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Die Rezeption des Aristoteles bei Iamblichus

ERKLÄRUNGSALTERNATIVE

4.7.2. Die Rezeption des Aristoteles bei Iamblichus

Wenn wir Iamblichus Erklärungebene mit der aristotelischen Erklärungsebene des Buches „De anima“ vergleichen, dann können wir die oben erwähnte Kritik Blumenthals akzeptieren, und zwar, weil Iamblichus’ Erklärungsebene weit von Aristoteles’ Erklärungsebene entfernt steht, d.h. nicht wegen des Kritiksanlasses von Blumenthal.

Es gibt eine Verbindung zwischen Platon und Aristoteles, die auch Iamblichus vertritt. Iamblichus verfasste ein Buch über die Pythagoreer. Er neigte mehr zu dieser Lehre.438 Die platonische Philosophie ist eine Weiterbildung zur pythagoreischen Philosophie. Aristoteles übernahm diese platonische Tradition.

Iamblichus greift auf diese Tradition zurück, weil er zwischen dem Christentum und der griechischen Philosophie vermittelt.439 In seinem bekannten Buch „Der Protreptikos“ stellt er zehn Bücher vor, die er umfasst. Die Hälfte von ihnen sind verloren. Das erste Buch ist über das Leben des Pythagoras. Das zweite Buch heisst

„Ermahnung zur Philosophie.“ Dieses zweite Buch besteht aus zwei Reihen. Die erste Reihe zeigt Auszüge aus den Dialogen des Platons. Die zweite Reihe stellt die Ansichten des Aristoteles, die nicht aus unserem Corpus Aristotelicum bekannt sind, dar. Sie gehören zu seinen publizierten Schriften, die uns verloren sind. Die Dialoge des Aristoteles, die Iamblichus zeigt, wurden oben erwähnt: Mahnschrift zur Philosophie, Über die Philosophie, Eudemus, das ein Gegenstück zum platonischen Phaidon ist. Nach diesem dritten Dialog betont Aristoteles deutlich die platonische Ansicht über die Zugehörigkeit des Geistes zur göttlichen Welt, die seine Haimat ist.

Nach dem Tod kehrt der Geist zu dieser Welt zurück. Auch in dieser Schrift ist die platonische, wie später die plotinische Ansicht über die Verachtung der Körperlichkeit und der irdischen Güter bekräftigt. Der vierte Dialog ist „Politikos“

der parallel zum Buch des Platon „Politik“ sein sollte.440 Es ist wichtig zu erwähnen,

438 Aristoteles, Einführungsschriften, S. 97.

439 Ebd.

440 Ebd., S. 98–99.

dass das Ergebnis O. Gigons über diese Dialoge in Verbindung zu den uns von Aristoteles bekannten Büchern, um zu bekräftigen, dass Aristoteles seinem Lehrer Platon nicht widersprach, sondern ihn ergänzte. Er sagt: „Doch selbst der nicht – spezialistische Leser wird bei einiger Aufmerksamkeit bemerken, dass unsere Exzerptenreihe manche Anklänge aufweist an die zwei ersten Kapitel des ersten Buches der Metaphysik und an mehrere Abschnitte im ersten, sechsten und zehnten Buch der Nikomachischen Ethik, endlich auch an bestimmte Kapitel der zwei letztennn Bücher der Politik. Wir werden folgen, dass an solchen Stellen Aristoteles selbst der Einfachheit halber eigene Darlegung aus denselben Dialogen resümiert hat, die Iamblichos geplündert und mit einer verblüffenden Unbekümmertheit unter den her würdigen Namen des Pythagoras gestellt hat.“441

Niemand wird bestreiten, dass Iamblichus andere philosophische Elemente ausser den aristotelischen verwendete. Aber man muss genau bezeichnen, welche Schriften des Aristoteles Iamblichus rezipierte, und welche nicht. In dieser Frage muss man zwischen den Schriften des Aristoteles, die zur Akademie gehören, und den Schriften, die ausserhalb der Akademie stehen, unterscheiden. Diese beiden Schriftarten leugnete Aristoteles nicht. Iamblichus verwendete als Quelle für Aristoteles die Schriften, die ausserhalb der Akademie entstanden und nicht die akademischen Schriften, die als Vorlesungen bekannt sind, wie z.B. die Schrift „De anima.“

In diesem Zusammenhang müssen wir die aristotelische Schrift „Der Protreptikos des Aristoteles“ erwähnen, die als platonisch bezeichnet wurde. Die Terminologie des Iamblichus, deren Einfluss auf die Neoplatoniker sehr stark war, findet ihre Legitimät in dieser Schrift des Aristoteles. Aber unsere Betonung ist: Das bedeutet noch nicht, dass der Grund der allgemeinen Tendenz des Neoplatonismus um die anderen unaristotelischen Elemente zu erweitern war, d.h. diese Elemente auf die Seite zu schieben. Mit anderen Worten waren auch andere Quellen für die Neoplatoniker neben Aristoteles und Platon von Bedeutung.

