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dere in Bürgerschulen

Im Dokument Das Inland Eine Wochenschrift (Seite 37-41)

Von Theod. Lib o r i u s , Inspektor an der adeligen Kreisfchule zu Arensburg.

lVorgelesen in der pädagog. Gesellschaft zu Dorpat im März 'cnn ich heute hier für eine Zeit das Wort nehmen soll, so habe ich außer anderem Bedenken auch das, daß der Gegenstand, den ich gewählt habe, in dieser Beschrän-kung vielleicht nur von wenigen besonders genießbar möchte gefunden werden; aber da ich einmal reden soll, so habe ich es für eine Pflicht gehalten, gerade aus demjenigen Ge-biete des Schullcbcns etwas hervorzuheben, welches bisher noch keinen Vertreter unter uns gefunden hat und welches doch unmöglich in diesem pädagogischen Kreise ganz unbe-rücksichtigt bleiben darf. Ich habe allerdings ein Thema ans der von dieser Gesellschaft zusammengestellten Samm-lung'genommen*), aber ich habe es mir erlaubt, dasselbe auf eine gewisse Art von Schulen zu bezichen; ich will nämlich von einigen Ursachen der vielfach beklagten Un-wirksamkeit des Religionsunterrichtes, i n s b e s o n d e r e i n B ü r g e r s c h u l e n reden. Daß ich aber gerade vom Neli' gionsunterrichte rede, widerstreitet nicht unserem gemein-amen Interesse, denn es ist nicht denkbar, daß ein Schüler dem Ncligionslehrer völlig genügte, ohne nicht auch andere Lehrer gewiß sehr zufrieden zu stellen — und ich bitte daher gerade die H H . Philologen u. Mathematiker, die über mein Thema vielleicht am meisten betroffen sind, insbeson-dere um ihre Aufmerksamkeit.

M a g cs einstweilen dahingestellt bleiben, ob der Reli-gionsunterricht oder ob die Mathematik die Grundlage des ganzen Unterrichtes in Realschulen bilden solle, so hat man doch noch nicht daran gedacht, andere Gegenstände hierbei coneurrireu zu lassen. J a , die besondere Verechti-tigung des Religionsunterrichtes hierzu zu erweisen, würde vielleicht gelingen, indem derselbe nicht allein die unent-behrliche Grundlage für andere Wissenschaften ist, wie namentlich für Geschichte, Literaturgeschichte und Natur-wissenschaften, sondern auch für sich die Mittel bittet zu einer mehrseitigen Entwickelung des Geistes. Doch der Hauptsache nach gibt das wohl Jedermann zu.

Wenn sich das aber so verhält, wie unaussprechlich traurig ist es dann, was doch so ist, daß sich so viele des Religionsunterrichtes aus ihrer Jugend nur als sehr lang«

weiligcr Stunden erinnern, bei denen sie Unlust und Ver-drossenheit schön aus der ersten Morgenstunde in die zweite hmüber;ubringen gewohnt waren. Worin hat dies seinen Grund? Die Frage ist der Beantwortung werth.

I n dem Schulunterrichte an sich k^nn cs nicht liegen;

denn wenn auch die Schulstube mit all den sonstigen Aeng»

' ) Beilage I des vor. I . , «?. 44, wo die gestellte Frage ( V . 6) so lautet: Welches sind die besonderen Ursachen der vielfach'beklagten Unwirksamkeit des Neligwnsmittrl'icktes, im Unterschiede von den a l l , gemeinen <„ d i r menschlichen Nacur tnthattencn Ursachen und d m M a n g a n de's UntcrrichttS selbst?

sten, die dort das Herz des Knaben beklemmen, nicht vor-zugsweise geeignet ist, religiöse Empfindungen zu erwecken, und es allerdings besser :v<ne, wenn der Neligionslehrer das, was er zu sagen hat, nicht immer in die gewöhnliche Form des Unterrichts zu bringen brauchte, wenn er, alle Empfindsamkeit bei Seite, seinen Schülern auch unter Gottes freiem Himmel in einer Sterncunacht die großen Thaten Gottes verkündigen könnte, so ist doch einmal alles Menschliche unvollkommen, und es läßt sich auch sehr wohl in den stillen Räumen des bescheidenen Schulzimmers hin-weisen auf das, was außer demselben vorgeht, und es laßt sich manches die Herzen treffende Wort um so mehr auch darum sagen, weil ja vieles von dem, was hier der Mensch zum Menschen spricht, seinen nächsten Anknüpfungs-punkt in der Seele des Menschen selber findet. Woran liegt es dann? Lassen Sie u.is die Person der Lehrenden und das zu Lehrende näher ins Auge fassen, und es wird sich, glaube ich, zunächst ergeben, daß den Lehrern der innere Muth zu diesem Unterrichte nicht selten fehlt, weil ihnen dazu der innere Beruf nicht selten abgeht. Ich rede von dem inneren Berufe und verstehe darunter das Ge-schick uuo die lebendige Lust. Hierbei muß ich aber bitten, daß man mich nicht mißverstehe. M a n kann sehr geschickt, sehr brav, als Lehrer sonst sehr verdient und doch für einen gewissen Untcrrichtsgegenstand seine Kräfte zu ent-wickeln durch Umstände verhindert worden fci>i.

