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6.5.1 »Hate Speech«

6.5.2 Soziale Medien

Grundsätzlich gilt, dass die Kommunikation in jedem sozialen Netzwerk anders strukturiert ist, was sich auf die Quantität und Qualität der Kommunikation auswirkt.

Darüber hinaus sind es derzeit nur wenige Plattformen, die im deutschsprachigen Raum einen relevanten Teil digitaler Kommunikation ausmachen. Auf jeder dieser Plattformen lassen sich die verschiedenen Ausprägungen antisemitischer Narrative finden. Lediglich die der Platt-form geschuldete Anordnung der Kommunikation und die damit verbundenen Bedingungen führen zu Unter-schieden in Form und Häufigkeit der antisemitischen Äußerungen.

6.5.2.1 twitter

Der Mikrobloggingdienst Twitter, auf 140 Zeichen pro Tweet beschränkt, ist in der Standardeinstellung öffent-lich, also eine Art offener Marktplatz digitaler Kommu-nikation. Das heißt, dass alle Beiträge zunächst komplett einsehbar und verwertbar sind. Kommunikation findet über Retweets und Favorisierungen statt, aber auch über Bilder und Grafiken und nicht zuletzt über private Nachrichten und mögliche Gruppenkommunikation.

Die deutschsprachige Community auf Twitter ist sehr klein, die Nutzung im Vergleich sehr gering. Jedoch ist Twitter ein meinungsmachendes Medium, da sich hier überdurchschnittlich viele Vertreterinnen und Vertreter klassischer Medien finden ebenso wie Politikerinnen und Politiker sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Insbesondere der Nachwuchs in diesen Bereichen nutzt Twitter.408

Twitter ermöglicht darüber hinaus eine weitgehend anonyme Kommunikation, sodass etwa rechtsextreme Gruppierungen offener auftreten und antisemitische Propaganda plumper und direkter kommuniziert werden kann. Insbesondere antisemitische Karikaturen und Grafi-ken sowie gefälschtes Bildmaterial haben auf Twitter eine hohe Verbreitung. Nicht zuletzt gibt es die Möglichkeit, Tweets zu kaufen, die eine definierte Reichweite und Ziel-gruppe erreichen sollen. Diese Möglichkeit wird immer wieder genutzt, um antisemitische Hetze massenhaft zu

408 christoph neuberger/hanna Jo vom hofe/christian nuernbergk, twitter und Journalismus. Der einfluss des »social web« auf die nachrichten, Düssel-dorf 2011, s. 29 ff., http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Publikationen- Download/lfM_Doku38_twitter_Online.pdf (eingesehen 15. 11. 2016).

verbreiten. Twitter hat diesbezüglich bisher keine Richt-linien, sodass immer wieder strafbare Inhalte auch als Werbung geschaltet werden.

Obwohl die dem rechtsextremen Spektrum zuzuord-nenden Akteurinnen und Akteure besonders direkt Antisemitismus äußern, lässt sich grundsätzlich dennoch festhalten, dass Twitter ein tendenziell elitäres Netzwerk in Deutschland ist.409 Antisemitische Inhalte sind in linken und feministischen Kreisen bei Twitter durchaus präsent.

Durch die Vernetzung mit internationalen Akteurinnen und Akteuren, die sich ebensolcher antisemitischer Topoi bedienen, bilden sie eine Gruppe, die einen größeren Kreis von Rezipienten beeinflussen kann.410 Grundsätzlich ist Twitter komplett maschinenlesbar und bietet daher für ein umfassendes Monitoring die besten Voraussetzungen.

Einschlägige Akteurinnen und Akteure lassen sich so zwar deutlich benennen, jedoch bestehen kaum Möglichkeiten, diese rechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

6.5.2.2 Facebook

Facebook ist im Unterschied zu Twitter eine »Gated Community«, deren Privatsphäreneinstellungen sehr fein justierbar ist und so unterschiedlichste Formen der Kommunikation, aber auch Vernetzung und Agitation erlaubt. Es gibt die Möglichkeit, geschlossene und von der Suchfunktion nicht auffindbare Gruppen zu betreiben, was gerade von rechtsextremen Akteurinnen und auch Akteuren genutzt wird.

Facebook ist das mit Abstand größte und diverseste soziale Netzwerk, das in Deutschland genutzt wird. Unterschied-liche Gruppen sind hier vertreten, variierend in Alter, Bildungsgrad, Sprach- und kulturellem Hintergrund.

