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Als derzeitiger Stand der Forschung über die Betriebswirtschaftslehre als angewandte Real-wissenschaft25 kann die anhaltende Koexistenz verschiedener Wissenschaftsprogramme in einem aktiven Konkurrenzverhältnis konstatiert werden.26 Folglich läßt sich in der heutigen Betriebswirtschaftslehre kein absolut vorherrschendes Paradigma27 feststellen.28 Im Rahmen eines „gezähmten Pluralismus"29 der Wissenschaftsprogramme richtet sich diese Arbeit am entscheidungsorientierten Ansatz der Betriebswirtschaftslehre von HEINEN30 aus.31 Im

Mittel-25 Vgl. Behrens, Wissenschaftstheorie, Sp. 4768 f.; Raffte, Grundprobleme, S. 15, S. 22 und S. 6 4 - 7 8 ; Schanz, Integrationsproblem, S. 122 f.; Schweitzer, Betriebswirtschaftslehre, S. 27 ff. und S. 64; Ulrich/Hill, Aspek-te, S. 162 ff.; Zelewski, Grundlagen, S. 5 - 8 .

26 Vgl. z. B. Schanz, Wissenschaftsprogramme, S. 9 4 - 9 8 und S. 191 f.; Ulrich/Hill, Aspekte, S. 174. Für einen Überblick vgl. z. B. Hopfenbeck, Managementlehre, S. 14-60; Raffee, Betriebswirtschaftslehre, S. 2 5 ^ 4 ; Raffee, Grundprobleme, S. 79-120; Schanz, Wissenschaftsprogramme, S. 99-191; Wöhe, Betriebswirt-schaftslehre, S. 73-92; Wöhe, Entwicklungstendenzen, S. 225-231.

27 Vgl. Kuhn, Struktur, S. 11 und S. 28. Vgl. auch Behrens, Wissenschaftstheorie, Sp. 4766; Hill, Betriebswirt-schaftslehre, S. 133 ff.; Ulrich/Hill, Aspekte, S. 169 f. Kritisch dazu vgl. Thommen, Umwelt, S. 178-185;

Schneider, Versagen, S. 849-869.

28 Vgl. Albach, Wissenschaft, S. 15 f.; Schanz, Wissenschaftsprogramme, S. 191 f.; Ulrich/Hill, Aspekte S. 174.

29 Raffee, Betriebswirtschaftslehre, S. 44. Siehe auch Heinen, Wissenschaftsprogramm, S. 213; Rühli, Ansatz, S. 107; Schanz, Wissenschaftsprogramme, S. 191 f.; Schweitzer, Betriebswirtschaftslehre, S. 67. Vertiefend dazu siehe Schanz, Pluralismus, S. 131-154.

30 Grundlegend dazu vgl. Heinen, Grundfragen, S. 364-393; Heinen, Ansatz, S. 429-444; Heinen, Wissen-schaftsprogramm, S. 207-220. Einer Ausrichtung am entscheidungsorientierten Ansatz folgen eine nicht un-bedeutende Anzahl von Wissenschaftlern. Vgl. z. B. Drukarczyk, Theorie, S. 1 f.; Raffee, Grundprobleme, S. 54-59; Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 40 f.; Schweitzer, Betriebswirtschaftslehre, S. 66.

1 In der Untersuchung werden Aussagen und Methoden alternativer Wissenschaftsprogramme an geeigneter Stelle wie z.B. Aspekte des faktortheoretischen Ansatzes, des systemtheoretisch-kybernetischen Paradigmas

punkt des entscheidungsorientierten Ansatzes stehen wirtschaftliche Wahlhandlungen mit alternativen Handlungsoptionen.32 Ziel ist es zum einen, dem allgemeinen kognitiven Wissen-schaftsziel folgend, das relevante Entscheidungsfeld zu erklären und zum anderen, zur Erfül-lung des praktischen Wissenschaftsziels Entscheidungsmodelle zur optimalen Zielerreichung abzuleiten.33 Den Entscheidungsträgern sollen konkrete Empfehlungen im Sinne einer prak-tisch-normativen, aber wertfreien Wissenschaft erteilt werden, um die Qualität der betriebs-wirtschaftlichen Entscheidungen zu verbessern.34

