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Porta Westfalica, Denkmal der Provinz Westfalen für Kaiser Wilhelm I., 1890-1896

In dem Aufsatz "Die Errichtung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf der Porta Westfalica"366 von Günter Engelbert wurde die Entstehung des Denkmals vor allem aus der Sicht des

Historikers dargestellt. Laumann-Kleineberg rundete mit ihrer bereits erwähnten Arbeit das Bild ab, indem sie besonders die "Auswirkungen öffentlicher politischer Auseinandersetzungen im Vorfeld einer Denkmalserrichtung und die Auswirkung administrativer und finanzpolitischer Direktiven auf das Werk eines Künstlers" untersuchte.367 Ich möchte unter Verweis auf diese beiden Arbeiten nur eine kurze Zusammenfassung der Denkmalgeschichte erstellen und das Denkmal durch eine Beschreibung charakterisieren, um die Änderungen, die die Ausführung mit sich brachte, nachvollziehbar zu machen. Des weiteren sollen einige bei Engelbert und Laumann-Kleineberg zitierte Äußerungen des Architekten angeführt werden, die manchen Hinweis auf künstlerische und auch auf allgemeine Vorstellungen des Architekten Bruno Schmitz geben können. Auch in der Provinz Westfalen konkurrierten verschiedene Initiativen, den Standort für das Kaiser Wilhelm-Denkmal in ihrem (meist lokalpatriotischen Sinne) festle­

gen zu können. Die erste Anregung wurde für Dortmund festgestellt, der Mindener Vorschlag

364Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., 11. Band, LeipzigAVien 1905, S. 660f., s.v. Kriegerverein 363Karl Kimmnich: Stil und Stilvergleichung. Kurzgefaßte Stülehre für Laien, Kunst- und Gewerbebeflissene, Ravensburg 1899 (3. Aufl. 1903), Farbtafel nach S. 88

366Günther Engelbert: Die Errichtung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf der Porta Westfalica, in: Westfalen.

Hefte für Geschichte, Kunst und Volkskunde, 1973, 51. Band. S. 332-345: weiterhin zitiert als: Engelbert 1973

367 Antje Laumann-Kleineberg: Denkmäler des 19. Jahrhunderts im Widerstreit. Drei Fallstudien zur

Diskussion zwischen Auftraggebern, Planern und öffentlichen Kritikern, Frankfurt a.M./Bern/New York/Paris 1989, S. 220-266 (=Europäische Hochschulschriften, Reihe 28, Kunstgeschichte, Bd. 82): weiterhin zitiert als: Laumann-Kleineberg 1989

für die Porta Westfalica folgte jedoch bald darauf, im April 1888.368 Dem Provinziallandtag la­

gen schließlich am 15. März 1889 elf Möglichkeiten zur Wahl vor. Immer noch war außerdem die Frage offen, ob Westfalen gemeinsam mit Hannover ein Denkmal errichten solle. Die Abstimmung ergab schließlich, daß die Provinz Westfalen ohne Hannover das Denkmal auf ei­

nem der Porta-Berge bauen wollte. Im Juni 1889 legte man den Wittekindsberg als Standort fest, im Februar 1890 wurde der Wettbewerb ausgeschrieben. Als allgemeine Bedingung be­

stimmte man, "dass das Denkmal ein wesentlich architektonisches sein soll, das dem land­

schaftlichen Charakter sich anpasst, den Gedanken eines Kaiser-Denkmals schon aus der Feme erkennen lässt und ein Bildniss des Kaisers enthält."369 Zwar lag die Preissumme von 5.000 Mark wesentlich niedriger (zwei erste Preise zu 1.500 und zwei zweite zu 1.000 Mark) als etwa beim Kyffhäuser (13.000 M) oder dem Denkmal der Rheinprovinz (12.000 M), doch die Beteiligung war eine sehr viel größere. Hatten sich bei den Denkmälern für Kyffhäuser und Rheinprovinz nur jeweils 24 Bewerber beteiligt, so waren es hier 58 entwerfende Künstler, die ihre Entwürfe bis zum Termin am 1. Juli 1890 eingereicht hatten. In der Jury befand sich neben

"vier Bauinspektoren und vier Herren aus staatlichen Verwaltungsgremien" nur ein bildender Künstler.370 Die ersten Preise erhielten Bmno Schmitz und die Architektengemeinschaft Reuter

& Fischer, die zweiten Preise gingen an Neckelmann und an Stier.

