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Marktwertorientierte Erfüllung der Stakeholder-Interessen

2.1 Zielsystem der marktwertorientierten Unternehmensführung

2.1.1 Maximierung des Marktwertes des Eigenkapitals als Zielfunktion der Investoren und für Unternehmen

2.1.1.4 Marktwertorientierte Erfüllung der Stakeholder-Interessen

Wesentliche Kritikpunkte an der Zielfunktion der Marktwertmaximierung sind die Orientie-rung an den Zielen einer einzigen Interessengruppe und die daraus angeblich zwingend resul-tierende Vernachlässigung wichtiger Stakeholder122 sowie die Auswahl der Eigentümer als die

113 Vgl. z. B. Breid, Erfolgspotentialrechnung, S. 242 f.; Picot/Michaelis, Unternehmensverfassung, S. 260 f.

1,4 Zu den möglichen Sanktionen gehört der Verkauf („Exit") der Anteile und der aktive Widerstand („Voice").

Vgl. Drukarczyk, Theorie, S. 442 f. und S. 624 f. In den USA konnte der wertschaffende Einfluß des „Share-holder Activism" empirisch bestätigt werden. Vgl. Strickland/Wiles/Zenner, Monitoring, pp. 3 1 9 - 3 3 8 .

115 Vgl. Berle/Means, Corporation, pp. 8 0 - 8 4 ; Fama/Jensen, Ownership and Control, pp. 322 f. Da Kontrollak-tivitäten eines Aktionärs für andere Aktionäre ein öffentliches Gut darstellen und der kontrollierende Aktio-när die entstehenden Kosten des positiven externen Effekts nicht internalisieren kann, wird zu wenig Infor-mation f ü r eine disziplinierende Kontrolle „produziert". Vgl. Spremann, Investition, S. 677 f. und S. 689 f.

Z u m Free Rider-Problem vgl. Holler/Illing, Spieltheorie, S. 8 f.

116 Vgl. dazu z. B. Ballwieser, Rechnungswesen, S. 111115; Ewert, Rechnungslegung, S. 2 3 1 4 2 und S. 1 9 5 -365; Hartmann-Wendels, Rechnungslegung, S. 140-190 und S. 2 1 4 - 2 6 9 .

117 Grundlegend dazu vgl. Jensen/Ruback, Market, pp. 5 - 5 0 ; Manne, Market, pp. 110-120. Der Markt für Un-temehmenskontrolle als Regulativ wirkt über die latente Übernahmedrohung und Entlassung der Manager, deren Unternehmen mit hohen Agentenkosten belastet sind. Schneider hält diese Argumentation unter den genannten Annahmen für theoretisch nicht haltbar. Vgl. Schneider, Investition, S. 6 4 2 - 6 4 5 . Zum Entwick-lungsstand des Marktes für Unternehmenskontrolle in Deutschland siehe z. B. Freygang, Kapitalallokation, S. 14-27; Flassak, Unternehmenskontrolle, S. 2 1 7 - 2 3 0 ; Günther, Notwendigkeit, S. 18-28; Löhnert, Share-holder Value, S. 2 7 - 4 1 und S. 107 ff.

118 Vgl. Picot/Michaelis, Untemehmensverfassung, S. 264 f. m. w. N.

"9 Vgl. Fama, Agency Problems, pp. 2 9 2 - 2 9 5 ; Picot/Michaelis, Untemehmensverfassung, S. 260 f.

120 Vgl. Eischen, Shareholder Value, S. 210 und S. 219; Picot/Michaelis, Untemehmensverfassung, S. 258 f.

121 Vgl. Hachmeister, Unternehmenswertsteigerung, S. 25 f.; Richter, Konzeption, S. 18 f.

122 Freeman definiert den Begriff „Stakeholder" als „any group or individual who can affect, or is affected by, the achievement of a corporation's purpose." Freeman, Management, p. VI, p. 25 und p. 46. Vgl. auch Ja-nisch, Stakeholder Value, S. 127; Steinmann/Schreyögg, Management, S. 75 f.; Wagner, Unternehmensfuh-rung, S. 98 f. Als Stakeholder gelten die Eigenkapitalgeber, Fremdkapitalgeber, Manager und weitere

Ar-Anspruchsgruppe, an der die Unternehmensziele ausgerichtet werden sollen.123 Laut des ko-alitionstheoretischen Stakeholder-Ansatzes124 seien die gruppenspezifischen Ziele der Stake-holder, wie z. B. der Mitarbeiter,125 zwingend zu berücksichtigen, da sonst die jeweilige An-spruchsgruppe die Koalition sanktioniere oder im Extremfall ganz aus der Koalition ausschei-de,126 was für die in der Koalition verbleibenden i. d. R. negative Folgen mit sich bringe.127

