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6 Theoretische Analyse der Determinanten der Produktivität

6.5 Institutionen

6.5.1 Regionale formale Institutionen

Ganz allgemein sind regionale formale Institutionen selten, da es sich bei Ins-titutionen um langfristig angelegte Regeln handelt, die die Transaktionskosten der Marktteilnehmer reduzieren sollen. Wenn eine Institution in einer Region sinnvoll wirkt, dann gibt es keinen Grund, dass diese Institution nicht in der nächsten Region ebenfalls gilt. Ein ganz einfaches Beispiel stellt der

Straßenver-190 Vgl. Blume, Lorenz (2009), Regionale Institutionen und Wachstum, Marburg, S. 34-38.

191 Vgl. Sydow, Jörg (1992), Strategische Netzwerke, Wiesbaden, S. 130.

192 Vgl. Acemoglu/Johnson/Robinson (2005), S. 388 f.; sowie Hemmer/Lorenz (2004), S. 220 f.

Staat kontrolliert und durchgesetzt. Demgegenüber besitzen informelle Regeln eine Selbstdurchsetzungskraft. Die Sanktionen bekämpfen das sogenannte Tritt-brettfahrerproblem, das sich ergibt, wenn ein Abweichen von der Regel einem Individuum kurzfristig einen höheren Ertrag liefert als der Nutzen, der durch die Einhaltung der Regel entsteht.190

Insgesamt haben Institutionen einen positiven Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes, indem sie die Transaktionskosten, die durch Unsicher-heit im Zuge eines Tausches zwischen Marktakteuren entstehen, vermindern. Zu den Transaktionskosten zählen Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Kontroll- sowie Anpassungskosten, die im Rahmen eines Austauschprozesses auftreten.191

Für die vorliegende Untersuchung sind die ökonomischen Institutionen von besonderem Interesse, die beispielsweise die Schaffung und Sicherung der Eigen-tumsrechte, die Durchsetzung von Verträgen oder die Sicherung funktionsfähi-ger Märkte umfassen. Letztere Institutionen beinhalten marktregulierende Ins-titutionen (z.B. Regulierungsbehörden), marktstabilisierende InsIns-titutionen (z.B.

unabhängige Zentralbank, Wechselkursregime) und marktlegitimierende Institu-tionen (z.B. Rentensystem, soziale Sicherung). Sie bieten zum einen Anreize für die Individuen einer Volkswirtschaft überhaupt in Real- sowie Humankapital zu investieren oder neue Technologien zu erfinden und anzuwenden. Zum anderen helfen ökonomische Institutionen Ressourcen auf effiziente Weise zu nutzen. Je-doch kann bis heute keine zufrieden stellende Antwort darauf gegeben werden, wie ökonomische Institutionen entstehen, wie sie sich wandeln und weshalb sie zwischen den Ländern so stark variieren.192

Im Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand – die Bundes-länder – stellt sich die Frage, ob sich formale und informelle Institutionen auf Bundesländerebene überhaupt grundlegend unterscheiden. Zunächst werden die formalen Institutionen der Bundesländer betrachtet.

6.5.1 Regionale formale Institutionen

Ganz allgemein sind regionale formale Institutionen selten, da es sich bei Ins-titutionen um langfristig angelegte Regeln handelt, die die Transaktionskosten der Marktteilnehmer reduzieren sollen. Wenn eine Institution in einer Region sinnvoll wirkt, dann gibt es keinen Grund, dass diese Institution nicht in der nächsten Region ebenfalls gilt. Ein ganz einfaches Beispiel stellt der

Straßenver-190 Vgl. Blume, Lorenz (2009), Regionale Institutionen und Wachstum, Marburg, S. 34-38.

