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6.3 Schulpraktische Erfahrungen der Lehrer

6.3.1 Erfahrungen im Kinematik-Unterricht

Einige teilnehmende Lehrer haben bei der Kinematik häufig per E-Mail oder telefonisch Fragen gestellt, von Erfahrungen berichtet oder Ergänzungen und weitere Materialien gewünscht. Darüber hinaus haben nach Abschluss des Kinematikunterrichts alle Lehrer einen Fragebogen ausgefüllt und damit angegeben, wie intensiv sie die Kinematik unterrichteten und welche Erfahrungen sie dabei machten, so dass viele detaillierte Aussagen schriftlich vorliegen.

6.3.1.1 Aspekte zur Akzeptanz der Inhalte und zum vorgeschlagenen Stundenumfang

Die teilnehmenden Lehrer haben sich in der Regel recht eng an das vorgegebene Unterrichtskonzept gehalten und sind auch gut mit der Zeitaufteilung zurechtgekommen. Nach ihren Angaben haben sie dafür zwischen 12 und um die 20 Unterrichtsstunden eingesetzt. Es zeigte sich, dass das Konzept in der vorgeschlagenen Zeit von 14 Unterrichtsstunden gut durchführbar ist. Zu beachten ist, dass dies mehr Stunden sind als der bayerische Lehrplan vorschlägt (10 Unterrichtsstunden für eindimensio-nale Kinematik, nur ca. 1 Unterrichtsstunde für zweidimensioeindimensio-nale Kinematik).

Die meisten Lehrer haben vom Gesamtkonzept nichts weggelassen. Einige Lehrer (fast 50 %) haben lediglich die Einführung in die Modellbildung über die Kinematik mit Graphenvorhersage nicht unterrichtet, da sie in neusprachlichen Klassen generell keine Zeit für Modellbildung sehen. Ander-seits wurde jedoch von fast allen Lehrern irgendetwas ausführlicher als im vorgeschlagenen Unter-richtskonzept behandelt. Sieht man hier von Einzelfällen ab (Bemerkung zur Digitalisierung von Messwerten, ausführlichere Behandlung des Grenzübergangs von Durchschnitts- zu Momentanwer-ten, noch intensivere Behandlung des Beschleunigungsvektors, Schülerübung, Unterrichtsgang, Datenauswertung mit Excel) wurde insbesondere das Thema „Bewegungsfunktionen und

Bewe-gungsdiagramme“ ausführlicher behandelt. Diese Lehrer meinten auch, dass Rechenaufgaben und Aufgaben zum Straßenverkehr wie Überholaufgaben stärker berücksichtigt werden sollten.

Die beiden Lehrer außerhalb Bayerns sowie einige Lehrer an bayerischen mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasien haben sich bewusst dazu entschieden, mehr Stunden für die Kinematik aufzuwenden. Für manche Lehrer an bayerischen neusprachlichen Gymnasien ergab sich ein Dilemma: Einerseits fanden sie manches im Konzept (z.B. Überholaufgaben) zu knapp und würden diese ausführlicher unterrichten, anderseits fanden sie, dass die Kinematik in Anbetracht des Lehrplanes lange dauert. Um dieses Dilemma zu lösen, ist in dem Konzept vorgesehen, die grundlegenden kinematischen Begriffe anhand allgemeiner zweidimensionaler Bewegungen einzu-führen, dann aber schnell auf die eindimensionale Bewegung zu spezialisieren und vor allem diese zu üben. Es ging also nicht darum, zweidimensionale Kinematik in allen Details zu beherrschen.

Die Lehrer nutzten aber nicht nur gerne fakultativ angebotene Übungsblätter zur zweidimensionalen Kinematik, sondern etliche wollten auch noch mehr Anwendungsaufgaben und Problemstellungen zur zweidimensionalen Bewegung. Ein Lehrer meinte dagegen, man könnte diese Einführung der grundlegenden kinematischen Begriffe anhand allgemeiner zweidimensionaler Bewegungen (Stun-den 1 bis 9) straffen, was er im folgen(Stun-den Jahr (ohne Evaluation) auch tat. Möglicherweise gab es bei manchen Lehrern das Problem, dass sie bei der ersten Durchführung nach diesem Konzept noch nicht klar unterscheiden konnten, was mehr und was weniger relevant ist, und alle Aspekte ausführ-licher behandelten, als wenn sie sie ein zweites Mal unterrichten würden.