Für dieses Denkmal (Abb. 184-187) hatte Bmno Schmitz eine große Baldachin-Halle vorgese­

hen, die sich mit ihrer Treppenanlage über einer großen halbmnden Terrasse erhob. In der Halle, die von einer dreiflügeligen Pfeilerstellung eingefaßt war, stand auf einem Sockel das Standbild des Kaisers, der in der leicht erhobenen Rechten ein Schwert hielt. Die hektagonale Halle ruhte mit ihrer hinteren Hälfte auf einer rechteckigen, durch die Pfeiler-Pergola eingefaß­

ten Fläche, ihre vordere Hälfte ruhte auf einer halbkreisförmigen Ausbuchtung; die glatten Pfeiler der Halle ruhten auf Sockeln, welche durch die ansteigende kreisrunden Treppe über­

schnitten wurden. Am Fuß der Treppe lief ein kleines Podest um den Baldachin, das an der Vorderseite einen mauerbewehrten Umgang bildete. Dieser Umgang mhte auf einem großen Halbzylinder, dessen Rundung sich zwei Treppenläufe mit jeweils zwei Absätzen anschmieg­

ten, die auf einem breiten mittleren Absatz endeten, an dessen gebogener Rückwand der Ar­

chitekt ein Schmuckfeld mit Reliefzier vorgesehen hatte, in dessen Mitte zwei Figuren einen Schild hielten. Vor diesem Absatz befand sich eine weitere Treppe, deren Stufen seitlich durch ein Postament mit darauf mhendem Löwen eingefaßt wurden. Die Außenseiten der großen ge­

bogenen Treppenwände waren mit nur leicht geglätteten großen Steinbrocken aufgemauert, die Mauern unterhalb der "Pergola" (wie Schmitz die Pfeilerstellung nannte) waren ähnlich gestaltet und schienen direkt aus dem in unterschiedlicher Höhe an sie stoßenden Felsen zu wachsen.

368Engelbert 1973, S. 323

369DBZ, 24. Jg„ Berlin 1890, S. 481 370Laumann-Klemeberg 1989, S. 239

Die Ecken der "Pergola" waren durch zinnenbewehrte Ecktiirmchen betont, die über dem Zinnenkranz durch ein Kegeldach auf rundem Unterbau betont wurden.

Die glatten, sich nach oben verjüngenden Pfeiler der Halle trugen über einem kleinen Dreieck einen Wappenschild mit Helm. Auf den Pfeilern ruhten Rundbögen, die nur durch ein kurzes Wandstück von einem umlaufenden Konsolfries getrennt waren. Über diesem Fries erhob sich der sechseckige Zinnenkranz, an den Ecken durch Löwenkopf-Akrotere betont. Auf zwei Wülsten fußend ruhte das glatte Kegeldach auf, das im oberen Abschluß ebenfalls Wülste auf­

wies, auf denen ein Kranz von sechs glatten Zinnen als Schlußstein lag. Auf diesem Schluß­

stein ragte als Erkennungszeichen des kaiserlichen Monuments eine steinerne Kaiserkrone, getragen von vier Adlern, in die Luft. Die Verwendung der Krone als Signet in einer Reihe von Entwürfen wurde durch die "Deutsche Bauzeitung" kritisiert: "Die Mehrzahl der Bewerber hat zur Erfüllung der Forderung, dass das Denkmal schon aus der Feme als Kaiser-Denkmal zu erkennen sei, zu diesem, nachgerade verbrauchten Hilfsmittel gegriffen."371 In der Be­

sprechung des Wettbewerbs, aus der auch das voranstehende Zitat stammt, wird auch allgemein auf die Verwendung des Hallen- oder Baldachinmotivs eingegangen und es wird darauf

verwiesen, daß es eine nicht gerade eben neu zu nennende Idee sei: "Der Gedanke, für ein Kaiser-Denkmal eine solche Halle zu wählen, ist nicht neu; Wallot hat ihn seiner Zeit für das Denkmal auf dem Niederwald durchgebildet; am reifsten wohl hat ihn Eggert für das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Berlin, leider ohne Anerkennung, bearbeitet, auch sonst ist er vielfach bei ähnlichen Bewerbungen aufgetreten, ohne je zu durchschlagendem Erfolg gelangt zu sein.

