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Den meisten chinesischen Managerinnen und Managern fiel es nicht ganz so leicht, drei Nachteile eines Gemeinschafts- oder Tochterunternehmens zu finden. Dies könnte unter anderem auch daran liegen, dass die chinesischen Führungskräfte auf-grund ihrer kommunistisch geprägten Sozialisation immer noch Schwierigkeiten ha-ben, direkte Kritik zu äußern bzw. sich immer noch schwer damit tun. Dies wird auch von Führungskräften aus den ehemals sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas berichtet. Auch die konfuzianische Tradition mit der Vermeidung von offenem Wi-derspruch, ähnlich wie z.B. in Japan, kann hier als Erklärung herangezogen werden.

Während die befragten Führungskräfte im Durchschnitt je drei Vorteile finden konn-ten, waren es bei den Nachteilen im Durchschnitt 1,7. Die Frage lautete: Nennen sie die drei wichtigsten Nachteile, die sie bei der Arbeit in ihrem Unternehmen wahrneh-men. Als Gedankenhilfe wurde auch die Frage gestellt, was die Befragten an dem Unternehmen stört, in dem sie gerade arbeiten. Einige Managerinnen und Manager bezogen die Nachteile auch auf den Vergleich zum Staatsunternehmen. Abbildung 7.2 zeigt die genannten Nachteile nach ihrer Verteilung.

In drei Fällen wurde sogar angeben, dass es keinerlei Nachteile gäbe. In einem Falle scheint dies der Tatsache zu entsprechen, in einem der anderen Fälle war es dagegen offensichtlich, dass es Probleme im Joint Venture gab, über die jedoch nicht gespro-chen werden sollte.

Abbildung 7.2: Nachteile eines Auslandsunternehmens aus der Sicht der befragten chinesischen Führungskräfte nach Kategorien

Quelle: eigene Erhebung und Darstellung

V e rs tänd ig ung 2 5 %

A rb e its o rg anis atio n 2 4 % E ntlo hnung /F ürs o rg e

1 7 % Z wis c he nm e ns c hlic he

B e zie hung e n 8 %

Manag e m e nt 5 %

s o ns tig e s 4 %

ke ine 2 %

E ntwic klung s m ö g lic h-ke ite n

1 5 %

7.2 Nachteile der Auslandsunternehmen für chinesische Führungskräfte 177

Am häufigsten wird die Verständigung als Nachteil erwähnt. Unter die Kategorie Verständigung fallen die Probleme, die durch die unterschiedlichen Kulturen hervor-gerufen werden, das gegenseitige Nicht-Verstehen ebenso wie die fehlende Kommu-nikation und Probleme mit der Sprache (siehe Tabelle 7.4).

Offensichtlich entstehen für mehr als ein Drittel der Befragten die größten Nachteile dadurch, dass sich die beiden Seiten nicht ausreichend verstehen. Häufig wurde dar-auf hingewiesen, dass es schwierig sei, der deutschen Seite China zu erklären und es meistens bei einem Unverständnis für die chinesischen Besonderheiten bleibe. Es wird auch zugegeben, dass es oft schwierig ist, die deutsche Seite zu verstehen. Die meisten Missverständnisse entstehen dadurch, dass unter den Managerinnen und Ma-nagern kein Verständnis für den unterschiedlichen kulturellen Hintergrund vorhan-den ist. In einer anderen Aussage wird das Fehlen des Verständnisses für die unter-schiedliche Geschichte beider Nationen als Hauptproblem genannt.

Sprachprobleme werden nur dreimal genannt, was sich auch dadurch erklärt, dass die Chinesinnen und Chinesen zum einen teilweise sehr gute Sprachkenntnisse haben und zum anderen ihre Sprachkenntnisse manchmal besser einschätzen, als sie tat-sächlich sind. Die Sprachprobleme werden bei der Frage nach den Problemen mit ausländischen Kolleginnen und Kollegen wesentlich häufiger genannt. Es scheint, dass die unterschiedliche Sprache nicht als ein genereller Nachteil in einem Gemein-schaftsunternehmen betrachtet wird, aber dennoch Ursache für viele Probleme mit Chefin oder Chef und Kolleginnen und Kollegen ist. Trotz der anscheinend niedrigen Sprachbarriere kommt es dennoch nicht zu einer funktionierenden Kommunikation.