Rechtsextreme und rechtspopulistische Akteurinnen und Akteure organisieren sich über Facebook sehr effektiv und nutzen die Gruppen- und Seitenfunktionen immer wieder für Hetze. Dies gilt ebenso für radikal islamistische Angebote.

Ob rechtsextreme Gruppierungen Facebook als Haupt-kommunikationsmedium nutzen, ist umstritten und spekulativ. Es lässt sich zumindest konstatieren, dass dem größten deutschsprachigen rechtsextremen Internet-forum Thiazi.net – die Hauptverantwortlichen mussten sich im Frühjahr 2013 »wegen Bildung einer krimi-nellen Vereinigung und gemeinschaftlich begangener

409 claudia Bader u. a., Die wahl in 140 zeichen – twitter als Kommunikati-onsplattform für Politik, Medien und Bürger im Bundestagswahlkampf 2013, in:

Politische Psychologie, (2015) 1, ohne seitenangabe.

410 Blog Merle stöver, 16. 3. 2016: schluss mit dem Kuschelfeminismus, http://

merlestoever.blogspot.de/2016/03/schluss-mit-dem-kuschelfeminismus.html (eingesehen 15. 11. 2016).

Volksverhetzung in mehreren hundert Fällen«411 in Rostock vor dem Landgericht verantworten – nach dessen Abschaltung 2012 kein anderes Forum folgte. Es wird vermutet, dass sich die Aktivitäten auf Facebook verlagert haben.

Auch wenn Facebook bekannte doppelte Standards bei den Themen Sexismus und Rassismus hat,412 ist das Netzwerk beim Thema Antisemitismus, gerade im deutschsprachigen Bereich, sehr viel wachsamer. Es ist beispielsweise nicht möglich, eine Gruppe mit dem Wort

»Jude« anzulegen. Auch werden eindeutig antisemitische Bilder und Grafiken von Facebook zügig entfernt. Im Früh-jahr 2016 wurde die antisemitische Verschwörungsseite

»Anonymous.Kollektiv« gelöscht, die Betreiber allerdings sind weiter aktiv.413 Unter dem Hashtag #FakeAnonymous auf Facebook selbst und auf Twitter hatten Nutzer auf die Hetze der Gruppe aufmerksam gemacht, deshalb war

»Anonymous.Kollektiv« bereits in den ersten Monaten des Jahres nicht mehr erreichbar.414 Trotz solcher Nutzer-aktionen findet sich auf Facebook eine Flut von Seiten, auf denen antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet werden. Auch rechtspopulistische Parteien nutzen Face-book intensiv und erfolgreich.

Während des Gaza-Konflikts 2014 wurde auf Facebook eine Collage zur Kampagnenikone, die schließlich ihren Weg auch auf anti-israelische Demonstrationen fand. Das Bild wurde zum Markenzeichen der pro-palästinensischen Bewegung im Netz und von zahlreichen Personen der Facebook Community als Profilbild eingestellt. Die Collage zeigt das Gesicht einer Frau, deren obere Gesichtshälfte mit den Farben der palästinensischen Fahne bemalt und das rechte Auge mit Gitterstäben versehen ist. Die untere Gesichtshälfte, insbesondere der Mund, wird von einer männlichen Hand fest zugepresst, die mit den Farben der israelischen Fahne und dem Davidstern koloriert ist. Hier wird die klassische Schuldzuschreibung an »die Juden«, sie würden Kritik an der israelischen Regierung unterbinden und die Medien kontrollieren, bildlich dargestellt. Solche Vorstellungen unterstellen, dass die palästinensische Stimme wegen einer vermeintlich einseitigen Medien-berichterstattung in der Öffentlichkeit kein Gehör fände.

Dem müsse in den sozialen Netzwerken entgegengewirkt werden. Wie stark sich die Bildsprache dann auch in die reale Welt übertragen kann, zeigt folgendes Beispiel: Auf einer Demonstration im Juli 2014 in Regensburg trugen mehrere Frauen T-Shirts, die mit dem Konterfei bedruckt

411 taz, 22. 5. 2013, http://www.taz.de/!116663/ (eingesehen 21. 11. 2016).

