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Koblenz, Kaiserin-Augusta-Anlagen, Denkmal für Kaiserin Augusta, 1893-1896

Schon im Jahr 1892 hatte sich das Denkmal-Komitee für eine Sitzstatue (Abb. 214) des Bildhauers Karl Friedrich Moest (1838-1923)436 entschieden. Sehr wahrscheinlich steht die Absicht, der Frau Kaiser Wilhelms L ein Denkmal zu errichten, im Zusammenhang mit den seit

1856 entstandenen Rhein-Anlagen. Die Kaiserin war der Stadt Koblenz sehr eng verbunden gewesen, sie hatte hier die größte Zeit ihres Lebens verbracht.437 Ab 1856 hatte sie "mit Bera­

tung des Fürsten Pückler-Muskau, und nach Entwurf des Gartenbaudirektors Peter Joseph Lenne d. J. durch Gartenbauinspektor Weihl aus Engers die Rheinanlagen längs der Koblenzer Uferfront anlegen lassen."438 Die Kaiserin hatte auch den Ausbau dieses Parkgeländes initiiert und teilweise aus ihrer Privatschatulle finanziert.439 Anfang 1893 wurde die Konkurrenz für die Denkmalarchitektur mit folgendem Wortlaut ausgeschrieben: "Die Stadt Coblenz beab­

sichtigt die Errichtung eines Denkmals für die Kaiserin Augusta in den dortigen Kaiserin- Augusta-Anlagen. Über das Denkmal, welches aus einer sitzenden Porträtstatue Ihrer Majestät aus carrarischem Marmor bestehen soll, ist bereits Bestimmung getroffen, dasselbe soll durch einen monumentalen Ueberbau geschützt werde, welcher so gestaltet sein muß, daß er den Blick auf die Statue in keiner Weise beeinträchtigt. Der Denkmal-Ausschuß hat beschlossen, für

435FAZ 13. März 1986 "Soll der Kaiser wieder auf das Deutsche Eck?"

436Heinz Schmitt (Hg.): Denkmäler, Brunnen und Freiplastiken in Karlsruhe 1715-1945, Karlsruhe 1987, S.

686 ^Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 7) 437Vgl. DBZ 31. Jg„ Berlin 1897, S. 582

438Magnus Backes: Koblenz, Koblenz o. J., S. 42

439Herbert Dellwing/Udo Liessem (Bearb.): Denkmaltopographie BRD, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz.

Bd. 3. 1, Stadt Koblenz, Südliche Vorstadt und Oberwerth, Düsseldorf 1986. S. 66

diesen monumentalen Ueberbau einen öffentlichen Wettbewerb zu veranstalten, und gestattet sich, die künstlerischen Kreise zur Betheiligung an demselben einzuladen. Für die besten Entwürfe sind von dem Ausschüsse drei Preise von 500, 300 und 200 Mark ausgeworfen."440 Als Ablieferungstermin des Entwurfs, der 35.000 Mark nicht überschreiten durfte, wurde der 1. April 1893 festgesetzt.441 Ende April wurde der Schiedsspruch gefällt: den ersten Preis hatte Bruno Schmitz, den zweiten Regierungsbaumeister Scholter in Stuttgart und den dritten Re­

gierungsbaumeister Kohte in Posen erhalten.442

Der erste Entwurf ist durch die Photographie eines Modells überliefert (Abb. 215), das in den wesentlichen Merkmalen bereits der Ausführung entspricht. Die Sitzstatue befindet sich, vor ei­

ner halbrund geschlossenen Nische aufgesockelt,in einer kleinen Rundarchitektur, von der zwei geschwungen Arme ausgehen, die in Schmuckpfeilem enden. Die zentrale Tabemakel-

architektur mit der Nische wird von einem reich verzierten Helm bekrönt, an dessen Fuß zwei heraldische Adler postiert sind. Über einem Kranz von Masken erhebt sich ein glockenförmiger Helm, der als oberste Zier die Kaiserkrone trägt. Auch die Pfeiler tragen einen plastischen Schmuckaufsatz mit einer kleinen Krone. Den geschwungenen Wangen der Denkmalarchitektur folgen Bänke, über denen zwei querreckteckige Relieffelder mit vielfigurigen Szenen, wohl aus dem Leben der Kaiserin, in die Wandflächen eingelassen sind. Vor dem Denkmal ist die

Treppenanlage mit flachen Stufen und sehr tiefen Absätzen angedeutet. Die eigenartigen Gebilde zu Füßen der rustizierten Pfeiler sind wohl als unfertige Teile seitlicher Abschlüsse, vielleicht auch schon der Brunnen, anzusehen.

