• Keine Ergebnisse gefunden

Ungefähr ein Jahr nach dem ersten Wettbewerb wurde durch die "Dresdener Baubank" wurde ein neuer, dieses Mal nichtöffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben für drei weitere Baublocks der König-Johann-Straße; der Abgabetermin war der 12. April 1886. Für die "Baugruppe II (Hotel)" erhielt Bruno Schmitz den ersten Preis, Herman & Martin/Dresden den zweiten und Giese & Weidner/ Dresden sowie Weidenbach & Käppler/Leipzig den dritten Preis. Dieser Entwurf von Bruno Schmitz ist in der "Architektonischen Rundschau" überliefert (Abb. 97, 98). Schliepmann datierte den Entwurf für das Hotel in das Jahr 1885 (Abb. 99). Da er auch erwähnt, daß Bruno Schmitz einen ersten Preis dafür erhalten habe, erscheint eine

Verwechslung mit dem ersten Wettbewerb ausgeschlossen, seine Angabe ist folglich zu korri­

gieren.208 Aus nicht mehr zu klärenden Gründen jedoch wurde der Entwurf nicht ausgeführt.209

Dem kurzen Begleittext zur Publikation dieses Projektes in der "Architektonischen Rundschau"

von 1888 ist zu entehmen, daß "der Entwurf der Herren Professoren Giese & Weidner, Dresden" angekauft worden sei210. Sicherlich wird es dem Selbstwertgefühl des ersten Preisträgers zuträglich gewesen sein, in diesem Wettbewerb seine ehemaligen Dienstherren überrundet zu haben, bei welchen er ja nur wenige Jahre zuvor während der Ausführung der neuen Düsseldorfer Kunsthalle (1878-1881) vermutlich als Zeichner mitgearbeitet hatte, und die ja noch bei dem ersten Wettbewerb der König-Johann-Straße im Jahr 1885 vor ihm den ersten Preis erhalten hatten.

Der Entwurf zeigt ein viergeschossiges Gebäude zu elf (unterschiedlich breiten) Achsen, wobei die Außenachsen und die drei mittleren Achsen zu Risaliten ausgebildet sind. Der Mittelrisalit wird im Erdgeschoß durch eine Rustika, in den drei Obergeschossen durch ein der Fassade vorgelagertes, die Mittelachse flankierendes Säulenpaar hervorgehoben, das über dem

Traufgesims einen gesprengten Dreiecksgiebel mit Kartusche trägt. In der Dachzone ist die ge­

samte Breite des Risalites durch zwei kleine Obelisken angezeigt, die durch zwei kleine ge­

schwungene Mauerzüge auf einer niedrigen Attika mit dem segmentbogig geschlossenen Dachaufbau verbunden sind. Noch deutlicher wird die Vertikale in den Eckrisaliten betont, die eine bis in Firsthöhe reichende Attika mit Inschrifttafel tragen; diese Attika dient als Unterbau für kuppelartige Aufsätze, die von vier Obelisken eingefaßt sind. Diese Scheinkuppeln, die recht eigentlich als Klostergewölbe zu bezeichnen wären, werden nach oben durch hochovale Fenster und ein darüber befindliches, geschwungenes Postament mit Cippus abgeschlossen.

208Schliepmann 1913, Abb. S. 2

209Laut freundlicher Mitteilung durch Dr. Fritz Löffler/Dresden, vom 24. September 1983, der damals gerade mit der Abfassung seines Buches über die Dresdener Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigt war.

21üAR. 4. Jg., Stuttgart 1888, 2. Heft, Taf. 4

Diesen vertikalen Dominanten bieten die horizontalen ein Gegengewicht, das im wesentlichen durch die ruhig wirkende Reihung der rustizierten Arkaden im Erdgeschoß erzeugt wird. Auch das Traufgesims, das lediglich im gesprengten Giebel des Mittelrisalites unterbrochen und in den Eckrisalten nach oben ausgebogen ist, kann einen Ausgleich erzeugen zu den die vertikalen Tendenzen unterstreichenden, die Achsen der drei Obergeschosse trennenden Pilaster. Die jeweils drei Achsen zwischen dem Mittelrisalit und den Eckrisaliten weisen fast überreiche Instrumentalisierung auf und sind durch gekuppelte Fenster verschiedener große und

Gestaltung gegliedert. Auch die Gauben tragen unter gesprengten Segmentgiebeln gekuppelte Fenster.

Bei näherem Hinsehen sind einige Unterschiede zwischen dem Aufriß und der perspektivischen Ansicht zu erkennen, die aber nur Details betreffen und möglicherweise einer Überarbeitung für die Publikation zu verdanken sind. Abweichungen sind vor allem im Mittelrisalit (Fenster­

verdachungen, Balkon) und in der Gestaltung der Fenster des zweiten Obergeschosses fest­

stellbar.

Insgesamt ist es dem Architekten wohl gelungen, der äußeren Erscheinung des Gebäudes, die durch die Anwendung von aus der Architektur des 18. Jahrhunderts stammenden Formen ge­

prägt ist, einen würdevollen Charakter und überwiegend ruhige Ausgewogenheit zu verleihen, was ja ganz im Sinne des Auftraggebers gewesen sein dürfte. Andererseits ist es auch nicht zu übersehen, daß der Darstellung des Entwurfs eine gewisse akademische Trockenheit in den Einzelformen anhaftet.

