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Mutter Courage und ihre Kinder

Im Dokument Sozialistische Filmkunst (Seite 189-200)

nach der Vorlage des Bühnenstücks von Bertolt Brecht

Produktionsland DDR

Premierendatum 10. Februar 1961, Berlin Produktionsfirma DEFA-Studio für Spielfilme

Verleih PROGRESS Film-Verleih Produktionsleitung Alexander Lösche

Aufnahmeleitung Heinz Ullrich, Bruno Schlicht Regie Peter Palitzsch, Manfred Wekwerth

Regie-Assistenz: Isot Kilian, Hans-Georg Simmgen, Guy de Chambure

Drehbuch Peter Palitzsch, Manfred Wekwerth Dramaturgie Egon Günther

Kamera Harry Bremer

Kamera-Assistenz: Manfred Damm, Peter Süring, Detlef Hertelt

Standfotos: Hannes Schneider

Bauten Heinrich Kilger, Erich Kulicke, Theo Otto (Modell) Requisite Felix Essmann

Kostüm Heinrich Kilger

Maske Ruth Stein, Hans Wosnik Schnitt Ella Ensink

Musik Paul Dessau Ton Erich Schmidt

Darstellende Mutter Courage: Helene Weigel Eilif: Ekkehard Schall

Schweizerkas: Heinz Schubert Kattrin: Angelika Hurwicz Werber: Willi Schwabe Feldwebel: Gerhard Bienert Koch: Ernst Busch

Feldhauptmann: Norbert Christian Feldprediger: Wolf Kaiser Zeugmeister: Harry Gillmann Yvette Pottier: Regine Lutz Einäugiger: Peter Kalisch Feldwebel: Erik S. Klein Obrist:Wolf Beneckendorff

Darstellende Schreiber: Ralf Bregazzi Älterer Soldat: Wladimir Marfiak Junger Soldat: Gerd E. Schäfer 1. Soldat: Axel Triebel 2. Soldat: Edgar Schrade Bäuerin: Eva Brumby Bauer: Siegmund Linden Alte Frau: Bella Waldritter

Junger Bauer: Hans-Georg Simmgen Diener der Yvette: Johannes Conrad 3. Soldat: Wolfgang Lohse

Fähnrich: Stefan Lisewski 4. Soldat: Hans W. Hamacher 5. Soldat: Horst Kube Bäuerin: Carola Braunbock Bauer: Josef Kamper

Junger Bauer: Fritz Hollenbeck Chronist: Hilmar Thate

in weiteren Rollen: Nico Turoff, Hans Schmidt, Conrad Pfennig, Werner Riemann, Erich Braun, Carlo Formigoni, Günter Voigt, Gerhard Moebius, Bruno Schlicht

Zum Inhalt

Die Marketenderin Anna Fierling zieht während des 30jährigen Krieges mit ihrem Karren und ihren drei Kindern durchs Land. Die Gefahren und das Unrecht des Krieges macht sie sich nicht bewußt. Sie gerät unvermeidlich zwischen die Fronten und muß erleben, wie nacheinander ihre Kinder zu Opfern des Krieges werden. Schweizerkas, selbst ein Lands-knecht, ist nicht bereit, die Regimentskasse an den Feind zu übergeben und wird erschos-sen. Eilif hat während des mörderischen Krieges jegliches Empfinden für Recht und Ord-nung verloren und wird für seine Taten zum Tode verurteilt. Als die stumme Katrin mit einer Trommel die Hallenser Bürger vor den anrückenden Truppen warnt, muß auch sie sterben. Unverdrossen spannt sich Mutter Courage allein vor ihren Karren und zieht wei-ter mit dem Krieg.

2009

Rotation

Der für heute ins Auge gefaßte DEFA-Film von Wolfgang Staudte spricht so sehr für sich, daß man über ihn nicht viele Worte machen muß. Interessanter sind viel-leicht ein paar Auskünfte von ihm selbst und über diesen Mann, der – fast auf den Tag (am 19. Januar) vor 15 Jahren starb, mit 77 an Herzversagen, aber sozusagen im Regiestuhl – nämlich während der Außenaufnahmen in Slowenien, zu einem fünfteiligen Fernsehfilm Der eiserne Weg.Ein Filmoholic.

