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6 Theoretische Analyse der Determinanten der Produktivität

6.2 Humankapital

Eine weitere Determinante der Produktivitätsentwicklung stellt das Humankapi-tal dar. Das HumankapiHumankapi-tal umfasst das individuelle Arbeitspotenzial, das durch

149 Vgl. Young (1998).

150 Vgl. Howitt (1999).

151 Vgl. Peretto/Smulders (2002).

Bildung und Ausbildung geschaffen werden kann. Dabei spiegelt sich das Hu-mankapital in allen erworbenen, wirtschaftlich verwertbaren Kenntnissen, Fä-higkeiten und Verhaltensweisen eines Individuums wider, die die Produktivität und damit das Einkommen des Produktionsfaktors Arbeit erhöhen.152 Human-kapital umfasst nur die an bestimmte Individuen gebundenen Fähigkeiten und Kenntnisse, wohingegen Wissen, wie bereits gesehen, auch ungebundene Er-kenntnisse enthält, die beispielsweise in Büchern oder Forschungsberichten zu finden sind.153

In der (Wachstums-) Theorie kann der Einfluss des Humankapitals auf die Produktivitätsentwicklung über drei verschiedene Kanäle erfolgen.

Einen ersten Wirkungskanal stellt das sogenannte Learning by Doing dar.

Demnach erhöht sich das im Humankapital verkörperte Wissen durch Erfahrung, das sich wiederum positiv auf die Produktivität auswirkt. Eine der ersten Arbei-ten zu diesem Thema lieferte Wright (1936) als er die zur Produktion von Flug-zeugen benötigte Arbeitszeit untersuchte. Wright kam zu dem Ergebnis, dass die Arbeitszeit je produziertem Flugzeug mit der Anzahl der produzierten Flugzeuge desselben Typs abnimmt. Dieser Zusammenhang wird häufig grafisch mit Hilfe der sogenannten Lernkurve dargestellt. 154

Einer der ersten formalen Ansätze zum Learning by Doing geht auf Arrow (1962) zurück. Er sieht Lernen ebenfalls als das Ergebnis von Erfahrung an, wo-durch die Produktivität erhöht wird. In diesem Modell von Arrow wird neues Wissen im Zuge von Investitionen und Produktion endeckt. Dieses Wissen steht anschließend als öffentliches Gut allen Unternehmen zur Verfügung.155

Über einen weiteren Wirkungskanal nimmt das Humankapital direkten Ein-fluss auf das Produktivitätsniveau, wie zum Beispiel in den Modellen von Lucas (1988) oder Mankiw, Romer und Weil (1992). Das Humankapital wird als ein weiterer Produktionsfaktor in diesen Modellen integriert und als Alternative zu technischem Fortschritt gesehen. Diesen Ansätzen zufolge kann eine Erhöhung des Humankapitals auch bei gleich bleibender Technologie zu Produktivitäts-wachstum führen.156

152 Vgl. Dichtl, Erwin; Issing, Ottmar (1994), Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, München, S. 929.

153 Vgl. Döring, Thomas (2004), Räumliche Wissens-Spillovers und regionales Wirtschaftswachs-tum: Stand der Forschung und Wirtschaftspolitische Implikationen, in: Schmollers Jahrbuch – Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 124, S. 99.

154 Vgl. Wright, Theodore (1936), Factors affecting the cost of airplanes, in: Journal of Aeronauti-cal Science, 3(4), S. 122-128.

155 Vgl. Arrow (1962).

156 Vgl. Lucas, Robert (1988), On the Mechanics of Economic Development, in: Journal of Mone-tary Economics, 22(1), S. 3-42; ebenso Barro, Sala-i-Martin (2003), S. 251-266. Sowie Mankiw, Romer, Weil (1992).