Wenn hier das von dem Lehrer zu Leistende zuerst besprochen werden soll, so würde das nächste Erforderniß eine Bildung sein, die weit über den Kreis hinausginge, m welchem er sich zu bewegen hat. Aber die etwas höhere und edlere Lebensansscht, der etwas feinere sittliche Takt, das gewisse Etwas, dies schwer zu Bezeichnende, welches wir schon bei einem Lehrer an dem Klange der Stimme erkennen oder vermissen können, wenn wir ihn nur wenige Minuten haben unterrichten boren, dies, was bei einem Ncligions-lehrcr von solcher Bedeutung, wird in der Regel entweder durch ciu Leben in der Wissenschaft oder durch ein Leben in Kreisen gegeben, in denen ein edlerer Ton herrscht. Letz-teres werten die meisten Lehrer in der Sphäre, von welcher wir sprechen, entbehren müssen, das wird der nicht laug, ncn, der sich da etwas weiter hinaus umgesehen hat, als in den besonderen Verhältnissen der einen oder der andern Schule. Geht dem Lehrer nun auch das Erstere a b , so wird der Ton des 3lcligionöunterrichtcs meist trivial sein, er wird gewisse Kenntnisse beibringen, ohne das feinere Ge-fühl der Kinder geweckt zu haben, das nicht, bloß bei Kin-dern jcdcs Standes sich findet, sonKin-dern das sorgfältig bei Kindern jedes Standes aufgesucht werden muß.

Sollte aber dies Erforderniß eines Lebens in den Wissenschaft, sollte cs dem Lehrer in der That fehlen, da er doch einen höheren wissenschaftlichen Kursus gemacht hat? Das hat er allerdings, aber es ist keineöweges von den positiven Kenntnissen die Rede, die er in sein Amt milbringen soll. Abgesehen davon, daß sein bloßes Wissen uns keinen Maßstab für seine Geistesbildung'gibt, so kann

69 (3) 60 von den bloßen Kenntnissen hier ja um so weniger die

Nede sein, als er, für das Amt bcprüft, dieselben schon muß erwiesen haben. Es handelt sich hier nur darnm, ob er in seiner Lage in der Regel im Stande scin w i r d , durch Studieren sich auf dieser Stufe der Bildung zu er-halten, oder besser gesagt, ob er im Stande scin wird, auf dem gelegten Grunde wcitcrzubaucn, da ein Still-stand hier eigentlich nicht denkbar ist. Dies ist es aber, was ich in Abrede stelle. I n seiner beschränkten Woh-nung meist ohne abgelegenes Studierzimmer, die einsame Werkstatt für die stille Arbeit feines Geistes, aufgerieben in Küchenlärm und Kindergeschrei; dnrch seine Verhältnisse außer Stand gesetzt, sich die literarischen Hilfsmittel zu schaffen, ohne welche an weiteres Studium nicht zu den-ken ist; durch sein Amt nur an d ^ Elemente aller Wis-senschaften gewiesen, deren stets wiederholter Vortrag gei-stig zuletzt völlig abstumpft — sieht er sich meist vereinzelt oder in einen Kreis gewiesen, der gewiß nicht günstig auf seine weitere Entwickelung einwirkt, und der selbst viel-mehr der Anregung von Seiten des Lehrers bedürfte, als daß er den Lehrer anzuregen im Stande wäre. Es ge-hören unter solchen Umständen, und gar wo dies alles zusammentrifft, gewiß sehr tiefe Iugendeindrücke oder eine sehr starke Seele dazu, um nicht in der Plattheit und -Ideenarmuth der Umgebung aufzugehen, wenn man ncch überdies bedenkt, daß der junge Lehrer von der Universität her meist zwar ein gewisses Maß von Kenntnissen mitbringt, aber selten eine damit i« Verhältniß stehende Reife des Geschmackes und des Charakters — Zufälligkeiten können die Sache hier und da anders stellen, aber das wird dann Ausnahme sein. Ist nun der feinere Takt, die edlere Ge-sittung einmal meist ein Vorzug derer, welchen auf irgend eine Weise eine höhere Bildung sich zu erhalten gestattet ward, so kann man sehr ehrcnwrrthe Nechlschassenhcit der Gesinnung und ungeheuchelte Frömmigkeit zugestehen und diese doch für unzureichend halten, weil sie meist einer ed-leren Form entbehren und nicht bis in die feineren Schat-tirungln durchgehen, wohin nur ein feiner gebildetes Ge-fühl reicht. S o lange diese Bildung dem Lehrer fehlt, wird die cig'cntlichc Erziehung der Jugend überhaupt und unter den Unterrichtögegenständcn die Religion und die Geschichte, bei denen zunächst neben intellektueller auch von sittlicher Bildung die Nede ist, mangelhaft von ihm versehen scin.

