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Aktivitäten und Herausforderungen der internationalen Automobilhersteller in

4. Mikroökonomische Betrachtungsebene

4.1 Aktivitäten und Herausforderungen der internationalen Automobilhersteller in

Für die Automobilindustrie, die sowohl in Westeuropa als auch in Nord- und Südamerika, Japan und Korea unter Absatzproblemen leidet, ist China neben Osteuropa der Markt der größten Hoffnungen. Seit dort 1994 der Privatbesitz von Autos erlaubt wurde, haben sich praktisch alle Automobilhersteller der Welt in China niedergelassen, stets in Kooperation mit einem einheimischen Staatsunternehmen.

Abbildung 34: Kooperationspartner und Montagestandorte der globalen Automobilhersteller in China

Guangzhou

Shanghai Wuhan

Changchun

Beijing

Chongqing

Shenyang

Nanjing Fuzhou Tianjin

Yancheng

Shanghai GM Shanghai VW FAW-VW

BMW Brilliance Jinbei GM

Guangzhou Toyota Dongfeng (Nissan) Motor Guangzhou Honda

Chengdu

Sichuan Toyota

Dongfeng Yueda Kia

Hainan

Hainan Mazda

DaimlerChrysler Beijing Hyundai

Beijing Jeep

Chang'an Ford Chang'an Suzuki

Nanjing Fiat Chang'an Ford Tianjin Toyota

DPCA

Liuzhou

SAIC GM Wuling

Zhengzhou

Zhengzhou Nissan

Quelle: eigene Darstellung

In der ersten Phase gründeten die chinesischen "Großen Drei" (

三 大

, san da) Automobilhersteller First Automotive Works (第一汽车公司, di yi qiche gongsi, FAW), Dongfeng (

东风汽车公司, dongfeng qiche gongsi) und Shanghai Automotive Industry

Corporation (上海汽车工业集团, Shanghai qiche gongye jituan, SAIC) Gemeinschafts-unternehmen mit internationalen Automobilherstellern und begannen mit der Produktion westlicher Pkw-Modelle. SAIC gründete Joint Ventures mit General Motors (GM), Volks-wagen (VW) und Daewoo, FAW mit Toyota, Daihatsu und VW und Dongfeng mit Nissan, Peugeot Citroën (PSA), Hyundai, Honda, Mitsubishi und Kia. In der zweiten Phase gründeten die "neuen großen Drei" (新三大, xin san da) der chinesischen Automobilindustrie – Beijing

Automotive Industry Corp. (北京汽车工业集团, Beijing qiche gongye jituan, BAIC), Guangzhou Car (广州汽车公司, Guangzhou qiche gongsi) und Chang'an Automobile (长安

汽车公司, Chang'an qiche gongsi) die "zweite Welle der Gemeinschaftsunternehmen"

5: Chang'an Automobile mit Suzuki und Ford, Beijing Automotive mit DaimlerChrylser, Mitsubishi sowie Hyundai und Guangzhou Car mit Honda.

Mit großer Intensität werden in den letzten Jahren neue Pkw-Marken und Modelle auf den chinesischen Markt gebracht. Dabei greifen die Hersteller nicht mehr länger auf spezielle bzw. veraltete Modellreihen für den chinesischen Markt zurück, sondern produzieren und vertreiben zunehmend die aktuellen internationalen Modelle.

Abgesehen vom lokalen Absatzpotenzial gewinnt China auch als Exportstandort für den asiatischen Markt sowie für globale Beschaffungsstrategien an Attraktivität für die Automobilindustrie.

"Die sich daraus ergebende Anziehungskraft rückt China auch bei den bislang noch zögerlichen Unternehmen der Branche in den Blickpunkt – bei allen Unsicherheiten und Risiken, die mit einem Engagement in dieser Region verbunden sind."6

Honda eröffnete als erster Automobilhersteller in China ein Fahrzeugwerk primär für den Export. 60% der Produkte aus dem Werk in Guangzhou werden nach Japan und Europa exportiert.

Wichtigste Standorte für die Fabriken der internationalen Automobilkonzerne sind die Städte Changchun im Norden, Shanghai im Osten und Wuhan in Zentralchina. Hier sollen nach den Plänen der nationalen Regierung auch die heimischen Autohersteller sowie Zulieferfirmen ihre Werke errichten, "um eine zentrale Steuerung zu erreichen"7.