Bildung und Ausbildung geschaffen werden kann. Dabei spiegelt sich das Hu-mankapital in allen erworbenen, wirtschaftlich verwertbaren Kenntnissen, Fä-higkeiten und Verhaltensweisen eines Individuums wider, die die Produktivität und damit das Einkommen des Produktionsfaktors Arbeit erhöhen.152 Human-kapital umfasst nur die an bestimmte Individuen gebundenen Fähigkeiten und Kenntnisse, wohingegen Wissen, wie bereits gesehen, auch ungebundene Er-kenntnisse enthält, die beispielsweise in Büchern oder Forschungsberichten zu finden sind.153

In der (Wachstums-) Theorie kann der Einfluss des Humankapitals auf die Produktivitätsentwicklung über drei verschiedene Kanäle erfolgen.

Einen ersten Wirkungskanal stellt das sogenannte Learning by Doing dar.

Demnach erhöht sich das im Humankapital verkörperte Wissen durch Erfahrung, das sich wiederum positiv auf die Produktivität auswirkt. Eine der ersten Arbei-ten zu diesem Thema lieferte Wright (1936) als er die zur Produktion von Flug-zeugen benötigte Arbeitszeit untersuchte. Wright kam zu dem Ergebnis, dass die Arbeitszeit je produziertem Flugzeug mit der Anzahl der produzierten Flugzeuge desselben Typs abnimmt. Dieser Zusammenhang wird häufig grafisch mit Hilfe der sogenannten Lernkurve dargestellt. 154

Einer der ersten formalen Ansätze zum Learning by Doing geht auf Arrow (1962) zurück. Er sieht Lernen ebenfalls als das Ergebnis von Erfahrung an, wo-durch die Produktivität erhöht wird. In diesem Modell von Arrow wird neues Wissen im Zuge von Investitionen und Produktion endeckt. Dieses Wissen steht anschließend als öffentliches Gut allen Unternehmen zur Verfügung.155

Über einen weiteren Wirkungskanal nimmt das Humankapital direkten Ein-fluss auf das Produktivitätsniveau, wie zum Beispiel in den Modellen von Lucas (1988) oder Mankiw, Romer und Weil (1992). Das Humankapital wird als ein weiterer Produktionsfaktor in diesen Modellen integriert und als Alternative zu technischem Fortschritt gesehen. Diesen Ansätzen zufolge kann eine Erhöhung des Humankapitals auch bei gleich bleibender Technologie zu Produktivitäts-wachstum führen.156

152 Vgl. Dichtl, Erwin; Issing, Ottmar (1994), Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, München, S. 929.

153 Vgl. Döring, Thomas (2004), Räumliche Wissens-Spillovers und regionales Wirtschaftswachs-tum: Stand der Forschung und Wirtschaftspolitische Implikationen, in: Schmollers Jahrbuch – Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 124, S. 99.

154 Vgl. Wright, Theodore (1936), Factors affecting the cost of airplanes, in: Journal of Aeronauti-cal Science, 3(4), S. 122-128.

155 Vgl. Arrow (1962).

156 Vgl. Lucas, Robert (1988), On the Mechanics of Economic Development, in: Journal of Mone-tary Economics, 22(1), S. 3-42; ebenso Barro, Sala-i-Martin (2003), S. 251-266. Sowie Mankiw, Romer, Weil (1992).

Im Zwei-Sektoren-Modell von Lucas (1988) wird die Akkumulation der bei-den Kapitalarten Sach- und Humankapital erklärt. In einem Sektor wird Sachka-pital hergestellt, das für konsumtive oder investive Zwecke verwendet wird. Im Bildungssektor wird Humankapital durch Humankapital geschaffen, wobei der Bildungssektor humankapitalintensiver produziert als der Sachgütersektor. Liegt das Verhältnis von Real- zu Humankapital unter seinem langfristigen Gleich-gewicht, dann ist das Humankapital vergleichsweise reichlich vorhanden. Der Grenzertrag des Humankapitals ist dann im Sachgütersektor relativ gering, wes-halb Anreize bestehen das Humankapital im Bildungssektor zu verwenden. Ist hingegen das Humankapital der Engpassfaktor, dann wird es entsprechend weni-ger im Bildungssektor eingesetzt.157 Da das Humankapital die Produktivität der Produktionsfaktoren im Sachgütersektor erhöht, kann das Modell erklären, war-um jene Länder schneller wachsen, in denen Hwar-umankapital reichlicher vorhanden ist. Ebenso erholen sich Länder eher von einer Zerstörung des Sachkapitals (z. B.

