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Der Kommentar des Alexander von Aphrodisias

Zur Übersetzung der griechisch-hellenistischen Schriften zur Seelenlehre ins Arabische

2.2. DIE AUSLEGER DER ARISTOTELISCHEN SEELENLEHRE

2.3.2. Der Kommentar des Alexander von Aphrodisias

Der zweite Aristoteliker ist Alexander von Aphrodisias, der als der letzte Peripatetiker bekannt ist. Trotz dieser Zugehörigkeit wurden seine Kommentare über die Schriften des Aristoteles von der Schule des Plotinus gelesen und

112 Ebd., Al- ŠahrastÁnÍ, S. 207.

übernommen.113 Er ist in der arabischen Literaturgeschichte als derjenige, der alle aristotelischen Ansichten vertrat und verteidigte, bekannt. Aber obgleich er einige Punkte übernahm, vertrat er andere Meinungen als Aristoteles.114 Ibn-al-NadÍm erwähnt in seinem Bericht über Aristoteles keine aristotelischen Kommentare von Alexander, die die Seelenlehre behandelten. Anderen Angaben zufolge jedoch gibt es einen Kommentar von Alexander zu „De anima“, der verloren gegangen ist.115 Auch soll es einen Kommentar von ihm über „de Sensu“ geben, der ins Arabische übersetzt wurde; aber auch er ist verloren gegangen.116 Aber Ibn-al-NadÍm schreibt Alexander einige selbständige seelische Schriften zu, ohne dass er Informationen über ihren Übersetzungen ins Arabische oder Syrische zu geben. M. Steinschneider untersucht die verschiedenen arabischen Quellen und gibt ihre Übersetzungen ins Arabische an. Diese Schriften, die bei Ibn-al-NadÍm erwähnt wurden und die die Seelenlehre behandeln, sind: „De anima“ und „das Buch des Sehen“ und andere Schriften, die die Lehre vom Sehen vorstellen. Sie stehen aber im Widerspruch zu der Lehre, die besagt, dass „das Sehen nur von den Strahlen hergeleitet ist, welche aus dem Auge kommen...”117

Diese Schriften sind ins Arabische übersetzt worden, wie die Schrift über „Die Farben -نا >>>9ا- nach der Ansicht des Aristoteles,“118 die von þUÝmÁn al-DimašqÍ übersetzt wurde119, und „Die Schrift vom Sehen nach der Ansicht des Aristoteles,“

die durch ¼unayn Ibn-Is½Áq übersetzt wurde,120 und „Die Schrift über De Sensu et Sensato nach Aristoteles,“ die von Gerhard von Gremona ins Lateinische übersetzt

113 Ein Artikel von Robert W. Scharples, The School of Alexander,: Aristotle Transformed, Hrsg.:

Richard Sorabji, S. 84.

114 Ebd., Al-ŠahrastÁnÍ, S. 213.

115S. Ebd.,”The school of Alexander” von Robert W. Scharples,: “Aristotle Transformed”, S. 84, unter Anmerkung Nr. 10.

116 Ebd., S. 85 und auch unter Anmerkung Nr. 14.

117 Ich benuzte die Übersetzung von M. Steinschneider für dieses Zitat, Ebd., S. 94–96.

118 S. Ebd.,þA. R BadawÍ, ArisÔÚ þind al-þarab, S. 55.

119 Ebd., M. Steinschneider, S. 94.

120 Ebd., Helmut Gätje veröffentlischte diese Schrift in seinem Buch: Studien zur Überlieferung der Aristotelischen Psyschologie im Islam, S. 147. S. auch Ebd., þA. R. Badawi, S. 55.

wurde. Aber M. Steinschneider sagte nichts, ob es eine arabische Übersetzung gibt oder nicht.121

Man kann behaupten, dass fast alle mittelalterlichen lateinischen Übersetzungen der philosophischen Schriften der Alten von der einen arabischen oder hebräischen Übersetzung, die aus der Griechischen stammte, die als Grundlage für diese lateinische Übersetzungen verwendet wurden. Auch diese Schrift müsste auf eine der beiden Übersetzungen, entweder auf die arabische oder auf die hebräische, zurückzuführen sein. Und wir wissen, dass alle mittelalterlichen hebräischen Übersetzungen der philosophischen Schriften der Griechen von den arabischen Übersetzungen dieser Schriften stammen. Diese Schrift „De anima“, so teilt uns M.

