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6.4 Karrieremuster und typische Karriereverläufe

6.4.1 Führungskräfte mit einem Gehalt über 20.000 Yuan

Managerin A. Die Managerin ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat ein zehnjähriges Kind. Sie arbeitet in einer 100% Tochterfirma in der Sonderwirtschaftszone Zhuhai, ihr Kind lebt bei ihr, ihr Mann, der in Nanjing geboren ist, arbeitet in der Sonderwirt-schaftszone Shenzhen. Sie ist in Beijing geboren und hat dort auch ihr Englisch-Stu-dium 1983 nach vierjähriger Studienzeit beendet. Nach dem StuEnglisch-Stu-dium arbeitete sie vier Jahre als Lehrerin an einer Schule in Beijing. Zwei Jahre arbeitete sie

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ßend bei der staatlichen Regierungsverwaltung in Beijing. Anschliessend verließ sie China und ging nach Europa, um Deutsch und Englisch zu lernen. Nach einem Jahr Aufenthalt in Deutschland ging sie nach Großbritannien und arbeitete in London als Sekretärin in einer Firma. Nach einem weiteren Jahr wechselte sie die Firma und ar-beitete für eine französische Firma in London, wo sie sich von der Sekretärin zur Fi-nanzbuchhalterin hocharbeitete. Nachdem sie zwei Jahre bei dieser Firma gearbeitet hatte, suchte sie eine neue Herausforderung und fand eine Stelle als Assistentin des Geschäftsführers in einer jüdischen Firma in London. Sie hat damit dreimal ihren Wohnort und viermal ihren Arbeitgeber gewechselt.

Ihr Gehalt betrug als Lehrerin in Beijing weniger als 200 Yuan im Monat. Bei ihrer letzten Anstellung in London waren es umgerechnet 18.000 Yuan im Monat. Im Mo-ment liegt ihr Gehalt zwischen 20.000 und 30.000 Yuan im Monat. Davon erhält sie ca. 10500 in Yuan und den anderen Teil in Hongkong Dollar. Dies erhöht den Wert des Gehalts. Zusätzlich zum Gehalt bezahlt die Firma das Schulgeld für die Tochter, die Wohnungsmiete und die Rentenversicherung.

Die Stelle in der jetzigen Firma fand sie durch eine Stellenanzeige, die ihre Schwester in der Zeitung gesehen hatte. Da sie gerne wieder zurück in die VR China, aber auf-grund ihrer Erfahrungen keinesfalls mehr in ein Staatsunternehmen wollte, war die Möglichkeit, in einer von Deutschen geführten Firma in der Sonderwirtschaftszone Zhuhai zu arbeiten, die ideale Lösung.

Zu ihren Aufgaben im Unternehmen gehören Verwaltung, Finanzen, Personalwesen und Öffentlichkeitsarbeit. Diese Position hat sie von Beginn ihrer Anstellung inne und mittlerweile arbeitet sie drei Jahre in dem Unternehmen. Außer in Deutschland und Großbritannien war sie auch sieben Monate zum Studium in den USA. Neben Englisch und Deutsch spricht sie zudem Französisch, das sie auf der Universität ge-lernt hat.

Sie selbst findet, dass ihr ihre Stelle in dem 100% Tochterunternehmen die optimale Möglichkeit bietet, um ihre Lebenserfahrung einzusetzen. Hier kann sie all ihr Wis-sen und ihre Erfahrungen einbringen. Sie liebt den internationalen Kontakt und die unterschiedlichen Mentalitäten. Sie sieht sich selbst als Brücke zwischen ausländi-schen und chinesiausländi-schen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und nimmt diese Rolle sehr gerne wahr. In ihrem Unternehmen sieht sie gegenwärtig keine Nachteile, und sie hat auch keine Probleme mit den ausländischen Kolleginnen und Kollegen. Der einzige Grund, weshalb sie die Firma wechseln würde, ist die Familienzusammen-führung. Im Gegensatz zu vielen chinesischen Eheleuten findet sie die räumliche Trennung ihrer Familie auf Dauer nicht hinnehmbar.

Manager B. Dieser Manager ist 53 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 17 und 21 Jahren. Seine in Tianjin geborene Frau arbeitet in einem Krankenhaus in Beijing. Er selbst ist in einem ländlichen Kreis der Provinz Hebei geboren. Mit fünf Jahren zog er mit seinen Eltern in eine Stadt in der gleichen Provinz und

ver-brachte dort auch seine gesamte Schulzeit. Mit 25 Jahren kam er zum Studium nach Beijing, wo er in fünf Jahren den Abschluss in der Fachrichtung Maschinenbau machte.