Schmitz hat es verstanden, ihn diesmal zum Siege zu verhelfen durch eine großartige Massen- haftigkeit, die, der steil anlaufenden Kegellinie des Berges sich anschließend, gewissermaaßen als architektonisch gegliedertes Felsstück die Berghöhe weniger krönt als abschließt. Der Zwiespalt, welcher in der nothwendigen Breiten-Ausdehnung einer Halle im Gegensatz zur wünschenswerthen Höhen. Entwickelung eines Bergdenkmals nun einmal liegt, ist auch von Schmitz nicht ganz überwunden, zumal die Umrisslinie des Entwurfs ziemlich stumpf und uninteressant verläuft. Wie die Mehrzahl der vielen Denkmals-Entwürfe des hochbegabten Verfassers, zeigt auch dieser einen mit großem Geschick behandelten, aber von allen nationalen Beziehungen losgelösten Stil, der, fast international, beinahe auf jeden Boden passt. Und doch hätten gerade im vorliegenden Fall Platz und Aufgabe eine entschiedene Betonung erstgenannter Beziehungen wünschenswert gemacht. Für eine anziehende Ausbildung im Einzelnen ist fast nichts geschehen, sie ist nur auf Fernwirkung berechnet; die Pfeiler bilden ungegliederte Massen von 7 m Höhe und 4 m Breite, die Zinnen Klötze von 4 m zu 3 m Größe ohne irgend ein Profil; andere Motive, wie die rückwärtige Mauer mit ihren Pfeilern und Endigungen, sind aus früheren Arbeiten des Verfassers sattsam bekannt.

37!DBZ, 24. Jg., Berlin 1890, S. 481

Das Kolossalbild des Kaisers wird aus der Feme für die meisten Ansichten von den umstehen­

den Pfeilern störend zerschnitten werden, während die Betrachtung eines so mächtigen, an die Cäsaren-Schöpfungen Roms erinnernden Bildwerks aus der Nähe weder in der Halle selbst, noch auf den umliegenden Terrassen ein genügender Standpunkt sich biete. Kurz, das Denkmal an sich, so großartig der Grundgedanke aufgefasst ist, ist einstweilen noch eine rudis indigetta moles, deren Durchbildung dem Talente von Schmitz ja zweifellos gelingen wird, die aber sol­

che Durchbildung auch durchaus verlangt, um genießbar zu werden. Freilich werden dann in bezug des Kostenpunktes die Grenzen erheblich weiter gesteckt werden müssen als bis jetzt.

Die mehr als geniale Weise, mit welcher Schmitz in seinen Erläuterungen und sogenanntem Kosten-Ueberschlage diese Seite der Frage einstweilen behandelt hat, wirkt teils imponierend, teils verblüffend. Für die Ausführung des Entwurfs ist schon jetzt von einer Million die Rede;

wahrscheinlich wird der endgültige Betrag das Doppelte der in Aussicht gestellten Summe, 1.200.000 M., erreichen. Das Mittel, welches die Preisrichter vorgeschlagen haben sollen, (eine Veröffentlichung ihres Gutachtens ist u.W. bisher nicht erfolgt), den Entwurf nämlich zu verkleinern, muss durchaus zurückgewiesen werden. Es würde der Arbeit dasjenige nehmen, worauf ihr Werth vornehmlich beruht - ihre Massenhaftigkeit."372 Der hier erfolgte Hinweis auf schon in früheren Wettbewerben eingereichte Kaiser-Hallen ist sicherlich richtig, und Schmitz dürfte wohl die entsprechenden Veröffentlichungen auch gekannt haben. Wenn er sich durch Entwürfe anderer Architekten hat anregen lassen, so dürfte er diese Anregungen sicher­

lich auch schon in seinem Entwurf für das Denkmal auf der Rheininsel Nonnenwerth (s.o.), an den ich hier erinnern möchte, verarbeitet haben.

