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6.4 Karrieremuster und typische Karriereverläufe

6.4.2 Führungskräfte mit einem Gehalt zwischen 5000 und

Managerin D. Die Managerin ist 33 Jahre alt, verheiratet und hat ein Kind von sieben Jahren. Ihr Ehemann ist in Changchun geboren, 34 Jahre alt und arbeitet bei der Luft-waffe. Die Managerin ist in Shanghai geboren und arbeitet in einem Joint Venture in Shanghai. Sie wohnt schon immer in Shanghai, hat dort auch die Schule und die Uni-versität absolviert. Nachdem sie in vier Jahren ihren bachelor in Deutsch an der Tongji Universität gemacht hat, hat sie dort weitere zweieinhalb Jahre Linguistik und Interkulturelle Kommunikation studiert und mit dem Magister abgeschlossen.

Nach ihrem Studium arbeitete sie drei Jahre an der Universität als Dozentin mit ei-nem Gehalt von 1200 Yuan im Monat. Ihr Arbeitsplatzwechsel zur Dolmetscherin am Deutschen Konsulat in Shanghai bedeutete einen finanziellen Aufstieg und ein Einkommen von 4500 Yuan im Monat.

Nachdem sie ein Jahr als Dolmetscherin gearbeitet hatte, kam sie zu dem Joint Ven-ture, in dem sie gegenwärtig arbeitet. Dort wurde sie zunächst ein halbes Jahr als As-sistentin des General Managers eingestellt, danach übernahm sie die Leitung der Per-sonalabteilung für ein weiteres halbes Jahr. Seit eineinhalb Jahren ist sie nun führende Managerin der Marketing-Abteilung und verdient ca. 14.500 Yuan im

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nat. Dazu kommen noch 2000 Yuan für das Wohnungsdarlehen, das ihr die Firma zahlt. Sie hat demnach ihren Wohnort noch nie gewechselt, aber zweimal einen Fir-menwechsel vorgenommen.

Ihre Stelle im Joint Venture hat sie über Bekannte gefunden. Sie kannte einen guten chinesischen Freund des jetzigen General Managers, der damals noch Projektleiter war, und kam so zu ihrer Stelle. Sie spricht fließend Deutsch und Englisch und war mittlerweile fünfmal in Deutschland. Diese fünf Aufenthalte machen zusammen ein Jahr aus und fanden alle aus beruflichen Gründen statt, zusätzlich hat sie noch eine dreiwöchige Urlaubsreise nach Österreich unternommen.

Das Gute an einem Joint Venture ist für sie eindeutig das höhere Gehalt und die Tat-sache, dass man immer Neues lernen kann. Dadurch kann sie sich selbst entwickeln und auch die Möglichkeit, viel ins Ausland zu gehen, dient ihrer eigenen Weiterbil-dung. Dies alles fördert die Konkurrenzfähigkeit und ihre Karriereentwicklung. Das einzig Negative an ihrer Arbeit ist die Tatsache, dass sie zu wenig Zeit für die Familie hat. Mit den ausländischen Kolleginnen und Kollegen hat sie das Problem, dass es sehr schwierig ist, ihnen Verständnis für die Situation und Lebensumstände in China nahe zu bringen. Häufig fehlt es gerade in diesem Bereich an Verständnis von der deutschen Seite. Der wichtigste Grund für sie, ihren Arbeitsplatz zu wechseln, wäre, dass ihre Qualifikation nicht zu den Anforderungen passt. Keine Rolle spielt dagegen die räumliche Mobilität. Wenn ihr die Arbeit woanders gefiele, ginge sie auch dort-hin.

Dieser Karriereverlauf ist typisch für junge Personen, die eine ausgezeichnete Qua-lifikation und sehr viel Offenheit mitbringen. Sie haben auffällig wenig Schwierig-keiten mit den ausländischen Kolleginnen und Kollegen und sind häufig der Mei-nung, dass ein ausländisches Unternehmen der richtige Arbeitsplatz für sie sei.

Aufgrund ihrer besonderen Qualifikation, die sie sich in relativ kurzer Zeit erworben haben, erhalten sie auch ein für ihr Alter außergewöhnliches Gehalt. Bemerkenswert ist dabei, dass sie keine wirtschaftswissenschaftliche Qualifikation mitbringen. Statt dessen erwerben sie sich ihre berufliche Qualifikation im Laufe des Erwerbslebens.

Dazu sind sie auch bereit, den Arbeitsplatz zu wechseln und in verschiedenen Unter-nehmen zu arbeiten.

Manager E. Manager E ist 29 Jahre alt, verheiratet und hat kein Kind. Seine Frau ar-beitet in der Repräsentanz einer Computerfirma aus Hongkong. Beide sind in Shang-hai geboren. Der Manager war aus beruflichen Gründen jeweils ein halbes Jahr in Nanjing und in Qingdao. Zur Schule und zur Universität ist er in Shanghai gegangen.