Nach dem Studium war sein erster Arbeitsplatz bei der staatlichen Schiffsbaufabrik in Beijing, wo er insgesamt neun Jahre arbeitete. Anschließend arbeitete er zwei Jah-re in einer Repräsentanz von General Electrics in Beijing. Sieben weiteJah-re JahJah-re war die Repräsentanz des westlichen Partners seines heutigen Joint Ventures sein Arbeit-geber. Nachdem das westliche Unternehmen umstrukturiert wurde, arbeitete er wei-tere fünf Jahre für die Firma. Seit einem Jahr ist er der General Manager eines neu-gegründeten Joint Ventures im Elektronikbereich, das zu 90% dem ehemaligen Arbeitgeber gehört. Er weist insgesamt zwei Wohnort- und drei Firmenwechsel auf, wobei alle Wohnortwechsel vor seinem Eintritt in das Erwerbsleben stattgefunden haben.

Sein Gehalt stieg von anfangs 80 Yuan im Staatsunternehmen auf 7000 Yuan fast 20 Jahre später. Heute liegt sein Gehalt zwischen 20.000 und 30.000 Yuan, dazu kommt ein Firmenwagen, der nur ihm zur Verfügung steht. Die Stelle bei dem westlichen Unternehmen hat er über die staatliche Vermittlungsfirma gefunden. Seine jetzige Position als General Manager ergab sich durch seinen Aufstieg innerhalb eines mul-tinationalen Unternehmens in der VR China. Dieses Unternehmen ist jetzt der west-liche Partner des Joint Ventures. In dem Joint Venture arbeiten derzeit keine auslän-dischen Expertinnen und Experten oder Arbeiterinnen und Arbeiter. Für kurzzeitige Schulungen wird die Firma jedoch immer wieder von ausländischen Fach- und Füh-rungskräften besucht.

Er spricht sehr gut Englisch, was er sich autodidaktisch beigebracht hat. Er kann pro-blemlos kommunizieren und den Gesprächen auf internationalen Konferenzen fol-gen. Insgesamt war er 50 bis 60mal im Ausland, die Aufenthalte waren alle beruflich bedingt und meistens handelte es sich um Konferenzen oder Konzernsitzungen. Un-ter den am häufigsten besuchten Ländern sind die USA, wo er zum Teil mehrere Mo-nate war, Deutschland, Schweiz, Schweden und Italien mit mehrmaligen Aufenthal-ten von zwei bis fünf Wochen Dauer.

Die Arbeit in einem Joint Venture hat für ihn mindestens sieben Vorteile, die ihm spontan eingefallen sind. Er kann in einem flexiblen Unternehmen ohne Staatskon-trolle viel über das westliche Management, das Know-how und die Technik lernen.

Vorteilhaft findet er, dass es sich um ein gut gehendes Geschäft handelt und dass die Beziehungen zwischen den Menschen viel einfacher sind. Er ist sogar der Meinung, dass er sich selbst dadurch verändert und einen anderen Charakter bekommen hat. Im Privatleben stören ihn inzwischen viele chinesische Eigenheiten, so z.B. der enge Fa-milienzusammenhalt und die Besuche von Verwandten. Als einen Vorteil des Aus-landsunternehmens sieht er die hochentwickelte Technologie, ebenso wie die Mög-lichkeit, ins Ausland gehen zu können. Als letztes nennt er das gute Umfeld einer internationalen Firma und das hohe Gehalt als Vorteile.

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Daneben gibt es für ihn auch Nachteile, nämlich den großen Druck, mit seinem Un-ternehmen auch Gewinn machen zu müssen. Andere Nachteile sieht er für sich per-sönlich nicht, aber er weiß, dass für viele Angestellte die unterschiedlichen Gehälter zwischen ausländischen und chinesischen Führungskräften ein großes Problem dar-stellen. Seinen Arbeitsplatz würde er wechseln, wenn er Probleme mit den Kollegin-nen und Kollegen hätte, oder wenn die Position seiner Qualifikation nicht entspräche.

Ein höheres Gehalt, bessere Aufstiegschancen, Wohnungsprobleme oder private Gründe könnten ihn dagegen kaum zu einem Firmenwechsel veranlassen.

Manager C. Dieser Manager ist mit 33 Jahren der jüngste der drei beschriebenen Führungskräfte mit einem hohen Gehalt. Er ist in Shanghai geboren und verheiratet.