412 vgl. simon hurtz, Facebook: nein zu Brüsten, ja zu rassismus, in: süd-deutsche zeitung, 18. 8. 2015, http://www.suedsüd-deutsche.de/digital/facebook- nein-zu-bruesten-ja-zu-rassismus-1.2610256 (eingesehen 22. 5. 2016).

413 Die zeit, 6. 6. 2016, http://www.zeit.de/digital/internet/2016-06/

anonymous-kollektiv-rechte-hetze (eingesehen 15. 11. 2016).

414 ebenda.

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waren.415 Der Blog Ruhrbarone verwies in einem Beitrag im Juli 2014 darauf, dass mit einfachen Mitteln auch Gegenstrategien gegen den antiisraelischen Bilderkrieg entwickelt werden können: Aktivisten hatten die israeli-sche Fahne auf der den Mund zuhaltenden Hand durch die Fahne der Hamas ersetzt.416

Nicht selten vermischen sich inzwischen antisemitische Stereotype mit antimuslimischem Rassismus. Am 14. April 2016 schrieb eine gewisse Anja S. auf Facebook: »Ja die Juden, die gibt es ja auch noch. Man sind die mir ein Dorn im Auge. Gaskammern wieder auf und rein mit denen und das Moslempack direkt mit. Ich kann das nicht mehr ertragen, bald wird ich selbst gegen alle in den Krieg zie-hen, das kotz mich voll an.«417 Verklausuliert zeigt dieser Hasseintrag auch einen Bezug zum Nahostkonflikt und zum israelbezogenen Antisemitismus, mit dem Hinweis, die Schreiberin würde bald selbst in den Krieg ziehen.

Am 9. November 2016, zum Jahrestag der Novemberpo-grome 1938, veröffentlichten die »Freien Kräfte Ber-lin-Neukölln« auf Facebook eine grafisch dargestellte Karte von Berlin mit etwa 70 Namen tatsächlicher und angeblicher jüdischer Organisationen und Einrichtungen, versehen mit der in Frakturschrift gehaltenen Hetzparole

»Juden unter uns«. An Verunglimpfung nicht zu überbie-ten ist die von den Machern der Grafik gewählte Über-schrift »Heut ist so ein schöner Tag«. Ermittlungen wegen Volksverhetzung wurden eingeleitet.418

Generell ist aber das Auslesen von Facebook grundsätzlich komplizierter als beispielsweise bei Twitter, sodass ein effektives Monitoring auf die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk angewiesen bzw. sehr teuer ist.

6.5.2.3 Youtube

Das zu Google gehörende Videoportal hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen und bei vielen,

415 regensburg-digital, http://www.regensburg-digital.de/friedensdemo- der-israel-hasser/19072014/ (eingesehen 14. 11. 2016).

416 http://www.ruhrbarone.de/social-media-antwort-auf-antiisraelischen- bilderkrieg/83686 (eingesehen 14. 11. 2016).

417 sammlung von Briefen, Interneteinträgen und e-Mails, zentralrat der Juden in Deutschland, der hier zitierte text des Facebook-eintrages (Ortho-graphie im Original) befindet sich in Kopie im zentrum für antisemitismusfor-schung, tU Berlin.

418 http://buendnis-neukoelln.de/2016/09/15/neukoellner-nazis- veroeffentlichen-feindliste/; Der tagesspiegel, 10. 11. 2016, http://www.

tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/berliner-facebook-gruppe-neonazi- gruppe-listet-juedische-geschaefte-auf-staatsschutz-ermittelt/14819364.

html (beide eingesehen 16. 11. 2016).

gerade jungen Menschen das Fernsehen abgelöst.419 Es hat sich eine multimediale Gegenöffentlichkeit gebildet, die YouTube effektiv bespielt und von Verschwörungstheo-rien und anti-modernen Ressentiments dominiert wird, die von antisemitischen Narrativen durchzogen sind.

