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5.5 Auslandsaufenthalte

5.5.2 Motive für Auslandsaufenthalte

Welche Gründe hatten die Managerinnen und Manager für ihre Auslandsaufenthalte?

Fanden sie mehrheitlich aus beruflichen Gründen oder für die Ausbildung statt und welche Rolle spielen Urlaubsreisen? Die große Mehrheit der internationalen Mobili-tät fand aus beruflichen Gründen statt (siehe Tabelle 5.3). Dies spiegelt die Politik in der VR China wider, in der Auslandsaufenthalte noch immer nicht nach Belieben möglich sind.

Vor allem während der Kulturrevolution war es gänzlich unmöglich, ins Ausland zu reisen. In den Fällen, in denen es möglich war, kam als Ausland nur das sozialistische Ausland in Frage. Dies erklärt auch, weshalb für viele Mannagerinnen und Manager Abbildung 5.3: Auslandsaufenthalte der befragten chinesischen Führungskräfte,

die länger als ein Jahr dauerten

Quelle: eigene Erhebung und Darstellung

0 1 2 3 4 5 6

1,1 - 2 Jahre 2,1 - 3 Jahre 3,1 - 4 Jahre 4,1 - 6 Jahre 6,1 - 8 Jahre 8,1 - 10 Jahre 10,1 - 12 Jahre Dauer

Anzahl der Auslandsaufenthalte

in der Bewertung ihres Kooperationsunternehmens die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, eine besonders große Rolle spielt. An zweiter Stelle der Gründe stehen über-raschenderweise Urlaubsreisen ins Ausland mit 20% aller Auslandsaufenthalte.

Die restlichen 8% verteilen sich auf die Gründe Ausbildung und Studium. Neun Per-sonen haben ein Auslandsstudium absolviert und 23 Aufenthalte im Ausland dienten der Ausbildung. Die Personen mit Auslandsstudium werden ausführlich im Kapitel 4.4 beschrieben. Diejenigen, die einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland erhalten ha-ben, waren hauptsächlich in Deutschland (6 Personen) und USA (5). Die anderen Aufenthalte verteilen sich auf Schweden (3), Schweiz (2), Australien (2) sowie Dä-nemark, Frankreich, Großbritannien, Niederlande und Thailand mit jeweils einem Aufenthalt. Dies zeigt zum einen, dass die chinesischen Führungskräfte teilweise be-reits mit einer gewissen Auslandserfahrung eingestellt werden, die sie sich in anderen Unternehmen erworben haben. Zum anderen zeigt es, dass die deutschen Stammhäu-ser ihre chinesischen Führungskräfte nicht nur nach Deutschland entsenden, sondern die Möglichkeit nutzen, sie auch in eigene Unternehmen in andere Ländern zu ent-senden, sofern diese Option besteht.

Die Ausbildungen sind von ganz unterschiedlicher Dauer und reichen von einer Wo-che bis zu acht Jahren12. Vier Aufenthalte dauerten vier Wochen und weitere drei Aufenthalte acht Wochen, ein Aufenthalt zwölf Wochen. Bis zu einem halben Jahr Tabelle 5.3: Motive der Auslandsaufenthalte der befragten chinesischen

Führungskräfte

Gründe Aufenthalte (n=390)

Berufa

a. Hierunter fallen auch nicht eindeutig zuordenbare Fälle wie Beruf und Urlaubsreise.

282 (73%)

Urlaubsreise 76 (19%)

Ausbildungb

b. Hierunter fallen auch nicht eindeutig zuordenbare Fälle wie Ausbildung und Beruf, Ausbildung und Urlaubsreise.

23 (6%)

Studium 9 (2%)

Quelle: eigene Erhebung

12. In diesem Falle handelt es sich um eine Kombination von Ausbildung und Berufstätigkeit; die Führungs-kraft hat im Ausland einen Doktortitel erworben, wollte die Promotion aber als Ausbildung und nicht als Studium gewertet wissen.

5.5 Auslandsaufenthalte 109

waren zwei Führungskräfte im Ausland. Jeweils drei Personen waren für ihre Aus-bildung ein Jahr bzw. eineinhalb Jahre im Ausland. Nur eine Person war zwei Jahre und ebenfalls eine Person war drei Jahre zur Ausbildung im Ausland.

