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Der „geschäftsführende Direktor“ – Horlacher in seiner Funktion als Büroleiter

Horlacher als Angehöriger der Agrarelite Bayerns

1. Der „geschäftsführende Direktor“ – Horlacher in seiner Funktion als Büroleiter

Bis zur Errichtung einer eigenen Geschäftsstelle für die Bayerische Landesbauernkammer hatte Horlacher vom Büro des Zweckverbandes der landwirtschaftlichen Körperschaften Bayerns aus provisorisch die Geschäftsführung übernommen4. Die Selbständigkeit seines Büros gab er zunächst nicht auf. Er traf keine Vorkehrungen, es in die Zuständigkeit der Landesbauernkammer zu überführen und den Zweckverband der landwirtschaftlichen Körperschaften Bayerns aufzulösen. Dabei lag Der Bündler sicher richtig, als er für die verzögerte Auflösung die Unsicherheit des BV angesichts der Zusammensetzung der Plenarversammlung der Bayerischen Landesbauernkammer verantwortlich machte: „Man dachte natürlich an Neben- und Gegenregierung, falls die Zusammensetzung der

1 Vgl. Kapitel VII.

2 Vgl. Kapitel VI.3.

3 Zu dieser Definition eines Funktionärs vgl. ULLMANN, Interessenverbände, 118.

4 MAAZ vom 10. August 1920.

Landesbauernkammer nicht nach Wunsch ausfallen sollte.“5 Da der BV nach den Bauernkammerwahlen am 4. Juli 1920 im Plenum der Landesbauernkammer über keine Mehrheit verfügte, war die Frage der Geschäftsführung gemeinsam mit der Zusammensetzung des Präsidiums Gegenstand des verbandspolitischen Kompromisses zwischen BV, BBB, Bund der Landwirte und Landwirtschaftlichem Verein. Die Geschäftsführung Horlacher zu übertragen, dessen Büro durch die Errichtung der Landesbauernkammer überflüssig zu werden drohte, da diese den Zweckverband der landwirtschaftlichen Körperschaften Bayerns als Dachverband ersetzte, lag nahe – trotzdem prüfte der Bund der Landwirte die Möglichkeiten, um Horlacher als Geschäftsführer zu verhindern6. Als sich die Mitglieder der Landesbauernkammer am 9. August 1920 zur konstituierenden Sitzung zusammenfanden, stand die Frage der Geschäftsführung nicht auf der Tagesordnung. Heim wurde entsprechend der Vorverhandlungen7 zum Ersten Präsidenten, Mittermeier (BBB) zum Zweiten und Paul Balz (Bund der Landwirte, geb. 1878)8 zum Dritten Präsidenten gewählt9. Horlacher wurde nach den gesetzlichen Bestimmungen als zusätzliches stimmberechtigtes Mitglied einstimmig in das Plenum der Landesbauernkammer aufgenommen10. Damit war eine wichtige Vorentscheidung über die Geschäftsführung der Landesbauernkammer getroffen. Die Konstituierung des Büros stand aber erst am 31. August 1920 auf der Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung. Am Vortag lancierte Horlacher in den Mitteilungen des Zweckverbandes der landwirtschaftlichen Körperschaften Bayerns einen programmatischen Artikel, mit dem er den Anspruch auf die Übernahme der Geschäftsführung erhob und diesen mit einem überschwänglichen Lob auf Heim verband, der mit „seiner unermüdlichen Arbeitskraft Programm genug“ sei11. Horlacher wurde dann einstimmig zum Hauptgeschäftsführer gewählt12. Sowohl die ehren- als auch die hauptamtliche Spitze der Landesbauernkammer befanden sich nun in den Händen des BV. Erst jetzt führte Horlacher die Überführung des Büros des Zweckverbandes der landwirtschaftlichen Körperschaften