NuoViso.TV beispielsweise ist ein Netzwerk mit großer Reichweite, das über YouTube regelmäßig Videos und Formate publiziert, die Verschwörungstheorien verbreiten und »Israelkritik« formulieren, die stets in antisemitische Narrative abgleiten.420 Hinzu kommt eine Fülle an offen antisemitischen Videos, in denen Jüdinnen und Juden mit klassischen antisemitischen Stereotypen diffamiert wer-den. Ein bekanntes Beispiel ist ein Video über die »Jüdin Angela Merkel«, das kolportiert, Angela Merkel sei Jüdin und arbeite im Sinne einer angeblichen zionistischen Ver-schwörung. Das Video hatte laut Angabe des Vertreibers bisher 136.128 Aufrufe sowie über 632 likes, 229 Nutzer haben es negativ beurteilt.421 Die bekannte Dichotomie Deutsche und Juden wird in diesem Video reproduziert, das klassische rechtsextreme Narrativ der »Volksverrä-terin« bedient und der Verrat qua des (vermeintlichen) Jüdischseins unterstellt.

Auf Interesse bei Jugendlichen stoßen nicht selten Antiglobalisierungsthesen, deren politischen Hintergrund sie häufig nicht erfassen oder der für sie keine wichtige Rolle spielt. Als Beispiel sei hier die vom Kopp-Verlag unterstützte Videoproduktion »Gib mir die Welt plus 5 Prozent. Die Geschichte vom Goldschmied Fabian«

genannt. Der Verlag vertreibt esoterische, rechtspopu-listische und rechtsextreme Bücher und ist mittlerweile auch online präsent. Nach der Vorlage eines Textes des Australiers Larry Hannigan aus dem Jahr 1971 transpor-tiert das Zeichentrick-Movie, das von Michael Kent (Hinz), der der Scientology-Sekte nahesteht, und seiner Firma Neue Impulse e. V. produziert wurde, auf subtile Weise antisemitische Klischees über »Machtjunkies der Finanz-dynastien«, die »Macht über die Massen« erlangen und die Welt beherrschen. Offensichtlich fallen auch Lehrer auf diesen Unsinn herein, wenn sie den Trickfilm als sinn-volles Unterrichtsmaterial ansehen, das vermeintlich das Finanz-, Geld und Zinssystem erklärt. So jedenfalls kann man es Postings auf YouTube entnehmen: »also wir hams in der Schule bis Teil 2 angeschaut … Rest war Hausauf-gabe« oder »Kann man gut als Schulvideo benutzen […]

419 wirtschaftswoche, 14. 1. 2016: social-Media-atlas: Youtube stößt Face-book vom thron, http://www.wiwo.de/technologie/digitalewelt/social-media- atlas-youtube-stoesst-facebook-vom-thron/12830346.html (eingesehen 22. 5. 2016).

420 Youtube-Kanal »nuoviso.tv«, https://www.youtube.com/channel/

UcPOmsF_xgQohcJhdj58zshg (eingesehen 22. 5. 2016).

421 IGBU – International Goyim Broadcasting Union, 17.6. 2015: angela mer-kel ist jüdin, https://www.youtube.com/watch?v=5Qac_nhnhsg (eingesehen 22. 5. 2016).

Unser Lehrer hat dafür ne ganze Stunde gebraucht!!!«422 Auch wenn im gesamten Film nicht ein einziges Mal das Wort »Jude« oder ähnliche direkte Zuschreibungen auftauchen, ist dem Posting von »Commanderblutwurst«

zu entnehmen, dass der Inhalt im Kreis der Rezipienten durchaus richtig zugeordnet wird: »du hast wohl nicht verstanden, das [sic!] fabian mayer amschel bauer (roth-schild) symbolisiert.«423 Den fast 50-minütigen Film, für den in der esoterischen Szene und auf rechtsextremen Netzwerken geworben wird,424 hat »lamargna« am 11. Dezember 2010 auf YouTube hochgeladen.425 Bis heute haben ihn ca. 400.452 Nutzer gesehen und 3000 geliked.426 Über die inzwischen abgeschaltete Webseite openbook.org und die Eingabe »Goldschmied Fabian« fanden sich zahl-reiche Facebook-Einträge, die den Film empfohlen haben, um Einsichten über die Finanz- und Geldpolitik zu gewin-nen. Occupy: Frankfurt verwies auf den Film als »aufklä-renden Bericht« über »Zinseszins und Geldsystem«.427 Ein inzwischen gelöschtes Posting auf der Webseite von Occupy: Frankfurt macht deutlich, welche judenfeindli-chen Stereotype im Dunstkreis der 99-Prozent-Bewegung kursieren: »Eine kleine mafiaartig organisierte Gruppe, deren Mitglieder sich wohl schon über Generationen hin-aus gegenseitig die Posten zuschieben, missbrauchen die jüdische Glaubensgemeinschaft für ihre Ziele.«428 Wie schnell Parallelen zwischen der NS-Zeit und aktuel-len Ereignissen gezogen werden, veranschaulicht einmal mehr die Aussage der Ikone der deutschen YouTube- Blogger Julien (Juliensblog) während des Streiks der Lok-Gewerkschaft GDL 2015: »Vergasen sollte man diese Mistviecher. Wisst Ihr noch, wie die Juden mit Zügen nach Auschwitz transportiert wurden? Man sollte die Zugfüh-rer alle dahinbringen. Ich fahre auch den Zug, und zwar umsonst.« Es gab einige unterstützende Aussagen aus der Community der über eine Million Abonnenten und 100 Millionen Aufrufe in Juliensblog in den Kommentie-rungen zum Video, viele allerdings äußerten sich bestürzt

