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4.3 Sprachkenntnisse

Auf die Rolle der Fremdsprachenkenntnisse wurde bereits in einigen anderen Kapi-teln immer wieder am Rande verwiesen. Heute wird bereits an der Mittelschule Eng-lisch unterrichtet, in vielen Fällen bekommen die Schulkinder am Wochenende sogar private Nachhilfestunden von Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern. Auf die Englischkenntnisse ihrer Kinder legen die Eltern heute mehr Wert denn je. Bei den Eingangsprüfungen zur Hochschule wird an erster Stelle Englisch gewählt, an zwei-ter Stelle folgen Russisch und Japanisch (vgl. Kapitel 4.2.1). Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern müssen in der VR China alle Hochschulstudierenden neben ihrem eigentlichen Studienfach auch eine Fremdsprache belegen. Vor der Kulturrevolution lag Russisch an erster Stelle, heute wird am häufigsten Englisch belegt11.

Dies bestätigt sich auch bei der Betrachtung, welche Fremdsprachen von den Befrag-ten gesprochen werden. An erster Stelle steht eindeutig Englisch mit 82 Personen, wie Tabelle 4.3 zeigt. Darunter sind mindestens sieben Personen mit sehr dürftigen Abbildung 4.2: Studiendauer je befragter Führungskraft in Jahren

Quelle: eigene Erhebung und Darstellung

11. Auf die Rolle der Fremdsprachen in der sekundären Ausbildungsebene verweist ROSS (1992). Sie beschreibt auch die historische Entwicklung der Fremdsprachenausbildung seit dem 19. Jahrhundert und die entsprechende Einstellung gegenüber Fremdsprachen von seiten der jeweiligen Regierung.

0 5 10 15 20 25 30 35 40

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Jahre

Anzahl der Personen

Kenntnissen, die für wichtige Kommunikation mit den ausländischen Kolleginnen und Kollegen eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher benötigen. Hingegen spre-chen mindestens 26 Personen gutes oder sehr gutes Englisch. In der Regel wurde das Niveau der Sprachkenntnisse nicht erfragt, doch offenbarte sich dies in manchen Fäl-len schnell während der Interviews.

Die zweithäufigste Fremdsprache ist Deutsch und wird von 21 Personen gesprochen.

Hierbei ist auffällig, dass alle, die Deutsch sprechen, auch Englisch sprechen, selbst wenn Deutsch die erste Fremdsprache ist. Dies ist sicher nicht repräsentativ für alle chinesischen Führungskräfte, sondern typisch für Führungskräfte in mit Deutschland verbundenen Unternehmen. Gleich nach den Deutschkenntnissen kommen Japa-nischkenntnisse. Jeweils sechs Managerinnen und Manager sprechen Russisch oder Französisch. Besonders die Russischkenntnisse sind bei den meisten der Manager nicht mehr besonders flüssig, da der aktive Sprachaustausch weitgehend fehlt. Es gibt keine weibliche Führungskraft, die Russisch spricht. Bei den Russischkenntnissen wäre zu erwarten gewesen, dass sie nur ältere Personen besitzen, die vor der Kultur-revolution studiert haben. Dies ist jedoch nicht der Fall, von den sechs Managern, die Russisch sprechen, sind nur zwei über 50 Jahre alt, die vier anderen sind jünger als 40 Jahre. Der jüngste Manager mit Russischkenntnissen hat sein Studium 1994 ab-geschlossen. Damit ist die Annahme eines deutlichen Zusammenhangs zwischen den Russischkenntnissen und dem Alter zumindest für die untersuchten Führungskräfte widerlegt.

Von 93 Managerinnen und Managern, die Angaben über ihre Sprachkenntnisse ge-macht haben, sprechen elf überhaupt keine Fremdsprache. 42 Personen sprechen eine Fremdsprache und 30 Personen zwei Fremdsprachen. Dass eine Person drei

Fremd-Tabelle 4.3: Fremdsprachenkenntnisse der befragten chinesischen Führungskräfte

Fremdsprache Personen

englisch 82

deutsch 21

japanisch 17

russisch 6

französisch 6

keine 11

Quelle: eigene Erhebung

4.3 Sprachkenntnisse 69

sprachen spricht, ist mit zehn Personen im Vergleich dazu eher selten. Bei den Per-sonen mit Sprachkenntnissen in drei Fremdsprachen gibt es auch die deutlichsten ge-schlechtsspezifischen Unterschiede, wie Abbildung 4.3 zeigt.