An dieser Stelle möchte ich den Erläuterungsbericht, den Bruno Schmitz seinem Entwurf beige­

geben hat, vollständig zitieren, um die Anschauungen des Architekten gegen die vorgebrachte Kritik zu stellen, wohl wissend, daß er seine Erläuterung vor der Kritik verfaßt hat; das aus­

führliche Zitat ist meines Erachtens außerdem dadurch begründet, daß diese Darstellung seiner Position bei den bisherigen Erörterungen des Denkmals und seiner Geschichte nicht berück­

sichtigt wurde: "Das Preisausschreiben, mit welchem der westfälische Provinziallandtag seinerzeit die deutschen Architekten und Bildhauer zur Einreichung von Entwürfen zu einem Denkmal für weiland S. Majestät den Kaiser Wilhelm I. an der Porta Westfalica aufforderte, verlangte an erster Stelle, dass dem auf der Höhe des weithin sichtbaren Wittekindberges zu errichtenden Monumente eine im wesentlichen architektonische Ausgestaltung gegeben werde, derart, dass seine Erscheinung dem landschaftlichen Charakter sich anpasst und zugleich den

372DBZ, 24. Jg., Berlin 1890, S. 341. Der hier gezogene Vergleich mit dem Eggertschen Entwurf für das Berliner Denkmal könnte ein Hinweis darauf sein, was der Gutachter Persius meinte, als er davon sprach, daß das Denkmal "im Berliner Nationaldenkmal seine Vorläufer hat" (Laumann-Kleineberg 1989, S. 242). Laumann- Kleineberg bezieht diese Äußerung Persius' nur auf den Schmitzschen Entwurf und kann (zurecht) keine Übereinstimmung erkennen. Da aber Persius im Plural von >den Vorläufern< spricht, kann man wohl einen größeren Kreis von Denkmälern als Vergleich heranziehen.

Gedanken des Kaiserdenkmales schon aus der Feme erkennen läßt. Und in der That haben die Erfahrungen, die man in neuerer Zeit mit sogenannten Bergdenkmälem - es braucht hier nur auf die Germania am Niederwald und das Hermannsdenkmal des Teutoburger Waldes hingewiesen zu werden - gemacht hat, wohl beweisen, dass mit einem plastischen Kunstwerk allein, auch selbst bei kolossalsten Abmessungen, eine der Bedeutung solcher Monumente nach allen Seiten hin entsprechende Wirkung einer gewaltigen Natur gegenüber nicht zu erreichen ist, und solche Bildwerke, von der Feme oder von der Ebene aus gesehen, nur zu sehr als gegen die Natur verschwindende, kaum definierbare Umrissbilder wirken.

Wenn es demnach mit Bezug auf unsem Fall, das Denkmal resp. das Bauwerk in Verbindung mit einem Bilde des hochseligen Kaisers zu bringen, zunächst ratsam erscheinen musste, die­

sem doch immer als Kernpunkt der Anlage aufzufassenden Standbilde keine zu exponierte Stellung zu geben, so war bei einer doch vorwiegend architektonischen Auffassung auf der an­

dern Seite der Wettstreit, den die Baumassen dabei mit der an eine gewisse beschränkte Grösse gebundenen Hauptfigur eingehen müssn, ein nicht minder gefährlicher. Auch hat hier eins das andre zu bedingen; das Standbild darf ebensowenig ohne organischen Zusammenhang mit dem Bauwerke stehen, wie letzteres nicht etwa nur nebensächlich als blosser Schutzbau des ersteren sich zu geben hat.

Der Entwurf hat versucht, allen diesen Schwierigkeiten in passender Weise zu begegnen, sie zu heben, und die Bedingungen des Ausschreibens zu erfüllen. Dem Charakter als Kaiserdenkmal entspricht die bevorzugte Stellung, die der in entsprechender Grösse gehaltenen Statue des Herrschers als dem zugleich alleinigen selbständigen plastischen Gebilde der ganzen Denk­

malsanlage in deren Zentrum eingeräumt ist, und tritt für die Femwirkung das Kaiserbild, ohne deshalb etwa unsichtbar zu sein, auch zurück gegen den Umriss des Ganzen, so lässt doch die Gesamtanlage, auch von der Feme gesehen, nicht nur auf einen geheiligten Mittelpunkt schliessen, sondern wird - mit ihrem gewaltigen Hallenmotiv und ihren Unterbauten und Terrassen eine der Linienführung des Berges in sicherem Zuge sich anschliessende und diesen berherrschende, wirksame Masse bildend - in ihrer Eigenart weithin sichtbar und leicht ver­

ständlich als kaiserliches Denkmal geben.