Der Fortbestand der Koalition sei damit die zwingende Voraussetzung für die Erreichung der Individualziele aller Anspruchsgruppen und müsse so gegebenenfalls durch Zugeständnisse an die Stakeholder erreicht werden.128 Des weiteren habe das Unternehmen als kollektive Ver-anstaltung eine gesellschaftliche Verpflichtung zu erfüllen.129

Gemäß der Vertragstheorie der Untemehmensverfassung schließen Stakeholder aus individu-ellen Vorteilskalkülen Verträge mit dem kapitalgeleiteten Unternehmen,130 mittels derer die unterschiedlichen Interessen der am Unternehmen Beteiligten abgestimmt werden. Die Stake-holder können als freie Vertragspartner die Bedingungen der Verträge beeinflussen und, so-fern der Vertrag für sie vorteilhaft erscheint, den Vertrag annehmen,131 so daß sie durchaus über Verhandlungsmacht verfügen. Vielmehr liegt es im Interesse der Eigentümer, zur eige-nen Zielerreichung die Ansprüche der Stakeholder zu beachten und marktgerechte

Vertrags-beitnehmer, Lieferanten, Kunden sowie der Staat und die Öffentlichkeit bzw. die Gesellschaft. Vgl. Freeman, Management, pp. 9 - 2 7 und pp. 54 f. Vgl. auch Bleicher, Management, S. 1 5 9 - 1 6 4 ; Janisch, Stakeholder Value, S. 147-189; Marr, Betrieb, S. 63. Eigentümer gehören ebenfalls zur Gruppe der Stakeholder, werden zur Eindeutigkeit der Aussagen im folgenden aber nicht den Stakeholdem zugerechnet.

123 Vgl. Janisch, Stakeholder Value, S. 105. Vgl. auch Bleicher, Management, S. 3 1 6 - 3 2 1 ; Gomez, Wertma-nagement, S. 102-105; Macharzina, Unternehmensfuhrung, S. 7 ff.

124 Zur Kritik am koalitionstheoretischen Stakeholder-Ansatz vgl. Ballwieser, Shareholder Value, S. 1389 f.;

Bischoff, Shareholder Value, S. 169-178; Bühner/Tuschke, Shareholder Value, S. 502 ff; Hachmeister, Un-ternehmenswertsteigerung, S. 3 2 - 3 5 ; Wagner, Shareholder Value, S. 4 8 7 - 4 9 1 .

125 Vgl. z. B. Küller, Gewerkschaftssicht, S. 5 1 7 - 5 3 1 . Kritisch dazu vgl. Wagner, Shareholder Value, S. 4 8 9 ff;

Wenger, Theorie, S. 167-171.

126 Vgl. Drukarczyk, Theorie, S. 19; Spremann, Investition, S. 483; Wagner, Unternehmensführung, S. 98 f.

127 Grundlegend zur Koalitionstheorie vgl. Cyert/March, Theorie, S. 2 9 - 5 0 und S. 114-130. Einführend vgl.

Gerum, Untemehmensverfassung, Sp. 2485 f. m. w. N.; Kupsch/Marr, Personalwirtschaft, S. 7 4 3 - 7 5 3 ; Staehle, Management, S. 4 0 3 - 4 0 8 ; Thommen, Führung, S. 34 f.

128 Vgl. Wagner, Shareholder Value, S. 4 8 7 - 4 9 3 .

129 Vgl. z. B. Hinterhuber, Denken, S. 138 ff.; Kreikebaum, Unternehmensplanung, S. 145-188; Marr, Betrieb, S. 108 ff; Steinmann/Schreyögg, Management, S. 75 f.; Ulrich, Gesellschaft, S. 196 f. und S. 2 0 3 - 2 0 7 . Kri-tisch dazu vgl. Rappaport, Shareholder Value, pp. 1 - 1 2 ; Wagner, Shareholder Value, S. 4 9 0 - 4 9 4 ; Wenger, Theorie, S. 170 f. Rappaport lehnt eine soziale Gestaltungsaufgabe des Unternehmens kategorisch ab: „In a market-based economy that recognizes the rights of private property, the only social responsibility of busi-ness is to create Shareholder Value and to do so legally and with integrity. Critical social issues [...] pose enormous social challenges. Corporate management, however, has neither the political legitimacy nor the expertise to decide what is in the social interest." Rappaport, Shareholder Value, p. 5.

130 Vgl. auch Abschnitt 2.1.1.1, Marktwertmaximierung zur Erzielung von Konsumeinkommen, S. 13.

131 Vgl. Hax, Unternehmung, S. 59; Klien, Managementleistungen, S. 216 f.

angebote zu unterbreiten.132

In vollkommenen Märkten kann angenommen werden, daß sämtliche Merkmale der Ver-tragsbeziehungen ohne Transaktionskosten explizit im Vertrag geregelt werden können und der Marktmechanismus für einen Ausgleich der Interessen von Stakeholdern und Eigentü-mern sorgt. Bei realiter vorliegenden Bedingungen jedoch können nicht sämtliche Vertrags-bedingungen und die für die Vertragsabwicklung wichtigen möglichen Umweltzustände voll-ständig und transaktionskostenfrei in Verträgen erfaßt werden.133 Stakeholder richten daher auch erhebliche, nicht formal in Verträgen festgehaltene, implizite Ansprüche an das Unter-nehmen, wie z. B. Arbeitsplatzsicherheit oder die Zusage von Folgeaufträgen, die keine rechtlichen Forderungen an das Unternehmen konstituieren.134 Da die Eigentümer im Rahmen ihrer Dispositionshandlungen über die Erfüllung der impliziten Ansprüche entscheiden, ist deren Erfüllung für die Stakeholder unsicher, was eine Verschiebung des Risikos zu Lasten der Stakeholder darstellt.135 Dieses Risiko kann von den Stakeholdern im Gegensatz zu den Residualansprüchen der Eigentümer nur eingeschränkt diversifiziert werden.'36 Die undiffe-renzierte Nichterfüllung impliziter Ansprüche durch die Eigentümer kann zu einer nicht uner-heblichen Minderung der Kooperationsbereitschaft der Anspruchsgruppen führen. Im Extrem-fall kann dies letztlich das Ausscheiden der Anspruchsgruppe aus der Koalition und längerfri-stig negative Auswirkungen auf den Marktwert des Eigenkapitals bewirken.137

Um die notwendige und zielführende Kooperation und Teilnahme von Stakeholdern am Un-ternehmen sicherzustellen, sind die unteren Grenzwerte der Erreichung der Interessen der Stakeholder bei Entscheidungen im Unternehmen in Form von satisfizierenden bzw. fixieren-den Nebenbedingungen zwingend zu berücksichtigen.138 Dabei besitzen die Eigentümer kei-nen Freiheitsgrad hinsichtlich der Erfüllung expliziter Vertragsbestandteile, könkei-nen jedoch

Vgl. Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 2 f.; Hachmeister, Unternehmenswertsteigerung, S. 36; Raster, Ma-nagement, S. 218; Speckbacher, Shareholder Value, S. 633; Spremann, Investition, S. 487.

133 Vgl. grundlegend dazu Comell/Shapiro, Stakeholders, pp. 5 ff. Vgl. auch Hax, Unternehmung, S. 61; Spre-mann, Investition, S. 484.

134 Vgl. Comell/Shapiro, Stakeholders, pp. 6 f. Vgl. auch Atkinson/Waterhouse/Wells, Stakeholder, p. 29;

Speckbacher, Shareholder Value, S. 633.

135 Vgl. Comell/Shapiro, Stakeholders, p. 7; Spremann, Investition, S. 485.

136 Vgl. Speckbacher, Shareholder Value, S. 634; Spremann, Investition, S. 484.

137 Vgl. Bühner/Tuschke, Shareholder Value, S. 502; Speckbacher, Shareholder Value, 633 f.

138 Vgl. Atkinson/Waterhouse/Wells, Stakeholder, p. 29; Ballwieser, Shareholder Value, S. 1390; Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 2 f.; Hinterhuber, Denken, S. 4; Kupsch/Marr, Personalwirtschaft, S. 7 4 6 - 7 5 0 ; Speckba-cher, Shareholder Value, S. 634 f. Vgl. auch Brune, Instrument, S. 2 9 2 - 3 9 5 ; Löhnert, Shareholder Value,

bei impliziten Ansprüchen j e nach Vorteilhaftigkeit für ihre längerfristigen Interessen dispo-nieren. Als Entscheidungskriterium wird hier das Marktwertkriterium empfohlen: Sofern die Erfüllung der impliziten Ansprüche langfristig marktwerterhöhend oder -neutral ist, sollten diese gewährt werden. Für Stakeholder ist eine Maximierung des Marktwertes des Eigenka-pitals ebenfalls erstrebenswert, weil die Durchsetzbarkeit und somit auch der Wert ihrer An-sprüche stark von der Finanzkraft des Unternehmens abhängen.139 Femer wird der Orientie-rung an den Eigentümern eine makroökonomische Vorteilhaftigkeit als kostengünstigere Form der Unternehmensorganisation und -Verfassung beigemessen.1 4 0

Als Fazit dieser Überlegungen kann festgehalten werden, daß die polarisierende Darstellung des Shareholder Value- und des Stakeholder-Ansatzes dem tatsächlichen Problem nicht ge-recht wird.14' Deutlich wird weiter, daß die marktwertorientierte Einbeziehung der Stakehol-der-Interessen als Nebenbedingung der Zielfunktion eine wichtige Voraussetzung für die Er-reichung der Marktwertmaximierung ist.

2.1.1.5 Zusammenfassende kritische W ü r d i g u n g der Marktwertmaximierung als

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