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6 Theoretische Analyse der Determinanten der Produktivität

6.5 Institutionen

6.5.2 Regionale informelle Institutionen

Während regionale Unterschiede in den formalen Institutionen eine Ausnahme bleiben, scheinen sich demgegenüber informelle Institutionen oft zwischen Re-gionen zu unterscheiden.201 Als Synomym für informelle Institutionen wird in der Literatur häufig der Begriff Kultur verwendet. Guiso, Sapienza und Zingales (2006) definieren Kultur als

„[...] those customary beliefs and values that ethnic, religious, and social groups transmit fairly unchanged from generation to generation.“202

Demnach verbergen sich hinter dem Begriff Kultur etwa der Glaube, die Moral, Normen, Präferenzen und Gewohnheiten von Individuen, die wiederum durch

199 Ritter (1999), S. 346.

200 Vgl. hierzu Abschnitt 8.1.

201 Vgl. Blume (2009), S. 52-65.

202 Guiso, Luigi; Sapienza, Paolo; Zingales, Luigi (2006), Does Culture Affect Economic Outco-me?, in: Journal of Economic Perspective, 20(2), S. 23.

das spezifische Verhalten der Individuen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Region beeinflussen. Dabei haben verschiedene Bevölkerungsgruppen auch unterschiedliche Kulturen, da sie verschiedene Erfahrungen in der Vergan-genheit gemacht haben.203 Nach Barro und McCleary (2003) nimmt die Kultur Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Region, indem sie die persönlichen Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Sparsamkeit, den Willen zur har-ten Arbeit sowie die Offenheit gegenüber Fremden beeinflusst.204 Ebenso hebt Landes (1998) die Kultur als bedeutende Einflussgröße für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes hervor. Er zählt zur Kultur Eigenschaften wie Sparsamkeit, harte Arbeit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Toleranz.205

Den bekanntesten Zusammenhang zwischen Kultur und Wirtschaftswachstum hat Max Weber (1904/5) aufgezeigt, wonach der wirtschaftliche Erfolg Westeuro-pas auf die Reformation und insbesondere auf den Calvinismus zurückgeführt werden kann. Die Religion ist dabei ein wichtiger Bestandteil der Kultur. Weber zufolge hat der Protestantismus die Grundlage für die wirtschaftliche Entwick-lung geschaffen, indem Protestanten über eine besondere Arbeitsmoral verfügen.

Dementsprechend arbeiteten die Protestanten (speziell die Calvinisten) härter und sparten mehr, um dann den beruflichen Erfolg als ein Zeichen zu sehen, zu den von Gott Auserwählten zu zählen und vor der Verdammnis gerettet zu sein. Ein luxuriöses Leben wurde hingegen nicht geschätzt, weshalb alle erwirtschafteten Erträge investiert oder gespart wurden. Hierdurch kam es zur Kapitalakkumula-tion und zu Wirtschaftswachstum. Der Protestantismus führte demnach zu einem Glauben, der harte Arbeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hervorhob und bei dem wirtschaftlicher Erfolg ein positives Zeichen dafür war, von Gott erwählt worden zu sein. Demgegenüber weist Weber darauf hin, dass andere Religionen wie etwa der Katholizismus für den Kapitalismus nicht förderlich seien.206

Jedoch wurden die Ergebnisse von Weber durch die Untersuchung von Becker und Wößmann (2009) eingeschränkt, die neben der Arbeitsmoral auch dem Hu-mankapital eine entscheidende Bedeutung zugesprochen haben. Ihrem Ansatz nach hat insbesondere Luther dazu aufgefordert, dass alle Protestanten Lesen und Schreiben lernen sollten, um die Bibel selbst studieren zu können. Demnach war – zumindest im Preußen des 19. Jahrhunderts – die Bildung der Protestanten besser und folglich ihr Humankapital und ihre Produktivität höher.207

203 Vgl. Acemoglu/Johnson/Robinson (1995), S. 400-402.

204 Vgl. Barro, Robert; McCleary, Rachel (2003), Religion and Economic Growth Across Count-ries, in: American Sociological Review, 68(5), S. 760.

