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der gesamten Untersuchungsgruppe. Bei beiden Frauen handelt es sich ebenfalls um vom chinesischen Partner entsandte Führungskräfte, sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von den männlichen Führungskräften.

Aufgrund dieser statistischen Analyse der Fremdsprachenkenntnisse entsteht ein re-lativ positiver Eindruck. Die Situation sieht dennoch nicht ganz so gut aus, wie das im ersten Moment scheinen mag. Führt man sich vor Augen, wie wichtig und zentral Kommunikation in einem Gemeinschaftsunternehmen ist, so erscheinen 12% der Führungskräfte ohne Sprachkenntnisse eine große Zahl. Betrachtet man die Positio-nen, die diese Managerinnen und Manager im Unternehmen einnehmen, so erscheint dies noch gravierender. Von diesen elf Personen sind zwei General Manager bzw.

Direktor ihres Unternehmens, vier weitere sind Deputy General Manager. Gerade diese Personen stehen aber an der Schnittstelle zwischen chinesischem und deut-schem Unternehmen und die Tatsache, dass sie nur über Dolmetscher mit den west-lichen Führungskräften kommunizieren können, wirft ein schlechtes Licht auf die ge-genwärtige Situation in den Gemeinschaftsunternehmen.

Hierin spiegelt sich die Politik der chinesischen Staatsbetriebe wider, die bisher vor allem auf Loyalität und nicht auf Eignung und Kompetenz ihrer Entsandten achteten.

Gleichzeitig erschien der deutschen Seite das Vorhandensein von Sprachkenntnissen nicht so wichtig, als dass man in den Verträgen darauf bestanden hätte.

Durch die Sprachausbildung an den Universitäten wird sich dieses Problem im Laufe der nächsten Jahre aber von selbst lösen, da heute alle jüngeren Managerinnen und Manager über Sprachkenntnisse verfügen. Gleichzeitig steigen die Möglichkeiten der jungen Leute, ins Ausland zu gehen oder Sprachunterricht von Muttersprachle-rinnen und -sprachlern zu erhalten, wodurch sich diese Situation ebenfalls verbessert.

4.4 Auslandsstudium

Im Jahre 1978 begann die chinesische Regierung zum erstenmal seit 1949 damit, eine große Anzahl von Studierenden und Lehrenden ins westliche Ausland zu schicken, in der Hoffnung, den Westen in den Bereichen Wissenschaft und Technologie einzu-holen (ZWEIG, 1995, 1). Die erste Gruppe chinesischer Studierenden, die nach der Kulturrevolution nach Westdeutschland kam, traf bereits 1975 mit finanzieller Un-terstützung des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) in Heidelberg ein. Die chinesische Regierung hatte erkannt, dass sie es nicht alleine schaffen würde, die dringend benötigten Fach- und Führungskräfte alleine auszubilden. Seitdem ha-ben fast 300.000 Chinesinnen und Chinesen im Ausland studiert und das Auslands-studium ist zu einem festen Bestandteil der tertiären Bildung geworden. Zielländer der Studierenden sind vor allem die USA, wo mehr als die Hälfte der Auslandsstu-dierenden gewesen ist. Danach folgen Japan, Kanada, Australien, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Rußland (C.A., 1998, 599 nach GUANGMING RI-BAO, 28.06.1998, 4).

Insgesamt wird das Auslandsstudium trotz gewisser Probleme positiv bewertet. Das größte Problem besteht für die chinesische Regierung in der geringen Rückkehrer-quote. Im Durchschnitt kehrten bisher nur 30% eines Jahrgangs in die VR China zu-rück. Deshalb versucht die Regierung seit 1996 mit neuen Maßnahmen dieses Pro-blem in den Griff zu bekommen. Hierzu gehört, dass sich die Auslandsstudierenden vertraglich zur Rückkehr verpflichten, Bürgen angeben und eine Kaution von bis zu 50.000 Yuan hinterlegen müssen. Damit wurden bisher sehr gute Erfahrungen ge-macht. Bis August 1998 sollen 85% der Stipendiatinnen und Stipendiaten von 1997 zurückgekehrt sein. Der Rest habe die geforderte Entschädigung an den Staat gezahlt (C.A., 1998, 899).

