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7 Eine empirische Analyse der Determinanten der Produktivität auf

7.3 Reallokation der Ressourcen in den westdeutschen Bundesländern

7.3.1.1 Entwicklung der sektoralen Beschäftigungsstruktur

Für das Jahr 1950 liegen Angaben zu den Erwerbspersonen auf sektoraler Ebene in den Bundesländern vor.283 Insbesondere in Bayern, Niedersachsen und Rhein-land-Pfalz war mit über einem Drittel der Erwerbspersonen ein überdurchschnitt-lich hoher Anteil im primären Sektor beschäftigt, wie die nachstehende Tabelle verdeutlicht.

Demgegenüber wiesen die Stadtstaaten bereits 1950 einen hohen Anteil an Erwerbspersonen im tertiären Sektor auf. Schließlich hatten Nordrhein-Westfa-len und das Saarland mit einem Anteil von 57,2 und 55 Prozent einen besonders starken industriellen Sektor. Diese unterschiedliche Wirtschaftsstruktur zu Be-ginn des Betrachtungszeitraums hat vermutlich einen Einfluss auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Bundesländer ausgeübt.

Ab 1957 liegen Angaben zu den Erwerbstätigen in den drei Sektoren vor. In den Jahren 1957 bis 1959 handelt es sich um Stichtagszahlen und ab 1960 liegen Jahresdurchschnittswerte vor. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Anteil der landwirtschaftlichen Erwerbstätigen an allen Erwerbstätigen in den Bundesländern. Insgesamt ist der Anteil der landwirtschaftlich Erwerbstätigen in den Bundesländern im Zeitablauf gesunken. Die höchsten Anteile an land-wirtschaftlich Erwerbstätigen besaßen die Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und

281 Vgl. Abelshauser (2005), S. 302-309.

282 Vgl. Lindlar (1997), S. 322.

283 Zu den Erwerbspersonen werden neben den Erwerbstätigen auch die Arbeitslosen gezählt.

schwindigkeit des sektoralen Strukturwandels kehrte wieder auf ihren langfris-tigen Trend zurück.281

Ebenfalls ist Lindlar (1997) der Ansicht, dass der sektorale Strukturwandel in der Nachkriegszeit eine allgemeine Trend- sowie eine spezielle Aufholkompo-nente widerspiegelt.282

Dementsprechend hatten vermutlich jene Bundesländer ein höheres Produk-tivitätswachstum, in denen der sektorale Strukturwandel zu einem besonders starken Rückgang des primären Sektors geführt hat. Es stellt sich die Frage, ob die Unterschiede hinsichtlich des Strukturwandels auf sektoraler Ebene in den Bundesländern ihre unterschiedliche Entwicklung der totalen Faktorproduktivi-tät erklären können. In den folgenden Abschnitten wird zunächst die Beschäfti-gungsstruktur und im Anschluss daran die Arbeitsproduktivität in den drei Sek-toren betrachtet. In Abschnitt 7.4.1.3 wird dann der Versuch unternommen, den Einfluss des sektoralen Strukturwandels auf die gesamtwirtschaftliche Arbeits-produktivität abzuschätzen.

7.3.1.1 Entwicklung der sektoralen Beschäftigungsstruktur

Für das Jahr 1950 liegen Angaben zu den Erwerbspersonen auf sektoraler Ebene in den Bundesländern vor.283 Insbesondere in Bayern, Niedersachsen und Rhein-land-Pfalz war mit über einem Drittel der Erwerbspersonen ein überdurchschnitt-lich hoher Anteil im primären Sektor beschäftigt, wie die nachstehende Tabelle verdeutlicht.

Demgegenüber wiesen die Stadtstaaten bereits 1950 einen hohen Anteil an Erwerbspersonen im tertiären Sektor auf. Schließlich hatten Nordrhein-Westfa-len und das Saarland mit einem Anteil von 57,2 und 55 Prozent einen besonders starken industriellen Sektor. Diese unterschiedliche Wirtschaftsstruktur zu Be-ginn des Betrachtungszeitraums hat vermutlich einen Einfluss auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Bundesländer ausgeübt.

Ab 1957 liegen Angaben zu den Erwerbstätigen in den drei Sektoren vor. In den Jahren 1957 bis 1959 handelt es sich um Stichtagszahlen und ab 1960 liegen Jahresdurchschnittswerte vor. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Anteil der landwirtschaftlichen Erwerbstätigen an allen Erwerbstätigen in den Bundesländern. Insgesamt ist der Anteil der landwirtschaftlich Erwerbstätigen in den Bundesländern im Zeitablauf gesunken. Die höchsten Anteile an land-wirtschaftlich Erwerbstätigen besaßen die Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und

281 Vgl. Abelshauser (2005), S. 302-309.

282 Vgl. Lindlar (1997), S. 322.

283 Zu den Erwerbspersonen werden neben den Erwerbstätigen auch die Arbeitslosen gezählt.

Tabelle 34 Anteil der Erwerbspersonen in den drei Sektoren der Bundesländer, 1950 Bundesland Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor

Baden-Württemberg 26,1 44,5 29,4

Quelle: Kommission der europäischen Gemeinschaft (1969), Regionale Entwicklung der landwirt-schaftlichen Erwerbsbevölkerung, Brüssel, S. 42.