5 Der Bündler vom 12. Dezember 1920; vgl. dazu BERGMANN, Bauernbund, 55–58.

6 BA Koblenz, NL Weilnböck N1327/14a, Beckh an Weilnböck, 30. Juli 1920.

7 Vgl. Kapitel IV.6.

8 Landwirt in Wittenfeld bei Eichstätt, geboren am 15. Oktober 1878, Saatzüchter, seit 1916 Vorsitzender des Bezirksackerbauverbandes Eichstätt, seit 1919 Erster Vorsitzender des Kreisackerbauverbandes Mittelfranken, seit 1919 Erster Vorsitzender der Arbeitgebervereinigung für Land- und Forstwirtschaft in Mittelfranken, 1919/1920 Vorsitzender des Zweckverbandes der landwirtschaftlichen Körperschaften in Mittelfranken, 1923 Ernennung zum Ökonomierat, Zweiter Vorsitzender des Landesverbandes bayerischer Ackerbauvereine. Zu Balz vgl. BayHStA, ML 2433, Horlacher an ML, 20. Dezember 1923; BayHStA, ML 2434, Bayerische Landessaatzuchtanstalt Weihenstephan an ML, 8. Dezember 1926.

9 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 9. August 1920, 3–5. Die Bezeichnung „Präsident“

für die Vorsitzenden der Landesbauernkammer wurde erst in der zweiten Plenarsitzung beschlossen (Sten. Ber.

Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 31. August 1920, 41).

10 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 9. August 1920, 3–5.

11 HORLACHER, Bauernkammern (30. August 1920), 1–3.

12 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 31. August 1920, 3–5.

Bayerns in die Landesbauernkammer durch. Dessen Organ firmierte seit dem 30. November 1920 als Mitteilungen der Bayerischen Landesbauernkammer13.

Die Zusammensetzung von Horlachers Büro zeigt eine auffallende Kontinuität als eigenständiger Faktor in den organisationspolitischen Auseinandersetzungen des bayerischen landwirtschaftlichen Organisationswesens seit der Errichtung als Büro der

„Handelspolitischen Vereinigung der landwirtschaftlichen Körperschaften Bayerns einschließlich Müllerei und Mälzerei“. Diese bürokratische Kontinuität ignorierte die seitherigen organisatorischen Brüche, die sich hauptsächlich in den ehrenamtlichen Strukturen manifestierten. Sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Benno Hafen begleitete ihn bereits seit der Handelspolitischen Vereinigung, sein Pressereferent Fritz Riemerschmid seit deren Umwandlung in die Wirtschaftspolitische Vereinigung der Landwirtschaft und Agrarindustrie Bayerns. Mit beiden war Horlacher mittlerweile befreundet14. Aber das Büro Horlachers erfuhr entsprechend dem von der Landesbauernkammer erhobenen Anspruch, eine Selbstverwaltungskörperschaft zu sein, eine bedeutende personelle Erweiterung. Der Verwaltungsausschuss der Landesbauernkammer wünschte sich ein Büro, das nach

„neuzeitlichen Gesichtspunkten“ organisiert sein sollte. Dazu sollte ein „Stab wissenschaftlich geschulter, volkswirtschaftlich und sodann landwirtschaftlich-technisch erfahrener Kräfte“

zusammengestellt werden15. Horlacher hatte diese Vorgaben umzusetzen. Er errichtete deshalb eine agrarpolitische Fachbibliothek, ein Wirtschaftsarchiv zur Sammlung einschlägiger agrarpolitischer Zeitungsartikel – nach seinem eigenem Urteil bald „in seiner Art mit eines der besten und reichhaltigsten Wirtschaftsarchive in München“16 –, eine wirtschaftsstatistische Abteilung zur Preisbeobachtung landwirtschaftlicher Produkte und Betriebsmittel, eine Preisberichtsstelle und eine Frachtenprüfungsstelle zur Beobachtung der Eisenbahntarife17. 1929 kam eine Zentralstelle für Marktbeobachtung und Absatzfragen hinzu18. Die Landesbuchstelle zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Buchführung existierte dagegen bereits seit Errichtung der Landesbauernkammer19.