Den Wissenschaftszielen des entscheidungstheoretischen Paradigmas entsprechend ist es das Ziel der vorliegenden Arbeit, einerseits Hinweise zur Erklärung des Einflusses von Unter-nehmensimmobilien auf den Unternehmenswert zu liefern und andererseits zur Erfüllung der Gestaltungsfunktion einen Ansatz zum marktwertorientierten Management der Unter-nehmensimmobilien zu konzipieren. Die Ausrichtung am entscheidungstheoretischen Ansatz erscheint hier zwingend notwendig, da die Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur logi-schen Unterstützung bei der Lösung eines Entscheidungsproblems für die Unternehmens-führung im Zentrum der Untersuchung steht. Das zu lösende Entscheidungsproblem ist die Wahl des Bündels an Immobilien- und Restrukturierungsstrategien, das den Unternehmens-wert unter Berücksichtigung relevanter Nebenbedingungen maximiert. Nach Festlegung des

und des situativen, kontingenztheoretischen Ansatzes einbezogen. Vgl. jeweils z. B. Gutenberg, Produktion und Ulrich, Management, S. 2 1 - 1 3 0 ; Ulrich, Unternehmenspolitik, S. 11-17 sowie Kieser/Kubicek, Organi-sation, S. 33-70; Kieser, Situative Ansatz, S. 161-191.

32 Schmalenbach sieht die Wahlhandlung als konstitutive Eigenschaft des Wirtschaftens („Wirtschaften ist Wählen"). Vgl. Schmalenbach, Kostenrechnung, S. 129. Heinen betrachtet in den Entscheidungen den „ori-ginären" Erkenntnisgegenstand der Betriebswirtschaftslehre. „Wenn Wirtschaften Wählen heißt, und wenn Wählen in enger Beziehung zu Entscheiden gesehen werden kann, dann hat sich die Betriebswirtschaftslehre schon immer mit Entscheidungen von Menschen in Unternehmen befaßt." Heinen, Ansatz, S. 429.

33 Heinen sieht „das Bemühen der Betriebswirtschaftslehre [...] letztlich darauf gerichtet, Mittel und Wege aufzuzeigen, die zur Verbesserung der Entscheidungen in der Betriebswirtschaftslehre führen. Sie will durch die Formulierung entsprechender Verhaltensnormen den verantwortlichen Disponenten Hilfestellung leisten.

[...] Darin ist das Hauptmerkmal der Gestaltungsfunktion [kursiv im Original, M.H.] der Betriebswirt-schaftslehre zu erblicken." Heinen, Wissenschaftsprogramm, S. 209 ff. Vgl. auch Raffee, Grundprobleme, S. 69 f.; Rühli, Ansatz, S. 107; Szyperski, Orientierung, S. 273-277. Voraussetzung der Gestaltungsfunktion ist die Erfüllung der Erklärungsfunktion. Vgl. Heinen, Wissenschaftsprogramm, S. 210 f.; Heinen, Ansatz, S. 430 ff.

34 Dieser Wissenschaftsansatz wird als „praktisch-normativ" und „wertfrei" bezeichnet, da ausschließlich Emp-fehlungen zum Mitteleinsatz gegeben werden, der zur optimalen Erreichung des betriebswirtschaftlichen Ziels fuhrt. Vgl. Heinen, Grundfragen, S. 368-371 und S. 404^47]; Heinen, Wissenschaftsprogramm, S. 209; Rühli, Ansatz, S. 107. Einführend zur Diskussion der Werturteile in der Betriebswirtschaftslehre sie-he z. B. Kreikebaum, Untemehmensplanung, S. 162 ff; Raffee, Grundprobleme, S. 44-64; Schanz, Wissen-schaftsprogramme, S. 127 ff; Wöhe, Betriebswirtschaftslehre, S. 53-56. Die Kritik am entscheidungstheore-tischen Ansatz fokussiert die Vereinbarkeit der praktisch-normativen Gestaltungsfunktion mit dem Wertfrei-heitspostulat. Trotz dieses Einwands wird dem Ansatz eine hohe Relevanz für die moderne Betriebswirt-schaftslehre zugebilligt. Vgl. Heinen, Grundfragen, S. 368-371 und S. 404-471. Vgl. auch Raffee, Grund-probleme, S. 6 9 - 7 7 und S. 94; Schanz, Wissenschaftsprogramme, S. 125-129; Ulrich/Hill, Aspekte, S. 174;

Wöhe, Entwicklungstendenzen, S. 232.

Entscheidungsproblems und der Zielvorstellungen gilt es dabei, zunächst die entscheidungs-relevanten Bestandteile des Problems zu erarbeiten, in einem Modell35 zu strukturieren und die zu verwendenden Rechenverfahren und Kriterien aufzuzeigen.36 Schließlich ist das Ent-scheidungsproblem mit dem zu entwickelnden Modell zu lösen, d. h., die marktwertmaximale Alternative ist zu bestimmen.37