205 Vgl. Landes, David (2010), Wohlstand und Armut der Nationen (Lizenzausgabe für die Bun-deszentrale für politische Bildung), Bonn.

206 Vgl. Weber, Max (2007), Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Erftstadt.

207 Vgl. Becker, Sascha; Wößmann, Ludger (2009), Was Weber Wrong? A Human Capital Theory of Protestant Economic History, in: Quarterly Journal of Economics, 124(2), S. 531-596.

das spezifische Verhalten der Individuen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Region beeinflussen. Dabei haben verschiedene Bevölkerungsgruppen auch unterschiedliche Kulturen, da sie verschiedene Erfahrungen in der Vergan-genheit gemacht haben.203 Nach Barro und McCleary (2003) nimmt die Kultur Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Region, indem sie die persönlichen Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Sparsamkeit, den Willen zur har-ten Arbeit sowie die Offenheit gegenüber Fremden beeinflusst.204 Ebenso hebt Landes (1998) die Kultur als bedeutende Einflussgröße für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes hervor. Er zählt zur Kultur Eigenschaften wie Sparsamkeit, harte Arbeit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Toleranz.205

Den bekanntesten Zusammenhang zwischen Kultur und Wirtschaftswachstum hat Max Weber (1904/5) aufgezeigt, wonach der wirtschaftliche Erfolg Westeuro-pas auf die Reformation und insbesondere auf den Calvinismus zurückgeführt werden kann. Die Religion ist dabei ein wichtiger Bestandteil der Kultur. Weber zufolge hat der Protestantismus die Grundlage für die wirtschaftliche Entwick-lung geschaffen, indem Protestanten über eine besondere Arbeitsmoral verfügen.

Dementsprechend arbeiteten die Protestanten (speziell die Calvinisten) härter und sparten mehr, um dann den beruflichen Erfolg als ein Zeichen zu sehen, zu den von Gott Auserwählten zu zählen und vor der Verdammnis gerettet zu sein. Ein luxuriöses Leben wurde hingegen nicht geschätzt, weshalb alle erwirtschafteten Erträge investiert oder gespart wurden. Hierdurch kam es zur Kapitalakkumula-tion und zu Wirtschaftswachstum. Der Protestantismus führte demnach zu einem Glauben, der harte Arbeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hervorhob und bei dem wirtschaftlicher Erfolg ein positives Zeichen dafür war, von Gott erwählt worden zu sein. Demgegenüber weist Weber darauf hin, dass andere Religionen wie etwa der Katholizismus für den Kapitalismus nicht förderlich seien.206

Jedoch wurden die Ergebnisse von Weber durch die Untersuchung von Becker und Wößmann (2009) eingeschränkt, die neben der Arbeitsmoral auch dem Hu-mankapital eine entscheidende Bedeutung zugesprochen haben. Ihrem Ansatz nach hat insbesondere Luther dazu aufgefordert, dass alle Protestanten Lesen und Schreiben lernen sollten, um die Bibel selbst studieren zu können. Demnach war – zumindest im Preußen des 19. Jahrhunderts – die Bildung der Protestanten besser und folglich ihr Humankapital und ihre Produktivität höher.207

203 Vgl. Acemoglu/Johnson/Robinson (1995), S. 400-402.

204 Vgl. Barro, Robert; McCleary, Rachel (2003), Religion and Economic Growth Across Count-ries, in: American Sociological Review, 68(5), S. 760.

205 Vgl. Landes, David (2010), Wohlstand und Armut der Nationen (Lizenzausgabe für die Bun-deszentrale für politische Bildung), Bonn.

206 Vgl. Weber, Max (2007), Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Erftstadt.

207 Vgl. Becker, Sascha; Wößmann, Ludger (2009), Was Weber Wrong? A Human Capital Theory of Protestant Economic History, in: Quarterly Journal of Economics, 124(2), S. 531-596.