Ein Jahr nach der Errichtung der Landesbauernkammer bestand Horlachers Büro aus je einem volkswirtschaftlichen und einem landwirtschaftlich-technischen Geschäftsführer sowie drei wissenschaftlichen Mitarbeitern für die Preisberichtstelle, die Presseabteilung und

13 Mitteilungen der Bay. Landesbauernkammer vom 30. November 1920.

14 Hafen war Horlachers Trauzeuge (AEM, Matrikeln der Römisch-katholischen Pfarrei Sankt Anna in München, Trauungsbuch 1916–1923, 177). In HORLACHER, Wert (1920), 5 dankte er seinem „Pfälzer Freunde Benno Hafen“ für die Hilfe bei der Erstellung dieser Schrift. In der Wohnung von Riemerschmid wohnte Horlacher, als er nach Ende des Zweiten Weltkriegs seine politische Karriere wieder aufnahm (BayHStA, NL Horlacher 1.4, Antrag auf Vormerkung für eine Familienwohnung, 31. Oktober 1951).

15 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 31. August 1920, 3–5.

16 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 23. Juni 1922, 133.

17 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 14. Februar 1923, 193f.

18 BayHStA, ML 3995, Bericht über die Tätigkeit der Bayerischen Landesbauernkammer in der Zeit vom 1.

November 1930 bis 15. September 1931.

19 Zur Landesbuchstelle der Landesbauernkammer vgl. LAUERBACH, Landwirtschaft, 34–37.

das Wirtschaftsarchiv20. Die landwirtschaftlich-technische Abteilung leitete der akademische Landwirt und Journalist Anton Schwamberger (geb. 1889)21. Volkswirtschaftlicher Referent war der promovierte Nationalökonom und Medienfachmann Max Wittwer (geb. 1889), der zeitgleich mit Horlacher bei Brentano studiert hatte22. Wittwer fungierte als Horlachers Stellvertreter23. Der Preisberichtstelle stand der promovierte Volkswirt Stiegler24 vor. Die Presseabteilung leitete der Volkswirt Fritz Riemerschmid (geb. 1888), der zeitgleich mit Horlacher bei Brentano gehört hatte und sich während seiner Tätigkeit für die Landesbauernkammer promovieren ließ25. Der promovierte Volkswirt Karl Schwab (geb.

1889) war Leiter des Wirtschaftsarchivs und der wirtschaftstatistischen Abteilung. Schwab hatte ebenfalls zeitgleich mit Horlacher bei Brentano und Mayr studiert und war gemeinsam mit Horlacher „wissenschaftlicher Hilfsarbeiter“ beim Statistischen Landesamt gewesen26. Die Landesbuchstelle leitete der akademische Landwirt Siegfried Eccard27. Die Geschäftsführung der bei der Landesbauernkammer errichteten Landesarbeitsgemeinschaft der land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen übernahm Benno Hafen (geb. 1888)28. Die juristische Betreuung der Landesbauernkammer erfolgte durch den Juristen Dr. Heinrich Marquart (geb. 1882), den Syndikus des Landesverbandes

20 Zur anfänglichen Zusammensetzung des Büros der Landesbauernkammer vgl. Sten. Ber. Bay.

Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 3. Juni 1921, 140f.

21 Diplomlandwirt, geboren 1889, landwirtschaftliche Praxis, akademische landwirtschaftliche Ausbildung, als Soldat am Ersten Weltkrieg beteiligt, vor seiner Anstellung bei der Landesbauernkammer Assistent an der landwirtschaftlichen Winterschule in Hersbruck, Herausgeber einer landwirtschaftlichen Fachzeitschrift und Saatzuchtinspektor beim Nordbayerischen Saatzuchtverband Marktredwitz, in der Landesbauernkammer seit 1920 Leiter des landwirtschaftlich-technischen Referates, 1933 als Landwirtschaftsrat I. Klasse und Stellvertreter Horlachers in der Landesbauernkammer geführt. Zu Schwamberger vgl. Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 6. November 1920, 1; Haus- und Landwirtschafts-Kalender des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern 88 (1933), 56.

