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Möglicherweise ist dieses kleine Architekturstück im Zusammenhang mit den Entwürfen für den Wettbewerb der "Dresdener Baubank" entstanden, einen Beweis dafür gibt es allerdings nicht. In der Besprechung des Schmitzschen Entwurfs für die Häuser in der König-Johann- Straße wird ja erwähnt, daß Bruno Schmitz als einziger Wettbewerbsteilnehmer für eine be­

stimmte Gebäudesituation an der Grenze des zu bebauenden Grundstücks im Anschluß an ein altes Gartengelände einen architektonischen Abschluß vorgesehen habe. Sodann sprächen für einen Zusammenhang die verwendeten Formen aus der Architektur des 18. Jahrhunderts, mög­

licherweise auch die dem Entwurf innewohnende Asymmetrie und nicht zuletzt das Entste­

hungsjahr. Auch wenn dieses Capriccio nicht direkt im Entwurfszusammenhang gestanden hat, so ließ sich Bruno Schmitz vielleicht durch diese spezielle Bauaufgabe dazu anregen.

Die durch einen gesprengten Dreiecksgiebel bekrönte Ädikula-Architektur mit gebogener Balkonbalustrade ruht auf zwei Stützen, die eine muschelartige Brunnenschale flankieren (Abb. 94). Der mit Kassetten unterlegte Rundbogen, der den Blick freigibt auf ein Postament mit Vase, wird flankiert von zwei Hermen, die flötenspielende Faune als Abschluß tragen. Im Giebelfeld, das als Sockel für die abschließende Putten-Vasen-Gruppe dient, ist das Thema der Zeichnung expressis verbis genannt: BEATUS ILLE QUI PROCUL NEGOTIIS. Man gewinnt den Eindruck, daß hier der Architekturentwurf auch als Vorwand dazu dienen sollte, mit dieser Darstellung auf die Könnerschaft des Zeichners zu verweisen. Ebenfalls klingt hier in der im Schatten eines Busches sitzenden, lesenden Frauenfigur eine erzählerische Randerscheinung

204DBZ. 19. Jg., Berlin 1885. S. 367-368

an. Es sei noch darauf hingewiesen, daß Bruno Schmitz diesen capricciohaften, stimmungs­

vollen Entwurf mit einer dem sonstigen Aufbau der Architektur widersprechenden Asymmetrie versah, indem er an der rechten Seite des Unterbaus eine Felsenformation bis in die Höhe der Balkon-Unterkante ansteigen ließ.

B 3 In Berlin, selbständig

Berlin, "Wettersäule'', 1886

Dresden. König-Johann-Straße, Hotel. 1886 Legnica (Liegnitz), Wirtschaftsgebäude, 1886 Düsseldorf. Tonhalle, 1886

Bayreuth, Grabmal für Franz Liszt, 1887 Dresden, Königl. Finanzministerium, 1887 Zürich. Tonhalle, 1887 und 1892

Köln, Bahnhof, 1887-1888

Berlin, "Wettersäule", 1886 (Aufstellung 1889)

Im Herbst des Jahres 1886 beabsichtigte der Magistrat der Stadt Berlin, ein Wetterhäuschen zu errichten. Da als Standort der Schloßplatz ausgewählt worden war, dachte man daran, der

’’Wettersäule", wie das Wetterhäuschen ganz offiziell genannt wurde, eine möglichst repräsen­

tative Form geben zu lassen. Der Magistrat wandte sich an den Berliner Architekten-Verein, der daraufhin diese Aufgabe zum Gegenstand einer "außerordentlichen Preisbewerbung" für seine Mitglieder machte. Die im "Centralblatt der Bauverwaltung" vom 9. Oktober 1886 bekanntge­

machte Ausschreibung nannte die wichtigsten Aspekte der Bauaufgabe: "Im wesentlichen han­

delt es sich um die architektonische Gestaltung der Wettersäule, welche die verschiedenen Arten Thermometer, Barometer, eine Windrose u. a. enthalten soll."205 Ein genauer Lageplan sowie Zeichnungen sämtlicher einzubauender Instrumente lagen in der Vereinsbibliothek aus.

Für die Entwurfsarbeiten hatten die Bewerber ungefähr einen Monat lang Zeit, Abgabetermin war der 15. November 1886.