Zahlreiche Führungskräfte waren aufgrund von Urlaubsreisen im Ausland. Insge-samt sind 20% aller Auslandsaufenthalte Urlaubsreisen. Von den befragten chinesi-schen Führungskräften haben 25% schon einmal eine Urlaubsreise ins Ausland ge-macht. Doch mehr als die Hälfte aller Urlaubsreisen wurden von den neun Managerinnen und Managern gemacht, die auch im Ausland studiert haben. Dies deutet darauf hin, dass im Gastland die erleichterte Möglichkeit zu reisen genutzt wurde und dass die Restriktionen, von der VR China ins Ausland zu reisen, immer noch sehr groß sind.

Die längste Urlaubsreise, die eine Führungskraft gemacht hat, dauerte ein halbes Jahr und ging nach Deutschland. Die zweitlängste Urlaubsreise hatte eine Dauer von acht Wochen und führte die Führungskraft nach Großbritannien. Alle anderen Urlaubsrei-sen hatten eine Dauer von ein bis vier Wochen, für 15 UrlaubsreiUrlaubsrei-sen fehlen die Zeit-angaben. Die große Mehrheit der Urlaubsreisen dauerte eine Woche oder wenige Tage (39 Urlaubsreisen), weitere neun Urlaubsreisen hatten eine Dauer von zwei Wochen, gefolgt von vier Urlaubsreisen mit dreiwöchiger Dauer und drei Urlaubs-reisen mit vierwöchiger Dauer. Es ist ein Charakteristikum dieser UrlaubsUrlaubs-reisen, dass sie sehr kurz sind. Besonders die Auslandsstudierenden haben zahlreiche kurze Ur-laubsreisen in die benachbarten Länder, vor allem innerhalb Europas, gemacht.

Die Mehrheit der Urlaubsreisen ging nach Frankreich (12) und in die Niederlande (8). Erst an dritter Stelle stehen Urlaubsreisen nach Deutschland, wohin ebenso wie nach Österreich je sechs Urlaubsreisen gingen. Dies erklärt sich daraus, dass einige Führungskräfte aus beruflichen Gründen oder aufgrund des Studiums in Deutschland waren und von hier aus kurze Urlaubsreisen in die Nachbarländer gemacht haben.

Fünf Urlaubsreisen gingen nach Thailand, gefolgt von Belgien (4), Malaysia (3), Schweiz (3) und Luxemburg (3). Mit Thailand und Malaysia sind nur zwei asiatische Länder unter den acht meistbereisten Ländern vertreten.

282 aller Auslandsaufenthalte wurden aus beruflichen Gründen unternommen. Hier spiegelt sich wider, wie gering die Möglichkeiten sind, aus anderen Gründen ins Aus-land zu kommen. Die Arbeit in einem Gemeinschafts- ode Tochterunternehmen bie-tet daher die ansonsten eher seltene Möglichkeit, ins Ausland reisen zu können. (Ver-gleiche auch die Nennungen der Vorteile in Kapitel 7.1).

Dies unterscheidet die befragten chinesischen Führungskräfte auch deutlich von der Gesamtbevölkerung. Durch die Arbeit in einem Auslandsunternehmen und den Kon-takt zum ausländischen Stammhaus des Partners haben sie häufiger und leichter die Möglichkeit ins Ausland zu reisen. Für andere Teile der chinesischen Bevölkerung ist ein Auslandsaufenthalt dagegen immer noch mit erheblichem Aufwand und

häu-fig mit einer langen Wartezeit bis zur endgültigen Erledigung aller Formalitäten ver-bunden, abgesehen von den Kosten eines Auslandsaufenthaltes, die sich die wenig-sten Menschen in der VR China leiwenig-sten können.

Von den 94 befragten Führungskräften waren 59 Managerinnen und Manager aus be-ruflichen Gründen im Ausland. Im Durchschnitt war jede Person fünfmal in anderen Ländern. Die Hälfte dieser 59 Führungskräfte war weniger als dreimal im Ausland.

Wie Abbildung 5.4 zeigt, waren die meisten Managerinnen und Manager ein- oder zweimal im Ausland. Acht Personen waren dreimal und weitere fünf Personen waren fünfmal im Ausland. Mehr Auslandsaufenthalte hatten dann jeweils nur noch eine oder zwei Personen. Insgesamt waren 15 Personen mehr als fünfmal aus beruflichen Gründen im Ausland.