22 WITTWER, Zeitungswesen, 91.

23 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 23. Juni 1922, 136.

24 Zu Stiegler vgl. Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 3. Juni 1921, 129; Sten. Ber. Bay.

Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 2. Oktober 1920, 1; Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 23. Juni 1922, 134. Stiegler ist letztmals am 23. Oktober 1926 im Büro der Landesbauernkammer nachweisbar (Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 3, Sitzung am 23. Oktober 1926, 37).

25 RIEMERSCHMID, Jugendpflege.

26 Volkswirt, katholisch, geboren am 3. Oktober 1889 in München, Besuch des humanistischen Luitpold-Gymnasiums in München, seit 1910 Studium der Staatswissenschaften an der LMU, im Wintersemester 1913/1914 Wechsel nach Erlangen, wo er bei Karl Theodor von Eheberg am 13. Juli 1914 mit einer wirtschaftsstatistischen Untersuchung promoviert wurde, anschließend wissenschaftlicher Hilfsarbeiter beim Statistischen Landesamt, am Ende des Ersten Weltkrieges als Referent in der Bayerischen Fleischversorgungsstelle tätig, seit 1920 bis zu deren Auflösung für die Landesbauernkammer tätig. Zu Schwab vgl. SCHWAB, Verschiebungen; SCHWAB, Verkehr; SCHWAB, Viehstand; Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 6. Juli 1921, 253; Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 23. Juni 1922, 133;

Haus- und Landwirtschafts-Kalender des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern 88 (1933), 56.

27 Eccard ist zwischen 1920 und 1926 als Leiter der Landesbuchstelle der Landesbauernkammer nachgewiesen.

Zu Eccard vgl. Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 3. Juni 1921, 138; Wochenblatt des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern vom 24. Juni 1925; Wochenblatt des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern vom 13. Januar 1926.

28 BayHStA ML 2435, Mittermeier an ML, 27. November 1928.

land- und forstwirtschaftlicher Arbeitgebervereinigungen29. Nach dem Weggang Wittwers übernahm der promovierte Volkswirt und Journalist Wilhelm Fehlhammer (geb. 1894) seit Frühjahr 1925 die Leitung der volkswirtschaftlichen Abteilung30. Der promovierte Volkswirt Hermann Lauerbach (geb. 1899) leitete seit 1927 die Landesbuchstelle31. Letztmals änderte sich die Zusammensetzung des Büros nach der Wiedereingliederung Wittwers als Leiter der neu geschaffenen „Abteilung B für Milch- und Milchprodukte der Zentralstelle der Landesbauernkammer für Marktbeobachtung und Absatzfragen“ im Jahr 192932. Seither änderte sich die personelle Zusammensetzung der hauptamtlichen Führungsriege der Abteilungsleiter und Referenten der Landesbauernkammer nicht mehr33. Die Zusammensetzung des Büros der Landesbauernkammer zeigt die Handschrift Horlachers sehr deutlich. Er konnte die Referenten im Benehmen mit dem Präsidenten nach der Geschäftsordnung selbständig einstellen34. Die Auswertung der Biographien von Horlachers Mitarbeitern zeigt, dass Horlacher auf Bekannte und Freunde aus seiner Studienzeit bzw.

seiner voragrarischen beruflichen Laufbahn zurückgriff. Neben der volkswirtschaftlichen

29 Jurist, geboren am 8. November 1882, nach Ablegung des juristischen Staatskonkurses 1909 Eintritt in den höheren Finanzdienst, 1912 einstimmige Wahl zum rechtskundigen Bürgermeister von Selb/Oberfranken, Rücktritt nach dem Entzug der Unwiderruflichkeit seiner Anstellung durch das Selbstverwaltungsgesetz vom 22.

