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Linz, Museum Francisco-Carolinum (Oberösterreichisches Landesmuseum), 1883-1887

Bereits in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts trug sich der "Verein des vaterländischen Museums für Österreich ob der Enns mit Inbegriff des Herzogthums Salzburg" mit dem Ge­

danken, für die jüngst angelegte Sammlung ein Gebäude zu errichten. Die Betreuung der Kunstsammlung durch ehrenamtliche Kustoden78 reichte anfänglich noch aus, als aber im Jahre 1839 Erzherzog Johann Franz Karl die Schirmherrschaft übernahm und dem Verein sechs Räume im "Beamtenwohnhaus" zur Verfügung gestellt wurden, und die Sammlung stetig an wuchs,79 entstand der Wunsch nach einem eigenen Sammlungsgebäude. Anfangs diente das Museum nur der Aufnahme landesgeschichtlicher Zeugnisse, doch kamen naturwissenschaftli­

che Abteilungen, so z.B. die 1851 eingerichtete geologische, dazu. Aufgrund dieser Ausdeh­

nung wurden immer wieder - meist von einem der Vereinsmitglieder aus freien Stücken - Projekte für einen Neubau vorgeschlagen, die aber alle nicht weiter verfolgt wurden.80

Erst 1877 entschloß sich der Verein, der mittlerweise "Verein Museum Francisco-Carolinum"

hieß, einen öffentlichen Wettbewerb auszuschreiben. Im Programm war ein zweigeschossiger Bau mit Hochparterre (für die Aufnahme der geologischen und mineralogischen Sammlungen) vorgesehen. Für die oberen Stockwerke waren ein "Repräsentationssaal nebst Vorzimmer", eine Bibliothek, ein Archiv, ein "Münz-Cabinet", eine "Kapelle, bestimmt zur Aufstellung und

77DBZ. 16. Jg., Berlin 1882, S. 615 (Der Brief ist auf den 18. Dezember 1882 datiert) 78Justus Schmidt: Linzer Kunstchronik. 3. Teil. Gesamtdarstellung, Linz 1952, S. 322 79Hans Kreczi: Linz, Stadt an der Donau. Linz 1951, S. 135f.

80Justus Schmidt: Linzer Kunstchronik, 3. Teil, Gesamtdarstellung, Linz 1952, S. 322

Aufbewahrung mittelalterlicher kirchlicher Gegenstände", die Gemälde-Sammlung, eine "natur­

wissenschaftliche Sammlung" und eine "kulturhistorische Sammlung" vorgesehen.81 Offen­

sichtlich zielten die Auslober des Wettbewerbs darauf ab, einen renommierten Architekten aus Wien als Preisträger bestimmen zu können, doch befand sich unter den zwanzig Einsendern keiner "der anerkannten Wiener Architekten. Den ersten Preis erhielt das Projekt der Wiener Architekten Wendeier und Hiesler in Wien, den zweiten Preis Karl Sattler, doch wurde keines wegen Überschreitung der voraussichtlichen Baukosten zur Ausführung bestimmt."82

Hatte diese Ausschreibung auch kein greifbares Ergebnis erbracht, so hatten die Vereins­

mitglieder doch schon die Idee eines kultur- und kunstgeschichtlichen Museums wenigstens in den Konturen festgelegt; mit diesem Konzept befanden sie sich durchaus auf der Höhe ihrer Zeit.83

In seinem für die "Wiener Kunstchronik" verfaßten Bericht über den Museums-Neubau er­

wähnte Adolf Dürmberger, Mitglied des Baukomitees, diesen Wettbewerb. Sein Urteil über die ästhetischen Qualitäten der Einlieferungen von 1877 ist insofern aufschlußreich, als er die Bewertung dieser Projekte in Gegensatz zum (sechs Jahre später gemachten) Vorschlag Bruno Schmitz’ stellt. In Dürmbergers Manuskript heißt es: "Die Pläne bewegten sich entweder in gar hausbackenen Formen oder in gewissen bombastischen Stilkompositionen, welche als architek­

tonischer Ausklang der Gründerperiode (im Manuskript gestrichen: der 1870er Jahre, d.Verf.) nur sensationell, keineswegs aber künstlerisch wirkten. ”84