Doch dieses Metier war ihm eigentlich gar nicht in die Wiege gelegt. Wolfgang Staudte, Jahrgang 1906, besucht die Oberrealschule in Berlin-Steglitz, und ob-wohl Vater Fritz wie auch seine Mutter Schauspieler waren, sieht er seine Zukunft zunächst auf technischem Terrain. Er versucht sich als Motorradrennfahrer und beginnt ein Ingenieurstudium mit Praktikum bei Mercedes.

Den Zwanzigjährigen findet man überraschenderweise dann doch als Schau-spieler, nur kurz am Theater in Schneidemühl, dann aber in Berlin. Und gleich an der Volksbühne unter Max Reinhardt und Erwin Piscator und auch – wen wun-dert’s – in der linken Theatergruppe seines Vaters.

Seine Filmkarriere beginnt 1931 mit kleinen Rollen, neben Ernst Busch sieht und hört man ihn als Bänkelsänger im Film Gassenhauer. So geht das mit Neben-rollen bis 1933. Da wird ihm – keinen wundert’s – die Bühnenauftrittserlaubnis entzogen. In den nächsten Jahren schlägt er sich als Rundfunk- und Synchron-sprecher durch, spielt kleine Rollen im Film und dreht 100 Sujets für die inzwi-schen prosperierende Kinowerbung. In dieser Zeit kehrt er noch einmal zu seiner frühen Leidenschaft zurück. Er dreht zwei abendfüllende Dokumentarfilme über den jetzt sehr populären Autorennsport: Zwischen Sahara und Nürburgringund 1937 Deutsche Siege in drei Erdteilen.Da waren es noch friedlich erkämpfte...

Den Krieg überlebt Staudte erstaunlicherweise als Filmdarsteller in kleinen Rollen, der Preis – die Mitwirkung auch in üblen Propagandafilmen: Legion Con-dor, Jüd Süßoder ... reitet für Deutschland.1942 endlich überträgt ihm die Film-gesellschaft Tobis die Regie für seinen ersten abendfüllenden Spielfilm nach eige-nem Drehbuch Akrobat schö-ö-önmit Clown Charlie Rivel.

1944 wird seine Bürokratie-Groteske Der Mann, dem man den Namen stahl verboten, und Staudte verliert die »halbe Lebensversicherung« – nämlich die amt-liche Bestätigung seiner zivilen Unabkömmlichkeit (»UK-Stellung«).

Der einflußreiche Heinrich George, Staatsschauspieler und Generalintendant, bewahrt Staudte vor dem Kriegseinsatz in letzter Stunde. Er beginnt mit der Bucharbeit für seinen ersten Nachkriegsfilm noch während in Berlin die letzten Häuserkämpfe toben.

»Inmitten des Grauens der letzten Kriegstage«, so Staudte später, »war es ein Akt der Selbstverständigung, der eigenen geistigen Abrechnung mit dem

Faschis-mus und seiner Ideologie. Es erschien mir damals unmöglich, mit den Mördern unter uns zu leben. Ich bin naheliegenderweise, da ich im britischen Sektor wohnte, mit meinem Exposé zu den Engländern, den Amerikanern, zu den Fran-zosen gegangen. Peter van Eyck war bei den Amerikanern verantwortlicher Film-offizier und hat mir also in gebrochenem Deutsch, dafür aber in einer ungeheuer gut sitzenden Uniform erzählt, daß in den nächsten zwanzig Jahren für uns Deut-sche an Film gar nicht zu denken sei.«

So meldet sich Staudte mit seinem Projekt Anfang Oktober 1945 bei Herbert Volkmann, dem Abteilungsleiter Kunst und Literatur der gerade erst installierten Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung. Am 22. November 1945 gehört er zu den wenigen prominenten Filmleuten, die sich im unzerstörten Seitenflügel des Hotels Adlon treffen, um über einen »Neubeginn der Filmkunst in Deutschland«

zu beraten. Schon im Dezember 1945 erteilt die Sowjetische Militäradministra-tion einem kleinen Filmaktiv die Erlaubnis, mit der Vorbereitung einer eigenen Filmproduktion zu beginnen.

Zunächst dreht Staudte Dokumentaraufnahmen in U-Bahn-Tunneln in der Frie-drichstraße, die in den letzten Kriegstagen ohne Rücksicht auf die dort schutz-suchenden Zivilisten geflutet worden waren. Sie sind für ein Filmprojekt von Friedrich Wolf gedacht, das nicht realisiert wurde. Die SMAD, Sowjetische Mi-litäradministration in Deutschland, vergibt an die Deutschen erste Filmaufträge.

