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Kritische Würdigung der kapitalmarkttheoretischen Methoden zur Bestim- Bestim-mung der Renditeforderung der Anteilseigner

2.1 Zielsystem der marktwertorientierten Unternehmensführung

2.1.3 Bestimmung der Renditeforderung der Eigentümer

2.1.3.3 Kritische Würdigung der kapitalmarkttheoretischen Methoden zur Bestim- Bestim-mung der Renditeforderung der Anteilseigner

Der wissenschaftliche Wert des CAPM für die Finanzierungstheorie und die Relevanz für die praktische Anwendung sind heftig umstritten. Die Kritik nährt sich zum einen aus theoreti-schen Einwänden und zum anderen aus der (bisher) nicht eindeutigen empiritheoreti-schen Verifizie-rung. Die theoretische Kritik gegen das CAPM zielt vor allem auf den als zu eng bezeichneten Annahmenkranz.230 SCHNEIDER kritisiert insbesondere die grundlegende Annahme eines Ka-pitalmarktgleichgewichts, die weder empirisch beobachtbar noch inhaltlich haltbar sei.231 An-dere Kritikpunkte an den restriktiven Annahmen wie Einperiodigkeit des Kalküls oder man-gelnde Berücksichtigung von Steuern auf Anteilseignerseite können durch Modifikationen des Ansatzes partiell zurückgewiesen werden.232

Die fehlende eindeutige Nachprüfbarkeit des CAPM wird häufig als Grund für seine Irrele-vanz angeführt.233 So mußten auch wesentliche Verfechter des CAPM wie FAMA/FRENCH fest-stellen, daß die Betafaktoren für den Zeitraum 1969-1990 keinen signifikanten Beitrag zur Erklärung der durchschnittlichen Renditen liefern.234 Umstritten ist jedoch, ob das CAPM

2"9 Vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, S. 276 f.; Steiner/Nowak, Mehrfaktorenmodelle, Sp. 1441; Stei-ner/Nowak, Risikofaktoren, S. 3 5 1 - 3 5 4 ; Wallmeier, Aktienrenditen, S. 2 7 - 3 9 m. w. N. Z u m Design der Tests des A P T vgl. z. B. Müller, Aktienbewertung, S. 114-122.

A u f die Darstellung der Annahmenkritik wird verzichtet. Siehe dazu z. B. Copeland/Weston, Theory, pp. 2 0 5 - 2 1 2 ; Elton/Gruber, Theory, pp. 3 0 2 - 3 2 1 ; Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, S. 2 5 6 - 2 5 8 ; Rudolph, Theorie, S. 1049-1053; Schneider, Investition, S. 5 3 1 - 5 4 6 .

231 Vgl. Schneider, Investition, S. 5 6 8 - 5 7 4 .

232 A u f eine Darstellung und Diskussion der vielfältigen Varianten und Erweiterungen des C A P M zur Entkräf-tung der (zu Recht) geäußerten Kritik wird hier nicht eingegangen. Vgl. dazu z. B. Copeland/Weston, Theo-ry, pp. 2 0 5 - 2 1 2 ; Elton/Gruber, TheoTheo-ry, pp. 3 1 1 - 3 3 5 ; Rudolph, Theorie, S. 1049-1053; Zimmermann, Pro-gnose, S. 2 4 - 3 4 .

233 Vor dem Hintergrund der Vielzahl der empirischen Untersuchungen des C A P M soll hier nur auf die wesent-lichen Studien verwiesen werden. Aus den Ergebnissen der amerikanischen Tests kann das C A P M weder klar abgelehnt werden, noch kann es als vollständig belegt gelten. Vgl. Black/Jensen/Scholes, Tests, pp. 7 9 -121; Fama/McBeth, Equilibrium, pp. 6 0 7 - 6 3 6 ; Fama/French, Cross-Section, pp. 4 2 7 - 4 6 5 ; Fama/French, dead or alive, pp. 1947-1958; Roll/Ross, Relation, pp. 101-121. Für Untersuchungen in Deutschland vgl.

z . B . Kosfeld, Kapitalmarktmodelle, S. 150-187; Wallmeier, Aktienrenditen, S. 2 9 0 - 3 0 8 ; Warfsmann.