Der Preis in Höhe von 500 Mark wurde Bruno Schmitz für seinen Entwurf "Boreas"

zuerkannt; fünf weitere Einlieferer erhielten nur das "Vereinsandenken". Insgesamt waren 23 Entwürfe eingeliefert worden, darunter noch ein zweiter Schmitzscher Entwurf, der durch die Jury zum Ankauf empfohlen wurde; von dieser Arbeit ist nur das Motto "Wetterfest"

überliefert. Die Bewerber waren mit der neuartigen Themenstellung gut zurechtgekommen, denn das "Zentralblatt der Bauverwaltung" berichtet, daß "außer den genannten noch eine größere Anzahl von ausgezeichneten eigenartigen Bearbeitungen der schwierigen, neuerdings erst hervorgetretenen Aufgabe, welche in dem preisgekrönten Entwurf eine hochvollendete Lösung von großem Reiz gefunden hat."206

Über quadratischem Grundriß ist die kleine Ädikula-Architektur aus Sandstein mit

Bronzebeschlägen errichtet (Abb. 95, 96). Zwei umlaufende Stufen mit abgerundeten Ecken heben die Wettersäule über das Platzniveau, auf ihnen ruht ein Sockel, dessen Rächen außen

205CB, 6. Jg., Berlin 1886, S. 405 206CB, 6. Jg.. Berlin 1886, S. 486

zwei Rosetten aus Bronze tragen, die ein leicht vertieftes Spiegelfeld mit runden seitlichen Einschwüngen flankieren. Auf einem Profil (Platte, Wulst) erheben sich die vier Öffnungen mit profilierter Ohrenrahmung, wobei der Baukörper samt den Rahmungen sich in elegantem Schwung von unten nach oben verjüngt; die Kanten sind abgeschrägt. Die Öffnungen sind mit einem segmentbogigen Sturz versehen, in dessen Mitte eine vegetabile Zier angebracht ist. Das Motiv des Bogens der Öffnungen mit den Meßinstrumenten wird in der Dachzone in plastisch- bewegter Art noch einmal auf ge griffen: auf jeder Seite springt ein geschweifter Giebel mit kräf­

tigem Profil vor, dessen eingezogener Sturz auch verziert ist. Zwischen beiden Bogenreihen befinden sich in den Seitenflächen Girlanden und andere Verzierungen aus Bronze, über den abgeschrägten Kanten befinden sich skulpierte Köpfe, wahrscheinlich die Winde der vier Himmelsrichtungen symbolisierend. Über den Giebeln sitzt ein quadratischer, an den Kanten abgeschrägter Sockel, über dem sich das kleine Runddach befindet, das mit ornamentierten Schilden versehen ist. Die Wettersäule trägt als Bekrönung eine mehrfigurige Puttengruppe, deren Mitglieder über einem niedrigen, profilierten Rundsockel eine Kugel halten, stützen oder auf ihr sitzen. Ein ähnliches Motiv hatte Bruno Schmitz bereits bei früheren Entwürfen als Ab­

schluß von turmähnlichen Baugüedem oder Kuppeln benutzt. Mit diesem Werk hatte Bruno Schmitz die Zustimmung der Jury des Architekten-Vereins erhalten; als dieser 1896

gemeinsam mit der "Vereinigung der Berliner Architekten" das Buch "Berlin und seine Bauten"

in zwei Bänden herausgab, war die Wettersäule sogar mit einer Abbildung darin aufgenommen worden und aus der kurzen Erwähnung geht hervor, daß diese Arbeit in Zusammenarbeit mit einem Bildhauer entstanden ist: "Der Entwurf zu dieser aus Sandstein hergestellten mit aufgehefteten Bronzeomamenten geschmückten Baulichkeit stammt von dem Architekten Bmno Schmitz aus Berlin her, während das Modell zu der das Wetterhäuschen krönenden Puttengruppe aus der Hand des Bildhauers N. Geiger, Wilmersdorf, hervorgegangen ist."207 Dieses frühe Werk des Architekten blieb das einzige, das Bruno Schmitz an seinem Wohnort Berlin als Auftrag der öffentlichen Hand zugesprochen bekam. In sämtlichen öffentlichen Wettbewerben, an denen er sich beteiligte, konnte er zwar in den folgenden Jahren jeweils Preise und Auszeichnungen erringen, den Ausführungsauftrag erhielt er nur in einem der kom­

menden Wettbewerbe, nämlich dem Wettbewerb für die "Bismarckwarte" in Berlin-Westend, deren Ausführung aber durch den Beginn des Ersten Weltkriegs und durch den Tod Bruno Schmitz' im Jahr 1916 verhindert wurde.

207Berlin und seine Bauten, hrsg. vom Architekten-Verein zu Berlin und der Vereinigung Berliner Architekten.

Band I: Einleitendes. Ingenieurswesen, Berlin 1896, S. 47. Von Geigers Hand stammen wohl auch die anderen skulpierten Teile der "Wettersäule"