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Berlin, Denkmal für Otto von Bismarck, 1895 (Entwurf) und 1897 (Entwurf)

Erst nach den als "historische Aussöhnung" gewerteten Besuchen des ehemaligen

Reichskanzlers im Berliner Schloß und dem des Kaisers in Friedrichsruh am Jahresanfang 1894 war es möglich, daß sich die öffentliche Bismarck-Verehrung stark ausweitete und stän­

dig an Intensität zunahm. Rechtzeitig zum 80. Geburtstags des "Alten vom Sachsenwalde", am 1. April 1895, war die Möglichkeit gegeben, die Errichtung eines Bismarck-Denkmals vorzu­

schlagen, ohne in Opposition zum Kaiser zu treten. In vielen Städten entstanden damals Komitees zur Betreibung der Denkmalsangelegenheit, die wichtigste Unternehmung dieser Art bildete wohl der vom Reichstag Anfang 1895 ausgeschriebene Wettbewerb für ein "National- Denkmal" des Reichsgründers vor dem Reichstag in Berlin aufgestellt werden sollte. Schon im Juni hatte die Jury ihr Urteil gefällt. Die Vergabe von zehn ersten, zehn zweiten und zehn drit­

510 Laut Mitteilung von Herrn Dr. E. Schmitz-Hillebrecht

511 Hierfür gibt es (mindestens) zwei Erklärungsmöglichkeiten: Entweder hat Bruno Schmitz an dem Entwurf für das Frankfurter Denkmal mitgearbeitet oder beide Entwürfe zitieren dasselbe Vorbild. Mögliche

Zusammenhänge müssen vorerst ungklärt bleiben; eine diesbezügliche Anfrage beim Stadtarchiv Frankfurt/Oder blieb unbeantwortet.

ten Preisen entsprach zwar der vorgesehenen Gesamtzahl an zu vergebenden Preisen, die Verteilung läßt jedoch erkennen, daß die Jury keinen der eingereichten Entwürfe als herausra­

gend beurteilt hatte. Immerhin war es Bruno Schmitz und dem Bildhauer Karl Hilgers mit ih­

rem Entwurf gelungen, einen der zehn ersten Preise zu erhalten. Von diesem Entwurf ist keine Darstellung erhalten. Hermann Muthesius, der im "Centralblatt der Bau Verwaltung" die Ausstellung der 94 Wettbewerbsbeiträge besprochen hat, konstatierte für die Mehrheit der Entwürfe völlige Unzulänglichkeit, was die Gestaltung der Figur anging: "Unter den verblei­

benden Arbeiten mußte es den Preisrichtern schwer werden, eine genügende Anzahl herauszu­

finden, bei denen die Anerkennung den Anschein einer Begründung hatte. Was einigermaßen einwandfrei war, wurde zur Unterbringung der dreißig Preise herangezogen. So sieht man verwundert den Lorbeer an Arbeiten geheftet, die sich kaum über das Schülerhafte erheben.

Unter den besten Entwürfen sucht man mit Verlangen, aber leider meist vergeblich nach wahr­

hafter Größe der Auffassung. Man sieht nur redenhaltende Leute, sinnend in die Feme blic­

kende Denker oder theatralisch dastehende schöne Männer. Viele haben eine bestimmte Szene aus dem Leben Bismarcks gewählt, wie er die Verfassungsurkunde verliest oder wie er eine seiner weltbedeutenden Reden im Reichstage hält: sogar der große Bleistift ist dabei mehrfach herangezogen; glaubt man durch einen solchen äußerlichen Vorgang oder gar mit solchem Beiwerk die Größe dieses Mannes bezeichnen zu können? Andere haben mhige Stellungen be­

vorzugt, und in dieser Reihe befinden sich ernste und gute Lestungen, so die Gestalten von Rümann, Hilgers, Schaper und Lessing."512 Auch bei der Gestaltung der Sockel konnte Muthesius nur die mäßige Leistung beklagen: "Bei der Mehrzahl der Entwürfe steht es mit dem allgemeinen Aufbau ebenso schlimm, als mit der oben angebrachten Gestalt. Die architekto­

nisch oft recht mißrathenen Unterbauten und das umgebende Beiwerk sind ohne großes Bedenken und ohne sich der Schwierigkeiten, die der Standort mit sich bringt, bewußt zu wer­

