• Keine Ergebnisse gefunden

Marktwertmaximierung zur Erzielung von Konsumeinkommen

2.1 Zielsystem der marktwertorientierten Unternehmensführung

2.1.1 Maximierung des Marktwertes des Eigenkapitals als Zielfunktion der Investoren und für Unternehmen

2.1.1.1 Marktwertmaximierung zur Erzielung von Konsumeinkommen

Ausgangspunkt für die Ableitung der Zielfunktion sind die subjektiven Präferenzen finan-zieller und nichtfinanfinan-zieller Art von Individuen, die das Unternehmen im Rahmen unter-schiedlicher vertraglicher Beziehungen als Instrument zur Befriedigung individueller

Bedürf-63 Z u m Begriff des Zielsystems vgl. Dinkelbach, Ziele, S. 51 ff.; Hamel, Zielsysteme, Sp. 2 6 3 5 - 2 6 4 4 .

64 Für eine detailliertere Darstellung von marktwertorientierten Zielsystemen vgl. z. B. Brune, Instrument, S. 3 2 - 4 9 ; Hardtmann, Wertsteigerungsanalyse, S. 177-182. Vgl. auch die Beiträge in Fn. 12, S. 2.

65 Im folgenden soll Marktwertmaximierung synonym zur Maximierung des Marktwertes des Eigenkapitals gebraucht werden. An den Stellen, an denen sich die Aussagen auf die Maximierung des Untemehmensge-samtwertes beziehen, wird dies zur eindeutigen Abgrenzung der Zielfunktionen konkretisiert.

nisse nutzen.66 Da Präferenzen von Individuen i. d. R. divergieren, ist es notwendig, das Ent-scheidungskalkül an den Zielvorstellungen einer Gruppe unter Berücksichtigung von weiteren zu diskutierenden Nebenbedingungen auszurichten.67 In der Finanzierungstheorie wird dafür die Gruppe der Eigentümer des Unternehmens vorgeschlagen.68 Deren finanzielle Ziele lassen sich bei Annahme rationalen nutzenmaximierenden Verhaltens69 im Streben nach einem ma-ximalen Nutzen aus dem für Konsumzwecke bereitzustellenden Einkommensstrom konkreti-sieren, der sich durch Investitions- und Finanzierungsentscheidungen beeinflussen läßt.70

Während im Falle eines einzigen Eigentümers die individuelle Gestaltung des Konsumein-kommensstroms grundsätzlich erreichbar erscheint, können bei mehreren Eigentümern nicht alle individuell verschiedenen Präferenzen gleichzeitig erreicht werden.71 Da eine Lösung des Problems Einstimmigkeit unter den Eigentümern voraussetzt, dies aber aufgrund unterschied-licher Interessenlagen nicht möglich ist, muß die Entscheidung über die Zielfunktion unab-hängig von den individuellen Präferenzen gefällt werden.72

Der Interessenkonflikt zwischen den Eigentümern kann bei sicheren Erwartungen73 in einem einperiodigen Modell durch den Handel von Konsumeinkommensströmen gelöst werden, wodurch eine Trennung von Konsum-, Investitions- und Finanzierungsentscheidungen

er-66 Unternehmen werden als Verflechtung von Verträgen einzelner Individuen interpretiert. Grundlegend dazu Alchian/Demsetz, Production, S. 777-795. Vgl. auch Gerum, Unternehmensverfassung, Sp. 2488 f. Jen-sen/Meckling definieren das Unternehmen als eine „[...] form of legal fiction which serves as a nexus for contracting relationships and which is also characterized by the existence of divisible residual claims on the assets and cash flows of the Organization which can generally be sold without permission of the other con-tracting individuals.[kursiv im Original, M.H.]" und „which serves as a focus for a complex process in which the conflicting objectives of individuals [...] are brought into equilibrium within a framework of contractual relations." Jensen/Meckling, Theory of the Firm, p. 311. Vgl. auch Fama, Agency Problems, pp. 289 f.; Fa-ma/Jensen, Ownership and Control, p. 302. Kritisch siehe Gerum, Verfiigungsrechte, S. 37 f.

67 Vgl. Drukarczyk, Theorie, S. 19.

68 Vgl. z. B. Brealey/Myers, Finance, p. 4; Drukarczyk, Theorie, S. 19; Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 1 f.;

Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 44 f.; Van Home, Management, pp. 3 ff. Kritisch dazu vgl. Da-modaran, Finance, pp. 11-14. Die Auswahl stellt formal zunächst eine Annahme dar, die es im weiteren zu diskutieren gilt. Vgl. insb. Abschnitt 2.1.1.4., Marktwertorientierte Erfüllung der Stakeholder-Interessen S. 20.

69 Vgl. einführend Kappler, Rationalität, Sp. 3648-3664 m. w. N.

Eigentümer des Unternehmens verfolgen als Investoren mit dem Verzicht auf gegenwärtigen Konsum und Überlassung von Kapital zukünftige Einkommensziele und erwarten von der Unternehmensleitung, einen an ihren Wünschen hinsichtlich Breite, zeitlicher Struktur und Grad der Unsicherheit ausgerichteten Kon-sumeinkommensstrom bereitzustellen. Vgl. Hachmeister, Untemehmenswertsteigerung, S. 12;

Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 50; Wilhelm Marktwertmaximierung, S. 518.

71 Einerseits müßten zur Bestimmung der optimalen Struktur des Konsumeinkommensstroms die Präferenzen sämtlicher Eigentümer bekannt sein, was gerade bei Publikumsgesellschaften als nicht realisierbar gelten muß. Andererseits ist es fraglich, ob die Eigentümer sich auf einen Lösungsmechanismus für das Entschei-dungsproblem einigen können. Vgl. Hachmeister, Unternehmenswertsteigerung, S. 12 f.

Vgl. Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 56.

73 Zur Prämisse sicherer Erwartungen vgl. z. B. Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 147 f.

reicht wird (Separationstheorem von FISHER74). Voraussetzung für eine solche Lösung ist die Existenz eines vollständigen und vollkommenen Kapitalmarktes, auf dem zukünftige Zah-lungsströme gehandelt werden.75 In diesem Fall stehen nicht mehr die zeitlichen Dimensionen des Konsumeinkommensstroms im Vordergrund, sondern allein das gesamte Konsumpotenti-al, dessen Marktwert vom Kapitalmarkt objektiv als Barwert der mit dem Einheitszinssatz diskontierten zukünftigen Einkommensströme ermittelt wird.76 Aus dem FISHER-Modell ergibt sich die für die Arbeit zentrale Aussage, daß die Unternehmensleitung unabhängig von den unterschiedlichen Präferenzen der Eigentümer ausschließlich die Maximierung des Markt-wertes der Einkommensströme des Eigenkapitals als Unternehmensziel verfolgen soll.77

Das Separationstheorem wurde insbesondere um die Einbeziehung unsicherer Erwartungen erweitert.78'79 Unter der Annahme, daß auf dem vollständigen und vollkommenen Kapital-markt bei Unsicherheit der Handel jedes beliebigen zustandsabhängigen Zahlungsanspruches für jeden möglichen Umweltzustand zu einem festen Preis vor Eintreten möglich ist, kann der Transfer von Zahlungen zwischen „Zeitpunkt-Zustands-Kombinationen" erfolgen und das Ergebnis des Grundmodells hergestellt werden.80 Dasselbe Ergebnis kann auch bei einem un-vollständigen Kapitalmarkt erreicht werden, sofern zum einen sichergestellt ist, daß die Reali-sierung von neuartigen Investitionsprojekten, die den Kapitalmarktteilnehmern neue Mög-lichkeiten der Risikoallokation bieten, nicht das Bewertungssystem für unsichere

Zahlungs-74 Vgl. Fisher, Interest, insb. S. 117-133. Zur Herleitung vgl. z . B . Brealey/Myers, Finance, pp. 17-23; Dru-karczyk, Theorie, S. 31-38; Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 99-114.

75 Ein Kapitalmarkt kann dann als vollständig bezeichnet werden, wenn jeder Zahlungsstrom unabhängig von Höhe, zeitlicher Struktur und Grad der Unsicherheit gehandelt werden kann, und er ist als vollkommen anzu-sehen, wenn für alle Teilnehmer, unabhängig ob Käufer oder Verkäufer, nur ein individuell nicht beeinfluß-barer Marktpreis zu einem Zeitpunkt gegeben ist. Vgl. Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 57. Zum Annahmenkranz vgl. z. B. Drukarczyk, Theorie, S. 31; Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 153; Schmidt/Ter-berger, Finanzierungstheorie, S. 91. Allgemein zu vollkommenen Märkten vgl. Schumann, Grundzüge, S. 211 ff.

76 Vgl. Brealey/Myers, Finance, p. 24; Drukarczyk, Theorie, S. 37 f.; Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 111 f. Dieser Marktwert ist im vollkommenen Kapitalmarkt auch der Preis für den Zahlungsstrom und stellt so das Vermögen des Investors aus der Beteiligung am Unternehmen dar.

77 Brealey/Myers betonen dies in der Aussage: „The remarkable thing is that managers of firms can all be given one simple instruction: Maximize net present value." Brealey/Myers, Finance, p. 24. Vgl. Franke/Hax, Fi-nanzwirtschaft, S. 158; Süchting, Finanzmanagement, S. 330; Wenger, Theorie, S. 167.

78 Für die Darstellung der Modifikationen von Hirshleifer bei Annahme eines beschränkten Kapitalmarktes mit unterschiedlichen Zinssätzen für die Anlage und Aufnahme von Kapital, in der das Ergebnis von Fisher nicht erreicht wird, vgl. Hirshleifer, Decision, pp. 329-352. Vgl. auch Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 158-162;

Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 114-120; Schneider, Investition, S. 118-127.

79 Vgl. Rudolph, Separationstheoreme, S. 273 m. w. N.; Schmidt, Finanzierung, Sp. 1041 f.; Wilhelm, Markt-wertmaximierung, S. 527. Zum Begriff der unsicheren Erwartungen vgl. z. B. Rudolph, Finanzierungs-theorie, S. 286 f.; Schmidt, Finanzierung, Sp. 1039 f.

80 Vgl. Rudolph, Separationstheoreme, S. 277 f.; Wilhelm, Marktwertmaximierung, S. 527.

ströme verändert (competitivity assumption).81 Zum anderen müssen die durch unternehmeri-sche Realinvestitionen hervorgerufenen Zahlungssjröme durch bereits auf dem Kapitalmarkt existierende Zahlungsströme duplizierbar sein (spanning property).82'83

Die existierenden Kapitalmärkte erfüllen zwar nicht die strengen Anforderungen des Annah-menkranzes, gelten aber als eine hinreichende Annäherung.84 Insbesondere ist die spanning property, die neue Diversifikationsmöglichkeiten eröffnende Investitionsprogramme verbietet, als eine kritische Voraussetzung für die Geltung des Marktwertkriteriums zu betrachten. In der Existenz und im zunehmenden Handel spezieller Finanzierungsinstrumente und bedingter Wertpapiere wird zwar eine partielle Erfüllung der Bedingung gesehen, die gesamte Anzahl möglicher Umweltzustände kann aber nicht durch die derzeitig existierenden Finanzierungs-kontrakte dupliziert werden.85 Für die überwiegend vorliegenden konventionellen Investitions-entscheidungen, die keine neuen Risikoallokationsmöglichkeiten schaffen, ist die Marktwert-maximierung als Zielfunktion theoretisch gerechtfertigt und bietet eine pragmatische Lösung des Interessenpluralismus der Anteilseigner. Marktwertmaximierung kann so als Zielfunktion für die marktwertorientierte Unternehmensführung postuliert werden, die „zu einem operab-len und brauchbaren Kompromiß führt."86

81 Dies verlangt von den Unternehmen, daß sie sich als Mengenanpasser in bezug auf das Marktbewertungssy-stem verhalten. Vgl. Franke, Separation, S. 254; Wilhelm, Marktwertmaximierung, S. 528.

Die möglichen Investitionsprojekte von Unternehmen dürfen keine neuen Möglichkeiten der Risikoallokati-on bieten, die der Kapitalmarkt nicht schRisikoallokati-on ohnehin aufweist. Vgl. Wilhelm, Finanzierungstheorie, S. 176 f.;

W i l h e l m Marktwertmaximierung, S. 528 f.

Für die Geltung der Zielfunktion Marktwertmaximierung müssen weitere Bedingungen erfüllt sein: Ermittel-barkeit des Kapitalkostensatz, uneingeschränkter Handel von Anteilscheinen, RealisierErmittel-barkeit des Markt-wertes auf dem Kapitalmarkt sowie Kenntnis über die Preisbildungsmechanismen auf den Kapitalmärkten.

Vgl. Drukarczyk, Theorie, S. 75.

84 Vgl. Brealey/Myers, Finance, pp. 22 f.; Schmidt/Terberger, Finanzierungstheorie, S. 64 f.

8 Vgl. Wilhelm, Marktwertmaximierung, S. 531.

86 Drukarczyk, Theorie, S. 78.

2.1.1.2 Stellung der Fremdkapitalgeber im marktwertmaximierenden Unternehmen

Outline

ÄHNLICHE DOKUMENTE