Einen zweiten Entwurfszustand dokumentiert eine Zeichnung (Abb. 216), die 1897 in der

"Deutschen Bauzeitung" publiziert wurde443, und die vielleicht auf der "Berliner

Kunstausstellung" des Jahres 1895 zusammen mit Entwurfszeichnungen zum Denkmal am Deutschen Eck zu sehen und durch den Rezensenten Hermann Muthesius sehr gelobt worden war: "Erfreulicherweise finden sich jedoch auch unter der geringen Anzahl von Blättern einige wahrhafte Glanzstücke, die für manches entschädigen. Dahin gehören vor allem zwei

Denkmalentwürfe von Bruno Schmitz, der eine für das Rheinische Provincial-Kaiser Wilhelm- Denkmal in Coblenz, der andere für das Denkmal der Kaiserin Augusta ebendaselbst. Beide be­

kunden die große Meisterschaft Schmitz' auf dem Gebiet des Denkmalbaues, und die

ausgestellten Blätter sind zugleich Muster in Bezug auf die zeichnerische Darstellung, die man sich kaum vollendeter denken kann. Weist das Denkmal für Kaiser Wilhelm fast überwuchtige, für die landschaftliche Femwirkung berechnete, breitmassige Formen auf, so sind in der Archi­

tektur des Kaiserin Augusta-Denkmals zartere Töne angeschlagen. Eine schön gezeichnete 440Der Wortlaut dieses durch den Oberbürgermeister Schüller Unterzeichneten Aufrufs stand auf dem Titelblatt des "Anzeigers”, dem Inseratenbeiheft des "Centralblatts der Bauverwaltung”, 13. Jg.. Berlin 1893. Nr. 3 441CB, 13. Jg., Berlin 1893, S. 35

442CB, 13. Jg., Berlin 1893, S. 175 443DBZ, 31. Jg.. Berlin 1897, S. 585

Pfeilerhalle schließt sich hier segmentförmig beiderseits an einen Mittelbau mit tiefer Ausnischung und einer Bekrönung in barockartigen Formen an, vor welchem das sitzende Bildniß der hohen Frau in weißem Marmor aufgestellt ist. Das Ganze ist für nahe Standpunke berechnet und von mehr liebenswürdiger als strenger, dem weiblichen Charakter der

Dargestellten Ausdruck gebender Wirkung."444 Im Gegensatz zum Modell, sind nun die Flan­

kenwände des Denkmals in der oberen Hälfte durch eine Pfeilerstellung geöffnet, die Relieffelder sind darunter plaziert und zeigen eine großflächige Behandlung, indem jeweils lagernde Figuren ein Wappenschild flankieren. Im linken Feld könnten diese Figuren Personifikationen mit geographischem Bezug darstellen, im rechten Feld scheint das Wirken der Kaiserin repräsentiert zu sein (s.u.). In der Ausführung (Abb. 217-221) wurden nur noch die Gestaltung der Reliefs verändert, der in der Zeichnung zu sehende podestartige

Treppenaufbau wurde beibehalten.445

Die Reliefs, die schließlich durch den Bildhauer August Vogel, der auch die andere Bauplastik geschaffen hatte, ausgeführt wurden, zeigen links das Schlachtfeld von Solferino (Abb. 222), um an die maßgebliche Beteiligung der Kaiserin bei der Gründung der deutschen Sektion des Roten Kreuzes zu erinnern. Im rechten Relief lagern, darin folgt die Ausführung in etwa der Entwurfszeichnung, die Personifizierungen von Rhein und Mosel und ein das Wappen von Koblenz haltender Putto. Im Hintergrund - heute durch die Einwirkung von Witterung und Säuberung nur noch schwach zu erkennen - ist die Silhouette der Stadt wiedergegeben, vor die (in etwas selbstherrlicher Art des Bildhauers oder des Architekten) groß das erst ein Jahr später eingeweihte Denkmal am Deutschen Eck gestellt ist (Abb. 223).

Im Hauptgesims des Mittelbaus befindet sich die Inschrift: "AUGUSTA KAISERIN

KÖNIGIN", und an der Rückseite des Denkmals ist zu lesen: "DER UNVERGESSLICHEN KAISERIN AUGUSTA DIE DANKBARE BÜRGERSCHAFT DER RESIDENZSTADT COBLENZ 1895-1896". An der Rückseite ist noch ein Brunnen mit zwei Granitbecken ange­

bracht (Abb. 224), an denen sich wasserspeiende Tierköpfe befinden, außerdem befindet sich hier schließlich noch ein Kopf des "Vater Rhein", der mit Schilf und Zinnenkrone bedeckt ist.

Das Denkmal zählte in der Folgezeit sicherlich zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt Koblenz, und vielleicht hat darüberhinaus die kräftige, plastische Gestaltung der Anlage auf den jungen Bildhauer Wilhelm Lehmbruck eine so große Wirkung ausgeübt, daß er das Denkmal (Abb.

227) während einer Reise im Jahr 1903 in seinem Skizzenbuch festhielt.446

444Hermann Muthesius: Die Architektur auf der diesjährigen Berliner Kunstausstellung, in: CB, 15. Jg., Berlin 1895, S. 350-352, hier S. 351

445Heute ist ein Teil des vorgelagerten Podestes verschwunden, Teile der verbliebenen Anlage sind bepflanzt, was der Anlage den Charakter eines Grabes verleiht und sicherlich den Intentionen des Entwerfers stark widerspricht (Abb. 225, 226).

446Ausstellungskatalog "Frühwerke Wilhelm Lehmbrucks", Duisburg, Wilhelm-Lehmbruck-Museum, 25. März bis 27. April 1969, Kat. Nr. 90/1, Abb. S. 56