den, in der bei Bildhauern üblichen Weise hingestellt. Da sehen wir die Elsässerin, als nackte Figur mit einer Bandschleife im Haar, den Helgoländer (?) mit Wasserstiefeln, wie er dem Hochländer die Hand schüttelt, den Krieger im Verein mit dem Schnitter, dann sinnbildliche Gestalten in bunter Vermischung mit Wirklichkeitsfiguren, in naiver Mißachtung höherer Stilgesetze, wie es gerade kam, angeklebt. Alles was der Künstler auf dem Herzen hatte, hat er hier ausgeschüttet; der Bismarck oben ist nur Raumausfüllung, seine geschichtliche Bedeutung wird unten klargemacht. Das ist die Art der Mehrzahl der Entwürfe, die die Ausstellung vor­

führt. Daneben sind jedoch in Bezug auf den Unterbau auch vortreffliche Leistungen zu ver­

zeichnen. Einer der schönsten Sockel ist wohl derjenige von H. Pfeiffer in Braunschweig für den Bismarck des Bildhauers Echtermeyer. (...) Einfach und edel ist derjenige des Architekten Alfred Grenander für den Bismarck von L. und E. Cauer. Mächtig und breit in großer

512Hermann Muthesius: Die Preisbewerbung um ein Bismarck-Denkmal für Berlin, in: CB, 15. Jg., Berlin 1895, S. 287-288, hier S. 287

Auffassung geben sich die Sockel der Entwürfe von Bruno Schmitz und Hilgers.”513 Der von Muthesius erwähnte Standort war nahe an der rampenartigen Treppenanlage des riesigen Reichstagsgebäudes gelegen, gegen dessen monumentale Kulisse (die Höhe der Säulen allein betrug 16 Meter) jedes Figuren-Denkmal sich nur schwer behaupten konnte. Das veranlaßte den Rezensenten dazu, am Schluß seines Artikels den Vorschlag zu machen, den Standort noch einmal zu überdenken.

Von diesem Entwurf Bruno Schmitz’ gibt es keine Abbildungen. Die durch Muthesius gemach­

ten Andeutungen könnten darauf hinweisen, daß der Entwurf demjenigen ähnelte, den Hilgers und Bruno Schmitz bei dem nachfolgenden, engeren Wettbewerb von 1897 vorlegten.

Der Entwurf von 1897

"Der geschäftsführende Ausschuss des Central-Comites zur Errichtung eines National- Denkmals für Seine Durchlaucht den Fürsten von Bismarck"514 schrieb am 23. Oktober 1896 einen zweiten, engeren Wettbewerb aus. Der Grund für diese erneute Ausschreibung lag aber nicht nur in der zu konstatierenden Durchschnittlichkeit der meisten Entwürfe, sondern dem Kaiser hatte offensichtlich mißfallen, daß die von ihm begünstigten Bildhauer bei der Preisver­

gabe nicht berücksichtigt worden waren. Zur Wettbewerbsteilnahme wurden die zehn mit dem ersten Preis im Wettbewerb von 1895 ausgezeichneten Bildhauer und Architekten

aufgefordert. Darüberhinaus erhielten fünf weitere Bildhauer eine Einladung. Die Auswahl dieser neuen Teilnehmer allein kennzeichnet schon die Einflußnahme des Kaisers, der auch in anderen Wettbewerben, mehr oder weniger öffentlich, seinen Einfluß geltend gemacht hatte, wobei sein Vorgehen bei der Konkurrenz um das Nationaldenkmal für Wilhelm I. noch in guter Erinnerung war. Die fünf speziell Geladenen waren R. Begas, A. Brütt, R. Diez, R. Maison und L. Manzel.

Die Bedingungen griffen im wesentlichen auf die der vorjährigen Ausschreibung zurück. So war die Ausführung des Standbildes in Bronze vorgesehen, ein Reiterstandbild wurde nicht gestattet, "der Fürst sollte in seiner Thätigkeit als Reichskanzler in militärischem Gewände er­

scheinen", und weiter heißt es in den Konkurrenz-Bedingungen: " Die Motive für die künstleri­

sche Durchbildung des Denkmals, die Bildung des Sockels, seine Abmessungen und Wahl des Materials sind dem Ermessen des Künstlers überlassen. Die Platzfrage anlangend, so soll zwar auch an der früheren Bestimmung festgehalten werden, dass das Denkmal vor der westlichen nach dem Königsplatz gerichteten Hauptfront des Reichstagsgebäudes errichtet werden soll; in­

513Ebenda

514Entwürfe zu dem Denkmal für Seine Durchlaucht den Fürsten Bismarck in der Reichshauptstadt, II.

