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Am 28. Februar 2000 fand in der Wiener Hofburg die 4. Konferenz der

3.2. Westbalkan und die EU

Die zunehmende Eingliederung in den „European Mainstream“ ist generell das primäre Ziel der Außenpolitik der EU gegenüber der Region, wie anläss-lich der Tagung des Europäischen Rates in Feira im Juni 2000 betont und seither wiederholt bekräftigt wurde. In der europäischen Politik

gegen-über der Balkanregion/Südosteuropa manifestiert sich zusehends ein euro-päisches politisches Selbstverständnis: Es geht beim Begriff „Europa“ bzw.

„Europäische Union“ weniger um eine geographisch für alle Zukunft fest-gelegte Zone, sondern um einen Bereich, wo eine Reihe von Grundüber-zeugungen gelten, die das politische Handeln bestimmen. Dazu zählen Demokratie, Meinungsvielfalt, die Achtung der Menschen- und Minderhei-tenrechte, die Absage an Totalitarismen, die Bemühungen um gute nachbar-liche Beziehungen, die Möglichkeit zur Flüchtlingsrückkehr, die uneinge-schränkte Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen, die im Frie-densprozess am Balkan eine wesentliche Rolle spielen und der Respekt der Würde eines jeden Menschen ungeachtet seiner Herkunft. Hinzu kommt die Schaffung funktionierender marktwirtschaftlicher Mechanismen, als Grundlage für ein Leben mit einem gewissen Wohlstand. Ein Land, das die-sen Katalog der Rahmenbedingungen politischen Handelns mit übernimmt und nachhaltig respektiert, ist ein (potenzielles) Mitglied in diesem EU-Eu-ropa. Die europäische Integration ist seit ca. einem halben Jahrhundert Sy-nonym und Garant für Sicherheit, Frieden und einen gewissen wirtschaftli-chen Wohlstand für derzeit mehrere hundert Millionen Menswirtschaftli-chen. Durch die Übernahme der verschiedenen Standards auf den genannten Gebieten haben die Westbalkan-Länder auf längere Sicht die Möglichkeit, EU-Mit-glieder und somit Teilhaber an diesen Errungenschaften zu werden.

Österreich ist der Auffassung, dass die Aussicht auf eine zukünftige Mit-gliedschaft in der EU für die betroffenen Länder einen wirksamen Anreiz darstellt, den jeweiligen innerstaatlichen Reformprozess voranzutreiben und dabei ein hohes Maß an Akzeptanz beim Wähler zu erreichen. Der von der EU hier praktizierte politische Ansatz ist durch ein hohes Maß an Trans-parenz geprägt: Die Länder am westlichen Balkan können durch ihre eige-nen Reformfortschritte die Geschwindigkeit dieser zunehmenden Annähe-rung an die EU selbst bestimmen, werden jedoch in ihren Bemühungen wie-derum von der Union unterstützt. Die von der EU eingesetzten Instrumente nehmen auf den individuellen Stand des jeweiligen Landes im Reformpro-zess Bezug. Die derzeit höchste verfügbare Stufe stellen die Stabilisierungs-und Assoziationsabkommen (SAA) dar. Es handelt sich um maßgeschnei-derte Verträge, die auf die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Landes im politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformprozess Be-dacht nehmen und so diesen Prozess und die Bemühungen um Annäherung an die EU optimieren. Im Jahr 2000 wurden anlässlich des Zagreb Summit vom 24. November ein solches SAA mit Mazedonien (FYROM) paraphiert und SAA-Verhandlungen mit Kroatien aufgenommen.