Kapitalmarkt, S. 110-124 und S. 149-154. Für einen Überblick siehe z . B . Hachmeister, Untemehmenswertsteigerung, S. 190-198 m. w. N.; Kosfeld, Kapitalmarktmodelle, S. 144-150; Möller, Informationseffizienz, S. 512 m. w. N.; Möller, Bewertung, S. 783 m. w. N.; Müller, Aktienbewertung, S. 109 f.; Schneider, Investition, S. 5 3 6 - 5 4 1 ; Spremann, Investition, S. 5 4 5 - 5 5 0 und S. 552 f.; Wallmeier!

Aktienrenditen, S. 68 f f ; Zimmermann, Prognose, S. 41—44.

234 Vgl. Fama/French, Cross-Section, pp. 4 2 7 4 6 5 . Fama/French fassen das Ergebnis ihrer Studie zu einem ablehnenden Urteil über das C A P M zusammen; „In short, our tests do not support the central prediction of the S L B [Sharpe, Lintner, Black = CAPM, M.H.] - model, that average stock returns are positively related to market ß . " Fama/French, Cross-Section, p. 449.

überhaupt empirisch testbar und somit grundsätzlich verifizierbar ist und mit welchen Metho-den dessen empirischer Nachweis gefuhrt werMetho-den kann bzw. nicht geführt werMetho-den darf.235

Fragwürdig erscheinen über die unvollständige, rein statistische Validierung hinaus vor allem die Ermittlung bzw. die Existenz eines risikolosen Zinssatzes, der Nachweis einer systemati-schen Risikoprämie, das Vorliegen eines Zusammenhangs von fundamentalen Unterneh-mensdaten und Betafaktoren, die Stabilität der Betafaktoren und das Vorliegen von Anomali-en in dAnomali-en RAnomali-enditAnomali-en auf dAnomali-en AktiAnomali-enmärktAnomali-en.236 Grundsätzlich bestehen ferner logische Proble-me der Übertragbarkeit des CAPM in die Investitionsrechnung, da Rückwirkungen der Inve-stitionen auf das Marktportfolio ausgeblendet werden.237

Die APT wird häufig als das überlegene Modell zur Ermittlung der Renditeforderung vorge-schlagen.238 Die Prämissen der APT erscheinen weniger restriktiv als die des CAPM, da An-nahmen über die Renditeverteilung und das Anlegerverhalten bei der APT nicht benötigt wer-den. Allerdings unterstellt die APT mit der Annahme des Mehrfaktorenmodells eine ein-schränkende Prämisse, wie Aktienrenditen bestimmt werden, auf die das CAPM verzichten kann.239 Die Annahmenkränze beider Modelle sind daher nur bedingt vergleichbar.240 Als kri-tisch ist bei der APT die mangelnde theorekri-tische Fundierung der Auswahl und des Inhalts der Risikofaktoren zu beurteilen. Während das CAPM mit dem Marktportfolio eindeutig einen Risikofaktor bestimmt, stellt die APT vielmehr eine Bewertungsstruktur dar, die keine

ein-235 Grundlegend dazu vgl. Roll, Asset Pricing, pp. 1 2 9 - 1 7 6 ; Roll/Ross, Reexamination, pp. 3 4 7 - 3 5 0 . Vgl. auch Brealey/Myers, Finance, pp. 184—188; Hamerle/Rösch, Surrogatproblem, S. 8 5 8 - 8 7 6 ; Hamerle/Ulschmid, Performance, S. 305-326; Steiner/Kleeberg, Indexauswahl, S. 171-182. Ein Test der Modellaussagen des C A P M stellt letztlich ein Test der Hypothese dar, daß das Marktportfolio effizient ist. Aufgrund fehlender Verfügbarkeit von Marktpreisen für verschiedene Anlageformen (z. B. Immobilien) kann dieser Test nur mit der Konstruktion eines Stellvertreters des Marktportfolio erfolgen. Vgl. z. B. Kosfeld, Kapitalmarktmodelle, S. 7 8 - 8 2 ; Steiner/Kleeberg, Indexauswahl, S. 173-180. Ein weiteres Problem besteht darin, daß das C A P M Aussagen über die erwartete Rendite trifft. In der Realität sind aber nur tatsächliche Renditen beobachtbar, die durch aus Unvollkommenheiten des Marktes resultierende Anomalien verzerrt sein können. Vgl. z. B.