Generell wird in den Gemeinschaftsunternehmen sehr über die mangelnde Kommu-nikation miteinander geklagt, sieben Managerinnen und Manager gaben es als den großen Nachteil eines Gemeinschaftsunternehmens an.

Tabelle 7.4: Nachteil „Verständigung“ mit Unterkategorien

Kategorie: Verständigung Anzahl der Nennungen

unterschiedlicher kultureller Hintergrund 15 fehlendes Verständnis füreinander 14

mangelnde Kommunikation 7

Sprachbarriere 3

Summe: 39

Quelle: eigene Erhebung und Auswertung

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick in die Neuen Bundesländer nach der Wende 1989. Dort wird angenommen, dass aufgrund der großen Unsicherheiten im Trans-formationsprozess für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens ein besonderer Bedarf an Transparenz und Kommunikation besteht. Deshalb kommt der Gestaltung des Kommunikationssystems eine zentrale Aufgabe innerhalb der Orga-nisationen zu (vgl. MARR, 1994, 62). Es fehlt jedoch an vielen Stellen an einem funktionierenden Kommunikationssystem, was sich wiederum auf die Entwicklung der Unternehmen und die Transformation auswirkt. Beachtet man nun, wie wichtig die Rolle der Kommunikation innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, also inner-halb des gleichen Sprach- und Kulturraums, eingeschätzt wird, dann ergibt sich in ei-nem fremden Sprach- und Kulturraum ein wesentlich höherer Bedarf an eiei-nem funk-tionierenden Kommunikationssystem. Dies verleiht der Klage über mangelnde Kommunikation in den Gemeinschaftsunternehmen in der VR China zunehmende Bedeutung.

Ein chinesischer Manager stellt fest, dass die Direktheit der Deutschen sich bei Au-ßenkontakten als nachteilig auswirkt, weil bei den chinesischen Kundinnen und Kun-den, Zulieferern etc. mehr über Umwege zu erreichen sei als auf dem direkten Weg.

Würden die deutschen/westlichen Managerinnen und Manager China besser verste-hen, würden sie von vielerlei Fehlschlägen verschont bleiben. Noch deutlicher hat sich das Problem der mangelhaften Verständigung bei der Frage nach den Problemen mit den ausländischen Kolleginnen und Kollegen herauskristallisiert.

Ebenfalls ein Drittel der Befragten denkt, dass sich die Arbeitsorganisation nachtei-lig auswirkt. Hierunter fällt vor allem die hohe Arbeitslast und der dadurch entste-hende große Druck auf die Managerinnen und Manager. Fast ein Viertel der Befrag-ten beklagt sich über den Leistungsdruck. Ein Manager findet die Arbeitslast zu schwer und sieht es als Problem, dass er sich während der Arbeitszeit nicht ausruhen kann. Für acht Managerinnen und Manager sind die Arbeitsmethoden nicht an die chinesischen Bedürfnisse angepasst und deshalb ein Nachteil. Dass er machen muss, was der Chef sagt, auch wenn es für die chinesischen Gegebenheiten falsch sein mag, stellt ein Manager als großen Nachteil heraus. Fünfmal wurde als Nachteil genannt, dass keine Zeit mehr für die Familie und Freizeit bleibe, weil man so viel arbeiten müsse (siehe Tabelle 7.5). Für andere Managerinnen und Manager dagegen ist dies eher ein Vorteil, schließlich wird in elf Fällen ausgesagt, dass es ein positiver Faktor sei, dass immer etwas zu tun sei, es kein sinnloses Herumsitzen gäbe und die Arbeit generell eine Herausforderung darstelle.

Erstaunlicherweise beklagen drei Managerinnen und Manager eine mangelnde Fle-xibilität der Unternehmen. Dies verwundert zunächst, da den westlich geprägten Un-ternehmen mehr Flexibilität zugeschrieben wird als den alten, verkrusteten chinesi-schen Staatsunternehmen. Auf Nachfrage wurde erläutert, dass die Ausländerinnen und Ausländer viel zu sehr an Regeln festhalten würden, dass es keine Ausnahmen gibt, weder im personellen Bereich noch in anderen Bereichen. Dadurch könnten sich die Gemeinschaftsunternehmen nicht an den chinesischen Markt anpassen und

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den sich selbst schaden. Dies deckt sich mit Erfahrungen von Führungskräften in den ehemaligen Planwirtschaften Osteuropas. Aufgrund des Agierens innerhalb eines Systems der Mangelwirtschaft haben die ehemaligen Leiter ein besonderes Talent entwickelt, ein Unternehmen unter Umgehung bestimmter Regeln oder durch Aus-nutzen besonderer Hintertüren funktionsfähig zu halten. Das starre Festhalten an Re-geln erscheint daher häufig als Mangel an Flexibilität.

Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass ein chinesischer Manager unter mangelnder Flexibilität die Tatsache verstand, dass er nicht einfach zu Hause bleiben kann, um ein Familienmitglied zum Arzt zu begleiten. Ein anderer beschwerte sich darüber, dass es feste Arbeitszeiten dafür gibt, zu denen er morgens in der Firma sein muss und abends nach Hause kann.

Die Nennungen von 29% der Befragten fallen in die Kategorie Entlohnung/Fürsor-ge. Hierzu zählen das Problem der Wohnungen, die allgemeine soziale Wohlfahrt und die Gehaltsfrage (vgl. Tabelle 7.6). Zehnmal wird die unzureichende Versorgung mit Wohnungen genannt. In einigen Fällen gibt es besondere Wohnungsfonds für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gemeinschaftsunternehmen, mit dessen Hilfe Wohnungseigentum erworben werden kann. Für die chinesischen Managerinnen und Manager ist das eine völlig neue Situation und im Vergleich zu ihrer früheren Be-schäftigung in Staatsunternehmen, bei dem das Wohnen fast umsonst war, bedeutet diese finanzielle Belastung einen großen Nachteil.

Es kann in diesem Zusammenhang vermutet werden, dass das Problem die jüngeren Managerinnen und Manager weniger belastet als die Älteren. Doch das durchschnitt-liche Alter derjenigen, die das Wohnungsproblem als Nachteil sehen, liegt bei 35 Jahren und ist damit fast identisch mit dem Durchschnitt aller Befragten mit 37 Jah-ren. Dies lässt darauf schließen, dass es sich dabei nicht um ein altersspezifisches Problem handelt.

Tabelle 7.5: Nachteil „Arbeitsmethoden“ mit Unterkategorien

Kategorie: Arbeitsmethoden Anzahl der Nennungen

Leistungsdruck, Arbeitslast 21

ungeeignete Arbeitsmethoden 8

keine Freizeit, Familie 5

mangelnde Flexibilität 3

Summe: 37

Quelle: eigene Erhebung und Auswertung

Dass das Wohnungsproblem bei 94 Befragten nur zehnmal genannt wird, bedeutet gleichzeitig, dass für die Mehrheit der Managerinnen und Manager das Thema Woh-nung ausreichend gelöst ist. Mehrere Managerinnen und Manager betonen, dass das Wohnen kein Problem darstelle, weil ihre Ehepartner eine Wohnung von deren Un-ternehmen mieten können. Andere wiederum machen deutlich, dass sie gerne bereit seien, sich selbst um ihre Wohnung zu kümmern und sie dies nicht von einem Ge-meinschaftsunternehmen erwarten würden, sofern das Gehalt den finanziellen Mehr-aufwand beinhalte.

Dagegen fällt es einer anderen Managerin ganz besonders schwer, dass sie sich selbst um ihre Wohnung kümmern muss. Zwar ist ihr Gehalt entsprechend hoch, so dass sie sich eine Wohnung mieten kann. Doch bewegt sie sich in einem ihrer Meinung nach eher rechtsfreien Raum, da ihr Vermieter sie vor die Tür setzen kann, wann immer er will. Außerdem muss sie bestimmten, von ihm festgelegten Regeln folgen, wie zum Beispiel keine Wanddekoration anzubringen usw. Dies würde zu einer täglichen Be-lastung für die Managerin. Dazu muss gesagt werden, dass diese Managerin lange Zeit in Deutschland gelebt und studiert hat und sich sehr an die deutsche Rechtsord-nung gewöhnt hat. Deshalb fällt es ihr vergleichsweise schwerer als anderen Kolle-ginnen und Kollegen, dass sie rechtlich nicht so abgesichert ist, wie sie das aus Deutschland gewohnt ist.

