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Die Quellen für die philosophischen Einflüsse auf Ibn SÍnÁ nach seiner Biographie

Zur Übersetzung der griechisch-hellenistischen Schriften zur Seelenlehre ins Arabische

2.1. DIE ARABISCHEN QUELLEN DER ÜBERSETZUNGEN VON „DE ANIMA“ DES ARISTOTELES

2.1.4. Die Quellen für die philosophischen Einflüsse auf Ibn SÍnÁ nach seiner Biographie

Neben diesen Quellen gibt es eine weitere sehr wichtige Quelle, die es ermöglicht, die Art und Weise der Rezeption der aristotelischen Seelenlehre durch Ibn SÍnÁ zu rekonstruieren. Die relvanten Angaben finden sich in seiner Biographie. In den vorhergehenden Kapiteln wurden die Tendenzen der Philosophie al-FÁrÁbÍs vorgestellt, die sich aus der römischen, alexandrinischen und der harranischen Schule entwickelte. In dieser Schilderung tauchen einige Philosophen auf, die neben Aristoteles und Platon für unser Thema relevant sind: Alexander von Aphrodisias, Themistius, Plotinus, Proklus (obgleich er zur athenischen Schule gehörte, deren direkter Einfluß auf die harranische Schule nur gering war) und Simplicius.

Ibn SÍnÁ macht in seiner Biographie69 keine Angaben über die Quellen, die ihn beinflussten. Auch legte er nicht offen, was er aus welcher Quelle übernahm.

66 Ebd., S. 306-308.

67Ebd., S. 309-311.

68 Ebd., S. 311.

69Über die Biographie des Ibn SÍnÁ s. Ibn al-QifÔÍ, Tatimmat ÈiwÁn al-½ikma, S. 52-72. Ibn al-þIbrÍ, TÁrÍ¿ mu¿taÈar al-duwal, S. 320-325.

Was aber für unser Thema von großer Relevanz ist, sind seine Angaben zu al-FÁrÁbÍs Buch „ Die Tendenz der aristotelischen Metaphysik “ @>>"0ا >>ﺏ >>ﻡ ب>>آ ضا'>>Cا”

70 Ibn SÍnÁ sagte, dass diese Schrift al-FÁrÁbÍs das einzige Buch gewesen sei, das ihm geholfen habe, die Metaphysik des Aristoteles zu verstehen. Er erwähnt ebenso die Namen seiner Lehrer, wie z.B. al-NattÁlÍ und IsmÁþÍl, der ein faqÍh -ein islamischer Rechtsgelehrter - ist; aber die bloße Nennung dieser Namen hilft uns nicht, um die Entwicklung seiner Seelenlehre zu verfolgen, oder zu verstehen, auf welche Quellen er seine Gedankengänge gründet.

Die Schilderung der Emotionen, die ihn überkamen, als er al-FÁrÁbÍs Buch las, allerdings, lassen uns glauben, dass diese Schrift von größter Wichtigkeit für ihn war. Die Lektüre dieser Schrift gilt als Primum Movens der philosophischen Wende bei Ibn SÍnÁ. Diese Beeinflussung blieb nicht auf die Metaphysik beschränkt, sondern hatte Auswirkungen auf Ibn SÍnÁs gesamtes Denken. Ich muss hier erwähnen, dass dieser Einfluß allerdings doch nur einen Teil seiner Philosophie, nämlich die Philosophie der Öffentlichkeit – „al ºumhÚr“ "ر Gا -, betrifft.

Die Verbindung "J>>>Gا“ zwischen Platon und Aristoteles ist in dieser Schrift ebenfalls deutlichst formuliert. So behauptet die aristotelische metaphysische Lehre unter anderem, folgt man der Argumentation dieser Schrift, dass die Existenz des Universalen – Allgemeinen – in erster Linie auf der Existenz der Einzeldinge beruht;

d.h. die Existenz des Universalen ist akzidentiell, aber die Existenz der Einzeldinge benötigt nichts außer ihrer Existenz selbst, die Aristoteles die ersten Substanzen nannte. Die allgemeinen Begriffe der Substanzen sind ewig, und das im Gegensatz zu den Einzeldingen, die vergänglich sind. Deswegen sind die universalen Dinge würdiger und stehen über den Einzeldingen. Bis zu dieser Erklärung steht al-FÁrÁbÍ der naturwissenschaftlichen Ebene des Aristoteles näher, die Aristoteles zur Anwendung brachte, um die Lücken im Denken seines Lehrers Platon zu füllen.