Auch bei der erneuten Ausschreibung war die Beteiligung nicht sehr groß; neben Bruno Schmitz lieferten noch dreizehn andere, meist österreichische Architekten, zum Teil mehrere Varianten, ein.85 Der Grund für das geringe Interesse, auf das diese Ausschreibung bei der Architektenschaft stieß, lag nicht am Inhalt der Bauaufgabe, sondern in der sehr niedrig ange­

setzten Bausumme von nur 150.000 Gulden.86

81Zitiert nach dem vierseitigen "Programm für den Bau eines Museum in Linz a.D." vom 24. Mai 1877, Archiv des OÖLandesmuseums in Linz

82Justus Schmidt: Linzer Kunstchronik, 1. Teil. Die Baumeister, Bildhauer und Maler, Linz 1951. S. 126 83Walter Wagner: Die frühen Museumsgründungen in der Donaumonarchie, in: Bemward Deneke / Rainer Kahsnitz(Hg.): Das kunst- und kulturgeschichtliche Museum im 19. Jahrhundert. Vorträge des Symposions im Germanischen National-Museum Nürnberg. München 1977, S. 19-28, bes. S. 26 (=Studien zur Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts. Bd. 39)

84 Unpaginiertes Manuskript eines Berichts über den Museumsbau für die Wiener Kunstchronik, verfaßt von Dr.

Adolf Dürrnberger. Das Manuskript wurde im Mai 1887 abgefaßt; es befindet sich in Linz, Oberösterreichisches Landesarchiv (OÖLA), Archiv des Musealvereins (AM), Sch. Nr. 80. Weiterhin zitiert als Ms. Dürmberger 85Leopold von Claricini/Gradisca, Ritter von Flattich/Wien, Martin Göbl/Linz, Paul Hochegger/Linz, Hermann Krackowitzer/Wien, W. Mössinger/Frankfurt a.M.. L.v.MoyssisovitsAVien, Ignaz Scheck, Linz, Max

Schweda/Wien. Karl Sattler/Wien. Otto Thienemann/Wien, Prof. C.Walter/Stuttgart, Hermann Winkler /Bromberg. Aufzählung nach Ms. Dürmberger (Ms. Dürmberger, S.13f)

86Ms. Dürmberger (S.14): (,..)"die kleinen Verhältnisse und kleinen Summen, um welche es sich handelte, scheinen eben zu wenig Anziehungskraft ausgeübt zu haben." Das habe auch dazu geführt, daß "Namen allerersten Ranges, wie Ferstel, der damals noch lebte. Schmidt, Hansen etc. fehlten."

Die Ausschreibung erfolgte am 5. Februar 1883 und lief bis 31. Mai 1883.87 Offensichtlich wollte man das neue, endgültige Projekt bis zum 50. Jahrestag der Vereinsgründung, dem

19. November 1883, präsentieren können.

Daß man seitens des Baukomitees durchaus gewillt war, einen großen Kreis von möglichen Bewerbern anzusprechen, läßt die folgende Aufstellung der Zeitungen und Zeitschriften erken­

nen. an die das Bauprogramm am 6. Februar 1883 verschickt worden war: Zeitschrift des Wiener Ingenieur- und Architektenvereins, Allgemeine Bauzeitung/Wien, Bau-Annalie Viertes Heft der Wiener Bauzeitung, Allgemeine Zeitung/München, Dresdner Nachrichten,

Schwäbischer Merkur/Stuttgart, Deutsche Bau zeitung/Berlin, Frankfurter Journal.88

