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Kyffhäuser (Thüringen), Denkmal der deutschen Krieger-Vereine für Kaiser Wilhelm I., 1890-1896

Durch die Beteiligung Bruno Schmitz' an dem Wettbewerb für das Kyffhäuser-Denkmal stellte er sich wiederum der Aufgabe, ein monumentales Denkmal zu entwerfen. Allerdings sollte das Monument nicht innerhalb eines städtebaulichen Zusammenhangs stehen wie das Vittorio- Emanuele-Denkmal in Rom, sondern es sollte auf dem Bergrücken des Kyffhäusers in Thü­

ringen, auf dem Gelände der staufischen Burgruine Kyffhausen, errichtet werden. Geschichte und Interpretation dieses Denkmals sind bereits durch Monika Arndt umfassend dargestellt worden.328 Im folgenden beschränke ich mich im wesentlichen daher auf eine knappe Zusam­

menfassung der Baugeschichte und auf wenige Ergänzungen, die sich auf die Gestaltung und Formentwicklung des Denkmals beziehen.

Träger und Auslober des Wettbewerbs war der erst 1884 aus dem Zusammenschluß älterer ört­

licher und regionaler Vereine entstandene "Deutsche Reichskriegerverband". Vorstufe für diese nationale Vereinigung war der 1872 gegründete "Deutsche Kriegerbund" gewesen, der seiner­

seits durch örtliche "Kriegervereine" ins Leben gerufen worden war.

Die Lust an der Retrospektion der Kriegserlebnisse aus den Befreiungskriegen vom Anfang des 19. Jahrhunderts führte zur Gründung solcher Vereine allerorten, "die um das Jahr 1839 im Regierungsbezirk Liegnitz von ehemaligen Soldaten behufs gemeinsamer Feier von Festen zur Erinnerung an ihre Dienstzeit im Heer und zur Pflege patriotischer Gesinnung gebildet wur­

den."329 Die Errichtung eines großen Denkmals galt jedoch nicht den im Krieg Gemordeten, sondern der Anlaß zum Bau des Denkmals war das ehrende Gedächtnis des obersten Kriegs­

herren, des Kaiser Wilhelms I. Nach dessen Tod am 9. März 1888 gab es viele Initiativen zur

327CB. 10. Jg., Berlin 1890, S. 253

328Monika Arndt: Das Kyffhäuser-Denkmal - Ein Beitrag zur politischen Ikonographie des Zweiten

Kaiserreiches, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch, Westdeutsches Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band XL. Köln 1978, S. 75-127; weiterhin zitiert als: Arndt 1978.

329Vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bd. 11, Leipzig und Wien 1905, S. 660. Im Jahr 1903 waren in diesen Vereinen 2 097 527 Mitglieder.

Errichtung von Denkmälern für diesen Kaiser, der als siegreicher Feldherr und Gründer des Deutschen Reiches, besonders in den konservativen, reaktionären und kleinbürgerlichen Kreisen verehrt wurde. Zu Lebzeiten hatte er auf seine Person bezogene Denkmäler nur in Ausnahmen gestattet, nach seinem Tode aber gab es in fast jeder größeren Ortschaft ein Denkmalkomitee, das die Errichtung eines Kaiserdenkmals betrieb. In einer zeitgenössischen Quelle heißt es dazu: "Der Heimgang des unvergeßlichen Kaisers Wilhelm I., der sich im Herzen des Volkes eine bleibende Stätte gesichert hat, entfesselte in Deutschland einen wahren Denkmalsturm. Kein Land, keine Stadt, keine Körperschaft wollte neben dem Reiche an Dankbarkeit zurückstehen; überall sollten sich Statuen, Reiterbilder, Büsten oder Brunnen ihm zu Ehren erheben. Auch die Krieger, die mit Kaiser Wilhelm die deutsche Einheit erkämpft hat­

ten, sie traten alsbald in die patriotische Bewegung ein und wählten für die Errichtung eines würdigen Denkmals für ihren ruhmreichen Kriegsherren einen der schönsten Punkte im Herzen des Reiches, die geweihte Höhe des Kyffhäusers."330 Die Vielzahl der monarchistischen Denkmalgründungen, zu der ja noch die fast unübersehbare Menge der bürgerlichen Denkmäler hinzukam, wurde später auch mit dem Begriff der "Denkmalseuche" belegt.331

Kurz nach dem Tod des Kaisers hatte es auch eine Initiative gegeben, das geplante National­

denkmal auf dem Kyffhäuser zu errichten: "Als es dann galt, den 1888 verstorbenen großen er­

sten Deutschen Kaiser künstlerisch zu verherrlichen, da schlugen einflußreiche Männer in dankbarer Erinnerung daran, daß die Kyffhäusersage jahrhundertelang die Hoffnung auf Kaiser und Reich im Herzen des deutschen Volks genährt hatte, vor, das für Kaiser Wilhelm I. ge­

plante Nationaldenkmal auf dem Kyffhäuser zu errichten; allein der glückliche Gedanke wurde zurückgweisen, weil Berlin als Hauptstadt des Reichs das Denkmal bergen sollte. Darauf wählte der Verein ehemaliger deutscher Soldaten den Kyffhäuserberg, um dort ein würdiges Kaiser-Wilhelm-Denkmal zu erbauen."332

Das Projekt der Kriegervereine jedoch nahm in der Unmenge von Monumenten eine besondere Stellung ein, da allein schon durch die Platzwahl einen besonderer Anspruch übergeordneter Bedeutung bekundet wurde. Bald nach dem Tode des Kaisers mußten sich die Krieger-Vereine zum Denkmalbau entschlossen haben, denn im Februar 1889 wurde berichtet, daß als künstleri­

sche Berater für dieses Unternehmen das Berliner Architektenbüro Kyllmann & Heyden bereits tätig gewesen seien. Noch waren die Sammlungen für das Monument nicht begonnen, da wurden auch schon Pläne für den Bau einer Bergbahn in Erwägung gezogen: "Denn wenn auch weder der Standort des Denkmals noch voraussichtlich dieses selbst mit dem Niederwald und

330Einleitung der Ausstellungsbesprechung der Wettbewerbsentwürfe in Berlin, in: Zur guten Stunde, III. Jg.

1890, Vollheft XIV, S. 966

331 Richard Muther: Die Denkmalseuche, in: Ders.: Aufsätze über bildende Kunst, Band 2: Betrachtungen und Eindrücke, Berlin 1914, S. 59-63

332Simon Ißleib: Die Kaiser- und Kyffhäusersage, in: Illustrirte Zeitung, Leipzig und Berlin, Nr. 2764 vom 20.

Juni 1896. S. 754

seiner Germania werden wetteifern können, so ist doch nicht daran zu zweifeln, dass nach Vollendung des Werks auch der Kyffhäuser eine große Anziehungskraft auf den Strom der Vergnügungs-Reisenden ausüben wird. Das Denkmal selbst, an welchem Hunderttausende deutscher Männer ein besonderes Interesse nehmen werden, der Zauber altgermanischer Sage, der den Ort umschwebt, und endlich nicht zum letzten der landschaftliche Reiz des Ausblicks, den man von dort aus genießt, werden in ihrer Vereinigung eine solche Wirkung schwerlich verfehlen."333 Im Oktober wurde die Konkurrenz ausgeschrieben; eine Ankündigung des Wettbewerbs lautete in der Fassung der "Deutschen Bauzeitung" so: "Der Wettbewerb für Entwürfe zu einem Kaiser Wilhelm-Denkmal auf dem Kyffhäuser, welches die Mitglieder der deutschen Krieger-Vereine ihrem glorreichen Führer setzen wollen, (...) ist nunmehr erlassen worden. Die Teilnahme am Wettbewerb, welche unter dem Namen der Verfasser oder anonym erfolgen kann, soll auf Angehörige des Deutschen Reichs - ohne Rücksicht auf deren Wohnort im In- oder Auslande - beschränkt werden. Der Standort soll auf dem Plateau des Burgberges unter Erhaltung des alten Hauptthurms so gewählt werden, dass das Denkmal sowohl allseitig aus der Nähe besichtigt werden kann, wie auch auf weite Entfernungen hin sichtbar wird. Ob es rein bildnerisch oder zum Theil architektonisch gestaltet werden soll, ist der Wahl der Bewerber frei gestellt; fest zu halten ist nur, dass die Herstellungskosten (ausschl. der Um­

gestaltungen in der Umgebung des Denkmals die Summe von 400.000 M nicht überschreiten dürfen und dass die in militärischer Auffassung darzustellende Porträtfigur des Kaisers nicht größer als 4 m (also einschl. des Helms etwa in doppelter Lebensgröße) gestaltet werden darf."334 Die Einsendungen hatten bis zum 1. Juni 1890 in Berlin zu sein. Als Juroren waren im Programm neben den Vertretern des Denkmal-Komitees, die Bildhauer Dietz/ Dresden, Eberle/ München, Siemering/Berlin, die Architekten Durm/ Karlsruhe und Leins/Stuttgart, der Maler Geselschap/ Berlin und der Direktor der Königlichen Nationalgalerie Berlin, Max Jordan angekündigt. Insgesamt waren 24 Entwürfe eingeliefert worden, die in der "Berliner

Kunstausstellung" 1890 gezeigt wurden.335 Einstimmig wurde der erste Preis (6.000M) an Bruno Schmitz vergeben, sein Projekt wurde zur Ausführung empfohlen, einige Änderungs­

wünsche wurden geäußert. Arndt berichtet, daß sich Kaiser Wilhelm n. in Begleitung des Denkmalausschusses und der Jury die Entwürfe angesehen habe: "In welchem Maße dabei seine auch in künstlerischen Dingen keinen Widerspruch duldende Einstellung auf die Urteilsfindung von Einfluß gewesen ist, muß offen bleiben."336 Da der Ausstellungsbesuch vor dem Zusammentritt der Jury erfolgte, wie Arndt berichtet, wäre es m. E. durchaus mög­

lich, daß der Kaiser durch eine Verlautbarung seine Wünsche andeutungsweise geäußert hatte;

333DBZ, 23. Jg„ Berlin 1889, S. 58 334DBZ, 23. Jg., Berlin 1889, S. 354 335Arndt 1978, S. 79

336Arndt 1978, S. 80

zumindest legt dies sein Verhalten in den Vorgängen um das Nationaldenkmal für Wilhelm I. in Berlin nahe.

Die dem Entwurf vom Architekten beigegebene Erläuterung ist im folgenden vollständig ange­

führt, da aus ihr seine Emphase und Gestaltungsidee des Architekten sehr anschaulich hervor­

gehen: "Eine kurze Darlegung des Gedankenganges, dem der Verfasser bei Bearbeitung des vorliegenden Entwurfs folgte, mag der sachlichen Beschreibung vorausgeschickt werden. (Für diese selbst war mit der Bestimmung zu rechnen, dass dem Kaiser Wilhelm I., dem Schöpfer der nach langem Wünschen und Streben nunmehr erreichten Einheit des Vaterlandes, ein Denkmal Seiner und des Landes würdig auf einer bedeutsamen Scholle Bodens, im Herzen Deutschlands, auf dem sagenumwobenen Kyffhäuserberge, dem Zeugen einstiger Kaiserpracht und Reichsherrlichkeit, zu errichten sei. Hier, wo im alten Burggemäuer, der Sage nach im un­

terirdischen Schlosse der Kaiser Friedrich, der Rotbart, Jahrhunderte verzaubert sass und in den Tagen der Erhebung seine glänzende Auferstehung feierte, hier in einer das weite

fruchtbare Thal, die "goldene Aue", beherrschenden hohen Lage, auf eichenwaldumrauschten Höhen, sucht das wehrhafte Deutschland seinem Kaiser ein Zeugnis seiner Dankbarkeit

hinzustellen, wie seiner nach den Zeiten der Zerrissenheit nun neu erwachten Kraft und Grösse, seines Stolzes, und auf den Grundmauern des alten Kaiserschlosses und neben den Ruinen des von den Raben verlassenen Burgturmes soll sich das Zeichen des neuen Geistes zum Himmel heben. Wie nahe liegt da der Versuch, den Gedanken dieser neu erstandenen Einheit, den poeti­

schen Inhalt von Deutschlands schönster Sage, durch einen wirklichen, im modernen Sinne ge­

fassten Wiederaufbau jenes deutschen Heiligtums, der Kyffhäuserburg, zu verkörpern und dem glorreichen Helden der neuen Epoche inmitten dieser Schöpfung die hervorragendste Stelle zu geben. Dass unter solchen Gesichtspunkten die Lösung der Aufgabe der Architektur zugewie­

sen werden musste, war eine aus dem Programm und der Platzwahl ganz unbedingt hervorge­

hende Richtschnur, und unter Rücksichtnahme auf die hohe, weithin sichtbare Lage des Standortes musste die Verteilung der Massen so gehalten werden, dass das neue Denkmal sich neben dem alten Turmgemäuer durch charaktervolle Linien und eine fast doppelte Grösse als ein markiges Wahrzeichen des neuen Reiches behauptet.) Es kann angenommen werden, daß der alte Thurm den Eingang zur Anlage bildet; von hier aus ziehen sich die wieder hergestellten alten Mauerreste der Burg, einen großen, beziehungsreich ausgeschmückten Festplatz

umschließend und allmählich zu reicherer Schöpfung aufleitend, bis zu dem, als unterirdisches Schloss Barbarossa's charakterisierten Unterbau des neuen >Reichsthurmes<, mit dem

Standbild des Kaisers im Mittelpunkt, um in Zusammenwirkung mit der architektonischen Umgebung und den aus der Terrainerhebung sich ergebenden Treppen-Aufbauten zu dem sich gestalten, was dem Verfasser vorschwebte:

Ein Erinnerungs- und Sieges-Denkmal der Nation, die Betätigung des Dankes für den Gründer der deutschen Einheit - der Ausdruck der Wehrhaftigkeit und Größe des neuen deutschen Kaiserreiches."337

Im ersten Gestaltungsvorschlag hatte Bruno Schmitz also vorgesehen, die ehemalige Burg­

fläche als "Schloßgarten resp. Festplatz" zu gestalten und den Eingang auf die westliche Seite des Bergrückens zu verlegen unter Einbeziehung des alten Turmes in die neu zu errichtende Eingangsanlage mit "bedeckter Halle" und Flügelbauten. Der Festplatz sollte durch zinnenbe­

setzte Mauern und die begleitenden "Laubengänge" eingefaßt und noch mit "kleineren Säulen- Denkmälem usw. ausgestattet" werden.338

Eine auf den 31. Mai datierte Zeichnung (Abb. 167), mit der Blickrichtung ungefähr von Norden auf den Bergrücken, dokumentiert den ersten Entwurf. Hier erscheint der Turm breiter und niedriger, von den Proportionen her gedrungener, als in den späteren Entwürfen. Der Hauptunterschied zur Ausführung liegt darin, daß das vor dem Turm aufgestellte Reiter­

standbild des Kaisers auf die Überreste der alten Burg nach Westen ausgerichtet ist und nicht über einer Terrasse nach Osten, zur Landschaft hin, orientiert ist. Im ersten Entwurf nimmt das Denkmal ungefähr das östliche Viertel der ehemaligen Gesamtfläche der staufischen Burg ein.

Über einige Stufen erreichte man einen quer zum Turm liegenden "Vorplatz", von dem seitlich jeweils eine Freitreppe auf eine über Rundbögen liegende "mittlere Terrasse" führt. Diese

Terrassen begrenzen den sich an den Vorplatz anschließenden "Schloßhof', an dessen

Stirnseite sich die Nische mit der Barbarossa-Figur befand. In der Achse der Terrassen führten zwei weitere Treppen fast bis auf die Höhe der Hauptterrasse, die durch einige Stufen noch einmal abgesetzt war. Die Ecken der Hauptterrasse waren mit kleinen Türmen besetzt, die sich in der Fernsicht noch wirkungsvoll abhoben. Von dieser Terrasse aus erhob sich der gewaltige Schaft des am Fuß 15 Meter breiten Turmes. Über dem zweiten Geschoß des Turmes, das einen auskragenden Umgang hat, ragt auf rundem Postament eine große in Stein gehauene Kaiserkrone als Turmspitze empor. Vom Fuß bis zur Krone war der Turm ungefähr 50 Meter hoch. Am Turmhals, unterhalb des Zinnenkranzes, war an der dem "Festplatz" zugewandten Fläche "über einem heraldischen Adler alterthümlichster Art das von der kranzartigen Kette des schwarzen Adlerordens umgebene Wappenschild der Hohenzollem" in Relief angebracht; dar­

unter befindet sich die Inschrift "FUER KAISER UND REICH". Im Obergeschoß des Turmes befinden sich Wappen mit Schriftbändem, die in zum Teil in Abkürzungen die Namen der Bundesstaaten und der Hansestädte tragen. Zwei"Idealgestalten" flankierten die Reiterfigur, nämlich die Allegorie der Geschichte auf der linken Seite und auf der rechten diejenige der Wehrkraft, die öfter auch als Allegorie des Krieges betitelt wurde. Auf der halbrunden

337Zitiert nach: Arndt 1978, S. 121; die Passage in Klammem zitiert nach: Architektonische Rundschau, 7. Jg., Stuttgart 1891, 5. Heft, Textteil

338DBZ, 24. Jg, Berlin 1890, S. 341

Vorderseite des Sockels des Reiterstandbildes ist die Widmungsinschrift "Wilhelm I." ange­

bracht. Bmno Schmitz hatte ursprünglich die folgende Legende, die auch Auftraggeber resp.

Stifter des Denkmals eingeschlossen hätte, vorgesehen: "Kaiser Wilhelm I./ Dem Begründer des Reiches/ Die deutschen Krieger".339

Der Entwurf des Kyffhäuserdenkmals wurde in der "Deutschen Bauzeitung" als große Leistung gewürdigt, auch wenn bemängelt wurde, daß "dem Denkmal eine auch ohne die Inschrift un­

mittelbar verständliche Beziehung zu den Stiftern desselben fehlt, so wird man willig anerken­

nen müssen, dass die Lösung der Aufgabe eine überaus glückliche ist. Und zwar ist sie es nicht blos nach ihren Grundgedanken, sondern auch nach ihrer künstlerischen Durchführung, die in einer wuchtigen - altdorische mit romanischen Motiven verschmelzenden - Formensprache er­

folgt ist. Alles Spielerische und Kleinliche, welches so oft die verhängnisvolle Klippe derartiger Entwürfe bildet, ist abgestreift, der Verfasser zeigt, dass er in reifer Erfahrung zur Herrschaft über die Maßen gelangt ist. "340

Die Anlage mit neuem Torbau, Laubengängen, Säulendenkmälem und Festplatz war mögli­

cherweise nicht mit der vorgesehenen Bausumme von 400.000 Mark herzustellen, und wohl deswegen lieferte Bmno Schmitz einen zweiten Entwurf mit, der in den Einzelheiten des Turmes und der ihn ungebenden Terrassen sicherlich keine Unterschiede zur Variante mit dem Festplatz aufwies (Abb. 168-171). Hier verzichtete Bmno Schmitz auf den direkten Bezug zu der alten Burganlage und drehte das Denkmal um 180°, faßte den alten Turm nun nur noch als Hintergrund auf und präsentierte das Denkmal mit der Hauptansichtsseite nach Osten, zur offe­

nen Landschaft hin. Diese Drehung brachte allerdings eine Tieferlegung des Denkmals mit sich,

"dass die Höhe des Bergrückens etwa derjenigen der mittleren Terrassen entspräche, der Hof zwischen derselben also in den Fels eingesprengt werden müsste. Die Kosten würden sich da­

durch ohne Frage erheblich verringern, zumal das dabei gewonnene Steinmaterial für den Un­

terbau mit verwendet werden könnte."341

Die Jury schlug vor, daß zunächst nur der architektonische Teil ausgeführt werden solle. Der Schmitzsche Vorschlag sei "ein in jeder Beziehung auf den Platz berechneter Entwurf von der größten Einfachheit und richtigen Mäßigung (...) Die Jury wünscht das Plastische noch mehr vereinfacht zu sehen und rät dem Denkmalsausschusse, zunächst mit dem Architekten zu ver­

handeln und den plastischen Teil später in Auftrag zu geben."342 Noch im Oktober 1890 wurde die Baustelle eingerichtet. Bruno Schmitz hatte für die Bauausfühmung auch die technische Leitung übernommen. Im Junil891 wurde ein Wettbewerb für ein sieben Meter hohes Reiterstandbild ausgeschrieben. In dieser Ausschreibung waren den Künstlern keine

Vor-339Amdt 1978, S. 86

340DBZ, 24. Jg., Berlin 1890, S. 342 341DBZ, 24. Jg., Berlin 1890, S. 342

342Arndt 1978, S. 80, zitiert nach Akten im Staatlichen Archiv Rudolstadt

Schriften gemacht worden über die Bedeutung der Assistenzfiguren. Von diesem Ausschreiben ist durch Abbildungen außer dem preisgekrönten Entwurf Emil Hundriesers nur das mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Projekt von Hermann Volz (Abb. 172) erhalten.343 Für die Barba­

rossa-Figur schrieb der Denkmalausschuß 1893 einen engeren Wettbewerb aus, von dem keine Unterlagen vorhanden sind.344 Dem Architekten war die Wahl des Bildhauers anheimgestellt;

sie fiel auf Nikolaus Geiger, mit dem Bruno Schmitz bereits für das Denkmal in Indianapolis und für die Grablege der Familie Hofmann zusammengearbeitet hatte. Einen Reflex dieser Ausschreibung kann man in dem Entwurf des Bildhauers Michael Lock sehen (Abb. 173).345 Die übrige Bauplastik stammte nach Entwürfen des Architekten von dem Berliner Bildhauer August Vogel, den Bruno Schmitz später auch bei den Denkmalbauten in Koblenz und an der Porta Westfalica zur Mitarbeit heranzog. Vogel hatte sich durch Arbeiten für die Ausstattung des Reichstaggebäudes empfohlen.346