Danach behandelt al-FÁrÁbÍ die platonische Erklärung der aristotelischen Metaphysik. Ihm zufolge ist das, was vom Seienden zum Wesen Gottes gehört, ewig, weil Gottes Wesen ebenfalls ewig ist (die platonische Ideenlehre); er sagt wörtlich: „Auf sie als die Vorbilder des Seins blickend schuf Gott die Welt“, d.h. sie haben kein Sein in der Welt, sondern sind einzig im Wesen Gottes existent.71

70 S. die Übersetzung von Fr. Dieterici,: Al FÁrÁbÍs’ philosophischen Abhandlungen.

71 S. die Zusammenfasung dieser Schrift in S. XXV. Zu weiteren Erklärungen über den Inhalt dieser Schrift s. S. XXIV- XXVII. Auch den übrsetzte Text, S. 54-60.

Unsere Aufgabe ist es nun also, die Spuren der Schrift “ )">>":ا يار )">>ﺏ J>>Gا “ „Die Verbindung zwischen den Ansichten beider Weisen“ des al-FÁrÁbÍ zu verfolgen. Der Grund dafür ist, dass diese Schrift eine gewisse Tendenz in der Geschichte der Philosophie aufzeigt. BadawÍ zufolge sind die Ideen der o.g. Schrift des al-FÁrÁbÍ die Fortsetzung der Tendenzen des Simplicius, der die philosophische Aufgabe der Verbindung der Philosophie zwischen den beiden Weisen übernahm. Simplicius folgt dem Vorgehen seines Lehrers Ammonius, der eine Schrift, die denselben Titel trug wie die o.g. Schrift des al FÁrÁbÍ verfasste. Diese Schrift des Ammonius wurde ins Arabische übersetzt.72 Simpilicuis war ein Schüler des Ammonius, der noch einige andere Schüler hatte, wie Damascius, Philoponus, Asclepius, Olympiodorus.

Sie alle lebten im 6 Jahrhundert. Es ist bekannt, dass Ammonius nach Athen gefahren ist, um bei Proklus (412-485) zu studieren. Nachdem er seine Studien dort beendet hatte, siedelte er nach Alexandria um und beginnt das in Athen gelernte in Form von Vorlesungen zu unterrichten.73 Die philosophischen Ansichten des Simplicius zur Seelenlehre stehen den Ansichten des Iamblichus nahe; und das, obwohlz Iamblichus der Religion eine Rolle in seiner Philosophie beimaß.

Deswegen kann man sagen, dass Imbachalus sich weit von der aristotelischen Erklärungsebene entfernt. Vielleicht zeigt dieser Umgang der Neoplatoniker mit Aristoteles, dass ihnen eine andere Seite des aristotelischen Systems bekannt war, die uns verborgen geblieben ist. Dies zu zeigen, ist mit Aufgabe dieser Arbeit.

Aber in der Frage der Bösen schließt er sich voll und ganz Proklus an. Er stimmte mit Damascius in dieser Frage überein.74 Iamblichus und Siryanus waren die Lehrer des Proklus. Proklus Philosophie, wie sie in seinem Buch „Die Elemente der Theologie“ dargestellt ist, vereinte die Religion mit der Vernunft. Er übernahm von Iamblichus die Verwendung der religiös-mystischen Elemente, von Siryanus übernahm er dessen Kommentarmethode, die er in seinen platonischen Schriften zur Anwendung brachte.75

72 S. þA. R. BadawÍ, al MawsÚþa al Falsafiyya (zwei Teile), 1. Teil, S. 580

73 Alle diese Angaben über Ammonuis s. im Buch,”On Aristotle categories”, Translated by S. Marc Cohen and Earth B. Matthews, S. 1.

74 Ebd., þA. R. BadawÍ, S. 580. S. auch Edward Zeller, Die Philosophie der Grieschen in ihrer Entwicklung, 2. Teil, 2. Abteilung, S. 910. Zeller erwähnt, dass Simplicius erst unter Ammonius lernte und danach unter Damascius

75 þA. R. BadawÍ, Ebd., S. 374.

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass Proklus in seiner o.g.

philosophischen Orientierung die philosophische Tendenz des Plotinus – nämlich die Verbindung zwischen Vernunft und Religion - wiederbelebte, und zwar nach dem Versuch des Iamblichus, die vernünftige Tendenz, die dieser Philosophie zu eigen war, zu entfernen.

