle aller anderen Normen eine Zertifizierung zu ISO/TS 16949 akzeptieren.98 Dieser globale Qualitätsstandard wurde von der International Automotive Task Force (IATFI) in den USA und der ISO-Behörde gemeinsam entwickelt und dessen überarbeitete Version im Jahr 2002 für Automobilzulieferer weltweit zugelassen. Die amerikanischen Automobilhersteller gaben 2002 bekannt, dass QS 9000 im Jahr 2006 außer Kraft trete und vollkommen durch ISO/TS 16949 ersetzt werde. DaimlerChrysler gab bekannt, dass das Unternehmen von seinen Zulieferern bis 2004 die ISO/TS 16949-Zertifizierung verlange.99 Die Anzahl der ISO/TS 16949-registrierten Zulieferer steigt rapide an. Die Forderung nach Zertifizierung weitete sich, wie schon bei den Vorgängermodellen, von Tier 1 auf Tier 2 und -3 aus.100 Unternehmen, die sich für ISO/TS 16949 registrieren wollen, müssen allerdings mindestens einen Kunden beliefern, der die Zertifizierung verlangt, und bereits Komponenten oder Dienstleistungen an diesen Kunden liefern.101

ISO/TS 16949 beinhaltet viele Elemente aus QS 9000 sowie aus den diversen europäischen Automobilstandards. Er erfordert verstärktes Lieferantenmanagement, kontinuierliche Verbesserung des Qualitätssystems und Leistungsmessungen, die auf Datensammlungen und Prozessreviews basieren.102 Während ISO 9000 auf jede Industrie anwendbar war, ist ISO/TS 16949 ein Standard, der speziell auf die Automobilzulieferindustrie zugeschnitten ist.

Zusätzlich zu den im Regelwerk definierten gibt es Raum für unternehmensspezifische, abteilungsspezifische, warengruppenspezifische oder teilespezifische Zusatzan-forderungen.103 Der neue Standard wird allgemein als noch anspruchsvoller als seine Vorgänger angesehen.104 Viele Automobilhersteller verlangen zusätzlich zu ISO/TS 16949 die Zertifizierung nach dem Umweltstandard ISO 14001.105

Während früher lediglich Tier 1-Lieferanten Qualitätsregistrierung vorweisen mussten, dehnen die amerikanischen Automobilhersteller derzeit ihre Zertifizierungsanforderungen auf die Qualitätsprozesse ihrer Sublieferanten aus, um die Leistung ihrer Pkw sowie ihre Kundenzufriedenheit zu verbessern. Um das ganze Zulieferernetzwerk qualitätssicher zu machen, werden seit 2002 Zertifizierungen auch von indirekten Teile- und Materiallieferanten gefordert. Die Verantwortung für die Zertifizierung der Sublieferanten liegt bei den Direktlieferanten, die die Qualitätsnormen bei ihren Lieferanten durchsetzen müssen, wenn sie ihren Lieferantenstatus beim OEM nicht verschlechtern wollen. Ford erwartet seit 2001,

98 ebenda

99 vgl. "Big Three Set Deadline", in: Quality, Oktober 2002, Jg.41, Nr.19, S.14-16 100 vgl. Heinloth, Stefan, 2000, a.a.O.

101 vgl. Lupo, Christian: "ISO/TS 16949 the Clear Choice for Automotive Suppliers", in: Quality Progress, Oktober 2002, www.asq.org

102 vgl. "Big Three Set Deadline", 2002, a.a.O., S.14-16 103 vgl. Heinloth, Stefan, 2000, a.a.O.

104 ebenda

105 vgl. Munro, Roderick A., 2002, a.a.O.

dass Tier 1-Lieferanten in ihren eigenen Auditplänen Strategien verankern, wie sie bei ihren Sublieferanten die Akzeptanz von Zertifizierungen durchsetzen werden.106

Abbildung 8: Qualitätssicherungs-Werkzeuge und Qualitätsstandards

Aktuelle Qualitätsstandards

ISO/TS 16949

ISO 14001 (Umweltnorm) Aktuelle Qualitätsstandards

ISO/TS 16949

ISO 14001 (Umweltnorm) Qualitätssicherungs-Werkzeuge

• Six Sigma

• Kaizen

• Poka yoke

• Total Integrated Management

• APQP

• FMEA

• PPAP

Qualitätssicherungs-Werkzeuge

• Six Sigma

• Kaizen

• Poka yoke

• Total Integrated Management

• APQP

• FMEA

• PPAP

Quelle: Eigene Darstellung

Die gleichen internationalen Qualitätsanforderungen gelten heute für alle Zulieferer der Automobilhersteller weltweit. Wenn sich Zulieferunternehmen in China um Geschäfts-beziehungen mit globalen Automobilherstellern bemühen, müssen sie im ersten Schritt ihre Zertifizierungen zu den internationalen Qualitätsnormen nachweisen. Die Verbreitung der Anforderungen der Multinationals könnte in Ländern wie China dazu führen, dass die Qualitätsstandards der Zulieferer mittelfristig ansteigen. Wenn dieser Fall eintritt, werden Unternehmen, die die Normen nicht erfüllen, im Markt nicht mehr wettbewerbsfähig sein.