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DIE ENTSTEHUNG UND DIE ENTWICKLUNG DES DENKENS IM ISLAM

viertes Kapitel Aristoteles im Islam

4.1 DIE ENTSTEHUNG UND DIE ENTWICKLUNG DES DENKENS IM ISLAM

4.1.1. Die geschichtlichen Aspekte des Denkens im Islam

Bevor ich diesen Teil der Arbeit untersuche, möchte ich auf einige Punkte aufmerksam machen.

1.) Es gibt verschiedene Aspekte (Dimensionen, Gebiete) der islamischen Geschichte, z.B. die Entwicklung des religiösen Denkens ,wie die Koran - Interpretation und das islamische Recht - die islamischen Rechtschulen ,wie al-ŠÁfÍþ, al-¼anafÍ, al-MÁlikÍ, al-¼anbalÍ ,al-¹þafarÍ und andere. Es gibt auch den Aspekt der historischen Ereignisse und ihre Entwicklung im Bereich der Politik, und der sozialen Struktur. Ferner spielt der Aspekt der Entwicklung der Literatur im Islam eine Rolle, wie die Dichtung, die Poesie und das Literaturschreiben der Geschichte des islamischen und unislamischen Denkens, wie bei Ibn al-NadÍm in seinem

„Fihrist„ Ibn ÆÁþid in seiner „ÓabaqÁt ÿumam“, MasþÚdÍ in seiner „MurÚº al-ªahab“, oder al-BayhiqÍ in seinem „TÁrÍ¿ ½ukamÁÿ il-islÁm“ und viele andere .Ein anderer Aspekt representiert die Entstehung der islamischen Sekten.333 Diese Aspekte werden in der vorliegen - den Arbeit in besonderer Weise behandelt. Sie sind Hilfsmittel, um die Rezeption der Seelenlehre des Aristoteles bei Ibn SÍnÁs Seelenlehre im philosophischen Erbe der Alten als Beispiel für die ganze islamische Philosophie, zu verstehen

Diese Erbe umfasst die Kultur, die damals zwischen “al-þUlÚm al-þaqliyya“ (Die vernünftige (rationale) Wissenschaft), und “al-þUlÚm al-naqliyya“ (Die überlieferte (tradiete) Wissenschaft) unterscheidte. Die überlieferte Wissenschaft ist mit der sakralen Wissenschaft, „die sich mit Koran, Hadith, Theologie, und islamischem Recht befassen“ identisch. Die vernünftige (rationalle) Wissenschaft ist bekannt als die profane Wissenschaft, ”die von den Arabern selber damals als “Wissenschaften der Alten“ (þUlÚm al-qudamÁÿ) bezeichnet wurde. Die überlieferte Wissenschaft war als die Wissenschaft ”der Ersten” (þUlÚm al-awÁiÿl) bekannt. Die Wissenschaften, die aus der Beschäftigung mit dem QurÁÿn entfalteten, wurden mit dem Ausdruck

333 Saþd al-AšþarÍ al-QumÍ: KitÁb al-MaqÁlÁt wa-ÿl-Firaq; s. auch al-Nauba¿tÍ, Mu½ammad al-¼asn ibn MÚsÁ (310 H./ 922 ), al-Firaq;, oder wie bei al-ÉahrastÁnÍ, AbÍ al-Fat½ Mu½ammad þAbd al-KarÍm, al-Milal wa-ÿl- ni½al; s. De Lase Ulere, al-Fikr al-þarabÍ wa markazahu fÍ al-tÁrÍ¿, Übers.: IsmÁþÍl al-BÍÔÁr, Kapitels 2. und 3, S.

53-92.

“die Wissenschaften der Araber“ bezeichnet, zu denen auch die arabische Philologie und die Geschichtsschreibung der Araber und des Islams gehörten.334

Aber man muss betonen, dass man nicht einen Aspekt von einem anderen Aspekt in der gesamten Geschichte eines Volkes trennen kann. Mit anderen Worten: Die jeweiligen Aspekte sind nicht das Hauptthema unserer Untersuchung, sondern werden an den Stellen erörtert, an denen sie zu der Behandlung unseres Thema dienen, d.h. als Ergänzung einer Erklärung, einer Vorstellung, oder als Argument, oder Beweis für eine Annahme oder Behauptung, um das oben erwähnten Thema von allen Seiten zu betrachten, was folglich auf den richtigen Weg der Wissenschaft führt, dieselbe wieder, oder neu zu erklären. Die Rahmen des Themas unserer Arbeit erlaubt nicht, in die Einzelheiten der o.g. Aspekte zu gehen, trotz dass sie in ihrem historischen Kontext wichtig sind.