Brealey/Myers, Finance, pp. 187 ff. Für einen Überblick über die Testverfahren siehe z. B. Elton/Gruber, Theory, pp. 342-362.

236 Zu diesen Kritikpunkten m. w. N. vgl. Freygang, Kapitalallokation, S. 2 2 5 - 2 3 1 ; Günther, Controlling, S. 167 ff.; Hachmeister, Untemehmenswertsteigerung, S. 188-198; Richter, Konzeption, S. 46 f.; Zimmer-mann, Prognose, S. 44—48.

237 S o f e m das Investitionsprojekt im Verhältnis zum Marktportfolio sehr klein ist, ist der Ausschluß der Rück-wirkungen auf das Marktportfolio vertretbar. Vgl. dazu Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 350; Hachmeister, Untemehmenswertsteigerung, S. 174 f.; Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 366.

238 Vgl. Copeland/Weston, Theory, p. 222. Vgl. auch Freygang, Kapitalallokation, S. 236; Kosfeld, Kapital-marktmodelle, S. 225.

239 Vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, S. 274 f.; Wallmeier, Aktienrenditen, S. 308. So entfallen z u m Bei-spiel die Annahme quadratischer Risikonutzenfunktionen bzw. die Normalverteilung der Wertpapierrenditen wie auch das Streben nach Erwartungsnutzenmaximierung nach dem Bernoulli-Prinzip. Vgl. dazu auch Fn. 186, S. 31.

deutigen Sensitivitäten oder Risikofaktoren vorschreibt.241 Die empirischen Nachweise der APT weisen eine höhere Signifikanz als die des CAPM auf und reagieren weniger auf Rendi-teanomalien, so daß die APT als empirisch besser fundierte Kapitalmarkttheorie zur Erklä-rung der Marktbewertung von Aktien angesehen wird.242 LOISTL zeigt allerdings, daß sich der Renditeverlauf einer Aktie aus zehn beliebig ausgewählten Aktien fast vollständig erklären läßt,243 und schließt daraus, daß der Wert einer empirischen Validierung eines Mehrfaktoren-modells ohne die Begründung ökonomisch kausaler Faktoren einen Rückschritt im Verhältnis zum CAPM darstelle.244 Bisherige empirische Studien konnten weder die Anzahl noch die Risikofaktoren eindeutig bestimmen:245 Für den deutschen Aktienmarkt werden in verschiede-nen Studien drei bis zehn relevante Faktoren identifiziert,246 wobei die Ergebnisse allerdings im Zeitablauf nicht stabil sind und von der Zusammensetzung der Untersuchungsgruppe ab-hängen.247 Problematisch bei der Bestimmung der Faktoren ist weiter, daß sich im Bewer-tungsmodell der APT ein eindeutiger Einfluß des unternehmensspezifischen Risikos auf die Renditeerwartung empirisch nicht nachweisen läßt.248

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die praktische Relevanz der APT und mögliche Supe-riorität gegenüber dem CAPM insbesondere von der theoretischen Fundierung und ökono-misch sinnvollen Kausalität der Risikofaktoren abhängt. Solange hierzu keine eindeutigen und überzeugenden Ergebnisse geboten werden, erscheint die Verwendung eines aggregierten Risikofaktors wie beim CAPM vorteilhafter.249 Die Möglichkeiten einer eindeutigen empiri-schen Validierung der Kapitalmarktmodelle relativieren sich jedoch vor dem Hintergrund des

240 Vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, S. 274 f. Nicht unerwähnt bleiben darf, daß die Ansätzen größten-teils von gleichen Annahmen ausgehen. Vgl. z. B. Lockert, Risikofaktoren, S. 45 f.