Da kommen ihm seine frühen Synchronerfahrungen zugute. Am 10. August 1945 erlebt der erste deutschsprachige »Russenfilm«, wie es allgemein heißt, seine Ber-liner Premiere, und gleich ein berühmter: Sergej Eisensteins Iwan der Schreckli-che,Synchronregie: Wolfgang Staudte.

Vor der Produktionsfreigabe seines ersten Spielfilms aber tritt die »kommuni-stische Zensur« in Gestalt eines kleinen Majors auf den Plan, Alexander Dym-schitz. Staudte erlebt das so: »Ich erinnere mich noch genau, eines Nachts wurde ich zum Kulturoffizier in die Jägerstraße bestellt, es gab keinen Strom, und wir verhandelten bei Kerzenlicht. Er gratulierte mir und kannte jede Stelle des Dreh-buchs auswendig. Der sowjetische Offizier war vom Stoff begeistert. Nur einen Einwand hatte er: ich sollte den Schluß ändern. Er lehnte diese Art von Selbst-justiz ab und malte mir die Folgen aus, die aus der Wirkung des Films entstehen könnten, wenn jeder hinging und jeden erschoß, so selbstverständlich der Wunsch auch sein mochte. Diese Menschen mußten ordentlichen Gerichten übergeben werden. Ich hatte lange Schwierigkeiten, diesen Einwand einzusehen, bis dann der ganze Umfang der Naziverbrechen klar wurde und mir zeigte, was für ein re-lativ ›kleiner‹ Mörder dieser Ferdinand Brückner war.« So weit Staudte.

Damit war auch die frühere Titel-Idee obsolet: Der Mann, den ich töten werde.

Und so kam es also zum neuen, paradigmatischen Titel: Die Mörder sind unter uns, der eine große antifaschistische Traditionslinie begründen sollte.

Als mit der Lizenzübergabe der SMAD am 17. Mai 1946 die DEFA, die Deut-sche Film A. G., im Babelsberger Althoff-Studio gegründet wird, lädt man die

Gäste anschließend ins Nachbaratelier. Dort dreht Staudte bereits in der zweiten Woche die Innenaufnahmen. Nach geradezu sensationell kurzer Produktionszeit hat der erste deutsche Nachkriegsfilm am 15. Oktober 1946 seine Premiere im Admiralspalast. Es wird ein überwältigender und auch international lang nachwir-kender Erfolg.

»Nach diesem Film«, so Staudte, »drängte sich mir die Frage förmlich auf – wie wurden die Deutschen schuldig? Ich wollte am Beispiel eines einfachen deut-schen Arbeiters den politideut-schen und weltanschaulichen Kampf seiner Zeit zeigen (...) an die Erlebnisse von Millionen indifferenter Deutscher anknüpfen (...) und schließlich den Wandlungsprozeß von einer passiven zur aktiven kämpferischen Lebenshaltung gestalten. Die Filme, Rotationund Die Mörder sind unter uns gehören zusammen, sie waren beide notwendig zur inneren Auseinandersetzung mit der Hitlerzeit.«

Nun aber, im Jahr 1949, gerät Staudte mit seiner Warnung vor rotierender Wie-derholung von Unbelehrbarkeit und Fehlverhalten in ganz andere, aktuelle Aus-einandersetzungen. Und er hat es mit sehr anderen Partnern zu tun. Der neue, filmfremde DEFA-Direktor Sepp Schwab ist Journalist und Parteifunktionär, während des Krieges zuständig für die deutschen Sendungen des Moskauer Rund-funks, zuletzt Chefredakteur des Neuen Deutschland.Zu seinen ersten Amtshand-lungen gehört die Ansicht von Rotation. Er verlangt nicht nur das Nachdrehen der Schlußszene mit dem jungen Paar, sondern verfügt danach noch einen rigorosen Schnitt. Daraufhin reist Staudte ab und kündigt seine Zusammenarbeit mit der DEFA auf.

1969, im Abstand von 20 Jahren, urteilt er über die Kontroverse weniger aufge-regt: »Aus meiner damaligen Einstellung heraus war ich ein leidenschaftlicher Pa-zifist. (...) Ich habe heute diese Meinung korrigiert, aber damals stand ich natur-gemäß unter dem Eindruck des Hitlerkrieges. In der ersten Fassung des Films verbrennt Behnkezum Schluß die Uniform seines Sohnes symbolisch mit den Worten: ›Das war die letzte Uniform, die du je getragen hast.‹ Ich habe einige Zeit gebraucht, die Richtigkeit der Einwände einzusehen, daß es nur darauf ankommt, welche Uniform man trägt. (...) Ich hoffe, damals meinen bescheidenen Beitrag geleistet zu haben, (...) das Gewissen aufzurütteln, daß jeder Einzelne dafür sor-gen muß, daß ähnliche Verhältnisse nicht mehr geschehen können, daß jeder Ein-zelne mitverantwortlich für die Erhaltung des Friedens ist.«

Rascher als gedacht, war seinerzeit Staudtes Zorn auf die Berliner Administra-tion verflogen. Er kehrte bald nach Babelsberg zurück und drehte dort als näch-sten seiner drei DEFA Filme seinen bedeutendnäch-sten – Der Untertan.

Nun hat er Grund, seiner Wohnheimat zu zürnen. Der Film wird in der Bun-desrepublik verboten, und der Spiegelliefert dem Interministeriellen Ausschuß die Zensurgründe gegen das »Paradebeispiel ostzonaler Filmpolitik: Man läßt ei-nen politischen Kindskopf wie den verwirrten Pazifisten Staudte eiei-nen scheinbar unpolitischen Film drehen, der aber geeignet ist, in der westlichen Welt

Stim-mung gegen Deutschland und damit gegen die Aufrüstung der Bundesrepublik zu machen. Der Film läßt vollständig außer acht, daß es in der ganzen preußi-schen Geschichte keinen Untertan gegeben hat, der so unfrei gewesen wäre wie die volkseigenen Menschen unter Stalins Gesinnungspolizei es samt und sonders sind.«

So kommt der Film in der BRD erst 1957 mit entstellenden Schnitten und um elf Minuten gekürzt ins Kino. Nach seiner scharfen Zeitsatire Rosen für den Staatsanwalt,der Ablehnung des Bundesfilmpreises dafür, nach den zwei eben-falls gesellschaftskritischen Filmen Kirmesund Herrenpartiewird Staudte in der veröffentlichten Meinung zum Nestbeschmutzer gestempelt. Der Nonkonformist scheitert mit dem Versuch, sich mit einer eigenen Produktionsfirma größere Un-abhängigkeit zu sichern und unterwirft sich dem Diktat der Auftragsarbeit für das Fernsehen, zeitweise in Krimi- und anderen Genre-Fernsehreihen, geradezu pau-senlos beschäftigt bis zum erwähnten Ende.

Staudtes frühes Fazit dieser Schaffensbedingungen eines »öffentlichen Ruhe-störers« (so Wolfram Schütte im Nachruf der Frankfurter Rundschau): »Es ist schwer, die Welt verbessern zu wollen mit dem Gelde von Leuten, die die Welt in Ordnung finden.«

Rotation

Produktionsland Deutschland, Sowjetische Besatzungszone (1948/49) Dreharbeiten: 29. September bis November 1948 in Potsdam und Berlin

Premierendaten Uraufführung (DDR): 16. September 1949, Berlin, Babylon,

Defa-Filmtheater Kastanienallee

TV-Erstsendung (DDR): 30. April 1954, DFF TV-Erstsendung (BRD): 13. Mai 1958, ARD Produzent DEFA Deutsche Film-Aktiengesellschaft (Berlin/Ost)

Verleih PROGRESS Film-Verleih Regie Wolfgang Staudte

Regie-Assistenz: Hans Heinrich Drehbuch Wolfgang Staudte, Erwin Klein

(manchmal auch noch: Fritz Staudte) Idee: Wolfgang Staudte

Dramaturgie Georg Schaafs (George Schaaffs)

Kamera Bruno Mondi

Kamera-Assistenz: Dieter Maurer, Jürgen Kagermann Standfotos: Rudolf Brix

Licht Günther Müller, Norbert Lude Bauten Willy Schiller

Bauausführung: Willi Eplinius, Artur Schwarz, Franz F. Fürst

Kunstmaler Alfred Born, Herbert Patzelt, Wolfram Baumgardt Requisite Gerhard Rotzoll, Jürgen Rietschel,