Mai 1919, seither Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes der land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgebervereinigungen Bayerns. Zu Marquart vgl. BayHStA, ML 3145, Prieger an ML, 28. November 1929.

30 Volkswirt, geboren am 31. März 1894 als Sohn eines Landwirtschaftsrates in Spesbach/Pfalz, humanistisches Gymnasium in Ingolstadt, 1914 Abitur, als Fahnenjunker Kriegsfreiwilliger im 4. Pionierbataillon in Ingolstadt, Ernennung zum Leutnant und Bataillonsadjutant, mehrmals verwundet und ausgezeichnet, nach der Revolution als Reichswehr-Werbeoffizier im Aufklärungs- und Pressedienst tätig, 31. März 1920 unfreiwilliger Abschied von der Reichswehr aufgrund der Demobilisierung, seit 1919 Studium der Volkswirtschaft an den Universitäten Erlangen und Frankfurt/Main, am 14. März 1922 mit einer volkswirtschaftlichen Dissertation zum Dr. phil.

promoviert, nach der Beurlaubung Horlachers durch die Nationalsozialisten Ernennung zum kommissarischen Direktor der Landesbauernkammer, nach der Gleichschaltung der Landesbauernkammer Leiter der Hauptabteilung II (Betriebswirtschaft und technische Förderung) der Landesbauernschaft Bayern mit der Bezeichnung Stabsleiter. Zu Fehlhammer vgl. FEHLHAMMER, Preisbildung, 150; Wochenblatt des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern vom 15. Dezember 1926; Bayerischer Bauernkalender 90 (1935), 74;

HAUSHOFER, Leben, 49f.

31 Volkswirt, geboren am 25. Mai 1899 in Regensburg als Sohn eines fürstlich Thurn und Taxis’schen Rentkammerkassiers, humanistisches Gymnasium in Regensburg, 1917 Eintritt in die Reichswehr als Offiziersanwärter, unfreiwilliges Ausscheiden aus dem Militärdienst nach der Niederlage, anschließend Besuch der Handelshochschule in München, durch seine finanziellen Verhältnisse gezwungen, seit 1920 bei Heims LZG zu arbeiten, ab 1. Januar 1921 hauptamtlich für den Landwirtschaftlichen Kreisausschuß der Oberfalz und von Regensburg tätig, um sich die finanziellen Mittel für das weitere Studium zu verschaffen, Studium der Nationalökonomie an der LMU und in Erlangen, 1924 Promotion zum Dr. rer. pol. mit einer Doktorarbeit über das landwirtschaftliche Organisationswesen in Bayern, vor der Übernahme in die Landesbauernkammer Stellvertretender Direktor der Kreisbauernkammer Oberpfalz, seit 1927 Leiter der Landesbuchstelle der Landesbauernkammer als Nachfolger Eccards, anlässlich der Gleichschaltung der Landesbauernkammer Übernahme in den Dienst des nationalsozialistischen Reichsnährstandes, Eintritt in die NSDAP, nach dem Zweiten Weltkrieg für den BBV tätig, danach als Ministerialrat im bayerischen Landwirtschaftsministerium tätig, 1955 bis 1965 Staatskommissar und Treuhänder bei der Bayerischen Landwirthschaftsbank eG, 1965 bis 1974 Treuhänder bei dieser Bank, ab 1959 Ministerialdirigent im bayerischen Landwirtschaftsministerium, 1965 Versetzung in den Ruhestand. Zu Lauerbach vgl. LAUERBACH, Landwirtschaft, 203; Mitteilungen der Bay.

Landesbauernkammer vom 13. April 1925; RATJEN, Bauernkammern, 131–133; Bibliothek der Familie Haushofer, Georgica bavarica Bd. 4, Nr. 583; HÜTTL, Ursprung, 128f.; HAUSHOFER, Leben, 148f.