Für die Betrachtung aus der Nähe ist alles Störende, was Blick und Sinn ablenken könnte, vermieden - man ist hier mit seinem Kaiser allein, und die mächtige Figur tritt unter dem schüt­

zenden Kuppelgewölbe, umrahmt von den machtvollen Rundbögen der Halle, ganz allein in Wirkung. Und zu dieser Betrachtung bieten sich die Standpunkte auf der halbkreisförmigen, 5 m breiten, doch beliebig verbreiterungsfähigen Vorterrasse, wie in der an 15 m haltenden Halle selbst; die Pfeiler des Gewölbes können bei einer in der Sehlinie betrachteten so geringen Breite von 1,80-2 m gegenüber einer so bedeutenden Öffnungsweite der Bögen von 9 m und die durch die Umrahmung erreichten Vorzüge der gewählten Aufstellung unter einem architek­

tonischen Aufbau keine Handhabe bieten zu einem Einwand gegen diese selbst. Auch bei der

angenommenen Höhe über der Ebene, inmitten einer weiten, freien Natur und bei dem Mangel jeglichen Vergleiches von selbst alles schon viel kleiner erschienen, als etwa innerhalb der

städtischen Grenzmauem.

Aus allen diesen Vorbedingungen der Aufgabe der Schaffung eines Bergdenkmals heraus hat der Entwurf die erforderten Massen und Linien des Monuments zu finden und, ohne in Stil­

kopieren zu verfallen, zugleich in bewusster Einschränkung dessen Ausgestaltung im ein­

zelnen, dem Denmalscharakter entsprechend, in allgemein verständlicher, klarer und einfacher, dem deutschen Empfinden getreuer Weise zu geben angestrebt, um so am Eingang ins wackre Westfalenland und als Zeichen alter westfälischer Treue zugleich einen Denkstein des neuen Geistes aufzurichten."373

Der Schmitzsche Entwurf wurde dem Provinziallandtag zur Ausführung empfohlen, welcher auch am 28. Oktober 1890 die Ausführung beschloss, allerdings unter der Bedingung, daß der Entwurf in der Größe um ein Drittel zu reduzieren sei374, da ansonsten die zur Verfügung ste­

hende Bausumme nicht ausreichte. Darin war gleichzeitig die Kritik enthalten, daß Bruno Schmitz sich nicht an die vorgesehene Bausumme gehalten habe. Dieser Beschluß wurde durch die "Deutsche Bauzeitung", die ansonsten mit kritischer Bewertung des Schmitzschen

Entwurfs nicht zurückhielt, als verfehlt abgelehnt.375 Im November teilte man Bruno Schmitz mit, daß eine Berechnung der Bauabteilung ergeben habe, daß eine Kostensteigerung von 600.000 auf etwa 1.200.000 Mark zu erwarten sei, und daß er daher den Entwurf zu reduzieren habe. Schmitz wies das Ansinnen zurück und forderte die Einrichtung einer Schieds­

kommission, welche allerdings vom Landtag in Münster abgelehnt wurde. Als Schlichter dieser Angelegenheit wurde der Berliner "Konservator der Kunstdenkmäler" Persius eingesetzt, der auch als Jurymitglied bei der Bewertung der Auswahl entscheidend mitgewirkt hatte. Im Februar schickte Persius sein Gutachten an den Landtag und im Oktober 1891 reichte Bruno Schmitz einen abgeänderten Entwurf ein. Hier sollten folgende Maßnahmen kostensenkend wirken: "die ganze Anlage sollte 10 m rückwärts gegen den Berg verschoben und die untere Ringterrasse um 4 m gesenkt werden; dadurch konnten die Futtermauem beider Terrassen niedriger ausfallen. Die augenfälligste Veränderung war die Ersetzung des rückwärtigen Pergolaumgangs durch eine einfache Zinnen wehr."376 Nun sollten die Kosten 500.000 Mark nicht mehr überschreiten. Bei dem Berliner Bildhauer Cuno von Uechtritz wurde ein Modell dieses Zustandes in Auftrag gegeben, das in Münster oder Minden aufgestellt werden sollte.

Dieses Modell besichtigte ungefähr ein Jahr später, am 13. Februar 1893, Kaiser Wilhelm II.

im Atelier von Schmitz in Anwesenheit des Bildhauers Caspar von Zumbusch. Der Kaiser war

373Architektonische Rundschau, 7. Jg., Stuttgart 1891, 4. Heft, Textteil 37Engelbert 1973, S. 334

375DBZ, 24. Jg., Berlin 1890, S. 482 376Laumann-Kleineberg 1989. S. 253

mit der Architektur zufrieden, kritisierte jedoch aufgrund von Skizzen die Figur des Denkmals als zu ideal.