191 Vgl. Sydow, Jörg (1992), Strategische Netzwerke, Wiesbaden, S. 130.

192 Vgl. Acemoglu/Johnson/Robinson (2005), S. 388 f.; sowie Hemmer/Lorenz (2004), S. 220 f.

kehr dar, der in allen Bundesländern auf die gleiche Weise geregelt ist. Darüber hinaus existieren nationale Institutionen, die sich explizit auf die regionale Ebene beziehen.193 Beispielsweise ist der Föderalismus als ein politisches Strukturprin-zip eine Institution, bei der die einzelnen Bundesländer durch die Verfassung gesicherte eigenständige und nicht beschränkbare Kompetenzbereiche besitzen und sich institutionell und verfassungsmäßig an der Bildung des Bundeswillens beteiligen.194 Dementsprechend hat jedes Land eine eigene Landesverfassung, die ebenso die Kommunalverfassungen (Gemeindeordnungen) der Bundesländer re-geln. Im Betrachtungszeitraum konnten vier Arten von Kommunalverfassungen unterschieden werden:

1. Norddeutsche Ratsverfassung (in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) 2. Magistratsverfassung (in Hessen, Bremerhaven, in den Städten

Schleswig-Holsteins und Rheinland-Pfalz)

3. Bürgermeisterverfassung (in Rheinland-Pfalz, Saarland und in kleineren Ge-meinden Schleswig-Holsteins)

4. Süddeutsche Ratsverfassung (in Baden-Württemberg und Bayern).

Die bedeutendsten Unterschiede der Kommunalverfassungen waren Gegenstand der Kommunalverfassungsreform in den 1990er Jahren, bei der es tendenziell zu einer Angleichung hin zur Süddeutschen Ratsverfassung gekommen ist. Die wichtigsten Unterschiede der Kommunalverfassungen im Betrachtungszeitraum lagen in der Möglichkeit zur Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten, zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, zu kummulieren und panaschieren so-wie zur Fünfprozentklausel.195

Eine ökonomisch sinnvolle Beurteilung der einzelnen Regelungen der ver-schiedenen Kommunalverfassungen bezüglich ihrer Wirkung auf die Produkti-vität ist nicht möglich. Deshalb werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit die einzelnen Kommunalverfassungen als ein fester Bestandteil der Bundesländer im Betrachtungszeitraum angesehen.

Darüber hinaus besteht die Gesetzgebung der Länder als formale Institution im Wesentlichen aus den Bereichen Organisation (einschließlich Kommunalwe-sen), Kultur (SchulweKommunalwe-sen), Sicherheit und Ordnung (PolizeiweKommunalwe-sen), Rundfunk-recht und schließlich die Ausgestaltung der bundesgesetzlichen Rahmenvorga-ben. Letzteres umfasst hauptsächlich das Wasserrecht, den Landschaftsschutz und die Landesplanung.196

193 Vgl. Blume (2009), S. 52-65.

194 Vgl. Andersen, Uwe (1997), Bundessstaat/Föderalismus, in: Andersen/Woyke (Hrsg.), Hand-wörterbuch des politischen Systems, Opladen, S. 75-82.

195 Vgl. Blume (2009), S. 143-146.

196 Vgl. Ritter, Ernst-Hasso (1999), Zur Entwicklung der Landespolitik, in: Ellwein/Holtmann (Hrsg.), 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland: Rahmenbedingungen, Entwicklungen, Per-Rahmenbedingungen, Entwicklungen, Per-spektiven, Opladen, S. 347.