So lange diese Bildung dem Lehrer fehlt, fehlt auch dem Schüler diejenige edlere Scheu vor ihm, durch die eigent-lich derselbe am meisten sitteigent-lich herangebildet wird.

Neben diesem Hindernisse eines guten Religionsunter-richtes würde zunächst zu bemerke!! sein die unglückliche Notwendigkeit, in die so viele Lehrer an diesen Schulen versetzt sind, ihre Stunden mangelhaft vorbereitet geben zu müssen, denn schwer wenigstens wird es sein, diejenigen, zu verurtheilcn, die um des täglichen Brotes willen vielleicht täglich 8, 9 und mehr Stunden geben müssen, die neben einer auf diese Weise übermäßig herangewachsenen Stun-denzahl noch einen Theil ihrer Sorge und Zeit den Fami-lienverhältnissen nicht ganz entziehen können, und die dann ihren Unterricht besorgen, ohne sich auf die einzelen Stun-den vollständig oder auch nur mangelhaft vorbereitet zu

haben. Und doch ist es sehr irrig und würde eine Un-kenntniß der Schwierigkeit des Unterrichtes vcrrathen, wenn man meinte, daß derselbe in diesem Kreise ohne Vorsinuen ertheilt werden könnte. Auch von dem, der dies belächelt oder bestreitet, wird es vielleicht zugegeben werden, wenn wir auf das Wesen dieser Vorbereitung etwas näher eingehen.

Was soll der Lehrer in diese Stunden mitbringen? Sicher, hcit im Wissen des Details, Gedanken und zwar einiger-maßen geordnete Gedanken und Stimmung. Wo sich alle Arbeiten eincs Lehrers auf denselben Gegenstand des Un-terrichtes beziehen, wie dies bei ausschließlichem Fachunter-richte der Fall ist, da führen dieselben zwar, wenn Neben, studien darüber hinaus fehlen, immer zu Einseitigkeit; aber es bildet sich doch von selbst eine Sicherheit, die durch keine Frage der Schüler so leicht in Verlegenheit gesetzt werden kann- Wo dies aber nicht der Fall ist, wo vielmehr im Laufe des Tages die verschiedenartigsten Gegen-stände de< Unterrichtes behandelt werden, und wie es der Erwerb mit sich bringt und Gott es gerade gibt, in einem Halbjahre dies, im anderen das vorkommt, da wird eine gewisse Oberflächlichkeit wohl schwer zu ver-meiden sein; die Einzelheiten werden leicht wieder entfallen, und selbst das wird davon oft nicht unberührt bleiben, was man neben dem Wechselnden fortgesetzt im Unterrichte be-treibt. Sollte es nöthig erscheinen, dies näher nachzuwei-sen, so bitte ich nur darauf aufmerksam zu sein, wie we-nige Lehrer auch nur in der biblischen Geschichte die erfor-derliche Sicherheit haben, selbst wenn sie dieselbe schon län-gere Zeit vorgetragen haben, während doch dieser Zweig des Religionsunterrichtes, wmm er schon ältere Schüler, die biblische Geschichte schon in der Elementarschule und in dem Anfangsunterrichte der Bürgerschule getrieben haben, noch anziehn soll, beim Lehrer eine recht gute Kenntm'ß der Geschichte des jüdischen Volkes voraussetzt. Wie un-entbehrlich, ist ferner dem Lehrer ein Ncichthum von guten Bibelsprüchen, wenn er bei seinem Vortrage nicht immer bloß die anführen will, die von den Schülern sind auswen-dig gelernt worden. Wie ganz anders wird der Schüler in die Bibel eingeführt, wenn der Lehrer wirkliche B i -belkenntniß besitzt, wenn ihm die nöthigen Beziehungen und Parallelstellen gegenwärtig sind, als wenn von dem Allen fast gar nicht die Nede ist. Wie viel mehr I n -teresse, um nur ein Beispiel anzuführen und vom Alten Testamente gar nicht zu reden, wo jenes durchaus unent-behrlich ist, wie viel mehr Interesse gewinnt das Lesen der Apostelgeschichte, wenn der Lehrer die Zustände des aposto-lischen Zeitalters genauer kennt. Dann folgt die Neligionsge-schichte, von der rie Hauptcpochendem Schüler bekanntwerden sollen, die Geschichte der äußeren Verbreitung der christli-chen Kirche, die Neformationsgeschichtc, die Geschichte der Ausbreitung der Reformation, die Geschichte der Missions-und Bibelgesellschaften. Und der Lehrer sollte wirklich, ohne in dem Falle zu sein, seine in der Erinnerung ihm geblie-benen kleinen abgebrauchten Anekdoten und Charakterzüge immer wieder vorzubringen, daß ihm selbst jedes Interesse abgeht, wenn im Laufe der Zeit ein solcher Abschnitt wieder vorkommt — er sollte, alles aus dem Aermcl schütteln können, auch wenn man ihm, was unserer