Mit den Bauarbeiten konnte schließlich 1892 begonnen werden.377 Im Verlauf der Arbeiten versuchte Bruno Schmitz, der bekanntlich seine Entwürfe auch während der Ausführung weiter bearbeitete, eine Veränderung in der Kuppelarchitektur zu bewirken. Dieser Änderungswunsch des Entwerfers und seine beharrliche Ablehnung durch den Bauherren sorgten für eine perma­

nente Auseinandersetzung zwischen dem Architekten und der Provinzialverwaltung, die uns in den Stand versetzt, wenigstens einige Hinweise auf die Vorstellungen des Bruno Schmitz sei­

nen eigenen Worten entnehmen zu können. Die zweite Auseinandersetzung, die Künstler und Auftraggeber führten, war nicht in erster Linie auf eine Form des Denkmals bezogen, sondern auf einen inhaltlichen Bestandteil: die Inschrift auf dem Unterbau.

Schon im April 1893 ergaben sich die ersten Schwierigkeiten, als Schmitz, abweichend vom Entwurf, eine >Doppel-Kuppelanlage< für das Denkmal schaffen wollte. Mit dieser beabsich­

tigte er einerseits, ein höheres Gewölbe über der Kaiserfigur zu bauen, damit die Figur nicht durch ein dunkles Gewölbe optisch bedrängt würde. Andererseits wollte Bruno Schmitz das im Plan bestehende Gewölbe der Baldachinhalle, das man sich als sechsteiliges gebustes Kreuz­

gratgewölbe vorzustellen hat, mit einer kreisförmigen Öffnung versehen, nicht nur um mehr Licht in den Baldachin zu bekommen, sondern die Öffnung sollte den Blick freigeben auf ein zweites Gewölbefeld, das mit Mosaik geschmückt werden sollte. Nach Ansicht des Architekten würde dies eine große Verbesserung der Halle bedeuten, denn es würde das "bei der Be­

trachtung der Kaiserfigur zur Geltung gelangende Innere um ein malerisches Motiv bereichert, indem das früher diese Figur zu sehr drückende Gewölbe in großem Kreisausschnitt

durchbrochen wird, um auf ein höher liegendes direct im Kegeldach angebrachtes gold- und farbenschillemdes Gewölbemosaik einen Durchblick zu gestatten; die Kegelfläche desselben wird von einem tiefer gelegenen bei der Betrachtung des Inneren nicht sichtbaren Fensterkranze aus ihre Beleuchtung empfangen. Gewinnt dadurch das Innere an erhöhtem Reiz, und wird na­

mentlich der Kaiserfigur damit eine größere Bedeutung und ideale Erweiterung gegeben, so ist zugleich auch für das Äußere eine wesentlich einfachere klarerer und begründetere von jedem überflüssigen Beiwerk freie Ausgestaltung erreicht, welche ich mit ruhigem Gewissen als die endgültige Gestaltung der Ausführung entgegenführen kann."378 Schmitz wollte die dadurch entstehenden Mehrkosten durch Reduktion am Außenbau kompensieren; er dacht daran, den Zinnenkranz und die Wappen über den Pfeilern wegzulassen, eventuell auch die Ecktürmchen und die Zinnen der hinteren Terrasse.379 Als dies alles nichts fruchtete, machte er am 21. April 1893 eine weitere Eingabe, in der er auf verschiedene Möglichkeiten der Geldeinnahme, darun­

377Engelbert 1973, S. 336 und CB, 12. Jg., Berlin 1897, S. 319 378Zitiert nach: Laumann-Kleineberg 1989, S. 254

379Engelbert 1973, S. 338

ter auch die öffentliche Ausstellung des Modells, und vor allem auf Geldsammlungen, hinwies.

Er hielt solche Sammlungen für erfolgversprechend, "zumal unter speziellem Hervorheben des Zweckes: der Beschaffung einer malerischen Erweiterung des Denkmals in Gestalt einer Apotheose in Wolken thronender preußisch-deutscher Helden, die sich bis auf Hermann den Cherusker vertiefen ließen."380

Als auch diese Eingabe nichts zu bewirken schien, machte er seiner Verärgerung Luft: "Es ist

Als auch diese Eingabe nichts zu bewirken schien, machte er seiner Verärgerung Luft: "Es ist