Der Zagreb Summit bot den Teilnehmern Gelegenheit, das gegenseitige und soeben dargestellte Verbindungs- und Verpflichtungsverhältnis zu unter-streichen. Der Gipfel ermöglichte der EU weiters, den Ländern des Westbal-kans klar zu machen, dass es sich bei der Annäherung dieser Staaten an die

EU nicht um einen Verdrängungswettbewerb der Balkanländer untereinan-der handelt: Die Europäische Perspektive gilt grundsätzlich für alle diese Länder. Die Geschwindigkeit, mit der sich diese Perspektive realisieren lässt, hängt allein von den Reformfortschritten in den jeweiligen Ländern ab. Betont wurde anlässlich des Gipfels durch die Vertreter der EU auch die Notwendigkeit – und Nützlichkeit – einer verstärkten Kooperation der Län-der Län-der Balkanregion untereinanLän-der. Es geht Län-der EU hier nicht um die Re-naissance früherer staatlicher Strukturen, sondern darum, dass eine solche grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Vorteil aller dieser Länder ge-reicht und deren Annäherung an die EU beschleunigen kann (z.B. in Form einer Verbesserung der volkswirtschaftlichen Eckdaten durch verstärkte Handelsbeziehungen).

Um den betreffenden Ländern schon vor einem tatsächlichen EU-Beitritt die Möglichkeit zu geben, mit den Strukturen und Funktionsweisen der EU ver-traut zu machen, hat sich Österreich anlässlich des Zagreb Summits für die Schaffung eines multilateralen Dialogs der EU mit den Westbalkan-Län-dern zu außenpolitischen Themen, die von gegenseitigem Interesse sind, ausgesprochen. Dieser Dialog sollte im Wesentlichen folgenden drei Zielen dienen: Die Partner der EU in der Region würden mit einer wichtigen und sich zunehmend dynamischer entwickelnden Dimension der Europäischen Integration vertraut gemacht werden; umgekehrt würde die EU in Bezug auf die Interessen und Ideen der Partner in dieser Region stärker sensibilisiert werden; die außenpolitische Kooperation zwischen den Partnern des Stabi-lisierungs- und Assoziierungsprozesses (SAP) würde angeregt werden.

Im Rahmen der EU-Außenpolitik zur Bewältigung der Probleme in Südost-europa hat Österreich aktiv an allen bestehenden Initiativen teilgenommen.

Österreich hat sich im besonderen Maße in der Wiederaufbauagentur der Europäischen Union engagiert sowie bei der UNMIK, aber auch hinsichtlich der Bemühungen im Stabilitäts- und Assoziationsprozess für die Staaten Südosteuropas (z. B. beim Abschluss eines Stabilitäts- und Assoziationsab-kommens mit Mazedonien, beim Erarbeiten eines ebensolchen mit Kroa-tien). Österreich hat sich auch umfänglich beteiligt an den Aktivitäten und Projekten im Rahmen der drei Arbeitstische des Stabilitätspaktes für Süd-osteuropa (als ein besonders gelungenes Beispiel kann die österreichische Kultur- und Wissenschaftsinitiative genannt werden, welche allgemein un-ter dem Begriff „Graz-Prozess“ bekannt ist).

Die EU ist zwar der finanziell am stärksten engagierte, aber keinesfalls der alleinige internationale Akteur am Balkan: Die Wahlen zum US-Präsidenten vom November haben bereits in deren Vorfeld – vor allem medial ausgetra-gene – Diskussionen über die zukünftige Rolle der USA am Balkan ausge-löst. Die US-Politik gegenüber der Region während der Clinton-Ära war wie-derholt durch das Auftreten von Richard Holbrooke in den verschiedensten Krisensituationen geprägt. Gouverneur Bush hatte bereits während des

Wahlkampfes persönlich und durch seine nationale Sicherheitsberaterin erkennen lassen, dass die USA unter seiner Präsidentschaft eine gewisse Neubewertung ihres Engagements u. a. am Balkan vornehmen würden. Von einem progressiven Rückzug der USA (bzw. von deren Streikräften) aus „Na-tion Building Missions“ war die Rede. Die USA würden ihre Kräfte zuse-hends auf Kampfeinsätze in aktuellen Krisen konzentrieren und weniger auf die Konsolidierung und Überwachung von bereits eingeleiteten Friedens-prozessen wie im Falle von KFOR im Kosovo und SFOR in Bosnien und Herzegowina. Im Ergebnis müssten insbesondere die EU-Mitglieder das Management dieser Prozesse verstärkt wahrnehmen. Die daraus resultie-rende verstärkte Übertragung von Verantwortung auf die EU gibt dieser die Möglichkeit, unter Beweis zu stellen, dass sie in der Lage ist, Friedenspro-zesse in ihrem unmittelbaren geographischen Umfeld erfolgreich voran zu treiben.