Elisabeth Stenzel (Außenrequisite) Bühne Manfred Grimm (Bühnenmeister) Kostüme Georg Schott

Maske Horst Schulze, Irmela Holzapfel, Wolfgang Möwis, Margot Friedrichs

Schnitt Lilian Seng Ton Karl Tramburg Musik H. W. Wiemann Produktionsleitung Herbert Uhlich

Aufnahmeleitung Willi Teichmann Produktionsassistenz Peter-Klaus Niemetz

Darstellende Hans Behnke: Paul Esser, Lotte Behnke: Irene Korb Kurt Blank: Reinhold Bernt

Helmuth Behnke: Karl-Heinz Deickert

Inge, Helmut Behnkes Freundin: Brigitte Krause Rudi Wille: Reinhard Kolldehoff

Udo Schulze: Werner Peters

»VB«-Personalchef: Albert Johannes 1. SD-Mann: Theodor Vogeler 2. SD-Mann: Walter Tarrach

Hebamme: Valeska Stock, Hauswirt: Alfred Maack Frau Salomon: Ellen Thenn-Weinig

Herr Salomon: Klemens Herzberg Besucher: Hans-Erich Korbschmitt

Wirtin: Maria Loja, Schauspieler: Wolfgang Kühne 1. Arbeiter im Rotationssaal: Eduard Matzig Vorarbeiterin in der Weberei: Margit Rocky 2. Arbeiter im Rotationssaal: Peter Marx

SS-Mann: Siegfried Andrich, Ordonnanz: Carlo Kluge SS-Offizier in Moabit: Hugo Kalthoff

Luftschutzhelfer: Helmut Hein SD-Mann: Georg August Koch

Flüchtlingsfrau: Kitty Franke, Adjutant: Gerd Ewert

Darstellende SS-Mann im Gefängnishof: Herbert Mahlsbender MG-Schütze: Rudi Beil

Arbeiter am Fabriktor: Albert Venohr 2. Arbeiter am Fabriktor: Hans Emons 3. Arbeiter am Fabriktor: Helmuth Bautzmann 4. Arbeiter am Fabriktor: Walter Diehl 1. Arbeiter im Rotationssaal: Eduard Maetzig 2. Arbeiter im Rotationssaal: Johannes Knittel 3. Arbeiter im Rotationssaal: Hans Schille 4. Arbeiter im Rotationssaal: Gerd Robat 5. Arbeiter im Rotationssaal: Friedrich Teitge Zum Inhalt

Berlin von 1932 bis 1946: Der Maschinenmeister Hans Behnke ist tüchtig, und Politik in-teressiert ihn nicht. Bis er eines Tages von seinem Schwager gebeten wird, eine Druckma-schine zu reparieren, auf der antifaschistische Flugblätter hergestellt werden.

Von seinem eigenen Sohn Helmuth veraten, der in der Hitlerjugend zu einem fanatischen Nazi erzogen wurde, kommt Behnke ins Zuchthaus.

Nach Kriegsende stehen sich der befreite Vater und der aus der Gefangenschaft heimkeh-rende Sohn gegenüber. Helmuth hat kaum Hoffnung, daß ihn der Vater aufnehmen wird, doch der schließt ihn in seine Arme. Gemeinsam wollen sie ein neues Leben aufbauen.

Oskar Lafontaine über Wolfgang Staudte

Jene kritische westdeutsche Nachkriegsgeneration, die in den sechziger Jahren anfing, politisch zu denken und zu handeln, fand im eigenen Land nur wenige Per-sönlichkeiten, die ihr etwas zu sagen hatten: da waren die aus dem Exil zurückge-kehrten antifaschistischen Politiker; da waren die Schriftsteller, Philosophen, Theologen und Wissenschaftler, die sich dem Naziregime verweigert hatten; da war ein Filmregisseur, der mit diesem Regime abrechnete – Wolfgang Staudte.

Die Konzentration aller Kräfte auf den Wiederaufbau half den Älteren die unse-lige Vergangenheit zu verdrängen. Dieser Verdrängungsmechanismus erleichtere den Prozeß der politischen und personellen Restauration, an dem die Jungen An-stoß nahmen. Die junge Generation mußte weitgehend alleine damit fertig werden, daß ihre Eltern den Nationalsozialismus zugelassen hatten. Ihr Protest war nicht zuletzt das Ergebnis ihrer Aufarbeitung des Nationalsozialismus und seiner man-gelnden Bewältigung durch die bundesrepublikanische Gesellschaft der Adenauer-zeit. Deshalb war ihr politisches Engagement stark moralisch motiviert.