Die Kultur bzw. informelle Institutionen beschränken sich jedoch nicht nur auf die Religion. Knowles (2006) weist darauf hin, dass insbesondere das Sozial-kapital als wichtiger Bestandteil von informellen Institutionen gedeutet werden kann und ebenfalls als eine fundamentale Determinante des Wirtschaftswachs-tums angesehen werden sollte.208 Jedoch ist der Begriff Sozialkapital nur schwer fassbar und es existiert eine Vielzahl von Definitionen hierfür. Knowles fasst die wichtigtesten Bestandteile wie folgt zusammen:

„Most definitions of social capital include at least one, and in several cases two or more, of the following: trust, networks and group memberships, and a shared set of cooperative norms.“209

Demnach umfasst der Begriff Sozialkapital in den meisten Definitionen das Ver-trauen, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe sowie die von einer Gruppe geteilten Regeln. Vertrauen kann dabei das Vertrauen in Gruppenmitglieder, das Vertrau-en in fremde PersonVertrau-en oder das VertrauVertrau-en in das System (z.B. die Regierung) beinhalten.210

Nun stellt sich die Frage, auf welche Weise Sozialkapital die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes positiv beeinflussen kann. In der Theorie lassen sich verschiedene Transmissionskanäle finden. Demnach kann durch das im Sozial-kapital verankerte Vertrauen die Anzahl der beidseitig nutzenstiftenden Transak-tionen erhöht werden. Hierzu zählt etwa die gegenseitige Hilfe, wobei die Markt-teilnehmer sicher sein können, dass ihre Hilfe nicht einseitig ist. Ein Beispiel hierfür ist die Hilfe bei der Ernte, die ohne zusätzliche Geldleistungen und Ver-träge erfolgen kann. Zudem können Probleme des kollektiven Handels leichter behoben werden. So kann die Tragödie der Allmende von einer Kooperation be-seitigt werden. Dies alles beinhaltet eine Verringerung der Überwachungs- und Transaktionskosten im Zuge von Markttransaktionen. Schließlich kann der In-formationsfluss zwischen Individuen verbessert werden. 211

Demgegenüber kann Sozialkapital auch einen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Region haben. Dementsprechend kön-nen Gruppen wie beispielsweise die Mafia, die katholische Kirche, Zünfte oder Lobbies einer Übernahme neuer Technologien oder dem Wandel ganz allgemein ablehnend gegenüberstehen und folglich die wirtschaftliche (Weiter-) Entwick-lung einer Region behindern.212 Zudem profitieren meist nur die Mitglieder dieser Gruppen zu Lasten von Nicht-Mitgliedern, wie Ogilvie (2004) etwa am Bespiel

208 Vgl. Knowles (2006).

209 Knowles (2006), S. 2.

210 Für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff Vertrauen siehe Guinnane, Timothy (2005), Trust: A Concept Too Many, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2005/1, S. 77-92.

211 Vgl. Knowles (2006), S. 7-11.

212 Vgl. Knowles (2006), S. 10 f.

der Frauen zeigt, die systematisch aus den Zünften ausgeschlossen und benach-teiligt wurden.213 Somit bleibt es durchaus fraglich, ob eine Gesellschaft als gan-zes von derartigen Gruppen und dem damit verbundenen Sozialkapital tatsäch-lich profitiert.

Auch Putnam (1993) unterscheidet Regionen, die entweder gutes oder schlech-tes Sozialkapital besitzen. Regionen mit schlechtem Sozialkapital befinden sich in einem stabilen, inferioren Nash-Gleichgewicht. Regionen mit gutem Sozial-kapital erreichen demgegenüber ein stabiles, superiores Nash-Gleichgewicht.214

Dieser Zusammenhang kann auf einfache Art und Weise mit Hilfe des klassi-schen Gefangenendilemmas aus der Spieltheorie erklärt werden.

Tabelle 25 Gefangenendilemma

A/B Gefangener B

Schweigen Kooperieren

Gefangener A Schweigen 2/2 5/1

Kooperieren 1/5 4/4

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Axelrod, Robert (2006), Evolution of Cooperation, New York, S. 44-40.