In der ersten Augusthälfte wurden sämtliche Entw'ürfe im "Redoutensaal" in Linz ausgestellt, damit sich auch die Bevölkerung ein Bild vom künftigen Museum machen könne, auch wenn ihr bei der Auswahl keine Mitsprache eingeräumt wurde. Die Ausstellung der Pläne, die Beratung durch den Gemeinderat und den Landesausschuß, die Befassung der "technischen Hilfsämter" mit der Angelegenheit führten zu dem Ergebnis, "daß sich alle vernommenen Stimmen einhellig auf das prächtige Project des jungen Schmits (sic!) vereinigten."89 Die Schmitzsche Könnerschaft in der künstlerischen Darstellung seines Entwurfs beeindruckte nicht nur das breite Publikum, sondern auch die Mitglieder des Baukomitees. Die Leistung der anderen Einsender fand zwar durch Dürmberger in seinem bereits erwähnten Bericht durchaus Anerkennung, "doch übte unter allen diesen Projecten das von Bruno Schmitz auf den ersten Anblick schon einen so bestechenden Eindruck aus, daß jeder Beschauer sofort wieder auf das­

selbe zurückkam und das vom Verwaltungsrate eingesetzte Baucomitee, bestehend aus den Herren I. M. Kaiser, Statthaltereirat Karl Obermüllner, Dr.Habison, Dr. Dürmberger und Joseph Straberger, geradezu eine gewisse Vorsicht anwenden mußte, um sich nicht auch durch die brillante Darstellung bestechen zu lassen."90 In der "Deutschen Bauzeitung" wurde unter Berufung auf einen Bericht der "Linzer Tagespost" gemeldet, daß sich unter den sechzehn Plänen "das Project von van Eis & Schmitz, an dem eben sowohl die organische, genau dem Programm entsprechende Anlage, wie die in einfacher aber eigenartig aufgefasster und vor­

nehm durchgeführter Renaissance-Architektur gestaltete Fassade gerühmt werden, von vom herein der ganz überwiegenden Anerkennung des Publikums zu erfreuen."91

87Julius Wimmer: Die Geschichte des Oberösterreichischen Musealvereines durch neunzig Jahre 1833-1923.

Linz 1923. S. llf.

88Liste in Linz, OÖLA. AM, Sch. Nr. 82 89MsDürmberger ( S. 141'.)

90Ms Dürrnberger ( S. 15)

91DBZ. 17. Jg. 1883 Berlin. S .516

Die meisten Entwerfer waren in ihrem Kostenvoranschlag über den im Programm vorgese­

henen Ansatz hinausgegangen, so auch Bruno Schmitz. Das Baukomitee erkannte, daß man wohl um eine Erhöhung der Bausumme wohl nicht herumkommen würde, und so konnte man am Entwurf Bruno Schmitz' festhalten.

Im Oberösterreichischen Landesmuseum befinden sich vier Darstellungen , die das Entwurfs­

stadium im Mai 1883 festhalten. Sie sind von Bruno Schmitz auf Mai 1883 datiert und signiert;

eine Variante in Privatbesitz trägt gerade noch erkennbar in der linken unteren Ecke das Motto (Abb. 42-46). Der Stempel "Van Eis & Schmitz", der bereits auf den Düsseldorfer Wohnhaus- Entwürfen auftauchte, belegt außerdem, daß Bruno Schmitz zu diesem Zeitpunkt noch die ge­

meinsame Firma mit van Eis innehatte. Diese Verbindung wurde im kommenden Jahr aufge­

löst. Über die Gründe läßt sich nur spekulieren, da Bruno Schmitz sich zwar sehr über seinen Sozius beklagte, aber in der Korrespondenz keinen Hinweis auf den Anlaß der Klage liefert.

Den Briefwechsel mit dem Baukomitee führte Bruno Schmitz jedenfalls alleine.