32 Vgl. RATJEN, Bauernkammern, 183.

33 Haus- und Landwirtschafts-Kalender des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern 88 (1933), 56.

34 BayHStA, ML 122, Entwurf einer Geschäftsordnung für die bayerische Landesbauernkammer, undatiert.

Ausbildung – für Führungspositionen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit landwirtschaftlich-technischen Aufgaben standen – legte Horlacher vor allem Wert auf journalistische Erfahrung seiner Mitarbeiter auch außerhalb der Pressestelle.

Diese Pressearbeit musste nicht zuletzt deshalb ein Kernanliegen Horlachers darstellen, da sich die Landesbauernkammer wegen der Konkurrenz mit der etablierten staatlichen Landwirtschaftsverwaltung nicht zu einer echten Selbstverwaltungskörperschaft entwickeln konnte und hauptsächlich auf die Gesamtinteressenvertretung der Landwirtschaft beschränkt blieb. Dabei publizierte Horlacher selbst auch häufig und regelmäßig. Er rühmte sich, „zahlreiche Veröffentlichungen in kulturhistorischen, wirtschaftspolitischen Werken in der Tagespresse und Zeitschriften“ vorweisen zu können35. Horlacher hatte sich deshalb einiges Ansehen als Agrarjournalist erworben36. Er wusste um die Notwendigkeit der Presse als Instrument zur Interessenvertretung in der pluralistischen Massendemokratie – zumal die landwirtschaftliche Bevölkerung auch in Bayern keine Mehrheit mehr darstellte37. Die Presse stellte seiner Meinung nach einen „Mittelpunkt für das geistige und kulturelle, für das wirtschaftliche und soziale Leben eines Volkes“ dar38. Um die sozialdemokratische Presse als

„Giftquelle für die öffentliche Meinung“ zu neutralisieren, kündigte er den Ausbau der Pressestelle zu einer „Zentrale zur Verfolgung der Tatarennachrichten“ an39. Die Aufgabe der neuen Einrichtung bestand laut Horlacher darin, die „bauernhetzerischen Pressenotizen“ der sozialistischen „Lügenfabrik“ zu verfolgen40. Zusätzlich zu den Mitteilungen der Bayerischen Landesbauernkammer initiierte er mit der Agrar-Korrespondenz der Landesbauernkammer einen Pressedienst für die Tages- und die Fachpresse41, der von der bayerischen Tagespresse bereitwillig angenommen wurde42. Als erste Landwirtschaftskammer überhaupt brachte die Bayerische Landesbauernkammer unter Horlachers Regie einen Rundfunkdienst heraus43. Intensiv nutzte Horlacher das neue Medium des Rundfunks, um sich direkt an die Öffentlichkeit zu wenden44. Horlacher war neuer Technologie in der Organisations- und Öffentlichkeitsarbeit sehr aufgeschlossen45 – damit, wie er meinte, sein Büro „modern arbeiten kann“46.

35 Reichstags-Handbuch V. Wahlperiode 1930, 374f.

36 Vgl. PIX, Organisation, 118–120; HUNDHAMMER, Berufsvertretung, 131.

37 Im Jahr 1925 betrug der Anteil der Land- und Forstwirtschaft an allen Berufszugehörigen in Bayern 34,9 Prozent, im Deutschen Reich 23 Prozent (Volkszählung in Bayern 1925, 2).

38 Verh. d. Bay. Landtags 1920–1924. Sten. Ber. Bd. 4, Sitzung am 26. Januar 1922, 634.

39 Verh. d. Bay. Landtags 1920–1924. Sten. Ber. Bd. 4, Sitzung am 26. Januar 1922, 634.

40 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 23. Juni 1922, 134.

41 Mitteilungen der Bay. Landesbauernkammer vom 15. Mai 1926.

42 Vgl. HOSER, Münchner Tagespresse, 786.

43 Mitteilungen der Bay. Landesbauernkammer vom 15. Mai 1926.

44 ACDP, NL Horlacher I-129-002, Bayerischer Rundfunk an Horlacher, 2. November 1932.

45 Zur Unterstützung seines Tätigkeitsberichtes für das Jahr 1923 verwendete Horlacher eine neuartige Lichtbildtechnologie, was einiges Aufsehen erregte (Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 30.