Zwei Gefangene (Komplizen) haben vor der Gerichtsverhandlung zwei Wahl-möglichkeiten: kooperieren und somit den Komplizen belasten oder schwei-gen. Beide Gefangenen treffen ihre Entscheidung unabhängig von einander, d.

h. ohne zu wissen, wie sich der Komplize entscheidet. Wenn Gefangener A schweigt, dann drohen ihm entweder 2 Jahre Haft, wenn auch sein Komplize schweigt, da die entsprechenden Beweise fehlen. Schweigt jedoch der Gefange-ne A und der GefangeGefange-ne B gesteht und belastet seiGefange-nen Komplizen, drohen dem Gefangenen A 5 Jahre Haft und dem Gefangenen B aufgrund der Zusammen-arbeit nur 1 Jahr. Unabhängig davon, welche Strategie der Gefangene B (A) wählt, stellt sich A (B) immer besser, wenn er kooperiert und seinen Kompli-zen belastet. Somit werden beide Gefangenen kooperieren und jeder von ihnen kommt für 4 Jahre ins Gefängnis (inferiores Nash-Gleichgewicht). Hätten beide geschwiegen, hätten sie sich besser stellen können und jeder wäre für nur 2 Jahre ins Gefängnis gekommen (superiores Nash-Gleichgewicht). Im Gefange-nendilemma führt somit individuell rationales Handeln aufgrund der wechsel-seitigen Abhängigkeiten zum kollektiv schlechteren Ergebnis, einem pareto-inferioren Nash-Gleichgewicht.

213 Vgl. Ogilvie, Sheilagh (2004), How Does Social Capital Affect Women? Guilds and Communi-Vgl. Ogilvie, Sheilagh (2004), How Does Social Capital Affect Women? Guilds and Communi-How Does Social Capital Affect Women? Guilds and Communi-ties in Early Modern Germany, in: American Historical Review, 109(2), S. 325-359.

214 Vgl. Putnam, Robert (1993), Making Democracy work: civic traditions in modern Italy, Prince-ton, S. 177-181.

der Frauen zeigt, die systematisch aus den Zünften ausgeschlossen und benach-teiligt wurden.213 Somit bleibt es durchaus fraglich, ob eine Gesellschaft als gan-zes von derartigen Gruppen und dem damit verbundenen Sozialkapital tatsäch-lich profitiert.

Auch Putnam (1993) unterscheidet Regionen, die entweder gutes oder schlech-tes Sozialkapital besitzen. Regionen mit schlechtem Sozialkapital befinden sich in einem stabilen, inferioren Nash-Gleichgewicht. Regionen mit gutem Sozial-kapital erreichen demgegenüber ein stabiles, superiores Nash-Gleichgewicht.214

Dieser Zusammenhang kann auf einfache Art und Weise mit Hilfe des klassi-schen Gefangenendilemmas aus der Spieltheorie erklärt werden.

Tabelle 25 Gefangenendilemma

A/B Gefangener B

Schweigen Kooperieren

Gefangener A Schweigen 2/2 5/1

Kooperieren 1/5 4/4

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Axelrod, Robert (2006), Evolution of Cooperation, New York, S. 44-40.

Zwei Gefangene (Komplizen) haben vor der Gerichtsverhandlung zwei Wahl-möglichkeiten: kooperieren und somit den Komplizen belasten oder schwei-gen. Beide Gefangenen treffen ihre Entscheidung unabhängig von einander, d.

h. ohne zu wissen, wie sich der Komplize entscheidet. Wenn Gefangener A schweigt, dann drohen ihm entweder 2 Jahre Haft, wenn auch sein Komplize schweigt, da die entsprechenden Beweise fehlen. Schweigt jedoch der Gefange-ne A und der GefangeGefange-ne B gesteht und belastet seiGefange-nen Komplizen, drohen dem Gefangenen A 5 Jahre Haft und dem Gefangenen B aufgrund der Zusammen-arbeit nur 1 Jahr. Unabhängig davon, welche Strategie der Gefangene B (A) wählt, stellt sich A (B) immer besser, wenn er kooperiert und seinen Kompli-zen belastet. Somit werden beide Gefangenen kooperieren und jeder von ihnen kommt für 4 Jahre ins Gefängnis (inferiores Nash-Gleichgewicht). Hätten beide geschwiegen, hätten sie sich besser stellen können und jeder wäre für nur 2 Jahre ins Gefängnis gekommen (superiores Nash-Gleichgewicht). Im Gefange-nendilemma führt somit individuell rationales Handeln aufgrund der wechsel-seitigen Abhängigkeiten zum kollektiv schlechteren Ergebnis, einem pareto-inferioren Nash-Gleichgewicht.