Es sind vor allem die Managerinnen, die drei Fremdsprachen sprechen. 21% der Frauen sprechen drei Fremdsprachen, im Gegensatz dazu verfügen nur 8% der Män-ner über Kenntnisse in drei verschiedenen Sprachen.

Im Vorfeld der Interviews wurde die Überlegung angestellt, dass die Qualität der Sprachkenntnisse eine große Bedeutung für die Kommunikation hat und deshalb er-fasst werden sollte. Da die Interviews jedoch eine gewisse zeitliche Grenze hatten, musste weitgehend darauf verzichtet werden. Stattdessen wurde erfragt, wie und wo die Sprachkenntnisse erworben wurden. Damit wurde ein Instrument gewonnen, mit dem grobe Aussagen über die Qualität der Fremdsprachenkenntnisse gemacht wer-den können.

Generell kann gesagt werden, dass die jüngeren Managerinnen und Manager, die ihre Sprachkenntnisse an der Universität oder bereits in der Schule erworben haben, in den meisten Fällen über sehr gute Sprachkenntnisse verfügen, auch wenn sie nicht Abbildung 4.3: Fremdsprachenkenntnisse der befragten chinesischen

Führungskräfte nach Geschlecht

Quelle: eigene Erhebung und Darstellung

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Frauen Männer

keine Sprache 1 Sprache 2 Sprachen 3 Sprachen

längere Zeit im Ausland waren. Dagegen sind die Sprachkenntnisse, die bei der Ar-beit oder in Sprachkursen erworben werden, eher dürftig. Die große Mehrheit der Managerinnen und Manager hat ihre Fremdsprachenkenntnisse an der Universität er-worben, wie Tabelle 4.4 zeigt. An zweiter Stelle steht der Spracherwerb durch Schule und Universität. Diese beiden Arten des Spracherwerbs machen fast 70% aller Fälle aus.

Zehn der Befragten haben ihre Sprachkenntnisse an der Universität in China und durch ein Auslandsstudium erworben. Ihre Sprachkenntnisse sind mit Abstand sicher die besten unter allen Befragten. Ebenfalls in zehn Fällen wurde eine Sprache nur in der Schule gelernt, diese Sprachkenntnisse dürften deshalb nur dürftig sein. Weitere Wege, um eine Fremdsprache zu erlernen waren Sprachkurse, die Arbeit und das au-todidaktische Aneignen einer Sprache.

Insgesamt weisen elf der befragten 94 Führungskräfte keinerlei Sprachkenntnisse auf. Wie zu erwarten ist, liegt das durchschnittliche Alter der Personen ohne Sprach-kenntnisse bei 46 Jahren. Alle Personen, die jünger als 38 Jahre sind, verfügen über Sprachkenntnisse in wenigstens einer Fremdsprache. Damit besteht ein Zusammen-hang zwischen Alter und Fremdsprachenkenntnissen. Da die westlichen Partner in der Regel keine chinesischen Führungskräfte ohne Fremdsprachenkenntnisse einstel-len, deutet dies darauf hin, dass es vor allem die Managerinnen und Manager ohne Sprachkenntnisse sind, die vom chinesischen Partner ins Joint Venture entsandt wur-den, ungeachtet ihrer sprachlichen Kompetenz. Von den elf Personen ohne Sprach-kenntnisse sind zwei Frauen und ihr Anteil ist damit ungefähr genauso groß wie an

Tabelle 4.4: Arten des Fremdsprachenerwerbs der befragten chinesischen Führungskräfte

Art des Spracherwerbs* Sprache

Universität 62

Schule und Universität 28

Universität und Auslandsstudium/-aufenthalt 10

Schule 10

Sprachkurs 9

Arbeit 6

autodidaktisch 6

Quelle: eigene Erhebung

(*Mehrfachnennungen waren möglich)