Januar 1924, 328).

46 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 14. Februar 1923, 193f.

Die Einrichtungen der Landesbauernkammer waren für Horlacher „alles Dinge, die man als tägliches Rüstzeug unbedingt benötigt“47. Dabei dienten alle Einrichtungen der Landesbauernkammer nicht nur als Dienstleistungsangebot für die Kammerangehörigen, sondern nicht zuletzt als Unterstützung von Horlachers agrarpolitischer Karriere außerhalb des Büros der Landesbauernkammer – durch die Bereitstellung von Datenmaterial und Publikationsmöglichkeiten. So sollte etwa die Landesbuchstelle nach der Ansicht ihres Leiters Lauerbach nicht nur zur Verbreitung einer „privatwirtschaftlich zweckmäßigen Buchführung“

dienen, sondern sie sollte auch „exakte Unterlagen für die Beurteilung wirtschaftspolitischer Fragen“ als Grundlage zur agrarpolitischen Interessenvertretung der Landesbauernkammer bereitstellen können und zur „Erforschung des Bauernbetriebes durch systematische Sammlung und Bearbeitung der Buchführungsergebnisse“ beitragen48. Auch Horlacher konnte sich deshalb auf die „gewaltige Material-Fülle, die der statistikfreudige Apparat der Kammerbürokratie alltäglich ausspeit“, stützen, wie der Journalist Erwin Topf 1933 in polemischer Absicht schrieb49. Mit dem bürokratischen Apparat der Landesbauernkammer bekam Horlacher ein Instrument in die Hände, mit dem er Einfluss auf Regierung, Behörden, Parlament, Gerichte, Parteien, Verbände und Medien ausüben konnte. Dadurch, dass er für die Vorbereitung von Denkschriften, Kundgebungen und Ausschussanträgen der Landesbauernkammer verantwortlich war, konnte er schließlich einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Entscheidungen der ehrenamtlichen Mitglieder des Plenums der Landesbauernkammer nehmen.

Diese starke Stellung, die Horlacher im Organisationsgefüge der bayerischen Bauernkammern einnahm, war zunächst in der Geschäftsordnung begründet. Als Hauptgeschäftsführer hatte sich Horlacher um alle agrarpolitisch relevanten

„volkswirtschaftlichen Fragen aus dem Gebiete der Wirtschafts-, Handels- und Steuerpolitik“

zu bemühen – eben um alle „grundsätzlichen Fragen der Ernährungswirtschaft“. Er war verantwortlich „für die Leitung der von allen Abteilungen der Landesbauernkammer einzuhaltenden agrarpolitischen und volkswirtschaftlichen Richtlinien“50. Nach der Geschäftsordnung stellte er aber auch das Scharnier zwischen ehrenamtlichem Präsidium und hauptamtlichem Verwaltungsapparat dar. Er war an die Weisungen des Präsidiums gebunden, während das Personal des Büros wiederum an seine Weisungen gebunden war. Die Geschäftsführer der Kreis- und Bezirksbauernkammern durften mit dem Präsidium nur über ihn dienstlichen Kontakt aufnehmen. Da sich die Kreis- und Bezirksbauernkammern entsprechend eines streng einzuhaltenden Dienstweges nicht an Landesbehörden wenden durften, konnten sie mit diesen nur über das Büro der Landesbauernkammer offiziell

47 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 2, Sitzung am 14. Februar 1923, 193f.