Die Produkte der westlich-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen dominieren mit ca. 90%

Marktanteil den Pkw-Absatz in China8. Die einzigen rein chinesischen Automobilhersteller mit einem nennenswerten Absatz sind die privaten, börsennotierten Unternehmen Geely (

吉 利

, jili) und Chery (

奇瑞

, qirui). Die drei größten chinesischen Automobilgruppen, die staatlichen Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC), First Automotive Works (FAW) und Dongfeng Motor Corporation mit ihren multiplen westlichen Joint Venture-Partnern dominieren das Bild aus chinesischer Sicht. Die untenstehende Grafik zeigt die Marktanteile des Pkw-Segments der zehn absatzstärksten Automobilhersteller im Jahr 2004.

5 "信三大直追老三大-中国汽车业格局有变/xin san da zhizhui lao san da", in: 解放日报/jiefang ribao, 30.Oktober 2003

6 "Die transaktionsbasierte Veränderung der Automobilindustrie – Status und Ausblick", in: Materialien zur Automobilindustrie, No. 31, VDA (Hrsg.) 2004, S.35

7 "Auswärtsspiel", in: Capital, 19.Februar 2004

8 vgl. Gong, Zhengzheng: "Geely plans to hit million mark by 2007", in: China Daily, 25.Mai 2004.

Abbildung 35: Marktanteile der OEMs am Pkw-Absatz in China 2004

25,9

10,7 10,0

8,3 7,4

5,8 3,8 3,6 3,4 3,3

17,7

0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0

Volkswagen Gruppe General Motors Toyota Group Hyundai Group Honda Group Ford Group Mitsubishi Suzuki Group PSA Geely Andere

Quelle: Berechnungen aus J.D.Power-LMC Automotive Forecasting Services: "Global Light Vehicle Production by Region, Group, Marque, Model and Source 2002-2012", Stand 2. Quartal 2005, eigene Darstellung

Die meisten Automobilhersteller haben globale Sourcingstrategien, die ihnen weltweit eine diversifizierte Produktpolitik ermöglichen und Preisvorteile nutzen.9 In China sehen sich die westlichen Hersteller allerdings mit einem Sourcing-Dilemma konfrontiert. Trotz sinkender Importzölle für Automobilkomponenten aufgrund der WTO-Richtlinien sorgen einerseits wirtschaftliche Faktoren wie hohe Transportkosten und andererseits logistische Überlegungen und die Local Content-Forderungen der chinesischen Regierung dafür, dass ein Teileimport nach China unattraktiv bleibt. Dementsprechend verfolgen alle internationalen Automobilhersteller in China das Ziel, ihre Komponentenbeschaffung möglichst schnell zu lokalisieren. Bei der Umsetzung der Lokalisierung stoßen die Hersteller jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten, was die Auswahl geeigneter Lieferanten und deren Defizite auf den Gebieten Qualitätssicherung, Prozessmanagement und Entwicklungskapazitäten angeht.

Diese Situation führt dazu, dass die meisten der neu eingeführten Pkw-Modelle, zumindest in der Anlaufphase, noch aus Komponenten-Bausätzen (SKD) montiert werden, wie z.B. die Modelle Ford Mondeo, Hyundai Teana, VW Golf und die BMW 3er und 5er-Reihen.

Die internationalen Automobilhersteller in China sind jedoch aus Kostengründen dazu gezwungen, ihre Sourcingstrategien an den Local Content-Vorschriften der chinesischen Behörden auszurichten. Wenn sie sich nicht an die Vorgaben halten, erfahren sie gravierende tarifliche Nachteile. Um preislich auf dem umkämpften chinesischen Markt wettbewerbsfähig zu sein, sind sie aber auf die bestmöglichen Steuersätze angewiesen.

In der neuen Industriepolitik zur Automobilindustrie, die am 1. Juni 2004 in Kraft trat und ohne Übergangsperiode angewendet wird, ist – entgegen den WTO-Richtlinien – festgelegt, dass lokal montierte Pkw wie CKD- und SKD-Importe von kompletten Fahrzeugen verzollt werden, es sei denn, die lokale Montage erreicht einen Local Content von 40%

(vgl. Kapitel 3.5).

9 vgl. UBS Warburg: Chinese Auto/Component Sector, www.ubswarburg.com/research, 9.April 2003

Das neue Gesetz gibt ausländischen Fahrzeugproduzenten in China die Wahl zwischen zwei Lokalisierungsoptionen. Entweder werden der Motor und die Karosserie und zusätzlich die Submontage zwei weiterer Komponenten aus einer Liste (Getriebe, Vorderachse, Hinter-achse, Rahmen, Brems- oder Lenksystem) lokalisiert. Alternativ werden entweder Motor oder Fahrwerk und zusätzlich vier Komponenten aus der oben genannten Liste lokalisiert.

Abbildung 36: Lokalisierungsanforderungen an Fahrzeughersteller in China

Zu lokalisierende Schlüsselmodule Zu lokalisierende Schlüsselmodule

Auswahl Schlüsselmodule

jeweils >40% Lokalisierung Auswahl

Schlüsselmodule

jeweils >40% Lokalisierung

8 Schlüsselmodule:

• Karosserie

• Motor

• Getriebe

• Vorderachse

• Hinterachse

• Rahmen

• Bremssystem

• Lenksystem 8 Schlüsselmodule:

• Karosserie

• Motor

• Getriebe

• Vorderachse

• Hinterachse

• Rahmen

• Bremssystem

• Lenksystem

mindestens 1 Modul mindestens 1

Modul

2 Module 2 Module

Nicht-Schlüsselteile, z.B.:

• Sitze

• Spiegel, Fenster

• Bodenverkleidung

• Klimaanlage

• Reifen, Felgen

• Abgasanlage

• Elektrische Teile

• Andere

Nicht-Schlüsselteile, z.B.:

• Sitze

• Spiegel, Fenster

• Bodenverkleidung

• Klimaanlage

• Reifen, Felgen

• Abgasanlage

• Elektrische Teile

• Andere Lokalisierungsrate der gesamten Produktionskosten des Fahrzeugs >40%

Lokalisierungsrate der gesamten Produktionskosten des Fahrzeugs >40%

I.I.

II.II.

Alternative 1

Alternative 1 Alternative 2Alternative 2

+ mindestens 4

Module

+ mindestens 2

Module

Motorbereich A

Motorbereich B Zu lokalisierende Schlüsselkomponenten des

Motors

Beispiel: Lokalisierung des Motors Beispiel: Lokalisierung des Motors

Neben den Schlüssel-modulen aus I. müssen so viele Nicht-Schlüsselteile lokalisiert werden, dass die Lokalisierungsrate der gesamten Produktionskosten des Fahrzeugs insgesamt mehr als 40% beträgt.

Neben den Schlüssel-modulen aus I. müssen so viele Nicht-Schlüsselteile lokalisiert werden, dass die Lokalisierungsrate der gesamten Produktionskosten des Fahrzeugs insgesamt mehr als 40% beträgt.

Um als lokalisiert zu gelten, müssen wiederum 40% der Komponenten jedes einzelnen Teils lokalisiert sein.

Schlüsselkomponenten

• Motorblock

• Zylinderkopf

• Kurbelwelle

• Nockenwelle

• Benzinpumpe

• Pleuel

• Anlasser

• Generator

2 Komponenten

3 Komponenten zu lokalisieren zu lokalisieren

• Motor

Quelle: eigene Darstellung

Damit ein Modul als lokalisiert gilt, müssen eine festgelegte Anzahl seiner Schlüsselkomponenten lokal produziert werden. Falls Motor und Fahrwerk nicht lokalisiert sind, wird auf das in China montierte Auto eine Steuer erhoben, die dem Importzoll für ein komplettes Fahrzeug entspricht.

Zusätzlich muss der Local Content des Gesamtfahrzeugs, gemessen an seinem Herstellung-spreis, insgesamt mindestens 40% betragen. Die eventuelle Kostendifferenz nach Lokalisierung der vorgeschriebenen Schlüsselmodule und -komponenten kann mit den restlichen Komponenten des Fahrzeugs ausgeglichen werden.10

Durch diese Local Content-Vorgaben werden die Automobilhersteller gezwungen, prioritär die Zukaufkomponenten für die beiden Schlüsselmodule Karosserie und Motor zu lokalisieren, d.h. von lokal produzierenden Zulieferern zu beziehen oder selbst lokal zu fertigen. Aus diesem Grund nimmt der Anteil der lokal gefertigten Komponenten bei den in China montierten Fahrzeugen stetig zu. Für einige Modelle wird bereits ein lokaler Anteil von über 80% erreicht.11

4.2 Sourcingstrategien und Anforderungen der Automobilhersteller