Er hat vier Jahre lang an der Pädagogischen Hochschule in Shanghai Biologie stu-diert. Daran anschließend arbeitete er zwei Jahre als Dozent an einer Hochschule, wo er 300 Yuan verdiente. In dieser Zeit war er beruflich nicht ausgelastet und hatte viel Freizeit, die er dann zum Studium von Informatik und Managementlehre genutzt hat.

Da er viel im Selbststudium erlernt hat, hat er keinen zertifizierten Abschluss in die-sen Fächern.

Nachdem ihn die Arbeit an der Universität nicht ausfüllte und er dort keine Zukunft sah, fand er eine Stelle als Supervisor der Computerabteilung in einem neueröffneten U.S.-amerikanischen Joint Venture in Shanghai. Auf diese Stelle hatte er sich schrift-lich beworben und nach einer Prüfung erhielt er die Stelle. Dort erhielt er ein monat-liches Gehalt von 1200 Yuan. Ein Jahr später wechselte er zu einer anderer amerika-nischen Computerfirma (100% Tochter), ebenfalls in Shanghai. Für diese Firma war er sowohl in Nanjing als auch in Qingdao. Er wurde als Consulting Manager einge-stellt und verdiente 1500 US$ im Monat (ca. 12.500 Yuan). Er hat dreimal seinen Wohnort und ebenso oft seinen Arbeitgeber gewechselt.

Von seiner gegenwärtigen Stelle hat er über einen Headhunter9 erfahren. Daraufhin hat er selbst bei diesem Tochterunternehmen angerufen und sich beworben. Er ver-dient jetzt ca. 8500 Yuan und arbeitet als Consultant in der Position eines Managers/

Abteilungsleiters. Zum Gehalt kommen noch Zahlungen der Firma in einen Woh-nungsfonds dazu.

Englisch hat er sowohl in der Schule wie auch an der Universität gelernt. Die Arbeits-sprache in seiner jetzigen Firma ist halb Englisch und halb Chinesisch, da der einzige Deutsche im Unternehmen Chinesisch spricht. Sprache und Kommunikation sind für ihn daher kein Problem. Er war bereits zwei Monate in den USA, viermal einige Tage in Singapur und zwei Wochen in Malaysia. Alle Auslandsaufenthalte waren beruf-lich bedingt.

Für ihn ist die Weltoffenheit und das globale Verständnis seiner Firma von großer Bedeutung. Er kann mit der Welt kommunizieren und ist nicht nur auf China be-schränkt. Und er kann sein Humankapital auch schon in jungen Jahren erhöhen und muss für einen beruflichen Aufstieg nicht warten, bis er das richtige Alter erreicht hat. Das zählt für ihn zu den großen Vorteilen seines Arbeitsplatzes. Aber er sieht auch Nachteile, nämlich dass er zwar viel Geld, aber keine Zeit mehr hat und auch die Familie zu kurz kommt. Für seine eigene Entwicklung findet er es etwas schwie-rig, dass er nicht weiß, wie lange diese Firma noch bestehen wird. Deshalb kann er nicht weit in die Zukunft schauen.

Probleme mit ausländischen Kolleginnen und Kollegen, Kundinnen und Kunden oder dem Chef hat er absolut keine, und das betont er ausdrücklich. Durch seine Ar-beit hat er mit Menschen aus vielen verschiedenen Kulturen zu tun und dies bereitet ihm keinerlei Schwierigkeiten. Der unterschiedliche kulturelle Hintergrund kann ein Problem sein, wenn man Freunde finden will, aber es ist kein Problem bei der Arbeit.

Er würde sich eine neue Stelle suchen, wenn er mit seiner Firma unzufrieden wäre, oder ein höheres Gehalt und bessere Aufstiegschancen in Aussicht ständen. Völlig

9. Headhunter-Agenturen sind Servicestellen, die im Auftrag einer Firma geeignete Führungskräfte auf dem Markt suchen. Häufig übernehmen diese Headhunter-Agenturen auch eine Vorauswahl der Kandidatin-nen und Kandidaten. Diese werden in der Regel von anderen Firmen abgeworben.

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unbedeutend sind für ihn Versicherungen, Wohnung, Privates und räumliche Mobi-lität. Dadurch, dass er tatsächlich schon mehrmals für eine Firma den Arbeitsort ge-wechselt hat, kann er dies im Gegensatz zu vielen anderen glaubhaft versichern.

Dieser Manager steht beispielhaft für sehr junge Manager, die sehr viel Eigeninitia-tive aufbringen und bewusst an der eigenen Karriere arbeiten. Sie sind noch sehr jung, aber sehr kompetent und erzielen bereits ein beachtliches Gehalt. Ihre Qualifi-kation haben sie durch learning by doing und selten durch das Hochschulstudium er-worben. Sie haben bereits öfter ihren Arbeitgeber gewechselt und darauf geachtet, dass sie sich bei jedem Wechsel beruflich verbessern.