Legnica (Liegnitz), Wirtschaftsgebäude, 1886 (Entwurf)

Der Bau "einer größeren Brauerei-Restauration" in Legnica/Liegnitz wurde in der "Deutschen Bauzeitung" vom 20. Oktober 1886 als Konkurrenzthema ausgeschrieben, der erste Preis des bis zum 31. Dezember 1886 offenen Wettbewerbs war mit 800 Mark, der zweite mit 500 Mark dotiert.211

Eindrücke einer Reise nach Italien scheint Bruno Schmitz in diesem Entwurf verarbeitet zu ha­

ben (Abb. 100). Der zweigeschossige Bau mit einem Pult- oder Walmdach steht auf einer ungefähr quadratischen Grundfläche, im Turm ist die zur Wohnung im Obergeschoß führende Haupttreppe enthalten. Manche Einzelheiten wie Dachform, Dachdeckung, Bogenstellungen und Fenster erinnern an ländliche Bauten Italiens. Unübersehbar bleibt jedoch der neu erdachte Zuschnitt der Fassaden, der keinen Zweifel an der Entstehung im späten 19. Jahrhundert läßt;

2!1DBZ, 20. Jg., Berlin 1886, S. 504

wir haben es nicht mit einer romantisierenden Imitation eines italienischen Ambiente zu tun, auch wenn die asymmetrische Ecklösung mit dem Turm eine sehr malerische Stimmung erzeugt.

Der Architekt hat die geographische Lage berücksichtigt - Legnica liegt ungefähr 70 km west­

lich von Wroclaw im heutigen Polen - indem er auf dem Gelände beispielsweise "überdeckte Sommercolonnaden" neben im "Winter verschließbaren massiven Colonnaden" vorsah.

Orchestemische, Springbrunnen und ein großes Gartenrestaurant bilden den großzügig entwic­

kelten Teil der Gastwirtschaft unter freiem Himmel. Das Haus birgt einen großen Hauptsaal, zwei Nebenräume, eine Tagesrestauration sowie die notwendigen technischen und sanitären Einrichtungen einer großen Gastwirtschaft (Abb. 101). Damit der Betrachter des Entwurfs den Blick ungehindert auf das Wirtschaftsgebäude richten kann, hat Bruno Schmitz die Möblierung und Bepflanzung des Gartens in der Darstellung nicht wiedergegeben und diese in der Ansicht weggelassenen Teile nur im Grundriß dargestellt. Auch die hier zu erkennende Mauer hat er weggelassen, bzw. ihre Entstehung durch die Figur des anscheinend munter darauflos arbei­

tenden Maurers angedeutet.

Bruno Schmitz erhielt für seinen Entwurf keinen der beiden Preise, hielt gleichwohl aber seinen Entwurf für so durch gearbeitet und gelungen, daß er ihn noch einige Jahre später pub­

lizierte.212 Erstaunlich dabei ist die Tatsache, daß für ein Wirtschaftsgebäude überhaupt eine öffentliche Konkurrenz ausgeschrieben wurde.

Sehr wahrscheinlich nutzte der seit 1885 in Berlin allein und selbständig tätige Architekt jede Chance, Aufträge zu erhalten, deren Entwürfe einigermaßen leidlich mit seinen ehrgeizigen Ambitionen in Deckung zu bringen waren. Die Publikationen in der "Architektonischen

Rundschau", nur durch die uns ja manche Entwürfe überhaupt erhalten geblieben sind, sah ihr Autor sicherlich auch als eine Möglichkeit an, sein Werk in der Fachöffentlichkeit vorzustellen, auch wenn er auf das Erscheinen seiner Beiträge einige Zeit zu warten hatte.

In der Zeit zwischen 1885 und 1889 hatte Bruno Schmitz kaum Aufträge auszuführen und so konnte er sich der Arbeit an "freien" Entwürfen widmen. Während dieser Jahre unternahm er auch viele Reisen, darunter natürlich auch solche, die im Zusammenhang mit seinen wenigen Aufträgen oder Beteiligungen an größeren Wettbewerben standen (Abb. 102). Man muß wohl davon ausgehen, daß er neben seinen auftragsbezogenen Reisen der achtziger Jahre nach Italien und nach Österreich auch Fahrten in andere Länder unternommen hat; dafür aber gibt es keine Belege, einen Hinweis darauf gibt Albert Hofmann, der ganz knapp noch die Länder Holland, Belgien und Frankreich erwähnt.213 Sicherlich hat Bruno Schmitz, wie die meisten

Architekten der damaligen Zeit, diejenigen Gebäude oder Details, die ihn beeindruckten, in zeichnerischen Notizen festgehalten, aber es haben sich nur ganz wenige solcher Skizzen 212AR. 5. Jg., Stuttgart 1889, 5. Heft, Taf. 33 und Begleittext (s.p., mit Grundriß)

213DBZ, 50. Jg.. Berlin 1916, S. 199

erhalten. Sind auch - wie gesagt - einzelne Stationen dieser Reisen nicht genauer zu ermitteln, was sicherlich sehr reizvoll für die Ableitung einzelner Motive sein könnte, so wird man doch davon auszugehen haben, daß Bruno Schmitz auf seinen Reisen ein sehr intensives Studium historischer, aber auch zeitgenössischer Architektur betrieb. Die Reisen waren Bruno Schmitz durch die Preisgelder der bereits gewonnenen Wettbewerbe und natürlich auch durch das Honorar für die wenigen ausgeführten Bauten ermöglicht worden.