Den größten Zugang zu Auslandsstudien scheinen nach der Auswertung von ZWEIG die Kinder von Intellektuellen und hoch- bzw. mittelrangigen Kadern zu haben. 44%

ihrer Untersuchungspersonen kamen aus Beijing und 18% aus Shanghai. Damit ha-ben Studierende dieser beiden Städte offensichtlich größere Chancen als anderswo im Land, zum Studium ins Ausland zu gehen (1995, 2)12.

Bei den staatlich unterstützten Stipendiatinnen und Stipendiaten werden hauptsäch-lich ältere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgewählt. Studierende ohne Examen können jetzt nur noch als Selbstzahlerinnen und -zahler im Ausland studie-ren. Die Zahl der staatlich geförderten Auslandsstipendien ging 1998 um mehr als die Hälfte zurück (1997: 3420; 1998: 1709). Gründe wurden dafür keine angegeben, aber es kann vermutet werden, dass dieser Rückgang wirtschaftliche Ursachen hat (C.A., 1998, 899).

Insgesamt haben acht der befragten chinesischen Managerinnen und Manager ein vollständiges Studium im Ausland absolviert. Ein Manager war während seines Stu-diums an der Shanghai Jiaotong-University im Rahmen eines Studienaustauschs acht Wochen in Konstanz.

Von den acht Managerinnen und Managern war ein Manager in Australien, wo er ein dreijähriges Studium in Finance/Accounting absolviert hat. Eine Managerin hat drei Jahre in Belgien studiert, eine Angabe über ihre Fachrichtung liegt nicht vor. Die an-deren sechs Managerinnen und Manager haben alle in Deutschland studiert. Die Stu-diengänge, die sie studiert haben sind Touristik, Wirtschaftsingenieurwesen, Be-triebswirtschaftslehre und Materialwissenschaft. Zwei dieser sechs Manager und Managerinnen haben ein Promotionsstudium in Deutschland absolviert und zwar in Chemischer Verfahrenstechnik und in Volkswirtschaftslehre. Damit haben die Hälfte derer, die in Deutschland studiert haben, ein wirtschaftswissenschaftliches Studium absolviert. Dies spielte sicherlich eine große Rolle bei ihrer Einstellung.

12. ZWEIG befragte 273 chinesische Studierende, Lehrende und Forschende in verschiedenen Städten der USA im Jahr 1993 mit der Absicht, den chinesischen brain drain in die USA zu untersuchen.

4.4 Auslandsstudium 73

Prinzipiell lehnen westliche Managerinnen und Manager solche chinesischen Füh-rungskräfte, die ein Auslandsstudium haben oder längere Zeit im Ausland gelebt ha-ben, eher ab. Ihre Argumente dafür sind, dass die Auslandschinesinnen und -chinesen häufig Schwierigkeiten bei der Reintegration in der VR China haben und sie von den Kolleginnen und Kollegen nicht akzeptiert werden. Andererseits fordern sie die glei-che Bezahlung wie ein Expatriate, ohne jedoch die gleiglei-chen Probleme und Schwie-rigkeiten im Alltag zu haben, für die die Bezahlung der Expatriates ein gewisser Aus-gleich sein soll.

Dennoch konnte festgestellt werden, dass die Chinesinnen und Chinesen mit Aus-landsstudium eine gewisse Mittlerfunktion in den Unternehmen wahrnehmen. Vor allem aufgrund ihrer sehr guten Sprachkenntnisse und Kenntnisse in der Kultur des ausländischen Partners haben sie in der Regel kaum Probleme mit der ausländischen Seite. Gleichzeitig verstehen sie aber die Regeln und Strukturen, die das Land und seine Politik vorgeben, so dass sie eine ganz besondere Rolle in den Unternehmen einnehmen. Zwar bedeutet dies auch, dass sie manchmal zwischen den Stühlen sitzen, da sie beide Seiten verstehen, aber keine optimale Lösung für beide Seiten finden können. Hier kommt es dann sehr auf die Persönlichkeit der jeweiligen Führungs-kraft an, wie sie diese Situation bewältigt. Auch die Frage der Akzeptanz unter den chinesischen Kolleginnen und Kollegen scheint entgegen der allgemeinen Annahme mehr eine Frage von Persönlichkeit und Fachkompetenz zu sein als eine Frage, ob eine Führungskraft im Ausland studiert hat oder nicht.

5 REGIONALE MOBILITÄT VON CHINESISCHEN FÜHRUNGSKRÄFTEN