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4. Mikroökonomische Betrachtungsebene

4.2 Sourcingstrategien und Anforderungen der Automobilhersteller in China

4.2.9 Sourcingstrategie von BMW Brilliance

Die BMW-Gruppe und Brilliance China Automotive Holdings Limited gründeten 2003 das Joint Venture BMW Brilliance (

华 晨 宝 马

, huachen baoma) für die Produktion von Fahrzeugen der Marke BMW in Shenyang, Provinz Liaoning. Brilliance ist mehrheitlich in Privatbesitz und seit mehreren Jahren an den Börsen in Hongkong und New York gelistet.45 Beide Joint Venture-Partner halten einen Anteil von 50 Prozent. Mittelfristig ist eine Jahres-produktion von etwa 30.000 Fahrzeugen der BMW 3er- und 5er-Reihe geplant. Das Joint Venture schließt wesentliche Teile des neuen Werkes ein, das Brilliance Automotive im Jahre 1999 in Shenyang errichtet hat. Dieses wird zu einem komplett ausgestatteten

43 vgl. "福特汽车明年将从中国采购10亿美元的汽车零件/fute qiche mingnian jiang cong Zhongguo caigou shi yi meiyuan de qiche lingjian", in: 北京东方信邦投资顾问有限公司/Beijing dongfang xinbang touzi guwen youxian gongsi: 每周汽车/mei zhou qiche, 9.Dezember 2003, S.11

44 vgl. Interview mit dem stellvertretenden Geschäftsführer des Ford Global Sourcing China Purchasing Center (福特全球采购中国采购中心/fute quanqiu caigou Zhongguo caigou zhongxin), Ning Xiaoyang (宁晓阳).

"去欧洲,要先了解其技术法规/qu ouzhou, yao xian liaojie qi jishu fagui", in: 中国汽车年报/

Zhongguo qiche nianbao, 25.November 2003, S.24

45 vgl. "Auf ins gelobte Land", in: Manager Magazin, Dezember 2003

Produktionswerk erweitert und den Standards der BMW-Group angepasst, indem ca. 450 Mio. Euro bis 2005 investiert werden.46

Abbildung 48: Pkw-Modelle von BMW Brilliance

BMW 3er Serie BMW 5er Serie

4.2.9.1 Allgemeine Sourcingstrategie: Import vs. Lokalisierung

Nach der Senkung von Importzöllen und -quoten seit Chinas WTO-Beitritt wird die Produktion in China für BMW lediglich 16% preiswerter sein als der Import ganzer Fahrzeuge aus Deutschland. Die Produktionskosten in China müssten aber erheblich unter dem deutschen Niveau liegen, um eine Lokalisierung in China wirtschaftlich zu rechtfertigen.

Die Sourcingstrategie in China zielt darauf ab, die Einkaufspreise weiter zu senken. Der Hauptgrund der Lokalisierung in China trotz fallender Importzölle sind für BMW die außertariflichen Zollbarrieren (non tariff barriers, NTB) und die Industriepolitik der chinesischen Regierung. Die Beispiele Indien, Japan und Korea, deren Regierungen ebenfalls auf NTB zurückgegriffen haben, um ihre einheimischen Automobilhersteller zu schützen und die sehr wenige Pkw importieren, haben gezeigt, dass die einzige Chance für einen Markteintritt für globale OEMs die lokale Fertigung ist.

BMW Brilliance hat sich für die Lokalisierung des Motors und der entsprechend vorgeschriebenen zusätzlichen Schlüsselkomponenten entschieden, um den Local Content für die Pkws der 3er und 5er-Serien zu erfüllen.

Die Lokalisierung von BMW in China erfolgt in drei Schritten: Der erste Schritt war der SKD-Import der Pkw, d.h. die fertig lackierte Karosserie wurde importiert und in China montiert. Der zweite Schritt ist der CKD-Import, d.h. die zerlegte Karosserie wird importiert und in China montiert und lackiert. Der letzte Schritt ist der Übergang zum lokalen Produkt;

zu diesem Zeitpunkt wird es in China eine Rohbaumontage, eine Lackieranlage und eine Endmontage geben.

Zum Ziel des Aufbaus einer Lieferantenbasis in China hat BMW Brilliance bisher dreißig Zulieferer für Produktionsmaterialien (Teile und Komponenten) ausgewählt. Ca. fünfzig weitere Projekte werden derzeit untersucht. Am 1. Januar 2004 waren bereits mehr als 40%

aller Komponenten lokalisiert. BMW sucht weiterhin nach lokalen Zulieferern, um noch mehr lokales Potenzial auszuschöpfen. Im Zuge der Lokalisierung des BMW 325iA z.B. konnten für die folgenden Komponenten bereits lokal produzierende Zulieferer gefunden werden:

Felgen, Reifen, Abgassystem, Kühlsystem, Anlasser und Generator, Kabelbaum,

46 Für den gesamten folgenden Abschnitt vgl. den Vortrag "BMW’s Localization Strategy" von Heinz-Jürgen Preissler, President BMW Brilliance Automotive Ltd., im Sofitel Shanghai am 25.Februar 2004 (organisiert von der deutschen Außenhandelskammer Shanghai)

Wechsler, Klimaanlage, Spiegel, Schiebedach und Lackierungsmaterial. Allerdings sind die lokalen Lieferanten in der Realität fast alle Joint Ventures westlicher Zulieferer: In einer Werbebeilage von BMW Brilliance anlässlich der Eröffnung des Joint Venture-Werks in Shenyang47 befindet sich eine von den Zulieferern des Werks gestaltete Seite, auf der diese unter der Überschrift 'Transnationaler Raum und Zeit – bedeutsamer Weg in die Zukunft' (