Ein Lehrer hat für die Kinematik (insbesondere für die Einführung der kinematischen Begriffe an-hand zweidimensionaler Bewegungen) besonders viel Unterrichtsstunden aufgewandt, so dass er sich gegen Ende des Kinematikunterrichts entschloss, nicht mehr dem Konzept zu folgen und nicht weiter an der Evaluation teilzunehmen, sondern konventionell weiter zu unterrichten. Er sagte, er hätte zu wenig Zeit gehabt, sich in das Konzept reinzudenken und so manches selbst nicht völlig verstanden. Anderseits hatte er wohl auch eine besonders schlechte, unmotivierte Klasse. Schließ-lich gefiel ihm das viele Arbeiten mit dem Computer nicht und es störten ihn die Probleme, die er mit der Hard- und Software hatte.

6.3.1.2 Von den Lehrern eingebrachte Ideen

Man kann feststellen, dass die Lehrer das Konzept verstanden haben, was auch daran zu sehen ist, dass einige Lehrer neue Ideen mit in den Unterricht einbrachten. Ein Lehrer entwarf das Bild, dass bei einem Auto auf der Motorhaube der Geschwindigkeitsvektor befestigt ist, der in Fahrtrichtung zeigt und dessen Länge das Tempo angibt. Den Schülern war klar, dass man diesen Vektor nicht nur mit Gaspedal und Bremse, sondern auch mit dem Lenkrad verändern kann. Ein anderer Lehrer visu-alisierte seine eigene Geschwindigkeit beim Gehen durch seinen ausgestreckten Arm. Für den Fall, dass die Beschleunigung senkrecht zur Geschwindigkeit steht und sich ständig die Geschwindig-keitsrichtung ändert, konnte er somit zeigen, dass sich beim Gehen ein Kreis ergibt. Im Unterrichts-gespräch wurde deutlich, dass sich die Schüler die Wirkung des Beschleunigungsvektors wie eine Krafteinwirkung auf den Geschwindigkeitsvektor vorstellten.

Ein Lehrer außerhalb Bayerns entwickelte eine zum Unterrichtskonzept passende Schülerübung ohne Computer mit Hilfe der in 5.3.3.4 bereits erwähnten Spurenplatte. Ausgehend von der Idee, Ortsänderungen bzw. Geschwindigkeitsänderungen zu betrachten, verwendete er die alte Schwefel-bahn (eindimensional) und die Spurenplatte (für zweidimensionale Bewegungen) der Firma Krön-cke, um Ortsänderungen als Streifen im Schwefelstaub sichtbar zu machen, was im zweidimensio-nalen Fall auch leicht selbst nachgebaut werden kann. Bei sanfter Bewegung des Fingers über die Platte entsteht eine Spur aus schwarzen und gelben Streifen, die jeweils 0,01 s dauern. Damit wurde eine sinnvolle qualitative Schülerübung durchgeführt, von der der Lehrer berichtete: "Ich habe kurz vorgemacht, wie man eine Spur mit dem Finger erzeugt, habe wiederholen lassen, wie die Spuren entstehen und wie man prinzipiell das Tempo bestimmen könnte bzw. welcher Zusammenhang zwi-schen Spurdichte und Tempo besteht. [...] Aufgabe an die Schüler war: Stellt mit dem Finger schö-ne Spuren her und interpretiert sie in Richtung Geschwindigkeit und Beschleunigung. Dann bin ich herumgegangen und habe mehr oder weniger sanft mit den Gruppen qualitative Auswertungen be-trieben, mit der Spitze der Pinselrückseite haben wir tangential Geschwindigkeitsvektoren einge-zeichnet und je zwei dann am selben Bezugspunkt angesetzt daneben noch einmal geeinge-zeichnet um daraus die Beschleunigung zu ermitteln (dabei haben wir v und a sprachlich gleich behandelt [...]). Verschiedene Spuren wurden erzeugt: Spiralen, Herze, Ovale mit deutlich unterschiedlicher Bahngeschwindigkeit, Weihnachtsbäume und Engel, Namen wurden geschrieben. Eine Gruppe stellte systematisch gleichförmige, gleichmäßig beschleunigte und gebremste, kreisförmige mit kon-stantem Tempo und mit variablem Tempo her. Am Schluss stellen verschiedene Gruppen ihre Kur-ven vor und erläuterten daran Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren. Bei der Zerlegung in tangentiale und radiale Komponente habe ich dann etwas stärker gelenkt. Besprochen wurde in der Stunde noch die Rennbahn-Aufgabe - das passte ganz gut." Dies zeigt, dass das Kinematik-Konzept ausbaubar und auch ohne Computer behandelbar ist, obwohl es dann viel mühsamer ist, die Vektoren zu erhalten.