Dieser Korrespondenz ist auch der Zeitpunkt zu entnehmen, an dem Bruno Schmitz die Zusammenarbeit mit van Eis abbrach. Im Februar 1884, nach seiner Rückkehr aus Rom, schrieb Bruno Schmitz - noch vor Vertragsunterzeichnung, die in Linz am 6. März 1884 er­

folgte92 - an Dr. Wilhelm Habison vom Linzer Baukomitee: "Den Vertrag können Sie nur mit mir abschließen, da ich mich mit Herrn van Eis abgefunden, und in Folge das architectonische Atelier von dem Untemehmungs-Bureau getrennt habe. Wir sind jetzt dabei zu liquidieren. - Ich kann mit viel größerer Ruhe meinen Zielen nachstreben, und habe kein Risico mehr. Die Firma bleibt jedoch für Herrn van Eis bestehen."93

Als örtlicher Bauleiter wurde einer der Mitbewerber, Hermann Krackowitzer, angestellt, der von Bruno Schmitz ausdrücklich akzeptiert wurde, was jedoch künftige Mißhelligkeiten nicht verhindern konnte.

Am 23. Mai 1884 wurde mit der Erdaushebung begonnen; man rechnete zu diesem Zeitpunkt noch mit der Fertigstellung des Gebäudes im Jahr 1886 und sah die Einweihung für 1887 vor.94 Während der folgenden Jahre konnte der Verein allerdings nicht immer die notwendigen Mittel beschaffen, da das vorhandene Geld schneller als geplant für verschiedene Änderungen und Nachfordemngen aufgebraucht wurde. So hatte man beispielsweise völlig falsche Vor­

stellungen von der Beschaffenheit des Untergrundes, was dazu führte, daß der ganze Bau um mehr als einen halben Meter tiefer als ursprünglich vorgesehen fundamentiert werden mußte.

Noch vor dem Baubeginn, im März 1884, äußerte Bruno Schmitz, daß die Gesamtsumme von mittlerweile 225.000 Gulden vielleicht doch nicht ausreichend sei, da die Rückfront ja nicht,

92Dreiundvierzigster Bericht über das Museum Francosco-Carolinum. Linz 1885. S. X (Berichtsjahr 1884) 93Brief Schmitz' vom 22. Februar 1884. Linz. OÖLA, AM. Sch. Nr. 80

94Dreiundvierzigster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum, Linz 1885, S. XII

wie in seinem Entwurf ursprünglich vorgesehen, platt ausgeführt werde, sie vielmehr auf Wunsch des Bauherrn einen Rücksprung zu drei Achsen aufweisen sollte.95 Am 21 November

1885 war der Bau unter Dach.96

Während der Bau in die Höhe wuchs, arbeiteten beispielsweise im Sommer 1884 "30 Maurer, 32 Taglöhner, 20 Weiber und 3 Lehrjungen" auf dem Baugelände.97 Die Arbeit ging so zügig vonstatten, daß der Grundstein in 3,5 Metern Höhe - ohne Feierlichkeit - im November 1884 versetzt wurde, da es den Herren vom Baukomitee nicht gelungen war, einen früheren Termin festzulegen.

Als letzte .Arbeit am Außenbau wurde der große Fries im Oktober 1886 fertiggestellt, an dem zwölf Steinmetze unter der Leitung des Bildhauers Cöllen aus Leipzig seit 1885

ununterbrochen - auch den Winter hindurch - gearbeitet hatten.98 * Als letzter Teil der

Innenausstattung wurden die großen Wandbilder in den Bogenfeldem unter der Kuppel 1892 vollendet, ausgeführt von Franz Attomer, die vier (ehemaligen) Kreise des Landes

Oberösterreich darstellend ."

Der dreigeschossige Bau ist durch ein allseitiges, nicht sehr steiles Pultdach abgeschlossen, das von einer flachen Kuppel in Eisen-Stahl-Konstruktion auf niedrigem, quadratisch ummantelten Tambour bekrönt wird (Abb. 47, 48). Die gläserne Kuppel tritt lediglich in der Fernsicht eini­

germaßen bestimmend in Erscheinung (Abb. 69), d.h. sie ist auch nicht primär als dominantes architektonisches Element aufgefaßt, sondern sie dient neben der Nobilitierung des Gesamtbaus auch der Beleuchtung des Treppenhauses. Bruno Schmitz hatte sich etwas Besonderes ausge­

dacht, um die relativ unscheinbare Glaskuppel aufzuwerten. Zwischen der von außen sichtba­