durch Krieg) als von einer Vernichtung des Humankapitals.158 Auf diesen Zusam-menhang hatte auch schon die Rekonstruktionstheorie hingewiesen.159

Schließlich ist in diesem Modell das Wachstum des Humankapitals eine zen-trale Größe für das Wirtschaftswachstum der Volkswirtschaft, wohingegen sich das Niveau des Humankapitals auf das Niveau des Outputs der Volkswirtschaft bei gegebener Wachstumsrate auswirkt.160 Die Bildung von Humankapital ist in diesen Ansätzen der Motor des Wirtschaftswachstums.

Im Rahmen eines dritten Wirkungskanals des Humankapitals lassen sich Ansätze finden, in denen das Humankapital indirekt über die Adaption frem-der Technologien sowie über Forschung & Entwicklung und die daraus resul-tierenden Innovationen Einfluss auf die Produktivitätsentwicklung eines Landes nimmt.

Das Modell von Nelson und Phelps aus dem Jahre 1966 gehört noch nicht zu den endogenen Wachstumsmodellen. Gleichwohl dachten die Autoren schon dar-über nach, wie neue Technologien, die die Produktivität und somit das Wachstum eines Landes erhöhen, am besten in einer Volkswirtschaft übernommen werden können. Sie sind der Ansicht, dass der Bestand an Humankapital für die Adap-tion fremder Technologien von entscheidender Bedeutung ist. Demnach sind gut ausgebildetete Arbeitskräfte am Besten dafür geeignet neue Technologien anzu-wenden. Ihren Überlegungen zufolge kann beispielsweise ein gebildeter Farmer besser entscheiden, ob eine Innovation erfolgsversprechend ist als ein ungebilde-ter Farmer. Der gebildete Farmer führt diese Innovation dann als ersungebilde-ter ein. Er hat

157 Vgl. Frenkel/Hemmer (1999), S. 211 f.

158 Vgl. Hemmer/Lorenz (2004), S. 63.

159 Siehe Abschnitt 2.2.

160 Vgl. Frenkel/Hemmer (1999), S. 213.

gegenüber den anderen Farmern einen Wettbewersvorteil und kann die höheren Erträge für sich verbuchen. Im Gegensatz zum Modell von Lucas hat Humanka-pital lediglich dann eine positive Wirkung, wenn sich auch die verwendete Tech-nologie verbessert. Zudem ist hier der Bestand an Humankapital – der Human-kapitalstock – die entscheidende Einflussgröße für das Wirtschaftswachstum.161

Benhabib und Spiegel (1994) erweitern das Modell von Nelson und Phelps.

Dabei gehen die Autoren davon aus, dass mehr Humankapital nicht nur für die Adaption von fremden Technologien notwendig, sondern auch für die Erfindung neuer Technologien von entscheidender Bedeutung ist.162

Schließlich bauen Acemoglu, Aghion und Zilibotti (2002) die vorhandenen Modelle aus und unterscheiden zusätzlich zwischen Bildung im primären, sekun-dären sowie im tertiären Bereich. Dabei treffen sie die Annahme, dass Human-kapital mit vorwiegend primärer und sekundärer Bildung entsprechend gut für den Imitationsprozess – also das Catching-up – geeignet ist. Demgegenüber ist Humankapital mit tertiärer Bildung besonders in jenen Ländern von Nutzen, die sich in der Nähe der technologischen Grenze befinden und somit Innovationen hervorbringen müssen, um weiteres Wirtschaftswachstum zu generieren. Folg-lich sollte ein Land, das sich der weltweiten technologischen Grenze nähert, ver-mehrt in die Schaffung von tertiärem Humankapital investieren.163