Hinsichtlich der Ausrichtung des "Reichsthurmes" entschied sich der Denkmalausschuss für die zweite Version. Begründungen seitens des Auftraggebers inhaltlicher Art, warum man auf die Anlage des Festplatzes verzichtete, sind nicht erhalten.347 Sicherlich dürfte die Aussicht auf Kostenersparnis dazu beigetragen haben. Da man für die erste Variante den tiefer gelegenen Ostteil des Bergrückens hätte aufschütten müssen, konnte man zumindest diese Kosten sparen.

Ohne Aufschüttung wäre die mittlere Terrasse in Höhe des Bodenniveaus zu liegen gekommen, bei der Drehung des Denkmals wäre die Neigung des natürlichen Gefälles auszunutzen gewe­

sen, allerdings erforderte diese Anordnung die Errichtung einer großen Terrasse. Arndt war der Meinung, daß diese Terrasse in der Variante des ersten Entwurfs (mit dem nach Osten ausge­

richteten Denkmal) noch nicht enthalten gewesen sei. Auf einer in der "Architektonischen Rundschau" publizierten Zeichnung348 ist die Terrasse dargestellt, die Zeichnung ist auf den 11. Dezember 1890 datiert (Abb. 169).

3430ffensichtlich war den Bildhauern eine Abbildung der Turmwand mit der Nische zur Verfügung gestellt worden, um ihr Modell maßstabsgerecht in die Architektur einpassen zu können. Im Falle des Entwurfes von Volz führte dieser reduzierte Ausschnitt der Schmitzschen Architektur zu einer kuriosen Beschreibung durch den Autor der Monographie über H.Volz. J.A. Beringer, der die Architektur "fast ägyptisch wuchtig" nannte; Joseph August Beringer; Hermann Volz. Sein Leben und Schaffen, Karlsruhe 1923, S. 23.

344Vgl. Arndt 1978, S. 80

345Arndt 1978, S. 80 (Anm. 46); für die Teilnahme Locks spräche neben der Thematik - so Arndt - die Ausschnitthaftigkeit dieses Modells. Meines Erachtens kann man diesen Entwurf ziemlich sicher zu dieser Konkurrenz rechnen, wenn man ihn mit der entsprechenden Stelle einer Zeichnung vergleicht, die in der

"Architektonischen Rundschau" 1891, Taf. 40 (Abb. 169 a) veröffentlicht wurde.

346Vgl. Michael S. Cullen; Der Reichstag. Die Geschichte eines Monumentes, Berlin 1983, S. 224f. Als Bildhauer der Bogenhalle und der bauplastischen Teile am Turm wird in; CB, 16. Jg., Berlin 1896, S. 306, August Vogel genannt.

347Vgl. Arndt 1978, S. 90. Einige Jahre später kam der Vorschlag auf, am Kyffhäuser-Denkmal "Nationalfeste"

abzuhalten. Die Architektur - ein riesiges Amphitheater - stammte von Bruno Schmitz.

348Architektonische Rundschau, 7. Jg., Stuttgart 1891, Taf. 40 oben. Aber auch die von Arndt gezeigte Abbildung läßt auf das Vorhandensein der Terrasse schließen.

In den Rudolstädter Akten befindet sich die Photographie eines drei mal vier Meter großen Modells (Abb. 174), das einige wichtige Unterschiede zur Entwurfszeichnung von 1890 auf­

weist und das einen etwas späteren Planungsstand zeigt349 Die Veränderungen sind vor allem folgende: Die quer zum "Vorhof’ liegenden Treppen zu der mittleren Terrasse folgen jetzt der

weist und das einen etwas späteren Planungsstand zeigt349 Die Veränderungen sind vor allem folgende: Die quer zum "Vorhof’ liegenden Treppen zu der mittleren Terrasse folgen jetzt der