ren Glaskuppel und der inneren, das Treppenhaus nach oben abschließenden Kuppel (mit glä­

sernem Mittelteil) plante er die Anbringung einer starken elektrischen Lichtquelle: "Die nach Außen hin ebenfalls im Lichtglanze strahlende Kuppel wird den getreuen Linzern ein Wahr­

zeichen und der Landeshauptstadt Characteristicum sein."100

Der Figurenfries im zweiten Obergeschoß (Abb. 49) wurde als geniale Erfindung des Archi­

tekten gerühmt: "Dieser prächtige Figurenfries, der nicht etwa nur Schmuck eines einzelnen Bautheiles, sondern ein ganz selbständiges, den ganzen Bau beherrschendes Glied der

95ßrief Schmitz’ vom 3. März 1884, Linz.OÖLA, AM, Sch. Nr. 82

%Baubuch 1884-1886, S. 26; Linz, OÖLA, AM, Hs Nr. 27

97Dreiundvierzigster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum, Linz 1885, S. XI

98Vierundvierzigster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum, Linz 1886, S. XVI (Berichtsjahr 1885)

"Letzte Zahlung an Attorner am 10. März 1893 laut ”Bau-Kontrollbuch 1884-1895", S.43; Linz, OÖLA, AM, Hs Nr. 31. Zu Franz Attorner: Geb. am 2. September 1856 in Grünburg/OÖ, Todesdatum unbekannt, von 1873 bis 1883 Schüler der Wiener Akademie. Angaben nach Rudolf Schmidt: Österreichisches Künstlerlexikon von den Anfängen bis zur Gegenwart, Wien 1974. Bd. 1, S. 82 und, fast wörtlich wiederholt, in Heinrich Fuchs: Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts, Ergänzungsband 1, A-K, Wien 1978, K 25.

lü()Brief Schmitz' vom 16. November 1883, Linz, OÖLA, AM, Sch. Nr. 82

Architektur ist, verdankt seine Entstehung einer Inspiration, welche der Künstler aus dem in ganz gleichen Verhältnissen gehaltenen Friese des Altares in Pergamon hatte und ist in dieser Größe und Bedeutung derzeit das einzig bestehende derartige Kunstwerk aus neuerer Zeit."101 In einem Spendenaufruf zur Ermöglichung der Weiterführung des Innenausbaus Ende der achtziger Jahre wurde er gar als "einzig in der gesammten Culturwelt" bezeichnet.102 Der große Altar von Pergamon stand damals im Blickpunkt der Öffentlichkeit, die letzte der drei großen Grabungskampagnen wurde genau zur Erbauungszeit des Linzer Museums durchgeführt.103 Der Einfall, einen Fries in der Dachzone zu plazieren, ermöglichte es dem Architekten, im zweiten Obergeschoß lauter Oberlicht-Räume anzulegen, sieht man von den drei kleinen Rundfenstem in den Risaliten einmal ab. Darüberhinaus war dieser Fries natürlich ein großarti­

ges Mittel, die besondere Bedeutung und Funktion dieses Gebäudes hervorzuheben.

Der gesamte Bau ist, was den Umriß und die Fassadenkomposition angeht, von klarer Wir­

kung. Bruno Schmitz hatte zwar ursprünglich die Dachzone reicher gestalten und auch mit Figuren bevölkern wollen, doch beschränkte er sich auf die von Putti umgebenen Obelisken über den Risaliten. Heutigen Augen mag die Wirkung der Fassaden vielleicht nicht ganz so klassisch und ausgewogen-ruhig erscheinen wie den Mitgliedern des Baukomitees, aber die Zurückhaltung Schmitz’ bei der Auszierung der Fassaden - was die Wirkung des Frieses außerdem noch verstärkt - zugunsten einer gewissen Glätte und Ruhe wird durchaus deutlich, wenn man seinen Entwurf neben beliebige Entwürfe anderer, etwa gleich alter Architekten stellt (Abb 50, 51).