48 LAUERBACH, Buchführungsergebnisse, 7.

49 TOPF, Front, 146f.

50 Sten. Ber. Bay. Landesbauernkammer Bd. 1, Sitzung am 31. August 1920, 3–5.

korrespondieren51. Damit konnte Horlacher nicht nur die Kontrolle seiner hauptamtlichen Untergebenen beanspruchen, sondern auch die Kontrolle über die Aktivitäten der ehrenamtlichen Plenarversammlungen der Kreis- und Bezirksbauernkammern. Dadurch besaß Horlacher die zentrale Stellung im Organisationsgefüge der bayerischen Bauernkammern, die durchaus dazu angetan war, das ehrenamtliche Präsidium zu verdrängen52.

Da die Personalhierarchie der bayerischen Bauernkammern auf Horlacher zulief, gelang es ihm durch persönliche Auswahl seiner Mitarbeiter und einen kollegialen Führungsstil, einen loyalen Mitarbeiterstab aufzubauen, wodurch seine Stellung im Organisationsgefüge der bayerischen Bauernkammern noch zusätzlich gestärkt wurde.

Entsprechend einer patriarchalischen Auffassung vom Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen sah er in seinen Mitarbeitern Menschen, denen seine Fürsorge zu gelten hatte.

So war er der Ansicht, dass bei Beförderungen „neben den dienstlichen Gründen auch die sozialen Verhältnisse des zu befördernden Beamten berücksichtigt werden“ sollten53. Einen ehemaligen Mitarbeiter, der wegen Unterschlagungen entlassen werden musste, unterstützte er nach Verbüßung der Strafe bei der Arbeitssuche, damit dieser „nun doch endlich wieder in das bürgerliche Leben zurückgeführt wird“54. Von seinem persönlichen Referenten Heinz Haushofer (1906–1988)55 wurde Horlacher nicht nur als „ein schnell auffassender und denkender, gut formulierender und auch mit Humor reagierender Mann“ geschätzt, sondern vor allem wegen der „viele[n] und mit leichter Hand“ gegebenen Ratschläge nicht nur agrarpolitischer Art, sondern auch in Fragen der Menschenführung und der Leitung von Organisationen geradezu bewundert56. Als Gegenleistung für seine fürsorgliche Dienstauffassung erwartete Horlacher Überstunden und Sonntagsarbeit von seinen

51 BayHStA, ML 122, Entwurf einer Geschäftsordnung für die bayerische Landesbauernkammer, undatiert; zur Geschäftsordnung der Landesbauernkammer vgl. RATJEN, Bauernkammern, 24.

52 Ratjen behauptet wohl nicht ohne sich bei seinem Doktorvater, Horlachers ehemaligem Mitarbeiter Heinz Haushofer, abgesichert zu haben, Horlacher sei „Ausgangspunkt fast aller bedeutenderen Unternehmungen der Berufsvertretung und ihr Rückgrat und Motor während der 13 Jahre ihres Bestehens“ gewesen (RATJEN, Bauernkammern, 186).

53 ACDP, NL Horlacher I-129-001, Horlacher an das Reichsfinanzministerium, 23. Oktober 1929.

54 ACDP, NL Horlacher I-129-001, Horlacher an Franz Demmel. 9. Dezember 1929.

55 Promovierter Agrarwissenschaftler, katholisch, geboren am 1906 als Sohn des Generals, Universitätsprofessors und Geopolitikers Karl Haushofer, Studium der Landwirtschaft, seit 1929 für die Bayerische Landesbauernkammer tätig, 1933 in den Reichsnährstand übernommen, 1945 bis 1947 Bewirtschaftung des elterlichen Gutes Hartschimmelhof, 1947 Referent im Generalsekretariat des BBV, bei der

55 Promovierter Agrarwissenschaftler, katholisch, geboren am 1906 als Sohn des Generals, Universitätsprofessors und Geopolitikers Karl Haushofer, Studium der Landwirtschaft, seit 1929 für die Bayerische Landesbauernkammer tätig, 1933 in den Reichsnährstand übernommen, 1945 bis 1947 Bewirtschaftung des elterlichen Gutes Hartschimmelhof, 1947 Referent im Generalsekretariat des BBV, bei der

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