Auf Grund dieser Erklärung gilt die Philosophie des Proklus als die letzte Entwicklungsphase des Neoplatonismus. So ist anzumerken, dass sich die Entwicklung des Neoplatonismus in drei p¿asen teilt: 1.) Die Plotinusphase 2.) Die Iamblichusphase 3) Die Proklusphase.76 Bevor wir dieses Thema ausführlich behandeln, müssen wir die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Unterschied zwischen den philosophischen Strömungen der beiden Schulen lenken - gemeint sind die athenische Schule des Proklus und die alexandrinische Schule des Ammonius. Die alexandrinische Schule wurde später nach Harran umgesiedlet, wo nach unseren Angaben Simplicius seine aristotelischen Kommentare schrieb.

Nach dieser Beschreibung der Entwicklung des Neoplatonismus, könnte man der Rezeption der Schrift „ )">>":ا يار J>> ب>>آ“ d.h. „Die Verbundung zwischen den Ansichten der beiden Weisen“ al-FÁrÁbÍs folgen, die später von Ibn SÍnÁ aufgegriffen wurde.

Man könnte also folgendes Diagramm erstellen:

1- Platon 2- Aristoteles

3- pythagoräische Platoniker - platonische Stoiker 4- Mittel-Platonismus

5- alexandrinische Philosophie

6- Philon-Judentum - (religiöse Philosophie = Aristoteles+ Platon) 7- Ammonius Sakkas (Fortsetzung der Tendenz Philons)

8- Plotinus (entwickelte die Tendenz, die Religion zu rationalisieren, ohne dabei die Philosophie zu sytematisieren)

76 Ebd., þA. R. BadawÍ, S. 196. Über die Entwicklung des Neoplatonismus s. Clement Zintzen, Die Philosophie des Neuplaonismus.

9- Die Schule von Syrien (Porphyrius) - Die Schule von Athen (Plutarchus) 10- Iambalichus (Mytos+Philosophie)

11- Suryanus

12- Proklus (zurück zu Plotinus Tendenz = Vernunft + Religion)

13- Ammonius (nachdem er bei Proklus gelernt hatte, verließ er Athen und ging nach Alexandria)

14- Ammonius (Er begründete die alexandrinische Schule) 15- Simplicius (sein Lehrer war Ammonius)

Ich habe in dieser Beschreibung nicht die Peripatetiker, erwähnt, wie z.B.

Alexander von Aphrodisias und Themistius, und auch nicht die römische Phase mit Andronikius. Der Grund dafür liegt darin, dass sie nicht zur alexandrinischen Schule gehören, obgleich die Aussagen Alexanders und Themistius zu diesen Fragen sehr bedeutsam sind.

Nach dieser allgemeinen Vorstellung möchte ich die Schriften zur Seelenlehre der o.g. Philosophen vorstellen; und zwar, um ihre Genealogie in der arabischen Literaturgeschichte zu beleuchten. Dies soll uns helfen, uns einige bestimmte Quellen der Seelenlehre Ibn SÍnÁs und seine Tendenz vor Augen zu führen. Es ist nicht unbedingt zwingend so, dass die Quellen der Seelenlehre der islamischen Philosophen, wie al-FÁrÁbÍ und Ibn SÍnÁ, nur aus den übersetzten Schriften bestehen.

Man muss die folgenden Punkte ebenfalls bedenken: 1.) Es ist wahrscheinlich, dass die islamischen Philosophen auch aus anderen philosophischen Schriften, die nicht direkt von der Seelenlehre, sondern von ethischen, physischen oder metaphysischen handeln, ihre Ansichten übernommen haben. 2.) Es kann sein, dass Ibn SÍnÁ seine Seelenlehre nicht nur aus den Schriften der o.g. Philosophen, deren Schriften über die Seele ins Arabische übersetzt wurden, übernommen hat, sondern auch aus anderen Schriften, die nicht übersetzt wurden, d.h. es kann sein, dass er seine Rezeption durch seine Kontakte mit anderen Gelehrten, wie die syrischen oder die harranischen Gelehrte, entwickelt hat. Wir wissen, dass er kaum uns kaum Hinweise auf seine Quellen gab. In besonderem Masse trifft dies auf die Zeit zu, die er in der Bibliothek des sammenidischen Prinzen NÚ½ Ibn-ManÈÚr verbrachte. Nach den Angaben seiner Biographie hat niemand vor ihm die dortigen Schriften gesehen. 3.) Man muss den Neoplatonismus als einheitliches System betrachten, aber gleichzeitig seinen verschiedenen Unterströmungen Rechnung tragen

2.1.5. Die Benennung der ins Arabische übersetzten Schriften zur

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