4.1.2. Die Entwicklungsphasen des philosophischen Denkens im Islam

Ibn SÍnÁs Philosophie im allgemeinen und besonders seine Seelenlehre sind die Ergebnisse der verschiedenen Entwicklungsphasen, die der o.g. Prozess (die Entwicklung des Denken) strukuierten. Diese Phasen sind:

1) Der QurÁÿn und die Überlieferung des Propheten Muhammed. In beiden Quellen befindet sich das reizende Element, das Streben nach dem Wissen, das nach der Verwendung der Vernunft in der Suche nach verschiedenen Erklärungen unterstüzt und verlangt. Von der anderen Seite erkennen wir an den o.g. Elementen eine andere Art des Streben (qurÁÿnische Versen oder ¼adiÝ -Überlieferung des Propheten) nach Wissen, oder mit anderen Worten: eine andere Erklärungsart derselben Themen, die diese beiden Quellen durch die Vernunft zu erklären versuchen. Die qurÁÿnische Versen und die Überlieferungen des Propheten dieser zweiten Art kann man in das Denksystem der Gnosis (Erleuchtung, Lichtlehre þIrfÁn”, die Offenbarung “al-Wa½y) einordnen. Die qurÁÿnische Versen und Überlieferungen des Propheten der o.g. rationalen Erklärungen oder des Strebens nach wissen in eine andere Kategorie des Denksystems, das unter dem Ausdruck Peripatiker (al-MaššÁÿiyya) Philosophie bekannt ist. Dieses Denksystem ist mit Aristoteles und seiner Tradition identifizierbar. Der Unterschied zwischen der beiden Erklärungsebenen (Erleuchtung und Vernunft) ist so alt wie die Geschichte der Philosphie selbst. Mit Platon und Aristoteles bekommt diese Diskussion eine neue Dimension. So behandelt Platon das Thema über den Ursprung des Wissens in Bezug auf die

334 Bürgel, Johnn Christoph, Allmacht und Mächtigkeit, S.98.

Ideenwelt, wie ein Prophet. Ihm zufolge –z.B.- das Wissen ist die Erinnerung an die Ideen, die vor der Geburt in der Ideenwelt existierten, d.h. vor dem Fall der Seele in Körper. Aristoteles behandelt dieses Thema durch die Augen eines Forschers. Seiner Auffassung nach ist das Wissen durch das Licht zum Menschen gekommen, das die potentiale Vernunft verwirklicht. Die Wahrnehmung der äusseren Dinge ist ein Hilfsmitel für diesen Prozess der Verwirklichung. Platon tendiert eher zum Denksystem der Offenbarung, Aristoteles hingegen zum Rationalismus. Deswegen ist es kein Wunder, dass dieser Streit zwischen Ratio und Offenbarung im Islam wieder auftaucht, aber verkleidet mit islamischen Gewand.

2) Der Streit über die Führungsform (al-¾ilÁfa, al-ImÁma, al-WilÁya) innerhalb der islamischen Gemeinde nach dem Tod des Propheten Muhammed.335 Aus diesem Streit entwickelten sich die anderen Ideen, die die “Theoretesierung der islamischen Religion “ strukturierten, aufbauten, wie die Frage – Idee – nach dem freien menschliche Willen, oder die Frage nach den Eigenschaften Gottes, wie bei al Muþtazila und in der islamischen Theologie „þIlm al-kalÁm“, oder der Versuch, die Status der menschlichen Seele und ihr Schiksal nach dem Tod zu erklären, oder die Vorstellung des perfektne (al-KÁmil) Menschen, oder die Vorstellung der Lehre der Prphetie, und andere Themen.

3) þAlÍ Ibn AbÍ ÓÁlib und der erste Versuch, den Islam theoretisch zu systematisieren. þAlÍ galt noch in der Zeit des Propheten als sein Vertreter, besonders als Träger des Wissens des Propheten, seine Offenbarung (wenn einer der Gefärdete “Æa½Ába” eine Frage hatte, oder eine Erklärung brauchte, und das gilt für diejenigen dem Propheten am nähsten waren, wie þUmar und AbÚ Bakir oder þUÝmÁn, schickte der Prophet sie zu þAlÍ. þAlÍ, nach der Überlieferung, besass das scheinbare Wissen (al-©Áhir) und das geheime Wissen (al-BÁÔin). Wenn wir diese Angaben auf die o.g. Teilung der Denksysteme anwenden, hin sichtlich der qurÁÿnischen Verse und der Überlieferung des Propheten, und hinsichtlich der Teilung der philosophischen Richtungen: die platonische, die gnostische, und die aristotelische, dann kann man sagen, dass þAlÍ Ibn ÓÁlib beide Quellen des Wissens der beiden Richtungen besass. Dieser Umstand erklärt wesehalb die Teilung der Philosophie in zwei Erklärungsebenen durch die islamischen Philosophen so betont wurde. Die eine Ebene ist die Philosophie der Öffentlichkeit “al-‰umhÚr”, und die andere ist die Philosophie des Besonderen “al-¾ÁÈÈa”. Wir finden diese Teilung zwar bei Ibn Rušd, aber bei Ibn SÍnÁ sie ist stark betont. Das Buch “Nahº al-balÁ™a“

335 Tilman Nagel, Studien zum Minderheitenproblem.: Rechtleitung und Kalifat, S. 14-293, im ersten und im zweiten Kapitel schildert der Autor den Streit um die Herschaftsform im Islam.