Für die vorliegende Untersuchung, in der die Bundesländer eines hoch indust-rialisierten Landes wie der BRD betrachtet werden, bedeutet dies, dass insbeson-dere das tertiäre Humankapital in der empirischen Analyse berücksichtigt wer-den muss. In diesem Zusammenhang muss ebenso überprüft werwer-den, inwieweit das tertiäre Humankapital und die Innovationen eines Bundeslandes miteinander korreliert sind. Schließlich stellt das tertiäre Humankapital auch einen Inputfak-tor im Innovationsprozess dar und könnte somit theoretisch auf zwei Wegen die Produktivität der Bundesländer beeinflussen.164

161 Vgl. Nelson, Richard; Phelps, Edmund (1966), Investment in Humans, Technological Diffu-sion, and Economic Growth, in: American Economic Review, 56(1/2), S. 69-75.

162 Vgl. Benhabib, Jess; Spiegel, Mark (1994), The role of human capital in economic develop-ment. Evidence from aggregate cross-country data, in: Journal of Monetary Economics, 34(2), S. 143-173. Aghion, Philippe (2008), Higher Education and Innovation, in Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 9 Supplement, S.29 f.

163 Vgl. Aghion (2008), S. 33 f.

164 Für eine ausführliche Erläuterung der Problematik der Mulitkollinearität siehe Abschnitt 8.3.

gegenüber den anderen Farmern einen Wettbewersvorteil und kann die höheren Erträge für sich verbuchen. Im Gegensatz zum Modell von Lucas hat Humanka-pital lediglich dann eine positive Wirkung, wenn sich auch die verwendete Tech-nologie verbessert. Zudem ist hier der Bestand an Humankapital – der Human-kapitalstock – die entscheidende Einflussgröße für das Wirtschaftswachstum.161

Benhabib und Spiegel (1994) erweitern das Modell von Nelson und Phelps.

Dabei gehen die Autoren davon aus, dass mehr Humankapital nicht nur für die Adaption von fremden Technologien notwendig, sondern auch für die Erfindung neuer Technologien von entscheidender Bedeutung ist.162

Schließlich bauen Acemoglu, Aghion und Zilibotti (2002) die vorhandenen Modelle aus und unterscheiden zusätzlich zwischen Bildung im primären, sekun-dären sowie im tertiären Bereich. Dabei treffen sie die Annahme, dass Human-kapital mit vorwiegend primärer und sekundärer Bildung entsprechend gut für den Imitationsprozess – also das Catching-up – geeignet ist. Demgegenüber ist Humankapital mit tertiärer Bildung besonders in jenen Ländern von Nutzen, die sich in der Nähe der technologischen Grenze befinden und somit Innovationen hervorbringen müssen, um weiteres Wirtschaftswachstum zu generieren. Folg-lich sollte ein Land, das sich der weltweiten technologischen Grenze nähert, ver-mehrt in die Schaffung von tertiärem Humankapital investieren.163

Für die vorliegende Untersuchung, in der die Bundesländer eines hoch indust-rialisierten Landes wie der BRD betrachtet werden, bedeutet dies, dass insbeson-dere das tertiäre Humankapital in der empirischen Analyse berücksichtigt wer-den muss. In diesem Zusammenhang muss ebenso überprüft werwer-den, inwieweit das tertiäre Humankapital und die Innovationen eines Bundeslandes miteinander korreliert sind. Schließlich stellt das tertiäre Humankapital auch einen Inputfak-tor im Innovationsprozess dar und könnte somit theoretisch auf zwei Wegen die Produktivität der Bundesländer beeinflussen.164

161 Vgl. Nelson, Richard; Phelps, Edmund (1966), Investment in Humans, Technological Diffu-sion, and Economic Growth, in: American Economic Review, 56(1/2), S. 69-75.

162 Vgl. Benhabib, Jess; Spiegel, Mark (1994), The role of human capital in economic develop-ment. Evidence from aggregate cross-country data, in: Journal of Monetary Economics, 34(2), S. 143-173. Aghion, Philippe (2008), Higher Education and Innovation, in Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 9 Supplement, S.29 f.

163 Vgl. Aghion (2008), S. 33 f.

164 Für eine ausführliche Erläuterung der Problematik der Mulitkollinearität siehe Abschnitt 8.3.