4. Russland

Grundlage des Verhältnisses zwischen der EU und der Russischen Födera-tion (RF) sind das am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene Partnerschafts-und Kooperationsabkommen sowie die im Juni 1999 angenommene Ge-meinsame Strategie der EU.

Die Haltung der EU gegenüber dem neuen russischen Präsidenten Wladimir Putin (seit 31. Dezember 1999 interimistisch, nach Wahlen im März inaugu-riert am 7. Mai 2000) stand im Spannungsfeld zwischen der Verurteilung des russischen Vorgehens in Tschetschenien und dem Wunsch nach Weiterent-wicklung der Strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Russland.

Wurde zu Jahresbeginn die EU-Haltung gegenüber dem militärischen Vorge-hen in TschetscVorge-henien noch in zahlreicVorge-hen DemarcVorge-hen, Erklärungen und Schlussfolgerungen zum Ausdruck gebracht, so gab der Europäische Rat von Feira im Juni in der Gipfelerklärung eine Evaluierung der Situation in Auf-trag. In der Folge wurde ein TACIS-Indikativprogramm für die Jahre 2000 – 2003 beschlossen, das vor allem auf die Unterstützung der politischen, wirt-schaftlichen und sozialen Reformen abzielen soll. Russland ist zudem Part-nerland der EU im Rahmen des in Feira angenommenen Aktionsplans zur Nördlichen Dimension. Nicht zuletzt im Hinblick auf die EU-Erweiterung und auf mögliche Auswirkungen auf das Gebiet Kaliningrad ist hier eine enge Zusammenarbeit EU-Russland in den verschiedensten Bereichen von großem beiderseitigem Interesse.

Der 6. EU-Russland-Gipfel am 30. Oktober in Paris markierte den Beginn ei-nes institutionalisierten sicherheits- und verteidigungspolitischen Dialogs sowie eines Dialogs im Energiebereich. In der gemeinsamen Schlusserklä-rung wurde auch die Notwendigkeit einer Suche nach einer politischen Lö-sung für Tschetschenien festgeschrieben – damit hat sich Russland erstmals offiziell zur Notwendigkeit und Dringlichkeit einer politischen Lösung

(un-ter Beachtung der Souveränität und (un-territorialen Integrität der Russischen Föderation) bekannt.

Die österreichische Außenpolitik gegenüber Russland war im Jahr 2000 na-turgemäß vom OSZE-Vorsitz geprägt. So standen Tschetschenien und eine ganze Reihe von Regionalkonflikten im GUS-Raum, bei denen Moskau eine Rolle zukommt (Abchasien, Berg-Karabach, Transnistrien), auch im Mittel-punkt des Besuchs der OSZE-Vorsitzenden Bundesministerin Ferrero-Wald-ner in Moskau und Znamenskoje/Tschetschenien vom 12. bis 15. April. In den Gesprächen mit Präsident Putin und Außenminister Iwanow konnte sie das prinzipielle Einverständnis Russlands für eine Rückkehr der OSZE-Assistenzgruppe nach Tschetschenien erreichen. Obwohl auch die EU und ihre Mitgliedsstaaten bei all ihren Kontakten mit Präsident Putin und der russischen Regierung ihre Unterstützung für eine rasche Rückkehr der As-sistenzgruppe unterstrichen, konnte dies vor Ablauf des österreichischen OSZE-Vorsitzes dennoch nicht mehr durchgesetzt werden (siehe auch Kapi-tel „OSZE“).

5. Die Teilnehmer an der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten