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4.2 Hochschulbildung

4.2.4 Die studierten Fachrichtungen

Was die Fachrichtungen angeht, so wird den Studierenden die Präferenz der Natur-wissenschaften, ein geringes Interesse an SozialNatur-wissenschaften, Pädagogik, Inge-nieurwesen und eine gewisse Angst vor Philosophie und Politikwissenschaften nach-gesagt (PEPPER, 1984, 62). Was die geschlechtsspezifischen Unterschiede betrifft, so bevorzugen Frauen die Sprachwissenschaften, Medizin und Pädagogik. Diejeni-gen Frauen, die sich für Naturwissenschaften interessieren, bewerben sich vorwie-gend für Fachrichtungen wie Analytische Chemie, bei der Labor- und nicht Feldar-beit im Vordergrund steht (PEPPER, 1984, 66-67).

In den 80er Jahren kam es zu der Ausbildung von 1300 Spezialfächern. Dies führte dazu, dass die Studierenden aufgrund ihrer sehr engen Spezialisierung nur sehr be-grenzt einsetzbar waren. Im Rahmen der angestrebten Hochschulreformen kam es

1993 zu einer Reduzierung auf 504 Studienfächer. 1998 beschloß die chinesische Re-gierung eine weitere Reduzierung auf 249 Fächer und elf Fakultäten, die zu Beginn des Jahres 1999 in Kraft trat. Diese elf Fakultäten sind Philosophie, Wirtschaftswis-senschaft, RechtswisWirtschaftswis-senschaft, Pädagogik, LiteraturwisWirtschaftswis-senschaft, Geschichtswissen-schaft, NaturwissenGeschichtswissen-schaft, IngenieurwissenGeschichtswissen-schaft, AgrarwissenGeschichtswissen-schaft, Medizin und Betriebswirtschaftslehre. Ziel dieser Reduzierung des Fächerkatalogs ist zum einen eine Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Führungskräfte und zum an-deren eine Anpassung an internationale Normen (C.A., 1998, 680).

Die untersuchten Firmen sind in vielen verschiedenen Branchen und Wirtschafts-zweigen tätig, was sich auch in den Fachrichtungen widerspiegelt, die ihre Führungs-kräfte studiert haben. Geht man von deutschen oder westlichen Verhältnissen aus, dann wären in den oberen Führungsebenen verhältnismäßig viele Wirtschaftswissen-schaftlerinnen und -wissenschaftler und Juristinnen und Juristen zu erwarten. Für die VR China trifft dies nicht zu, da gerade diese beiden Fachrichtungen lange Zeit ge-radezu Stiefkinder der chinesischen Hochschulpolitik und -förderung waren. Beide Fachrichtungen erfahren erst seit den 90er Jahren eine Zunahme an Studierenden und einen gezielten Ausbau ihrer Studiengänge. Legt man die Aussage PEPPERS zu-grunde, dann wäre zu erwarten, dass die Naturwissenschaften übermäßig häufig ver-treten sind, wohingegen die Sozialwissenschaften unterrepräsentiert sein müssten.

Besonders auffällig bei der Belegung der Studienfächer ist die Tatsache, dass keine Führungskraft Rechtswissenschaft studiert hat. Daran läßt sich die geringe Bedeu-tung erkennen, die den Rechtswissenschaften in früheren Jahren zugemessen wurde.

Eine weitere Erklärung für das Fehlen jüngerer Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler unter den Führungskräften könnte sein, dass die Absolventinnen und Absolventen der Rechtswissenschaft dringend vom Staat für den Aufbau eines funk-tionsfähigen Justizwesens benötigt werden, so dass sie auch nach Ausbau der Recht-wissenschaften an den Universitäten eher selten in die Wirtschaft eintreten.

Abbildung 4.1 stellt alle Studienfächer dar, die von mindestens zwei Personen stu-diert wurden. Die Wirtschaftswissenschaften stehen gemeinsam mit Chemie an erster Stelle mit 14 Absolventinnen und Absolventen. Dies erklärt sich teilweise daraus, dass hier alle Studienfächer, die im Allgemeinen zu den Wirtschaftswissenschaften zählen, die man bisher in der VR China aber als Einzelstudiengang studieren konnte, unter diesem Oberbegriff subsumiert wurden. Hierunter fallen Fachrichtungen wie Finanzwesen, Personalwesen oder Business Management. Ein abgeschlossenes kom-plettes wirtschaftswissenschaftliches Hochschulstudium nach deutschen Vorstellun-gen haben sechs dieser Managerinnen und Manager. Streng Vorstellun-genommen rangieren die Wirtschaftswissenschaften damit erst an vierter Stelle der studierten Fächer, noch hinter dem Studienfach Englisch. Drei weitere Absolventinnen und Absolventen ha-ben das Fach Betriebswirtschaftslehre studiert.

Die Fachrichtung Chemie kann ebenfalls in Einzelstudiengänge gegliedert werden.

Darunter zählen Einzelstudiengänge wie Organische oder Anorganische Chemie, Chemieingenieurwesen usw. Die hohe Anzahl der Chemie-Absolventen steht im

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sammenhang mit der Zugehörigkeit der Unternehmen zur Branche Chemie/Kunst-stoff/Pharma. 13 Absolventinnen und Absolventen kommen aus dem Bereich Ma-schinenbau.

Dass das Studienfach Englisch an bereits vierter Stelle der häufigsten Studienfächer steht, die die chinesischen Führungskräfte studiert haben, ist eine Besonderheit des gegenwärtigen chinesischen (Teil-)Arbeitsmarkts der Auslandsunternehmungen.

Hier wird deutlich, wie wichtig Sprachkenntnisse eingeschätzt werden, ist es in die-sen Fällen doch die einzige berufliche Qualifikation, die die Bewerberinnen und Be-werber mit in das Unternehmen bringen.

Für einige Firmen ist es durchaus von Vorteil, Führungskräfte mit ausgezeichneten Sprachkenntnissen zu beschäftigen, denen sie die notwendigen Fachkenntnisse im training on the job vermitteln. Nimmt man hier die beiden Absolventinnen bzw. Ab-solventen des Studiengangs Deutsch hinzu, so haben ebenso viele Führungskräfte ein sprachpraktisches10 Studium absolviert wie ein Maschinenbaustudium. Dies steht im deutlichen Gegensatz zur Beschäftigungspraxis in Deutschland, wo Sprachwissen-schaftlerinnen und Sprachwissenschaftler in den oberen Führungsebenen nur selten vertreten sind.

Abbildung 4.1: Die am häufigsten studierten Fachrichtungen der befragten chinesischen Führungskräfte

Quelle: eigene Erhebung und Darstellung

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Wirtschaftswissenschaften Chemie Maschinenbau Englisch Internationaler Handel Physik Automatisierungstechnik Elektrotechnik Verwaltung Touristik Informatik Telekommunikation Betriebswirtschaftslehre Deutsch Materialwissenschaft

Studienfach

Anzahl der Absolventinnen und Absolventen

Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtung Elektrotechnik stehen hier nicht so weit vorne, wie es die Branchenzugehörigkeit der Firmen erwarten lässt. Zählt man jedoch die Absolventinnen und Absolventen des Faches Automatisierungstech-nik hinzu, dann kommt man auf elf Personen und damit wären es ebenso viele Ab-solventinnen und Absolventen wie in Anglistik. Diese Zusammenfassung ist sicher teilweise legitim, zum anderen Teil könnte die Automatisierungstechnik aber auch das Fach Maschinenbau ergänzen, so dass eine eindeutige Zuordnung in diesem Fall nicht stattfinden kann.