2 4' Vgl. Freygang, Kapitalallokation, S. 237; Lockert, Risikofaktoren, S. 47; Müller, Aktienbewertung, S. 128.

242 Für einen Überblick vgl. Copeland/Weston, Theory, pp. 228 ff. Vgl. auch Kosfeld, Kapitalmarktmodelle, S. 224 f.; Müller, Aktienbewertung, S. 218.

243 Vgl. Loistl, Kapitalmarkttheorie, S. 292.

244 Vgl. Loistl, Kapitalmarkttheorie, S. 292.

245 Vgl. Freygang, Kapitalallokation, S. 237 ff. m. w. N.; Lockert, Risikofaktoren, S. 97 m. w. N.

246 Vgl. z. B. Frantzmann, Saisonalitäten, S. 182 f.; Müller, Aktienbewertung, S. 115 ff. Für einen umfassenden Überblick über die empirischen Studien zur A P T und ihren Ergebnissen siehe Lockert, Risikofaktoren, S. 5 3 - 9 9 , insb. die tabellarischen Übersichten auf S. 77 ff., S. 81 f. und S. 86 ff.

247 Vgl. Steiner/Nowak, Risikofaktoren, S. 355.

Vgl. Kosfeld, Kapitalmarktmodelle, S. 225. Zu den Ergebnissen fundamentaler untemehmensspezifischen Risikofaktoren siehe bspw. Müller, Aktienbewertung, S. 218 f. Mit Hilfe des C A P M kann ein theoretischer Zusammenhang hergeleitet werden, der sich zumindest teilweise empirisch bestätigen läßt. Vgl. Bauer, Akti-enanlagen, S. 252 f.; Steiner/Bauer, Analyse, S. 3 4 7 - 3 6 8 . Winkelmann und Müller stellen eine Überlegen-heit der APT bei der fundamentalen Prognose der Beta- bzw. Risikofaktoren gegenüber dem CAPM fest.

Vgl. Winkelmann, Aktienbewertung, S. 2 2 0 - 2 3 0 insb. S. 227; Müller, Aktienbewertung, S. 218 f.; a. A.

Frantzmann, Saisonalitäten, S. 2 2 0 f.

249 Vgl. Frantzmann, Saisonalitäten, S. 2 2 0 f.

Entwicklungsstands und der Friktionen real existierender Kapitalmärkte.250 Solange kein Mo-dell existiert, das diese Unvollkommenheiten ex ante im MoMo-dellaufbau berücksichtigt, kann die empirische Validierung eines auf restriktiven Annahmen basierenden Kapitalmarktmo-dells in realiter vorliegenden Bedingungskomplexen nicht als rein zufallig ausgeschlossen werden. Da keine ausgereiften, objektivierten, analytisch-deduktiven Alternativen zum CAPM zur Verfügung stehen, die unternehmensspezifische Risikofaktoren berücksichtigen, findet das CAPM weitläufig Verwendung und wird auch hier im folgenden zur Bestimmung der Renditeforderungen herangezogen.251

2.2 Kapitalmarkttheoretische Unternehmensbewertung als entscheidungsorientiertes Instrument der Unternehmensführung

Wenn die Unternehmensführung die Zielfunktion der Marktwertmaximierung verfolgen soll, benötigt sie eine die Komplexität adäquat abbildende Methodik zur Berechnung des Markt-wertes des Eigenkapitals, um die Wirkung der unternehmerischen Maßnahmen zielgerecht planen, steuern und kontrollieren zu können. In diesem Abschnitt wird die kapitalmarkttheo-retische Unternehmensbewertung als entscheidungsorientiertes Analyseinstrument der marktwertorientierten Unternehmensführung vorgestellt und ihre Anwendungsvorteile und Grenzen kritisch untersucht.252.

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