Für diese Arbeit ist insbesondere der Bereich des Bildungswesens von Bedeu-tung. Dabei kann das Bildungswesen wiederum in den Schulbereich und Hoch-schulbereich unterteilt werden. Der Schulbereich im Rahmen Kulturhoheit ist die sogenannte Urkompetenz der Bundesländer. Die Länder können ihr Schulwesen mehr oder weniger frei bestimmen, während im Hochschulwesen auch der Bund Einfluss nimmt. Die Länder müssen lediglich die Artikel 7 und 6 Abs. 2 GG beachten, die die Bestimmungen zur staatlichen Schulaufsicht, zum Religions-unterricht, zur Privatschulfreiheit sowie den Vorrang der Eltern bei der Pflege und Erziehung der Kinder umfassen. Der Gestaltungsspielraum der Bundeslän-der ist somit groß, weshalb sich die LänBundeslän-der hinsichtlich Bundeslän-der Schulstruktur, Bundeslän-der pä-dagogischen Grundausrichtung sowie der Schulausgaben unterscheiden. Ein ver-bindendes Element stellt jedoch die Kultusministerkonferenz (KMK, gegründet 1948) dar, die den unterschiedlichen Schulsystemen einen gemeinsamen Rahmen gibt. Hier werden die Anerkennung von Abschlüssen, bestimmte Unterrichtsthe-men, Beginn und Dauer der Schulpflicht, Notenbezeichnung und Feriendauer und -zeitpunkt koordiniert. Darüber hinaus wird die Vielfalt der Schulsysteme durch die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel der Bundesländer beschränkt.197

Das Hochschulwesen als weiterer Teil der Kulturhoheit der Länder steht grundsätzlich unter der Zuständigkeit der Bundesländer, jedoch besteht hier auf-grund der bundesweiten Bedeutung dieses Bildungsbereichs ein erhöhter Koor-dinationsbedarf. Schließlich soll die Mobilität der Hochschulabsolventen durch einheitliche Bildungsstandards erleichtert werden. Seit 1969 hatte der Bund auch bei der Finanzierung des Hochschulsektors sowie in der Rahmengesetzgebungs-kompetenz ein Mitspracherecht, da die Nachfrage nach Studienplätzen damals stark angestiegen war, die Länder aber nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügten. Dabei legt das Hochschulrahmengesetz die Grundstrukturen für das Hochschulwesen in der BRD fest.198

Die hier vorgestellten Unterschiede im Bildungswesen können zwar auf die je-weiligen regionalen Institutionen zurückgeführt werden, das Humankapital und das Bildungswesen sowie deren Einfluss auf die Produktivität der Bundesländer werden aber im Rahmen von Abschnitt 7.2 zum Humankapital untersucht. Die Ergebnisse, die sich aus dem Einfluss des Humankapitals auf die Produktivität der Bundesländer ergeben, können vermutlich auch teilweise auf die unterschied-lichen formalen Institutionen – das Bildungssystem – zurückgeführt werden.

Ferner lassen sich weitere Gesetze im Rahmen der konkurrierenden Gesetzge-bung Art. 74 GG finden, die in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen, soweit

197 Vgl. Wolf, Frieder (2008), Die Schulpolitik – Kernbestand der Kulturhoheit; in: Hildebrand/

Wolf (Hrsg.), Die Politik der Länder, Wiesbaden, S. 21 ff.

198 Vgl. Lanzendorf, Ute; Pasternack, Peer (2008), Landeshochschulpolitiken, in: Hildebrand/

Wolf (Hrsg.), Die Politik der Länder, Wiesbaden, S. 43-50.

Für diese Arbeit ist insbesondere der Bereich des Bildungswesens von Bedeu-tung. Dabei kann das Bildungswesen wiederum in den Schulbereich und Hoch-schulbereich unterteilt werden. Der Schulbereich im Rahmen Kulturhoheit ist die sogenannte Urkompetenz der Bundesländer. Die Länder können ihr Schulwesen mehr oder weniger frei bestimmen, während im Hochschulwesen auch der Bund Einfluss nimmt. Die Länder müssen lediglich die Artikel 7 und 6 Abs. 2 GG beachten, die die Bestimmungen zur staatlichen Schulaufsicht, zum Religions-unterricht, zur Privatschulfreiheit sowie den Vorrang der Eltern bei der Pflege und Erziehung der Kinder umfassen. Der Gestaltungsspielraum der Bundeslän-der ist somit groß, weshalb sich die LänBundeslän-der hinsichtlich Bundeslän-der Schulstruktur, Bundeslän-der pä-dagogischen Grundausrichtung sowie der Schulausgaben unterscheiden. Ein ver-bindendes Element stellt jedoch die Kultusministerkonferenz (KMK, gegründet 1948) dar, die den unterschiedlichen Schulsystemen einen gemeinsamen Rahmen gibt. Hier werden die Anerkennung von Abschlüssen, bestimmte Unterrichtsthe-men, Beginn und Dauer der Schulpflicht, Notenbezeichnung und Feriendauer und -zeitpunkt koordiniert. Darüber hinaus wird die Vielfalt der Schulsysteme durch die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel der Bundesländer beschränkt.197