Exkurs: Wo wohnen die chinesischen Führungskräfte eines Joint Ventures, Tochter-unternehmens oder einer Repräsentanz? Prinzipiell wird die Wohnungsfrage ganz unterschiedlich gelöst. Repräsentanzen sind in der Regel zu klein, um ihren Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern Wohnungen zur Verfügung stellen zu können. Daher sind die Gehälter in Repräsentanzen generell höher als in Joint Ventures oder Tochterfir-men. Bei Joint Ventures ist es häufig der Fall, dass der chinesische Partner weiterhin die Wohnungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Joint Venture stellt. In anderen Fällen werden Wohnungsfonds eingerichtet, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Kauf von Wohnungseigentum ermöglichen. In den letzten Jahren ist der Wohnungsfond zur gängigen Praxis geworden. Davor wurde teilweise auch

Tabelle 7.6: Nachteil „Entlohnung/Fürsorge“ mit Unterkategorien Kategorie: Entlohnung/Fürsorge Anzahl der Nennungen

Wohnung 10

soziale Wohlfahrt 9

Gehalt 8

Summe: 27

Quelle: eigene Erhebung und Auswertung

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Wohnungseigentum von den Unternehmen erworben oder neu gebaut und den Ange-stellten zur Verfügung gestellt. Da dies aber immer dann zu Problemen führt, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Firma verlassen, wird das heute nur noch sehr selten praktiziert. Außerdem ist es eine sehr teuere Angelegenheit und wird auch des-halb mehrheitlich abgelehnt. Viele Firmen, die heute noch Wohneigentum für ihre Mitarbeiter haben, möchten dies in Zukunft durch einen Wohnungsfond ersetzen.

Dennoch gibt es auch Kritik an den Wohnungsfonds. In einem Fall gehört einem Joint Venture ein großes Grundstück, das bei der Gründung des Unternehmens be-reits für den Bau von Wohnungen vorgesehen war. Doch weil sich mittlerweile die Wohnungspolitik in der Holding geändert hat, kommt es nicht zum Bau der Wohnun-gen. Für die Managerinnen und Manager ist es in dieser Stadt aber äußerst schwierig, angemessenen Wohnraum zu finden und da das Joint Venture sehr klein ist, wären auch die Kosten für den Bau der Wohnungen nicht so hoch, dass es das Joint Venture sehr belasten würde. Der General Manager dieses Joint Ventures plädiert deshalb da-für, keine generelle Wohnungspolitik für Gesamtchina vorzugeben, sondern das von Fall zu Fall und von Region zu Region immer wieder neu zu entscheiden, um damit die jeweils optimale Lösung zu finden. Es spricht vieles dafür, dass es sehr auf die räumlichen Besonderheiten ankommt, welche Form der Wohnungsbereitstellung die Optimale ist.

Fast ebenso oft wie die Wohnungsproblematik wird die mangelnde soziale Fürsorge kritisiert. Damit sind vor allem die fehlende Bereitstellung von Kindergärten, Schu-len, Krankenstationen usw. gemeint. Dieser Faktor dürfte aber an Bedeutung verlie-ren, da in Zukunft auch die Staatsunternehmen ihren Angestellten immer weniger so-ziale Leistungen anbieten können. Der Aufbau eines soso-zialen Sicherungssystems außerhalb der danwei ist gerade im Aufbau begriffen und die Nachfrage nach priva-ten Lebensversicherungen u.ä. boomt momentan. Deshalb wird sich in absehbarer Zeit kaum jemand mehr darüber beschweren, dass die soziale Wohlfahrt eines Unter-nehmens zu gering ist.

Abgesehen davon sind die Gemeinschaftsunternehmen durch Gesetz verpflichtet, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzusichern. So müssen sie sowohl Kranken-versicherung, Arbeitslosenversicherung wie auch Rentenversicherung anbieten. Es ist daher anzunehmen, dass sich die Managerinnen und Manager mehr darauf bezie-hen, dass sie sich selbst um einen Kindergarten- oder Schulplatz für ihre Kinder küm-mern müssen usw.

In acht Fällen wird es von den Managerinnen und Managern als Nachteil empfunden, dass sie im Vergleich zu ihren ausländischen Kolleginnen und Kollegen viel weniger verdienen. Das scheint in den Joint Ventures, Tochterunternehmen und Repräsentan-zen einer der größten Spannungspunkte überhaupt zu sein. Dieser Punkt wird fast in jedem Unternehmen in irgendeiner Form angesprochen, zum einen von den westli-chen General Managern und zum anderen von den chinesiswestli-chen Managerinnen und Managern. Auch wenn hier nur acht Nennungen gemacht werden, ist dieses Problem