(Teil 1), das zu þAlÍ zugeschrieben ist, zeigt deutlich die Synthese beider philosophischen Systeme, Platon und Aristoteles, obwohl dieses Buch bei einigen Forschern als gnostisches Werk klassizifiert wurde. Deswegen ist es kein Wunder, dass manche Forscher dieses Buches als neuplatonisch bezeichnen, oder die an der Zuschreibung dieses Buches zu þAlÍ Ibn ÓÁlib zweifelten.336 In dieser Zeit des þAlÍ entstanden die ersten Wurzeln der Entwicklungsart der islamischen Philosophie, besonders später bei Ibn SÍnÁ, die versuchte, sich dem Ziel und Inhalt der islamischen Religion anzupassen. Ibn SÍnÁ wurde wegen seiner Biographie, die er selbst schrieb, als Schiite bezeichnet. Er sagt in dieser Biographie, dass seine Familie zur ismailitischen Richtung, die ein Teil der Schiiten ist, gehörte. Deswegen wurde seine Philosophie in vielen Studien als Doktrin der Schiiten betrachtet.

4) Die Ergebnisse des Streites zwischen þAlÍ und seinen Anhängern einerseits und MuþÁwiya und seinen Anhängern andererseites.337 Auf Grund dieses Streites entwickelten sich verschiedene Phänomene auf allen Ebenen. Was für diese Arbeit von Interesse ist sind die Denksystemebenen der Gruppen, die sich aus dieser Spaltung -dieser Ergebnis des Streites- im Islam heraus entwickelten.338 Das Auftreten der Gruppe “al-¾awÁriº” in der Geschichte des Islams und die Rolle, die ihre Doktrin gespielt hat, und die Reaktionen ihrer Gegner auf sie in der Entwicklung der Sekten im Islam, ist eine vorbereitungsstufe für die Theorisierung des Islam, erst auf der Ebene der Theologie, und später auf der Ebene der Philosophie.339

336 Zu diesem Thema siehe: A½mad Mu½ammad al-¼ÚfÍ, BalÁ™at al-imÁm þalÍ, der Verfasser zeigt die verschiedenen Meinungen, die an der Zuschreibung “Nahº al-balÁ™a“ zweifelten, wie A½mad Ibn ¾ÁllikÁn 681 H./ 1282 in seinem Buch WafayÁt al-aþyÁn 3/3, und al-©ahabÍ 748 H./ 1346 in seinem Buch MÍzÁn al-iþtidÁl fi naqd al-riºÁl 3/124. Diese klassischen Autoren beziehen ihre Zweifel auf das ganze Buch als hätte es jemand anderes geschrieben. Aber es gab andere Forscher, die nur an Teilen des Buchs zweifelten, wie AbÚ þAlÁÿ al-MaþarÍ, ZakÍ MubÁrak, A½mad AmÍn und Mu½ammad MahdÍ al-BaÈÍr, S.57-143; s. auch Philip Hitte, History of the Arabs, S.178 -186.

337 Philip Hitte, History of the Arabs, S.178 –186.

338 Siehe auch zu den Sekten im Islam Josef van Ess, Theologie und Geselleschaft im 2-3 Jahhundert Hidschra, Bd. I-VI. Über die Entstehung der Sekten als Ergebnis dieses Streits siehe Philip Hitte, History of the Arabs.

339 Über die Bedeutung der ¾Áriºiriten in der Entwicklung des Denksystems im Islam siehe: W. Montgomery Watt und Michael Marmura, Der Islam II, S.28-31. Über al-¾awÁriº und ihre Geschichte s. ebd. S. 1-31; s. auch A½mad AmÍn, ®u½a al-islÁm, Teil 3, S. 330-347.

5) Der Anfang der Rechtsschulen im Islam, die als die erste Phase in der Entwicklung des Denksystems galte. Daraufhin wurde die Theologie im Islam und dann die Philosophie entwickelt. Die Logik wurde als Instrument im Aufbau der Argumente dieser Denkphasen verwendet.340

340 þAbd al-Ra½mÁn Mar½abÁ, Mina al-Falsafa al-yÚnÁniyya ilÁ al-falsafa al-islÁmiyya, S. 249-289. Zu weiteren Informationen s. Majid Fakhry, The History of Islamic Philosophy, S. 37-65.

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