Das Hochschulwesen als weiterer Teil der Kulturhoheit der Länder steht grundsätzlich unter der Zuständigkeit der Bundesländer, jedoch besteht hier auf-grund der bundesweiten Bedeutung dieses Bildungsbereichs ein erhöhter Koor-dinationsbedarf. Schließlich soll die Mobilität der Hochschulabsolventen durch einheitliche Bildungsstandards erleichtert werden. Seit 1969 hatte der Bund auch bei der Finanzierung des Hochschulsektors sowie in der Rahmengesetzgebungs-kompetenz ein Mitspracherecht, da die Nachfrage nach Studienplätzen damals stark angestiegen war, die Länder aber nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügten. Dabei legt das Hochschulrahmengesetz die Grundstrukturen für das Hochschulwesen in der BRD fest.198

Die hier vorgestellten Unterschiede im Bildungswesen können zwar auf die je-weiligen regionalen Institutionen zurückgeführt werden, das Humankapital und das Bildungswesen sowie deren Einfluss auf die Produktivität der Bundesländer werden aber im Rahmen von Abschnitt 7.2 zum Humankapital untersucht. Die Ergebnisse, die sich aus dem Einfluss des Humankapitals auf die Produktivität der Bundesländer ergeben, können vermutlich auch teilweise auf die unterschied-lichen formalen Institutionen – das Bildungssystem – zurückgeführt werden.

Ferner lassen sich weitere Gesetze im Rahmen der konkurrierenden Gesetzge-bung Art. 74 GG finden, die in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen, soweit

197 Vgl. Wolf, Frieder (2008), Die Schulpolitik – Kernbestand der Kulturhoheit; in: Hildebrand/

Wolf (Hrsg.), Die Politik der Länder, Wiesbaden, S. 21 ff.

198 Vgl. Lanzendorf, Ute; Pasternack, Peer (2008), Landeshochschulpolitiken, in: Hildebrand/

Wolf (Hrsg.), Die Politik der Länder, Wiesbaden, S. 43-50.

vom Bund keine Gesetze zu diesen Bereichen erlassen wurden. Es bleibt jedoch die Frage bestehen, in welchen Bereichen sich die Landesgesetze fundamental unterscheiden. Ritter (1999) schreibt hierzu:

„Die Chance der Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eigene Regelungen treffen zu können, blieb ganz überwiegend theoretisch.“199

Insbesondere der Artikel 72 Abs. 2 GG bietet dem Bund ein weitreichendes Ein-griffsrecht in die Gesetzgebungszuständigkeit.

„Der Bund hat in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder der Wahrung der Rechts- und Wirt-schaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.“

Demnach unterscheiden sich die regionalen formalen Institutionen – abgesehen vom Bildungsbereich – nicht entscheidend zwischen den westdeutschen Bundes-ländern. Aus diesem Grund werden sie nicht explizit, d.h. mit Hilfe eigener er-klärender Variablen, im empirischen Teil dieser Untersuchung berücksichtigt.

Mögliche verbleibende Unterschiede, die von den formalen Institutionen verur-sacht werden, werden nichtsdestotrotz immer bei Hinzunahme von sogenannten fixen Effekten in der Regressionsanalyse berücksichtigt. Die Regressionsanalyse unterliegt somit auf keinen Fall einer Verzerrung aufgrund ausgelassener Variab-len (omitted variable bias).200