Concurrenz, Berlin 1898, s.p. (S. 2) (=Sammelmappe hervorragender Concurrenz-Entwürfe, Heft XXXII)

dessen soll das Monument nicht in unmittelbarem Anschluss an die Rampe des Reichstags­

gebäudes projectirt, sondern im Interesse einer den reichen, zur Verfügung stehenden Mitteln von einhundert Meter, von dem westlichen Portikus des Gebäudes ab gemessen, keinesfalls überschritten werden."515 Die Entwürfe waren bis zum 1. Mai 1897 einzuliefem und wurden nach der Beurteilung durch die Preisrichter Anfang Oktober in der Kunstakademie ausgestelt.

Die dreizehn Jurymitglieder, unter denen sich die Architekten Ende, Schwechten, Kyllmann und Wallot, die Bildhauer Calandrelli und Zumbusch sowie der Maler und Akademiepräsident Becker befanden, votierten einstimmig für den Entwurf von Begas. Er hatte in seinem Entwurf neben der aufgesockelten Hauptfigur auch Assistenzfiguren am Sockelfuß vorgesehen, die vom Rezensenten des "Centralblatts" mitsamt der Sockelgestaltung als "verunglückt" bezeichnet wurden, wogegen er als gelungene Lösung den Entwurf von Hilgers und Schmitz stellte: "Und jener hergebrachte weltkugeltragende Atlas, jenes tigerbändigende Weib sind Effectstücke, die an ein Bismarck-Denkmal nicht passen. Das Standbild des großen Kanzlers bedarf überhaupt des erläuternden, dem Volke nicht einmal verständlichen allegorischen Beiwerks nicht. Bis­

marcks gewaltige Persönlichkeit muß für sich sprechen. Sein Erzbild gehört auf einen Sockel womöglich ohne alle unmittelbare bildnerische Zuthat. Von anderen hervorragenden Bewerbern ist das auch erkannt worden. So haben Hilgers u. Schmitz, die sich zu gemeinsamer Arbeit verbunden haben, das Standbild auf einen lediglich architektonisch behandelten Unterbau ge­

stellt. Auf mächtiger, würfelförmiger Plinthe, in die in großen Buchstaben das eine Wort

"Bismarck" eingemeißelt ist, ruht mit frei gebildeter attischer Basis ein kurzer glatter

Säulenstumpf, der das Bildwerk trägt. Unter der Plinthe verbreitert sich das Postament zu ei­

nem weniger hohen, breit gelagerten Blocke, in den auf allen vier Seiten Sitzbänke eingeschnit­

ten sind und in dessen Ecken sich der Künstler die Köpfe titanenhafter Gestalten in nebelhafter Andeutung eingehauen denkt. Dieser Sockel trifft, obwohl er im Maßstabe zu groß gegriffen ist, im allgemeinen das Richtige und wirkt durch seine Schlichtheit bedeutend."516 In einer in Berlin aufbewahrten Skizze (Abb. 260) und in der Reproduktion einer Zeichnung (Abb. 261) ist auch die den Sockel umgebende Anlage angedeutet. Relativ gut zu erkennen ist sie in einer Abbildung des Situationsmodells in der anfangs bereits zitierten Publikation517, die eine Anzahl der Beiträge in einem Tafelwerk zusammenfaßte (Abb. 262); hier ist im Hintergrund die Treppe des Reichstaggebäudes zu erkennen. Der Sockel stand auf einer flachen Treppenanlage, eine sich anschließende gerade Fläche endete in einer Brüstung, an die jeweils ein halbrundes Bassin grenzte. An der Brüstung waren Figurengruppen vorgesehen, deren Benennung aber

515Ebenda (S. 3)

516CB. 17. Jg., Berlin 1897, S. 474

517Entwürfe zu dem Denkmal für Seine Durchlaucht den Fürsten Bismarck in der Reichshauptstadt, II.

Concurrenz, Berlin 1898, Taf. 3 und Taf. 12

nicht überliefert ist. Möglich wären Personifikationen deutscher Länder oder Flüsse, vielleicht aber auch auf Krieg und Frieden bezogene Allegorien.

Die Zeichnungen und das Modell können nur einen ungefähren Eindruck von der tatsächlichen Größe des von Schmitz und Hilgers entwickelten Beitrags vermitteln. Sehr anschaulich wird das Monumentale erst in dem Figurenmodell, wo an der Bank am Fuß des Denkmals eine men­

schliche Sitzfigur eingefügt ist (Abb. 263). Darüberhinaus ist in diesem Modell die vegetabile Omamentiemng an der Säulenbasis ebenso zu erkennen wie ein weitere umlaufende Inschrift.

Berlin, Siegesallee, Denkmal für Johann-Sigismund