Doch wird man trotz des klaren Aufbaus den Fassaden eine differenzierte Gestaltung nicht ab­

sprechen. So ist die Mitte der Hauptfassade durch einen stark vorspringenden Risalit betont (Abb. 52), die fünf Mittelachsen der Seitenfassaden und die Rückfassade sind durch pavillon­

artige Risalite flankiert. Der Mitteltrakt der Rückfassade ist einfacher gehalten - so ist hier im zweiten Obergeschoß kein Friesfeld angebracht -, weil man bereits 1884 einen

Erweiterungsbau in Erwägung zog, der allerdings nie errichtet wurde (Abb. 53-56).

Der Sockel des Gebäudes besteht aus rustizierten Putzbändem, die nur durch horizontale Lagerfugen getrennt sind. Beim Hauptgeschoß wird die Horizontale der Wandfläche auf gleiche Weise betont, nur sind hier die Bänder glatt. Im Entwurf hatten diese Bänder eine

101 Ms. Dürrnberger (S. 4f)

]02Spendenaufruf aus dem Jahr 1887. Linz, OÖLA, AM, Sch. Nr. 80; hier wurde der Fries auch mit dem Parthenon-Fries verglichen.

103Die Kampagnen fanden 1878-80, 1880/1881 und 1883-1886 statt; vgl. Werner Müller: Der Pergamon-Altar, Leipzig 1978, S. 12. Auch in den Fachzeitschriften für Architekten wurde über die Ausgrabungen berichtet. Als Beispiel sei hier angeführt: R. Borrmann: Die Ausgrabungen in Pergamon, in: CB, 2, Jg., Berlin 1882, S. 106-108.

plastische, im Profil fast halbrunde Ausformung, in der Ausführung wurden sie zu flachen Bändern von rechteckigem Querschnitt. Die Wandfläche des Hauptgeschosses war mit Ziegelsteinen verkleidet. Dem ursprünglich hellen Kalkstein des Frieses waren die aus Putz bestehenden Architekturteile farblich angeglichen, die Schäfte der verschiedenen Säulen bestehen aus farbigem Marmor.

Dem Mittelrisalit der Hauptfassade sind im Erdgeschoß das Portal flankierende Pfeiler vorge­

stellt, auf denen im ersten Obergeschoß zwei Säulen stehen, die die große Öffnung einfassen, die ihrerseits durch eine Spielart des Palladiomotivs gegliedert ist und einen Balusterbalkon als Brüstung hat. Über den Säulen ist das Gesims verkröpft. Im Dachgeschoß befinden sich in Höhe des Frieses auf kleinen Postamenten allegorische Figuren, die durch Pilaster hinterfangen sind (Abb. 57-59). Zwischen diesen Allegorien befinden sich drei gekuppelte Rundbogen­

fenster, die durch Halbsäulen aus Syenit getrennt sind. Die Risalite der restlichen Fassaden sind - das Erdgeschoß ausgenommen - sehr ähnlich aufgebaut, sind aber anders plastisch durchgebildet, insofern sie Halbsäulen im Obergeschoß aufweisen, die auf Doppelvoluten- Konsolen ruhen (Abb. 60). Als steingerechte Mustervorlagen der Kapitelle und Spandrillen sind die Zeichnungen Bruno Schmitz' in Linz erhalten (Abb. 61, 62).

Für das Hauptportal hatte Bruno Schmitz ursprünglich außer den vorgezogenen Pfeilern auch noch eingestellte rustizierte Säulen vorgesehen (Abb. 63). Das Erdgeschoß hat einfache rah­

menlose Rechteckfenster, die Fenster des Hauptgeschosses - in je vier Achsen zu Seiten des Mittelrisalites - besitzen eine einfache Ädikularahmung mit Dreieckgiebel, die Brüstung ist durch Baluster gebildet. Die Kanten der Risalite werden durch eine Eckrustika eingefaßt, die die Vertikale betonen. In den Seitenfassaden sind zwischen die pavillonartigen Eckrisalite fünf hohe Rundbogenfenster gestellt, die durch gekuppelte Säulen zu einer Bogengalerie zusam­

mengefaßt werden.