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Meinung nach stets bedenklich ist, in der Lehrstundc einen mä-ßigen Gebrauch eines Buches gestattete. Wir möchten dies mit Anderen bezweifeln. Das wäre aber immer nur Eines. Von dem ganzen übrigen Theile der Neligionsuntern'chtcs, der sich mit der eigentlichen Darlegung der christlichen Lehre beschäf-tigt, ist noch gar nicht die Rede gewesen, u. hier gilt nun unsere Behauptung noch mehr. Dcnn wenn auch im ersten Theile des Unterrichtes der Lehrer in dex Erklärung der cinzelcn Sprüche leichtere Sache hat, so kann ja dabei der Unter-richt nicht stehn bleiben, und in der Obcrklassc wird eine Darstellung der christlichen Lehre mehr im Zusammenhange unerläßlich. Sie soll vorgetragen werden mit möglichst weiser Mischung sokratischcr und akroamatischer Methode, und dazu gehört Nachdenken und Stimmung, und beides gibt sich nicht gelegentlich beim Eintreten in die Klasse, wenn man etwa hier- oder daher kommt. M a n muß sich vorher gesammelt haben. Zwar kommen natürlich Par-tien vor, bei denen mau leichter spricht, leichter geordnet und leichter herzlich spricht, zumal wenn ein längeres rei-ches inneres Leben, wie zu einer Predigt, so auch hier statt der Vorbereitung dient, wo dann der Gedankengang zu, weilen natürlich sich ergibt u. die Gedanken beim Sprechen zustießen; aber abgesehen davon, daß dies ja so selten ist, so ist einmal der Ernst, den man m i t b r i n g t , ein ganz anderer als der, in den man sich h i n ein spricht, und dann, das wird jeder wissen, der hierin einige Erfahrung hat, hängt dabei sehr viel von Umständen ab, und es fin-det sich viel häufiger, daß Störendes durch die mitgebrachte Stimmung muß überwunden werden, als daß umgekehrt etwa die verwehte Zerstreutheit durch besondere Eindrücke sd leicht verwischt und die Gedanken auf einen Punkt und gerade auf den, der es sein soll, conccntrirt würden.

Hicr heißt Vorbereitung auch nicht etwa das Durchblättern irgend eines Lehrbuches, obgleich wir dagegen anch kemcoweges etwas einwenden, denn auch dergleichen gehört dazu; aber vor Allem bedarf es einer stillen Morgenstunde ernsten eigenen Nachdenkens und der Einkehr in sich selbst und wo möglich eines kindlichen Gebetes, der Erhebung der Gcdan«

ken zu Gott. Wer hier nur etwas ernst denkt, der kennt den Unterschied zwischen Stunden, die so gegeben werden, und denen, die man anders gibt. Hierin liegt auch, bei, läusig gesagt, meiner Meinung nach der Hauptgrund, wes-halb man die Neligionsstunden auf die erstcnMorgcnstunden verlegt, nicht der Schüler wegen, für die oft die letzte Stunde vielpassend er wäre, aus der sie nmuchcS mit nach Hause nehmen könnten, was sie im Gewirre der Stunden bis zum Schlüsse so oft wieder verlieren, sondern besonders des Lehrers wegen, weil er ein ganz anderer sein wird dann, als wenn er im Laufe des Tages, im Getriebe der verschiedenartigsten Ar-beiten unter anderen auch eine Ncligionsstnnde geben soll.