Der gleiche Lehrer verwendete in der Stunde vor den Ferien auch das Spiel „Autorennen“ zur zwei-dimensionalen Kinematik (siehe Kapitel 5.3.3.5). Auch dieses Beispiel zeigt, dass die Grundidee des Konzeptes vielfältig angewandt und variiert eingesetzt werden kann.

Im Allgemeinen, aber nicht in jedem Fall wurde anerkannt, dass reine Rechenaufgaben und Glei-chungsmanipulieren nicht so sinnvoll sind. Entsprechend dem Konzept wurden quantitative Aufga-ben häufiger über Diagramme statt über allgemeine Bewegungsfunktionen gelöst, indem z.B. Flä-chen unter dem Graphen berechnet wurden. Etliche Lehrer haben die Stegreifaufgaben und Schul-aufgaben, die sie gehalten haben, zur Verfügung gestellt. Diese Prüfungen unterscheiden sich von traditionellen Aufgabenstellungen. Neben traditionellen Rechenaufgaben und Grapheninterpretation wurden mehr qualitative, Verständnis verlangende Aufgaben gestellt. Dabei wurden zum einen Vorschläge aus den Materialien übernommen, wie z.B. die Aufgabe zum Beschleunigungsvektor aus Abb. 5.7 (siehe Kapitel 5.3.2.), und zum anderen neue Ideen entwickelt. Es wurde das Zeichnen von Vektoren verlangt, die Ergänzung eines Modells, Begründungen, Erklärungen oder die Ent-scheidung, ob Aussagen richtig sind (z.B. „Ist bei einer Bewegung der Beschleunigungsvektor un-gleich dem Nullvektor so ändert sich die Schnelligkeit.“, „Bei einer eindimensionalen Bewegung

mit kleinem t gilt: Wenn a negativ ist, so wird |v| kleiner.“). Nichtbeteiligte Lehrer gaben hierzu zu bedenken, dass die Schwerpunktverschiebung bei den Aufgaben in den Bundesländern ein Prob-lem sein könnte, in denen es ein Zentralabitur gibt, das auch die Themen der elften Klasse in Re-chenaufgaben abprüft (nicht in Bayern).

Eine neu entwickelte Aufgabe eines Lehrers sei noch vorgestellt: Der Lehrer hat um ei-nen Startpunkt (konzentrische) Felder ge-zeichnet, in denen jeweils eine Beschleuni-gung in eine bestimmte Richtung vorhanden war (Beschleunigungsfelder) (siehe Abb.

6.2). Die Schüler sollten nun selbst eine Bahnkurve, die zu diesen Beschleunigungen passt, einzeichnen und die Bewegung be-schreiben. Je nach gewählter Richtung der Startgeschwindigkeit ergeben sich ganz un-terschiedliche Bahnkurven, wobei jeweils die Änderung der Richtung und der Schnel-ligkeit zu beachten ist. Der Lehrer gab hier

vor, dass aus der Ruhelage heraus begonnen wird. Dass damit auch schon der Begriff eines Kraft-feldes vorbereitet wurde, war keine Absicht, aber im Sinne eines kumulativen Lernens sinnvoll.