Auch der Regisseur Staudte war ein politischer Moralist, auch seine politischen Filme »Rotation«, »Die Mörder sind unter uns«, »Rosen für den Staatsanwalt«,

»Kirmes«, oder »Herrenpartie« setzten sich mit der faschistischen deutschen

Ver-gangenheit auseinander. Darüber hinaus war ihm mit der Verfilmung des Romans

»Der Untertan« von Heinrich Mann eine meisterhafte, zeitlose Karikatur des kleinbürgerlich-deutschen Mitläufers gelungen. Kein Wunder also, daß diese Filme während den sechziger Jahren vorwiegend in den auf ein kritisches junges Publikum ausgerichteten Kunst- und Studentenkinos großen Anklang fanden.

Als einziger westdeutscher Regisseur schwamm Staudte in der Adenauer-Ära gegen den Strom der allgemeinen Geschichtsverdrängung und verstörte die heile Welt des Heimatfilms. Dadurch erregte er Mißfallen. Selbst der Kassenerfolg von

»Rosen für den Staatsanwalt« änderte nichts an der Tatsache, daß es für ihn im-mer schwerer wurde, einen Produzenten zu finden. Als endlich in den späten sechziger Jahren die Bewältigung der faschistischen Vergangenheit von der auf-müpfigen Jugend und den kritischen Intellektuellen auf die Tagesordnung der bundesdeutschen Kulturszenerie gesetzt worden war, hatte Staudte längst auf die Gattung des handwerklich gediegenen Unterhaltungsfilms umgesattelt.

Mitte der siebziger Jahre beschritt die Stadt Saarbrücken neue Wege der Kul-turpolitik. Unter anderem sollte auch die Filmkunst, die bis dahin eher als eine Exzentrikerliebhaberei im Schatten der kommerziellen Kinos geduldet war, auf-gewertet werden. Aus dem ersten Schritt eines programmanteiligen Engagements der Stadt bei dem privaten »Studio für Filmkunst« Camera entwickelte sich in wenigen Jahren das gleichnamige »Saarbrücker Stadtkino«, das mit gezielten An-geboten für alle Alters- und Interessengruppen ein breites Publikum fand. Diesem erfreulichen Trend sollten noch besondere Lichter aufgesteckt werden. Man prüfte, welche bedeutenden Namen des Filmschaffens in einem konkreten Bezug zu Saarbrücken standen. Nach der Einrichtung des Max Ophüls-Wettbewerbs wurde auch Wolfgang Staudte angesprochen, ob er bei einer umfassenden Retrospektive seines Werks in Saarbrücken mitwirken wolle. Die Retrospektive kam nicht zu-stande. Wolfgang Staudte hatte zu seiner eher zufälligen Geburtsstadt – auch seine Eltern lebten hier nur etwa anderthalb Jahre – kaum Beziehungen knüpfen kön-nen. Aus dem Eintrag ins Geburtenregister konnte er nichts Verbindliches ablei-ten. Da er gegen den falschen Schein war, wurde er kein »Vorzeige-Saarbrücker«.

Als ich, damals Oberbürgermeister von Saarbrücken, wegen meines Kampfes gegen die Nachrüstung angegriffen wurde, meldete er sich persönlich aus Sylt:

»Seien Sie sicher – schrieb er – es gibt viele, die auf Ihrer Seite stehen und einer davon ist, wie Sie, in Saarbrücken zur Welt gekommen«.

Im Jahr 1960, als sich die antisemitischen Ausschreitungen häuften, schrieb Staudte einen offenen Brief an alle Tageszeitungen »Eine Demokratie lebt vom Anstand und dem Mut der Bürger, Feigheit macht jede Staatsform zur Diktatur.

Indem wir die Schuld der Vergangenheit von uns zu wälzen versuchen, machen wir uns erneut schuldig.« Kein Satz kann den politischen Moralisten Staudte tref-fender charakterisieren. Kein Satz ist heute aktueller.

Im Dokument Sozialistische Filmkunst (Seite 189-200)