213 Vgl. Ogilvie, Sheilagh (2004), How Does Social Capital Affect Women? Guilds and Communi-Vgl. Ogilvie, Sheilagh (2004), How Does Social Capital Affect Women? Guilds and Communi-How Does Social Capital Affect Women? Guilds and Communi-ties in Early Modern Germany, in: American Historical Review, 109(2), S. 325-359.

214 Vgl. Putnam, Robert (1993), Making Democracy work: civic traditions in modern Italy, Prince-ton, S. 177-181.

Verfügt eine Region über starkes Vertrauen, kann sie das Gefangenendilem-ma überwinden und ein superiores Nash-Gleichgewicht erreichen, indem beide Gefangenen darauf vertrauen können, dass der andere schweigt. Demgegenüber können Regionen, in denen die Einstellung „nicht kooperieren“ tief verwurzelt ist, dem inferioren Gleichgewicht nicht entkommen.215

Ferner zählt Blume (2009) zum Sozialkapital von Regionen als Teil der infor-mellen Institutionen die Mentalität der Bevölkerung. Diese räumlich heterogenen Wertvorstellungen sind nach Blume etwa postmaterialistische Werte (politisches Interesse, soziales Engagement, Bürgerbeteiligung und Selbstbestimmung), Ver-trauen, Präferenzen für Markt, Hierarchien und Netzwerke (Nachbarschaftshilfe, Mitgliedschaft in Vereinen). Dabei sollen Vertrauen und Präferenzen für Netz-werke einen positiven Einfluss und Präferenzen für Hierarchien einen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung einer Region haben. 216

Die Theorie des postmateriellen Wertewandels geht auf den Politikwissen-schaftler Ronald Inglehart zurück.217 Dieser Theorie zufolge ist es durch die starke Verbesserung der Lebensverhältnisse in vielen westlichen Demokratien in der Nachkriegszeit zu einer Ablösung der traditionellen bürgerlichen, mate-rialistischen Werte gekommen, die durch postmaterialistische Werte ersetzt wur-den. Unter materialistischen Werten werden nach Inglehart Leistung, Sicherheit, sozialer Aufstieg und Prestige verstanden. Demgegenüber verbergen sich hinter dem Begriff der postmaterialistischen Werte Dinge wie Selbstentfaltung, Le-bensqualität, Emanzipation und gesellschaftliche Beteiligung.

Folglich scheinen informelle Institutionen in Form von unterschiedlichen Kul-turen oder Sozialkapital einen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung einer Region zu nehmen. Anders als im Falle der regionalen formalen Institutionen, die sich nicht fundamental zwischen den Bundesländern unterscheiden, werden in den regionalen informellen Institutionen erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern vermutet. Deshalb sollten die unterschiedlichen regionalen infor-mellen Institutionen auch in der sich anschließenden Regressionsanalyse explizit, d.h. mit Hilfe eigener erklärender Variablen, berücksichtigt werden.218 Welche be-sonderen Bedingungen Indikatoren für (informelle) Institutionen aufgrund ihrer geringen zeitlichen Variablilität mit sich bringen, wird im Rahmen der Regres-sionsanalyse in Kapitel 8 erläutert.

215 Vgl. Putnam (1993), S. 177.

216 Vgl. Blume (2009), S. 91.

217 Vgl. Inglehart, Ronald (1971), The Silent Revolution in Europe: Intergenerational Change in Post-Industrial Societies, in: American Political Science Review, 65(4), S. 991–1017.

218 Zwar können informelle Institutionen ebenso wie formale Institutionen mit Hilfe fixer Effekte abgebildet werden, jedoch ist der Informationsgehalt unter Verwendung erklärender Variablen für die informellen Institutionen weitaus größer, da fixe Effekte alle konstanten Einflüsse einer Region auffangen und nicht nur den Einfluss der informellen Institution wiedergeben.