Versucht man, einen Zusammenhang zwischen der Position einer Person und der Zahl oder der Dauer ihrer beruflichen Auslandsaufenthalte herzustellen, so gelingt dies nicht. Die Zahl der beruflichen Auslandsaufenthalte scheint unabhängig von der gegenwärtigen Position (Korrelationskoeffizient -0,42) der Managerinnen und Ma-nager zu sein. Ebensowenig gibt es direkte Korrelationen zwischen der Zahl oder Abbildung 5.4: Häufigkeit der beruflichen Auslandsaufenthalte der befragten

chinesischen Führungskräfte

Quelle: eigene Erhebung und Darstellung

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18

1 2 3 4 5 6 7 8 11 12 13 17 25 27

Anzahl der Auslandsaufenthalte

Personen

5.5 Auslandsaufenthalte 111

Dauer der Auslandsaufenthalte aus beruflichen Gründen und dem Alter oder dem Ge-schlecht der Personen. Dies dürfte hauptsächlich an der Zahl der Untersuchungsper-sonen liegen, die für die Berechnung statistischer Zusammenhänge etwas gering ist.

Insgesamt waren die befragten Führungskräfte aus beruflichen Gründen in 37 ver-schiedenen Ländern. Die Länder, die von mehr als neun Personen besucht wurden, sind Deutschland, USA, Frankreich, Singapur, Großbritannien, Malaysia, Japan, Ita-lien und die Schweiz.

Damit ging der große Teil aller Auslandsaufenthalte, die aus beruflichen Gründen stattfanden, nach Deutschland mit insgesamt 99 Aufenthalten (siehe Abbildung 5.5).

Hier zeigt sich die Bedeutung Deutschlands als Joint Venture-Partner oder als Stammhaus. 31 Aufenthalte gingen in die USA, das sind immerhin 14% aller Aufent-halte aus beruflichen Gründen. An dritter Stelle steht mit 10% der AufentAufent-halte Frank-reich, das bei den Urlaubsreisen bereits an erster Stelle stand (vgl. Seite 109). 7% der Aufenthalte gingen nach Singapur, damit waren immerhin noch 16 Managerinnen und Manager aus beruflichen Gründen im Stadtstaat Singapur. Von den neun am häu-figsten besuchten Ländern liegen fünf in Europa, drei in Asien und eins in Nordame-rika.

Die Auslandsaufenthalte, die aus beruflichen Gründen stattfanden, sind von ganz un-terschiedlicher Dauer. Im Durchschnitt war jede Person insgesamt neun Monate aus beruflichen Gründen im Ausland. Die beiden kürzesten Aufenthalte dauerten eine Abbildung 5.5: Die aus beruflichen Gründen meistbesuchten Länder der befragten

chinesischen Führungskräfte

Quelle: eigene Erhebung und Darstellung

Deutschland 46%

USA 14%

Frankreich 10%

Singapur 7%

Großbritannien 5%

Malaysia 5%

Japan 5%

Italien 4%

Schweiz 4%

Woche. Der Manager mit den meisten Auslandsaufenthalten kommt auch auf die höchste Summe an Zeit, die er im Ausland war, nämlich insgesamt auf mehr als sie-ben Jahre.

Die durchschnittliche Dauer je beruflichem Auslandsaufenthalt beträgt 13 Wochen bzw. drei Monate und eine Woche. Der längste Aufenthalt dauerte vier Jahre, gefolgt von einem zweijährigen Aufenthalt. Alle anderen Auslandsaufenthalte hatten eine Dauer von weniger als einem Jahr. 60% der beruflichen Auslandsaufenthalte dauer-ten eine bis vier Wochen. Dadurch wird deutlich, dass die Firmen dazu neigen, ihre chinesischen Führungskräfte auf kurze Reisen ins Ausland zu schicken. Selbst für die Ausbildung sind Auslandsaufenthalte von mehreren Wochen eher die Ausnahme.

Dieses Ergebnis wird auch durch die Aussagen westlicher Führungskräfte bestätigt, die es ablehnen, die chinesischen Managerinnen und Manager für Ausbildung und Beruf längere Zeit ins Ausland zu schicken. Ihrer Meinung verändern sie durch län-gere Auslandsaufenthalte ihre Wertvorstellungen oft derart, dass sie später Reinte-grationsschwierigkeiten haben. Kaum eine Firma wäre bereit, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger als ein halbes Jahr ins Ausland zu schicken. Ein an der Unter-suchung beteiligtes Hotelunternehmen hat in einem Jahr mehr als 14 Personen verlo-ren, die zu Ausbildungszwecken nach Deutschland geschickt worden waren. Trotz dieser negativen Erfahrung werden weiterhin jährlich sechs Führungskräfte bzw. an-gehende Führungskräfte zur längeren Ausbildung (ca. ein Jahr) nach Deutschland entsandt, da der Nutzen höher als der mögliche Schaden eingeschätzt wird.

6 KARRIEREMOBILITÄT VON CHINESISCHEN FÜHRUNGSKRÄFTEN