Steinschneider nach HaººÍ ¼alÍfah mit, übersetzte Is½Áq Ibn-¼unayn ins Arabische, diese wiederum wurde von Samuel ben Jehuda aus Marseille (gest. 1325 n. Chr.) ins Hebräische übersetzt. M. Steinschneider übersetzte diese Schrift ins Deutsche.122

Al-ŠahrastÁnÍ stellt einige Sätze und Paragraphen vor, die dem Buch des Alexanders von Aphrodisias „De anima“ entnommen sind.123 Diese Vorstellung al-ŠahrastÁnÍs lässt uns vermuten, dass diese Sätze und Paragraphen aus einer arabischen Übersetzung dieses Textes stammen. Dazu muss man sagen, dass diese Schrift, wie al-ŠahrastÁnÍ sie vorstellte, kein Kommentar der aristotelischen Schrift „De anima“

ist, sondern eine selbständige Schrift Alexanders darstellt.124 Eine andere wichtige Schrift Alexanders, die ins Arabische übersetzt wurde und die Ibn-al-NadÍm nicht erwähnte, ist die Schrift „Über den Intellekt nach der Ansicht des Aristoteles.“ þUÈaibÍþa erwähnt diese Schrift und ihre arabische Übersetzung, die durch Is½Áq

Ibn-¼unayn angefertigt wurde.125 Al-FÁrÁbÍ verfasste eine Schrift, die den Intellekt behandelt und die den Titel „Über den Intellekt“126 trägt. Auch al-KindÍ verfasste

121 Ebd., M. Stenschneider, S. 95. S. auch Ebd., þA. R. BadawÍ, S. 55, er erwähnt, dass Ibn ÿUÈaibÍþa mitteilte, dass diese Schrift ein Artikel von der zweiten Abhandlung der aristotelischen Schrift “De anima“ ist.

122 Ebd., M.steinsneider, S. 96-97. Ebd., þA. R. BadawÍ, S. 57.

123 Ebd., Al- ŠahrastÁnÍ,, S. 213-214.

124 Ebd., Al-ŠahrastÁnÍ, S. 214. Wenn Al-ÉahrastÁnÍ diese Schrift zitiert, schrieb er: Er sagte in seiner Schrift „ Über die Seele“ ... :

125 Ebd., M. Steinchneider, S. 96. S. Ebd., þA. R. BadawÍ, S. 57.

126Ebd., F. Dietirici, Philosophische Abhandlungen des al-FÁrÁbÍs.

eine Schrift über den Intellekt: ” @>>.D $>>ﻥﺏ9او ;>>+ا $>>"هﻡ />> “; Übers.: „Über das Wesen des Intellekts und seine Erhellung.“127

Die Fortsetzung der Tendenz der Verbindung der Ansichten Aristoteles’ und Platons finden wir bei Alexander in seiner Schrift “>>> / >>>"ه 9 />>>ا $>>>"ﻥﺡو'ا ر >>>Sا ت>>>ﺙا“;

Übers.: „Über den Beweis der geistigen Bilder [Formen], die keine Hyle haben,“ die durch AbÚ-þUÝman ÆaþÍd al-DimašqÍ übersetzt wurde.128 Diese Schrift Alexanders ist der platonischen Erklärungsebene zugeneigt. Auch eine andere Abhandlung von ihm, deren Titel lautet: “ ;>>>K ةر >>>Sا نا />>> ,"ا'K .>>>آ Q>>>D د'>>>ا />>> Q>>>دو'9ا ر.:>>>9ا $>>>+ﻡ $>>"" $>>"وا @>> لواو ,.>>Gا“ Übers.: "Eine Abhandlung Alexanders von Aphrodisais über die Antwort auf KasnÚqrÁÔÍs, dass die Form vor der Gattung ist, und sie das Erste ist und dass die Form natürlich den Vorzug hat.“129 Aus dem Titel dieser Schrift könnte man die platonische Seite dieser Schrift ohne Zweifel herleiten. Wenn die Seele, nach Aristoteles, eine Form ist, dann müsste ihre Existenz logischerweise vor dem Körper kommen.

Eine andere Schrift Alexanders, die deutliche platonische Tendenzen zeigt, trägt den Titel „Was Alexander von Aphrodisias aus dem Buch des Aritoteles exzerpiert hat.“

Diese Schrift wurde auch „Theologie“ genannt, d.h. die „Lehre von der Gottheit.“130 In diesen Schriften bemerken wir, wie Alexander, der als der nächste Kommentator des Aristoteles gilt, gleichzeitig sah, dass es kein Widerspruch ist, wenn die platonische Erklärungsebene übernommen wird. Wie können wir die Bearbeitungsart der beiden Philosophen erklären? Geht sie auf den neoplatonischen Einfluss, wie einige Forscher behaupten, zurück?

Die Antwort auf diese Frage lautet: Nein. Um die These dieser Arbeit weiter zu unterstützen, werden wir zeigen, dass Alexander und später Themistius die inneren Beziehungen der Philosophien beider Weisen und ihre Methoden begriffen haben.

127Ibn al-NadÍm, S. 256.

128 Ebd., þA. R. BadawÍ, S. 56.

129 S. Ebd., þA. R. BadawÍ, S. 58-59, und S. 60.

130 S. Josef van Ess “Über einige neue Fragmente des Alexander von Aphrodisias und Proklos in arabischer Übersetzung“, S. 148. Dieser Artikel aus der Zetschrift für Geschiechte und Kultur des islamischen Orients, Bd. 42, (1966), S. 148. J. V. Ess meinte; das Buch “Die Theologie” gehört zu Proklos, d.h. wir dürfen dieses Buch des Proklos nicht mit dem anderen Buch das einen ähnlichen Titel trägt “Die Theologie des Aristoteles” verwechseln.

Ibn SÍnÁ kritisierte in seiner Schrift “.... ت>>+"ا“ Übers.: „Die Kommentare...“ an einer Stelle Alexander,131 in einer anderen lobte er ihn132, und an anderer Stelle wiederum bestätigte er seine Vorrangstellung zusammen mit der des Themistius, und zwar wegen ihrer Vorstellungen bezüglich der Seelenlehre.133

Diese Bemerkungen zeigen uns, wie tief Ibn SÍnÁs Bekanntschaft mit der Seelenlehre Alexanders war. Es kann sein, dass diese Bekanntschaft Ibn SÍnÁs durch die selbstständige Schriften Alexanders, wie „De anima“ zustande kam, die dieser ins Arabische übersetzte, wie wir vorher erwähnten, oder aber, dass sie von Alexanders Kommentar zu „De anima“ herrührte. Es gibt keinen Beweis für die Möglichkeit, dass dieser Kommentar im Ganzen ins Arabische übersetzt wurde.

Aber dieser Kommentar Ibn SÍnÁs ist ein weiterer Beweis für die Möglichkeit, dass

„De anima“ in ihrer Ganzheit ins Arabische übersetzt wurde. Man kann weiter hinzufügen: Da sich diese Bemerkungen im Rahmen des Kommentars Ibn SÍnÁs finden, könnte man sagen, dass Ibn SÍnÁ die Ideen Alexanders, die Ibn SÍnÁ in seinem Kommentar kritisierte oder lobte, aus dem o.g. Kommentar Alexanders entnommen sind; d.h. Ibn SÍnÁ sollte sie gelesen haben.

2.3.3. Simplicius

Ob Simplicius’Kommentar zu „De Anima“ ins Arabische übersetzt wurde oder nicht, bleibt unklar.134 Es ist nicht unmöglich, dass der Kommentar übersetzt wurde, weil die philosophische Tendenz, die er vertrat (die Verbindung der Ideen Platons und Aristoteles’) den kulturellen Befindlichkeiten der islamischen Gelehrten nahe stand. Ein anderer Grund, der hierfür spricht, könnte sein, dass die Wege, auf denen die islamischen Literaturschreiber der damaligen Zeit Informationen aufgenommen haben, gut mit der Verbreitung des Kommentars korreliert. Ibn-al-NadÍm, dessen Beruf Schreiber -قارو- war, war mit anderen Angehörigen dieses Standes befreundet, wie Is½Áq Ibn-¼unayn.

131 Ebd., þAbd al-Ra½man BadawÍ, ArisÔÚ þind al-þarab, ein Text von Ibn SÍnÁ: Al-TþalÍqÁt þalÁ

½awÁšÍ kitÁb al-nafs li-arisÔÚÔÁlÍs, S. 106.

132 Ebd., þA, R. BadawÍ, S. 114.

133 Ebd., S. 120.

134 S. Ilsetraut Hadot (Artikel), The life and work of Simplicius in Greek and Arabic sources: aus Ebd., Aristotle Transfomed, the ancient commentators and their influence, editd by Richard Sorabji, S. 292-294. Er zeigt die Problematik des Verstehens eingen Untersuchungen in dieser Frage.

Daher sollte er seine Informationen in erster Linie entweder durch Augenschein oder mündlich erhalten haben. Hätte er sich über den Kommentar des Simplicius nicht mit dem Satz “/>>ﺏ'D >> >>Kو “, sondern mit den Worten ”/>>ﺏ'D >> 9و “ geäußert, oder hätte er geschwiegen, dann könnten wir schlussfolgern, dass der Satz “ / >>ﺏ'D >> >>Kو“ darauf hinweist, dass es eine arabische Übersetzung des Simplicius gab, die er nicht sah, von der er aber hörte und die wahrscheinlich verloren gegangen ist. Dieses Ergebnis gilt für die Vermutung Ibn-al-NadÍms bezüglich der syrischen Übersetzung des Simplicius-Kommentars zu "De anima."

Simplicius gehörte zur Harran-Schule, mit der die Syrer in Kontakt standen, um ihr Wissen zu erweitern, weswegen Simplicius’ Kommentare bekannt gewesen sein dürften.

2.3.4. Athawalis

Auch die Nennung des Namens „AÝÁwÁlÍs“, für den Simplicius diesen Kommentar verfasste, sollte auf dessen Wichtigkeit hinweisen. Simplicius für beide Philosophen - Platon und Aristoteles – dieselbe Interpretationsart zu verwenden135. Nach H. J.

Blumenthal beschränkt sich der Unterschied bei Simplicius in dieser Frage nicht nur auf die technische Formulierung, sondern betrifft auch den Inhalt.136 Simplicius versuchte, seine eigene Seelenlehre und die aristotelische Seelenlehre zu betrachten, als wären sie beide Äusserungen einer einzigen Philosophie - d.h. als wären sie ein einheitliches System.137 H. J. Blumenthal hat die Methode des Neoplatonismus nicht genau verstanden, die der Methode der islamischen Philosophen ähnlich ist.

Blumenthal betrachtet die aristotelische und die platonische Philosophie durch dieselbe Brille, d.h. entweder nur auf der platonischen Erklärungsebene oder nur auf der aristotelischen Erklärungsebene. Diese Betrachtungsart entspricht nicht der Betrachtungsart der Neoplatoniker. Es wäre jedoch möglich, beide Philosophien auf ein und derselben Erklärungsebene zu betrachten, wenn die beiden Philosophien, erstens dieselbe Termonologie für verschiedene Subjekte verwendeten, und

135 S. Henry J. Blumenthal, in seinem Artikel: Simplicius{?}on the first Book of Aristotle’s De anima, Buch: Philologisch- Historische Studien zum Aristotelismus, Herausgegeben von Paul Moraux Bd.

15, S. 91. Dieser Artikel zeigt wie Simplicius in seinem Kommentar “De anima” versucht Aristoteles zu Platonesieren.

136 Ebd., H. J. Blumenthal, S. 93.

137 Ebd., S. 92. Weitere Information über die Erklärung des Simplicius’ Kommentar “De anima” s.

dieser Ebd., S. 91-112.

zweitens, wenn beide Philosophien verschiedene Termonologien für verschiedene Subjekte verwendeten. Dies ist allerdings nicht der Fall. Ob Simplicius in der Seelenlehre eine große Rolle spielte, kann man nicht genau sagen, weil die islamischen Philosophen Simplicius in ihren Kommentaren zu „De anima“ und in ihren eigenen Schriften über die Seele nicht erwähnten; ganz im Gegensatz zu Alexander, Themistius oder Philoponus, deren Namen oft bei den islamischen Philosophen auftauchen.

H. Gätje meint; Simplicius hatte keinen Einfluss auf die Seelenlehre im Islam.138 Ich möchte den Einfluss des Simlicius auf die islamischen Philosophen nicht ausschließen, auch wenn wir keine endgültige Bestätigung für die Übersetzung seines Kommentars „Über die Seele“ ins Arabische haben. Der Grund hierfür ist, dass er ein Buch verfasste, in dem er die Verbindung der beiden Philosophien bearbeitete.

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