Wieder aufgreifen könnte man diese Darstellung beim waagrechten Wurf im Gravitations-beschleunigungsfeld oder später bei einer Elektronenbewegung im elektrischen Feld. „Das Schwe-refeld [ist] ein reines Beschleunigungsfeld, und die Schwerkraft ist eine Größe, die in der Beschrei-bung eigentlich völlig überflüssig ist (Treitz, 2003, S. 91).“

6.3.1.3 Probleme mit dem Unterrichtskonzept

Die Hardware, die den Lehrern ausgeliehen wurde, ergab bei einigen Lehrern nicht unerhebliche Schwierigkeiten. Nicht zu unterschätzen ist auch der Aufwand für den Lehrer durch Aufbau von Versuchen, Computer/Laptop und Beamer. Wenn es nicht möglich ist, dies vor der Unterrichtsstun-de aufzubauen, geht damit wertvolle Unterrichtszeit verloren, weshalb in einer Klasse viele PAK-MA-„Projekte“ (= PAKMA-Programm) zur Kinematik nicht gezeigt wurden. Leider kann ein fest-stehender, funktionierender Beamer noch nicht in den Physikräumen vorausgesetzt werden.

In manchen Klassen entstand durch die am Anfang geplante Wiederholung der Vektorrechnung einiges Entsetzen. Die hessische Klasse hatte noch nie etwas von Vektoren gehört; man kann die Vektorrechnung in der elften Klasse nicht in jedem Bundesland voraussetzen, da sie z.T. erst in der zwölften Klasse zum ersten Mal behandelt wird. Aber auch bei einigen bayerischen Klassen ent-stand dieser Eindruck, obwohl laut damaligen Lehrplan in Mathematik (von 1992) in der siebten Jahrgangstufe mit Verschiebungspfeilen auch in Koordinatendarstellung gearbeitet wird und in der achten Klasse der Vektorbegriff behandelt und Vektoradditionen ausgeführt werden, was in Physik bei der Kräfteaddition und –zerlegung gebraucht wird. Offensichtlich wurde das aber in

Mathema-Abb. 6.2: Darstellung eines Beschleunigungsfeldes zur Aufgabe eines Lehrers zur zweidimensionalen Bewegung

tik nicht entsprechend unterrichtet. Anderseits braucht man hier in der Kinematik nicht mehr als das Wissen, wie man zwei „Pfeile“ graphisch addiert, was als „Pfeilzeichnungsalgorithmus“ schnell gezeigt werden kann. Ein quantitatives Rechnen mit Vektoren ist nicht notwendig. Das Entsetzen der Schüler äußerte sich in Fragen wie „Müssen wir mit den Vektoren rechnen?“ und „Und wie rechne ich jetzt damit?“ Deshalb wird gefordert, dass im Mathematikunterricht bereits in der Unter- und Mittelstufe Vektoraddition und –subtraktion zeichnerisch und rechnerisch behandelt und geübt wird. Die Bedeutung des Arbeitens mit Vektoren für ein Verständnis der Physik kann nämlich nicht unterschätzt werden. Das Arbeiten mit den Vektorpfeilen wurde jedoch schließlich von den Lehrern als anschaulich, klar und sogar einfach eingeschätzt. Die Lehrer meinten, dass die Schüler dieses Arbeiten mit Vektorpfeilen verstanden hätten und worin in den Vektoren einen Unterschied zur Alltagsbedeutung der Begriffe sahen: „Dann ist die Beschleunigung also auch ein Vektor?“ Vekto-rielle Größen in PAKMA anschaulich als Pfeil zu sehen, wurde als recht nützlich beschrieben. Ein anfängliches Entsetzen über die Vektorrechnung war also ungerechtfertigt.

Gute Schüler, die vielleicht unterfordert waren, suchten z.T. nach Schwierigkeiten und Problemen.

Ein Problem für einige Klassen und einige Lehrer war, wo bei einer gegebenen Bahnkurve mit Zeitmarken der ermittelte Geschwindigkeitsvektor hingezeichnet werden soll (irgendwo in der Mit-te zwischen den beiden Zeitmarken.) bzw. wo der ermitMit-telMit-te Beschleunigungsvektor beginnen soll (irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Geschwindigkeitsvektoren). Ein anderes Problem in einer Klasse war, dass die Anschaulichkeit bei der Grenzwertbildung verloren geht: Obwohl für

t→0 der Ortsänderungsvektor gegen Null geht, hat der Geschwindigkeitsvektor eine von Null ver-schiedene Länge. Während in der Mathematik der Grenzwert immer als Grenzwert einer Folge von Skalaren auftritt, geht man hier darüber hinaus, indem der Grenzwert einer Folge von Vektoren be-trachtet wird:

∆t x v

∆t

G G lim0

= . Einige Schüler hatten auch ein Problem damit, dass vG

gleich lang bleibt, wenn aG

und vG

senkrecht zueinander sind, denn ein vG

-Vektor plus ein dazu senkrechter ∆vG-Vektor ergeben einen längeren vG

-Vektor. Ein Lehrer war sehr darüber verblüfft, dass der Betrag der mittle-ren Geschwindigkeit bei einer Kreisbewegung mit konstantem Tempo abhängig vom gewählten Zeitintervall kleiner ist als das konstante Tempo. So gab es auch in zwei Klassen Schwierigkeiten mit der mittleren Geschwindigkeit.

6.3.1.4 Gesamteinschätzung der Lehrer

Allen Lehrer gefiel die Einführung kinematischer Begriffe anhand von zweidimensionalen Bewe-gungen und die Betonung des Vektorcharakters der Größen. Letztlich lobten die Lehrer das Kon-zept, das als inhaltlich geschlossen mit erkennbarem rotem Faden beschrieben wurde. Als besonders positiv wurde genannte, dass hier im Gegensatz zur Einführung in die Kinematik über eindimensio-nale Bewegungen Ort und Weglänge sowie Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsbetrag klar un-terscheidbar sind. Das Herausarbeiten des zentralen Beschleunigungsbegriffes in Abgrenzung zur Geschwindigkeit gelinge hier deutlich besser als beim traditionellen Vorgehen. Die Einführung der kinematischen Begriffe über zweidimensionale Bewegungen wurde außerdem als realitätsnäher

beschrieben. Geschätzt wurden insbesondere auch die Visualisierungsmöglichkeiten von PAKMA, insbesondere die Darstellung der Größen und ihrer Änderungen durch Vektorpfeile.

Manche Schüler fanden es angeblich sehr spannend, wie viel Folgerungen sich aus den einfachen Gleichungen vG=∆xG/∆t

und aG=∆vG/∆t

ziehen lassen. Beim quantitativen Rechnen verwendeten die Schüler wie erwünscht auch häufiger die Definitionsgleichungen v=∆x/∆t und a=∆v/∆t statt der Bewegungsfunktionen. Allerdings kam es hier auch zu unangemessener Anwendung, wenn bei einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung die Geschwindigkeit über v=∆x/∆t berechnet wurde. Von einigen Lehrern wurde geschätzt, dass der Schwerpunkt von der Handhabung von Glei-chungen auf die Interpretation und Berechnung von Diagrammen verschoben wurde. Einzelne Schüler erkannten dabei an den Diagrammen, dass der zurückgelegte Weg bei konstanter Beschleu-nigung auch leicht mit der mittleren Geschwindigkeit berechnet werden kann.

Insgesamt habe es den meisten Schülern nach Lehrereinschätzung gut gefallen und fast alle Lehrer waren überzeugt, dass die Schüler bei diesem Vorgehen die Begriffe Geschwindigkeit und insbe-sondere Beschleunigung besser als nach traditionellem Vorgehen verstanden haben. Die Definition der Beschleunigung wurde als sehr einsichtig beschrieben.

Alle Lehrer gaben schließlich an, dass sie auch in ihrer nächsten elften Klasse wieder über zweidi-mensionale Bewegungen in die Kinematik einsteigen werden und viele haben seit dem tatsächlich wieder nach diesem Konzept unterrichtet. Einige haben davon auch an ihrer Schule in Fachsitzun-gen berichtet, die Materialien weitergegeben und so als Multiplikatoren gewirkt. Aufgrund der Langzeitwirkung kann die begleitende Lehrerfortbildung zu dem Forschungsprojekt auch als Inno-vationserfolg aufgefasst werden. Andere, die mit Begeisterung von dem Kinematikkonzept gelesen haben, haben es auf den ihnen zur Verfügung stehenden Softwaregegebenheiten angepasst (siehe z.B. Kapitel 7.1. und 7.3).

Zusammenfassend kann also zum Kinematikkonzept gesagt werden, dass es bei den Lehrern eine hohe Akzeptanz fand, in der vorgeschlagenen Zeit unterrichtet werden kann, mit weiteren Ideen erweiterbar ist und keine größeren Probleme bereitete.