Nach Blumenthal berührt sich die Erklärungsart der Neoplatoniker mit Iamblichus.

Diese Erklärungsart lautet: Die Beziehung zwischen zwei Begriffen - Platon und Aristoteles - wird durch einen dritten Begriff, der den Charakter der beiden in sich trägt enthält, auch wenn er nicht ihre Ganzheit ist, realisiert.442

441 Ebd., S. 99.

442 H. J. Blumenthal, S. 308.

Diese Methode ist identisch mit der Methode, die wir vorher in diesem Kapitel erwähnten. Wir sagten, dass bestimmte Punkte im Buch „De anima“ ausgespart blieben, aber in seinen Schriften wie die „Nikomachische Ethik“, „Eudemus,“ „De Sensu,“ „Über die Philosophie“ ergänzt oder verdeutlicht wurden. Diese Denkart begriffen die Neoplatoniker und später die islamischen Philosophen. Die Studien, die gegen diese Tendenz sind, beurteilen die Neoplatoniker in dieser Frage, nur durch das Lesen einzelner Schriften des Aristoteles, gemeint ist „De anima,“ aber die anderen o.g. Schriften des Aristoteles, die von ausserhalb der Akademie stammen, zählten für sie nicht (wurden nicht in Betracht gezogen). Das ist nach meiner Meinung der Grund für ihre falsche Beurteilung der Frage, die mit der Verfälschung der aristotelischen Philosophie zu tun hat.

Als Beispiel für diese Fehler ist Blumenthals Versuch anzusehen, die Idee über die Trennung der Seele vom Körper nach der neoplatonischen Ansicht als unaristotelisch darzustellen. Nach ihm mussten sie (die Neoplatoniker) diese Idee nach dem Begriff der allmählichen – stufenweisen - Trennung bearbeiten. Sie sahen die Seele als Serien von reflektiven Formen, vegetative, sensitive, rationale Formen.443 Diese Ansicht - nach meiner Meinung – ist ein wesentlicher Teil der Schrift „De anima,“ und keine Erfindung der Neoplatoniker. Ihre Neuartigkeit hier besteht in ihrem Versuch, diese Ideen nach den o.g. aristotelischen Schriften zu erklären.444 Aristoteles sagt: „In den meisten – wir mussen auf das Wort „meisten“

hinweisen, d.h. er sagte nicht „immer“ - Fällen scheint die Seele nichts ohne den Körper zu erleiden und zu tun, wie etwa Zorn, Mut, Begehren, Wahrnehmen überhaupt. Am meistens scheint ihr das Denken eigentümlich zu sein.“445 Der Begriff „In der meisten“ bedeutet, dass die Seele sich nicht immer in einem bestimmten Status befindet, sondern sie bekommt verschiedene andere Zustände, d.h. es gibt Stufen der Seele, und jede Stufe ist ein Status für sich.

Was können wir aus dieser Aussage lernen? Sie führen uns zu der Meinung, dass wir zwischen zwei Beziehungsarten der Seele unterscheiden müssen, eine Beziehung, die auf den natürlichen Körper zurückgeht, d.h. auf die physiologische Ebene, auf die Sinnesorgane, die Aristoteles - wie wir vorher erwähnten - als Gebiet der Naturforscher bezeichnete, und die andere Beziehung bezieht sich auf die

443 Ebd., S. 308-309.

444 Aristoteles, Vom Himmel...., in der ersten, zweiten und dritten Abhandlung in „Über die Seele“ betont Aristoteles diese Struktur der Seele. Ich werde dieses Thema im Laufe dieser Arbeit erklären.

445 Ebd., S. 259 und S. 260.

immaterielle Ebene, das Geistige (das Denken), die Aristoteles als Bereich des Dialektikers = Metaphysik bezeichnete. Wir sehen diese Vorstellungsart besonders in der zweiten und mehr in der dritten Abhandlung von „De anima“. In „De anima“

z.B. erklärt er den Körper einerseits als „materiell“ für den Organismus und die Seele als „wirkende,“ die für die Erzeugung der Bewegung des Organismus verantwortlich ist, andererseits erklärt er sie als „formal,“ die die Form - wie der Körper sein soll - des individuellen Organismus bestimmen kann.

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