Den theoretischen Bezugsrahmen innerhalb der Betriebswirtschaftslehre für die vorliegende Arbeit bilden die Immobilienökonomie, die Finanzierungstheorie und die Theorie der Unter-nehmensführung als Lehren über die funktionellen Teilbereiche der Allgemeinen Betriebs-wirtschaftslehre.38 Im Gegensatz zu den traditionellen Speziellen Betriebswirtschaftslehren im Sinne reiner Wirtschaftszweiglehren, wie beispielsweise die Industrie- oder Bankbetriebsleh-re, wird die Immobilienökonomie als eine interdisziplinäre Form der Allgemeinen Betriebs-wirtschaftslehre betrachtet,39 da sie sich als betriebswirtschaftliche Disziplin in der institutio-nellen Dimension nicht nur auf Unternehmen der Immobilienwirtschaft beschränkt, sondern außerdem die Immobilien als Gegenstand von Entscheidungen aller wirtschaftlich handelnden Institutionen (Unternehmen, Staat und Haushalte) betrachtet.40 Das Wirtschaften mit dem knappen Gut Immobilie kann somit als Erkenntnisgegenstand der Immobilienökonomie auf-gefaßt werden. Die heutige betriebswirtschaftliche Interpretation der Immobilienökonomie ist stark durch den entscheidungstheoretischen Ansatz geprägt, da die Erklärung und Gestaltung tatsächlicher Entscheidungen von mit Immobilien befaßten Wirtschaftssubjekten im Zentrum stehen.41 Die vorliegende Arbeit nimmt in weiten Teilen Bezug auf die Finanzierungstheorie, deren Bestandteile wie z. B. Finanzanalyse und -planung und Kapitalmarkttheorie die

theore-35 Zum Modellbegriff vgl. Ballwieser, Komplexitätsreduktion, S. 1; Bamberg/Coenenberg, Entscheidungslehre, S. 12 ff.; Bea, Entscheidungen, S. 390 f.; Eichhorn, Modelle, S. 6 4 - 7 4 ; Schneider, Grundlagen, S. 160 ff.;

Wöhe, Betriebswirtschaftslehre, S. 3 5 - 4 1 . Vgl. auch Abel, Leitidee, S. 138-160.

Zu wissenschaftlichen Methoden der Betriebswirtschaftslehre vgl. Braun, Forschungsmethoden, Sp. 1 2 2 0 -1236; Raffee, Betriebswirtschaftslehre, S. 11-25; Schweitzer, Betriebswirtschaftslehre, S. 6 7 - 7 5 ; Ulrich/Hill, Aspekte, S. 181-186; Zelewski, Grundlagen, S. 3 9 - 4 6 .

37 Vgl. z. B. Bea, Entscheidungen, S. 378; Drukarczyk, Theorie, S. 1.

38 W ö h e interpretiert u. a. die Lehren über die Funktionsbereiche Unternehmensfuhrung und Finanzierung als Spezielle Betriebswirtschaftslehren, die jedoch Bestandteile der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre sind.

Vgl. Wöhe, Entwicklungstendenzen. S. 233; Wöhe, Betriebswirtschaftslehre, S. 19-22. Zur Aufgabentren-nung zwischen der Speziellen und der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre siehe auch Bellinger, Betriebswirtschaftslehre, Sp. 6 8 8 4 ; Eischen, Allgemeine, S. 2 0 3 2 2 7 ; Oettle, Wirtschaftszweigorientierung, S. 8 1 -95; Oettle, Wohnungswirtschaft, S. 15-18; Schweitzer, Betriebswirtschaftslehre, S. 2 4 - 2 7 .

39 Vgl. Schulte, Wissenschaft, S. 2 3 1 - 2 3 5 ; Schulte, Vorwort, S. III. Die Immobilienökonomie ist interdiszipli-när ausgelegt, da nur unter Einbeziehung von anderen Wissenschaftsdisziplinen der Multidimensionalität des immobilienökonomischen Erkenntnisobjektes in hinreichendem Maße Rechnung getragen wird. Vgl. Schul-te/Schäfers, Disziplin, S. 109; Schäfers/Schulte, Immobilienökonomie, S. 28 ff.

40 Vgl. Schulte/Schäfers, Disziplin, S. 109; Schäfers, Management, S. 5.

41 Vgl. Schulte/Schäfers, Disziplin, S. 108.

tische Grundlage der Analyse darstellen. Des weiteren werden auch die Ergebnisse empiri-scher Studien vor allem über den amerikanischen Kapitalmarkt zur Argumentation herange-zogen. Schon hier ist aber darauf hinzuweisen, daß diese aufgrund der institutionellen Unter-schiede zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Kapitalmarkt nicht unreflektiert übertragen werden dürfen. Aus der Theorie der Unternehmensfuhrung werden insbesondere Elemente und Instrumente der präskriptiven strategischen Unternehmensplanung42 und des strategischen Managements herangezogen.43 Aus der Wahl des überwiegend verfolgten ent-scheidungstheoretischen Forschungsprogramms lassen sich Erfordernisse für eine Gliederung ableiten, die beim Aufbau der Arbeit zu berücksichtigen sind.

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