跨 越时空,隽永前程

, kuayue shikong, junyong qiancheng) bescheinigen, dass sie als bewährte Zulieferer das Ziel hätten, die außerordentlich hohen Qualitätsansprüche von BMW und dessen Kunden zu erfüllen48. Die unterzeichnenden Lieferanten sind ausschließlich Joint Ventures und Tochtergesellschaften globaler Zulieferer. 49 BMW betont, westliche Zulieferern dabei zu unterstützen, den richtigen chinesischen Partner für eine Lizenz- oder Joint Venture-Kooperation zu finden; dafür zu sorgen, dass die Technologie der westlichen Zulieferer in China geschützt wird; Beratung über den richtigen Standort für die Produktion zu leisten und dabei zu helfen, die Qualitäts- und Logistikstandards von BMW zu erreichen.50 4.2.9.2 Preispolitik

Es gibt drei Preisphasen für sich in China ansiedelnde westliche Zulieferer von BMW Brilliance. Am Anfang steht die "Launch Period": in den ersten Monaten nach Aufnahme lokaler Fertigung akzeptiert BMW von den Zulieferern Preise auf deutschem Niveau zuzüglich Transport-, Versicherungs- und Verpackungskosten. In der Lokalisierungsperiode müssen die Preise gesenkt werden, bis sie das Niveau deutscher Preise ohne Aufschläge oder Zusatzkosten erreichen.

In der "Reifephase" erwartet BMW, dass die Preise seiner westlichen Zulieferer in China zwischen 5-20% unter den deutschen Preisen liegen, je nach Eigenschaften der Komponenten.

Während einige Komponenten, z.B. Eisenguss- und Gummiteile, in China preiswerter gekauft werden können als in Europa, sind andere Komponenten, für deren Herstellung importierte Materialien und High-Tech-Anlagen benötigt werden, in China teurer. Derzeit befindet sich BMW noch in der Anlaufphase und subventioniert Einkaufs- und Produktionskosten.

4.2.9.3 Präferenzen / Anforderungen in Bezug auf Zulieferer

BMWs Kriterien für Zulieferer in China sind der Einsatz modernster Technologie, ein wettbewerbsfähiger Preis, und eine sehr gute Qualität, da sie BMWs internationalen Qualitätsstandard erfüllen muss.

47 vgl. "2004年5月20日 - 华晨宝马汽车有限公司(沈阳)工厂揭幕隆重庆典/2004 nian 5 yue 20 hao – huachen baoma qiche youxian gongsi (Shenyang) gongchang jiemu longzhong qingdian", in: 中国日报/

Zhongguo ribao, 20.Mai 2004

48 chinesisch: "作为久经考验的供应商, 我们深和厂家和BMW驾驶者的极高标准" (zuowei jiujing kaoyan de gongyingshang, women shen he changjia he BMW jiashizhe de jigao biaozhun)

49 vgl. Magna Donelly, Henkel Technologies, Shenyang Jinbei Johnson Controls Automotive Interiors, Co., Ltd., Dräxlmaier, 长沙 (Changsha), Dicastal, ZF Lemförder (Shenyang), Lear Corporation, Brose, BASF, Schenker Stinnes Logistik, Walker Eberspächer, Alpine, Eagle Ottawa und Goodyear.

50 vgl. Heinz-Jürgen Preissler, Präsident und CEO von BMW Brilliance Automotive Ltd. bei einem VDA-Kongress in Beijing am 10.Juni 2004

Potenzielle Zulieferer können prinzipiell lokale chinesische Unternehmen, 100%ige Tochterunternehmen westlicher Unternehmen oder aber chinesisch-westliche Joint Ventures sein. BMW Brilliance erwartet, dass die meisten Zulieferer mittelfristig chinesisch-westliche Joint Ventures sein werden. Mit diesen Unternehmen fällt die Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit leicht, da sie an westliche Standards gewohnt sind und über Erfahrungen mit BMW oder anderen internationalen OEMs verfügen. Allerdings weigern sich laut Heinz-Jürgen Preissler diese Unternehmen oft, ihre Preise in China unter ihre globalen Preise zu senken, aus Sorge, Wettbewerb zwischen ihren eigenen internationalen Standorten zu erzeugen. Niedrige Preise seien für globale Zulieferer in China aber in Zukunft unerlässlich, da BMW ein globales Preisniveau für Komponenten in China langfristig nicht akzeptieren könne, da das Unternehmen im chinesischen Markt großem Preisdruck ausgesetzt sei. Um niedrige Preise zu erzielen, setzt BMW langfristig zusätzlich zu den traditionellen Zulieferern auf lokale Lieferanten. BMW ist bereit, diese technisch intensiv zu unterstützen, damit sie die hohen qualitativen Anforderungen erfüllen können. Heinz-Jürgen Preissler betonte, dass es bei der qualitativen Entwicklung von – besonders lokalen – Lieferanten Aufgabe des OEM sei, technische und Management-Unterstützung zur Verfügung zu stellen.

Bezüglich der Standortpräferenzen für Zulieferer ist die Geschäftsführung von BMW Brilliance der Ansicht, dass einige Zulieferteile, z.B. Autositze, in unmittelbarer Nähe des Fertigungsstandorts von BMW produziert werden sollten, da sie leicht beim Transport beschädigt werden.

Die insgesamt 30 aktuellen Zulieferer von BMW sind Auslandsbeteiligungen mit Standorten in Changchun, Shenyang, Dalian, Beijing, Yantai, Shanghai, Changsha, und Qinghuangdao.51