Seine Frau ist vier Jahre jünger, ebenfalls in Shanghai geboren und studiert derzeit in Deutschland.

Er ging in Shanghai zur Schule und studierte an der Tongji Universität Materialwis-senschaft. Sein fünfjähriges Studium beinhaltete ein Jahr Deutschstudium. Nach dem Studium arbeitete er drei Jahre in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen für eine Firma aus Hongkong. Dort war er am Ende Gebietsmanager für China und erhielt ein Ge-halt von umgerechnet 19.000 Yuan im Monat, ausgezahlt in Hongkong Dollar. Für ein halbes Jahr ging er aus beruflichen Gründen nach Tokyo, danach studierte er in Deutschland Logistik. Nach seinem Studium begann er in Deutschland im Stamm-haus des gegenwärtigen Arbeitgebers zu arbeiten. Dieser schickte ihn für zwei Mo-nate in ein Tochterunternehmen nach Callow, Irland, bevor er zum Tochterunterneh-men nach Shanghai kam. Folglich kann er auf fünf Wohnort- und vier FirTochterunterneh-menwechsel zurückblicken.

In diesem Unternehmen hat er sieben Monate als Manager im Planungsbereich gear-beitet, bevor er seine jetzige Position als Manager der Material- und Logistikabtei-lung antrat. Auf dieser Position verdient er mehr als 30.000 Yuan im Monat, weil er von Deutschland entsandt ist. Dadurch entstehen ihm weitere Vorteile und auch die Rückkehr nach Deutschland bleibt ihm offen. Seine Stelle hat er durch eine Blindbe-werbung nach dem Studium gefunden. Er wurde sofort mit der Option für das Toch-terunternehmen in China eingestellt.

Er spricht Deutsch und Englisch, hat beides an der Universität gelernt und seine Deutschkenntnisse in vier Jahren Deutschlandaufenthalt verbessert. Er war 16mal im Ausland, davon beruflich ein halbes Jahr in Japan und vier Jahre in Deutschland für Studium und Beruf. Seine ein- bis dreiwöchigen Reisen führten ihn unter anderem in die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Portugal, und Griechenland, um nur einige seiner Stationen zu nennen.

Er schätzt es sehr, dass er in seiner Position das anwenden kann, was er gelernt hat.

Er kann mit beiden Seiten gut auskommen und der Übergang von Deutschland nach China fiel ihm leicht. Das sehr viel höhere Gehalt ist auch ein großer Vorteil für ihn.

Außerdem schätzt er seine Zukunftsaussichten für sehr gut ein, vor allem weil er

weiß, wie Deutschland ist und wie ein Unternehmen in Deutschland funktioniert.

Nachteilig an einem Tochterunternehmen findet er, dass man immer Chinese bleibt und nie auf einer Stufe mit den ausländischen Führungskräften steht. Außerdem kön-nen die ausländischen Führungskräfte China oft nicht verstehen, zum Beispiel Zu-sammenhänge mit Regierung und Politik, was dann zu Missverständnissen führen kann. Das Nicht-Verstehen ist für ihn auch das größte Problem, das er mit seinen aus-ländischen Kolleginnen und Kollegen hat.

Seinen Arbeitsplatz würde er wechseln, wenn der finanzielle Anreiz groß ist oder wenn die Möglichkeit zu beruflichem Aufstieg gegeben wäre. Auch Probleme mit Kolleginnen und Kollegen und private Gründe könnten bei einem Arbeitsplatzwech-sel eine Rolle spielen. Wo sich eine Firma befindet, spielt für ihn dagegen keine Rol-le, er hält sich für absolut mobil. Weder der hukou noch die dang´an sind für ihn von Bedeutung.

Diese drei Führungskräfte stehen stellvertretend für Personen, die ihre Position vor allem aufgrund ihrer Ausbildung, Qualifikation, Arbeit und Erfahrung im Ausland erhalten haben. Ihre Gehälter sind die höchsten, die bezahlt werden. Sie sind sowohl von der Qualifikation als auch von der Persönlichkeit für ihre Arbeit in einem Ge-meinschaftsunternehmen prädestiniert. Sie schätzen den Kontakt mit der Außenwelt und können sich die Arbeit in einem rein chinesischen Betrieb nicht mehr vorstellen.

Zudem sind sie räumlich mobil und Veränderungen bereiten ihnen keine Schwierig-keiten.