Wenn ich nun bisher von diesem Tbcilc des B e r u f e s zum Religionsunterrichte redete, wie viel schlimme? sieht es mit dem anderen aus, ich meine, mit der N e i g u n g der Lehrer zu demselben. Darf man schon bei Lehrern keines-Weges überall voraussetzen, daß sie ihr Amt ans eigent-licher Vorliebe übernommen, möchten wohl nur wenige sein, die mit Wahrheit sagen könnten, sie wollten licber N und Mangel tragen, als aus ihrem Berufe scheiden,

auch wenn sie etwas anderes in der Welt ergreifen könnten, das sie besser förderte, möchten wohl nicht allzu viele sein, die nicht ein sehr bedenkliches Gesicht würden gemacht haben, wenn man ihnen vorausgesagt hätte, sie sollten als Lehrer leben und sterben — und nun sollte auch nur bei der Mehrzahl der Neligionslchrer angenommen werden könncn, daß sie gcrode zu diesem Unterrichte vorzugsweise Lust fühlten, zu einem Unterrichte, bei dem in jedem Gebiete desselben ein größeres Maß von wahrhafter Begeisterung für die Erziehung erforderlich ist, als bci irgend einem anderen! Ich spreche hiermit keinen Vorwurf aus. Wie sollte man auch verlangen können, daß jemand es für be-sonders reizend oder erhebend ansähe, einem Stande anzu-gehören, auf de., der Beamte, der Kaufmann, kurz jeder, der schon irgend ctw.>s in der Welt meint vorstellen zu könncn, uicht scl'en Herabsicht als auf einen

keines-»reges ihm cbcnbürugeu,-den man mit Gönucrmicnc be-schaut und dem man glaubt genug gethan zu haben, wenn man ihn auf die bci den meisten Erdcnbewohnern noch immer in sehr zweifelhafter Achtung stehenden Belohnungen des Himmels verweist. Ich scherze uicht, m. H. Solches ist für den Lehrerstand kcineswcges besonders anziehend, und dieses durchaus nicht crmulhigende Bewußtsein, einem Lebenskrcise anzugehören, den so mancher wenigstens für die Zuflucht vieler hält, die durch irgend welche Fügungen des Lebens es in der Welt zu nichts anderem haben bringen können, dies Bewußtsein zerstört bei nicht tüchtigen Naturen das Beste, das Unentbehrlichste zu einer gesegneten Wirk-samkeit gerade im Keime, es zerstört die böhere Liebe und Begeisterung für den Beruf. Wie gern ließe ich mir meine Ansicht abstreiten; aber ich kann dazu keine Ursache finden, weder rücksichtlich des Lchrstandcs lil'erbaupt und noch weniger in Beziehung auf den Lehrer an der Bürgerschule insbesondere. Der Eitelkeit und Ehrsucht möchte ich gewiß so wenig das Wort reden, als der Zaghaftigkeit, die dem Drucke erliegt; aber die Billigkeit macht es nothwcndig zuzugestehen, daß nicht die meisten Menschen im Stande sein werden, ein Geschick für sehr wünschenewerth zu halten, das zu, theilen sich so mancher bedankt, und ein Glück für sehr groß zu halten, das uns die meisten gern allein über-laßeu. Sollte man mich erinnern an die Stellung des Lehrstandes in unserem Lande und an manche hier gebotene Begünstigungen, so k.nm ich darauf unr antworten, daß Ein Land hiervon in mancher Beziehung vor anderen eine Ausnahme machen kann, und daß allerdings die. äußere Lage der Schulmänner in anderen Ländern meist schlimmer

! ist, daß aber mich bci uns die Zahl derer nicht gering sein

! wird, die nicht eigentlich einen Wirkungekreis, sondern ein Un-terkommen in solchem Amte suchen. Hier kann auch nicht einge-wendet werden, daß manche Lehrer nicht zum Lehrfache über-haupt, aber doch für den Religionsunterricht Neigung hätten, insbesondere da die meisten Lehrer auch an den Bürgerschulen ursprünglich Theologen gewesen seien. Ich läuguc dies ganz ab.' Von der Mehrzahl dieser Lehrer muß angenommen werden, daß ihnen eigentliche Lust zur Theologie gefehlt hat; denn csi,?

nicht wahrscheinlich, daß sie dieselbe sonst in sclcher Zahl würden verlassen haben, und es könnte vielleicht gar für ein Ucbel erachtet werden, daß dieser Unterricht in den

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Händen deri'em'gen sich befände, die den geistlichen Stand aus Mangel an innerem Berufe dazu aufgegeben haben.

Händen deri'em'gen sich befände, die den geistlichen Stand aus Mangel an innerem Berufe dazu aufgegeben haben.

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