Niedersachsen. Im Vergleich zum Ausgangsjahr 1950 hat eine Angleichung in der Erwerbsstruktur hinsichtlich des Erwerbstätigenanteils im primären Sektor zwischen den Bundesländern stattgefunden.

Tabelle 35 Erwerbstätigenanteil im primären Sektor der Bundesländer in Prozent

Jahr BW BA BE HB HH HE NS NRW RP SA SH

Quelle: Siehe Tabelle 92 im Anhang.

Im Jahr 1990 hatte Bayern mit einem Anteil von 5,6 Prozent den größten Anteil an landwirtschaftlichen Erwerbstätigen innerhalb der westdeutschen Bundeslän-der. Hessen besaß nur noch einen Erwerbstätigenanteil von 2,4 Prozent. Die bei-den bereits zu Beginn des Betrachtungszeitraums industriell geprägten Bundes-länder Saarland und Nordrhein-Westfalen hatten 1990 einen Erwerbstätigenanteil von 1,3 und 1,9 Prozent im landwirtschaftlichen Sektor.

Dieser Rückgang der Erwerbstätigkeit im primären Sektor ging bis Mitte der 1960er Jahre einher mit einer Zunahme der Beschäftigung im sekundären Sektor,

Tabelle 36 Erwerbstätigenanteil im sekundären Sektor der Bundesländer in Prozent

Jahr BW BA BE HB HH HE NS NRW RP SA SH

1950 44,5 36,2 43,1 41,5 37,9 39,3 35,7 57,2 36,2 55,0 34,1 1960 52,9 44,8 47,8 40,1 39,1 47,0 43,0 56,4 45,2 57,3 38,2 1970 52,7 43,0 42,0 38,4 35,4 45,6 41,4 52,8 41,3 49,2 33,5 1980 47,8 40,1 33,2 33,3 28,3 38,9 37,0 44,7 39,7 44,9 30,2 1990 43,2 37,4 28,9 29,4 22,9 34,6 32,9 38,6 35,8 39,0 26,9 Quelle: Siehe Tabelle 93 im Anhang.

wie die Tabelle 36 verdeutlicht.284 Zu den Bundesländern mit einem vergleichs-weise starken sekundären Sektor im Betrachtungszeitraum zählten Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Baden-Württemberg und Hessen. Länder mit einem unterdurchschnittlichen Anteil an Erwerbstätigen im produzierenden Gewerbe waren die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin sowie Schleswig-Holstein.

Nach der Theorie von Fourastié wäre das Land Baden-Württemberg Anfang der 1950er Jahre weniger weit entwickelt gewesen als beispielsweise das Saarland.

Das Saarland hat bereits Ende der 1950er Jahre seinen Höhepunkt hinsichtlich des Erwerbstätigenanteils im sekundären Sektor erreicht und ab Ende der 1960er Jahre einen niedrigeren Anteil im sekundären Sektor. Hier wird deutlich, dass Fourastié in seiner Theorie den Außenhandel nicht berücksichtigt hat. Wie be-reits erwähnt, wird durch den Export die inländische Sättigung der Nachfrage verzögert oder gänzlich umgangen. Zudem kann argumentiert werden, dass die unterschiedlichen Güter des sekundären Sektors ebenso unterschiedlich schnell eine Sättigung der Nachfrage erfahren. Demnach kann sich mit der unterschiedli-chen Industriestruktur in den Bundesländern auch der sektorale Strukturwandel unterschiedlich schnell vollziehen. Deshalb kann nicht ohne weiteres aus der Ent-wicklung der Erwerbstätigenzahlen im sekundären Sektor geschlossen werden, dass ein Land (etwa Baden-Württemberg) weniger weit entwickelt ist als ein an-deres Land (etwa das Saarland).

Insgesamt lassen sich die Bundesländer in zwei Gruppen einteilen: Die Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saar-land erreichten bereits Ende der 1950er Jahren ihren Höchststand hinsichtlich des Erwerbstätigenanteils im sekundären Sektor. Die übrigen Länder Baden-Würt-temberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein erreichten die-sen Höchststand erst zur Mitte der 1960er Jahre.285

Schließlich wird die Entwicklung der Erwerbstätigkeit im tertiären Sektor mit in die Betrachtung einbezogen. Der Anteil der Erwerbstätigen im tertiären Sektor

284 Vgl. auch Tabelle 93 im Anhang.

285 Vgl. Tabelle 93 im Anhang.

Tabelle 36 Erwerbstätigenanteil im sekundären Sektor der Bundesländer in Prozent

Jahr BW BA BE HB HH HE NS NRW RP SA SH

1950 44,5 36,2 43,1 41,5 37,9 39,3 35,7 57,2 36,2 55,0 34,1 1960 52,9 44,8 47,8 40,1 39,1 47,0 43,0 56,4 45,2 57,3 38,2 1970 52,7 43,0 42,0 38,4 35,4 45,6 41,4 52,8 41,3 49,2 33,5 1980 47,8 40,1 33,2 33,3 28,3 38,9 37,0 44,7 39,7 44,9 30,2 1990 43,2 37,4 28,9 29,4 22,9 34,6 32,9 38,6 35,8 39,0 26,9 Quelle: Siehe Tabelle 93 im Anhang.

wie die Tabelle 36 verdeutlicht.284 Zu den Bundesländern mit einem vergleichs-weise starken sekundären Sektor im Betrachtungszeitraum zählten Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Baden-Württemberg und Hessen. Länder mit einem unterdurchschnittlichen Anteil an Erwerbstätigen im produzierenden Gewerbe waren die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin sowie Schleswig-Holstein.

Nach der Theorie von Fourastié wäre das Land Baden-Württemberg Anfang der 1950er Jahre weniger weit entwickelt gewesen als beispielsweise das Saarland.

Das Saarland hat bereits Ende der 1950er Jahre seinen Höhepunkt hinsichtlich des Erwerbstätigenanteils im sekundären Sektor erreicht und ab Ende der 1960er Jahre einen niedrigeren Anteil im sekundären Sektor. Hier wird deutlich, dass Fourastié in seiner Theorie den Außenhandel nicht berücksichtigt hat. Wie be-reits erwähnt, wird durch den Export die inländische Sättigung der Nachfrage verzögert oder gänzlich umgangen. Zudem kann argumentiert werden, dass die unterschiedlichen Güter des sekundären Sektors ebenso unterschiedlich schnell eine Sättigung der Nachfrage erfahren. Demnach kann sich mit der unterschiedli-chen Industriestruktur in den Bundesländern auch der sektorale Strukturwandel unterschiedlich schnell vollziehen. Deshalb kann nicht ohne weiteres aus der Ent-wicklung der Erwerbstätigenzahlen im sekundären Sektor geschlossen werden, dass ein Land (etwa Baden-Württemberg) weniger weit entwickelt ist als ein an-deres Land (etwa das Saarland).

Insgesamt lassen sich die Bundesländer in zwei Gruppen einteilen: Die Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saar-land erreichten bereits Ende der 1950er Jahren ihren Höchststand hinsichtlich des Erwerbstätigenanteils im sekundären Sektor. Die übrigen Länder Baden-Würt-temberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein erreichten die-sen Höchststand erst zur Mitte der 1960er Jahre.285

Schließlich wird die Entwicklung der Erwerbstätigkeit im tertiären Sektor mit in die Betrachtung einbezogen. Der Anteil der Erwerbstätigen im tertiären Sektor

284 Vgl. auch Tabelle 93 im Anhang.

285 Vgl. Tabelle 93 im Anhang.

ist im Betrachtungszeitraum in allen Bundesländern tendenziell gestiegen. Zu den Bundesländern mit einem überdurchschnittlich hohen Erwerbstätigenanteil im tertiären Sektor zählten neben den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin auch Schleswig-Holstein. Die niedrigsten Anteile an Erwerbstätigen im tertiären Sektor besaßen die süddeutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern.

Es bleibt weiterhin zu überprüfen, welchen Einfluss der sektorale Struktur-wandel auf die Entwicklung der Produktivitätsniveaus genommen hat. Dabei ist zunächst von Interesse, wie sich die Produktivität der einzelnen Sektoren ent-wickelt hat. War die Produktivität des primären Sektor tatsächlich zwischen 1950 und 1990 in allen Bundesländern geringer als im sekundären und tertiären Sektor?

Tabelle 37 Erwerbstätigenanteil im tertiären Sektor der Bundesländer in Prozent

Jahr BW BA BE HB HH HE NS NRW RP SA SH

1950 29,4 33,3 54,8 54,9 59,6 37,4 33,9 30,9 27,7 29,9 41,4 1960 31,5 33,6 52,2 59,9 59,3 39,0 37,8 36,9 32,7 38,6 45,9 1970 37,8 42,7 57,8 60,7 63,8 46,5 45,9 43,6 45,9 45,5 54,7 1980 46,9 51,0 66,5 66,3 70,8 56,8 54,8 52,9 53,0 52,9 62,6 1990 53,4 57,0 70,7 70,2 76,4 63,0 61,6 59,5 59,1 59,8 68,3 Quelle: Siehe Tabelle 94 im Anhang.

7.3.1.2 Entwicklung der Arbeitsproduktivität in den drei Sektoren