422 http://www.youtube.com/watch?v=xdlsQ02G25Y&feature=related (ein-gesehen 21. 11. 2016).

423 http://www.youtube.com/watch?v=69D1K7Q8Y9s&feature=related (eingesehen 21. 11. 2016).

424 Gegenrede. Informationsportal gegen rechtsextremismus für Demo-kratie, 13. 11. 2008, http://www.gegenrede.info/news/2008/lesen.php?datei=

081113_01 (eingesehen 15. 11. 2016).

425 am 27. 10.2011 wurde er von »simbel myne« ebenfalls auf Youtube hoch-geladen und inzwischen von fast 22.000 Usern gesehen. ein Kommentar lautet:

»Man sollte dieses video in jeder 4. Klasse zeigen.« https://www.youtube.com/

watch?v=QBa3psgqtKc (eingesehen 21. 11. 2016).

426 https://www.youtube.com/watch?v=_h0ozlvUtb0 (eingesehen 15. 11.

2016). Die jüngsten Kommentare sind drei Jahre alt.

427 http://www.occupyfrankfurt.de/doku.php?id=links&rev=1321615615 (eingesehen 3. 1. 2012, die Domain steht zum verkauf, der ursprüngliche Inhalt ist nicht mehr abrufbar).

428 Die welt, 16. 11. 2011, http://www.welt.de/debatte/kommentare/article 13719989/neid-und-antisemitismus-in-der-Occupy-Bewegung.html (einge-sehen 15. 11. 2016).

über den Inhalt und wollten den Blogger anzeigen.429 Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Videos hat der Urheber es gelöscht. Julien Sewering wurde wegen Volksverhetzung zu acht Monaten auf Bewährung und 15.000 Euro Geldstrafe verurteilt.430

Kommentare, aber auch Videos auf der Plattform You-Tube werden kaum reguliert, sie bedienen immer wieder verschiedenste Formen gruppenbezogener Menschen-feindlichkeit, darunter auch regelmäßig antisemitische Stereotype. Auf der deutschen Version von YouTube werden inzwischen Videos mit volksverhetzendem Inhalt gesperrt (»Dieses Video ist in deinem Land nicht verfüg-bar«), die allerding über Zugänge im Ausland nach wie vor abrufbar sind bzw. mit eigens dafür produzierter Software entsperrt werden können. Inzwischen zeigt sich auch eine gewisse Bereitschaft bei YouTube, Kooperationen mit Nichtregierungsorganisationen einzugehen, die gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Netz arbeiten.

6.5.2.4 Blogs

Blogs spielen grundsätzlich in der deutschen digitalen Öffentlichkeit keine große Rolle. Stattdessen wird mehr über soziale Netzwerke kommuniziert. Dennoch gibt es einen kleinen, aber sehr emsigen Kreis deutscher Blog-gerinnen und Blogger, die sich intensiv damit befassen, die »Blogosphäre« mit antisemitischen Texten zu fluten.

Thematisch liegt der Fokus meist auf Israel, jedoch wird die ganze Palette antisemitischer Narrative bedient. Ganz dezidiert wird sich auf diesen Blogs mit Aktivistinnen und Aktivisten und Projekten auseinandergesetzt, die anti-an-tisemitische Arbeit machen und solidarisch mit Israel auftreten. Viele Bloggerinnen und Blogger bewegen sich auch im Umfeld der Boykott-Kampagnen (Boycott, Dives-tment, Sanctions/BDS), die unter dem Vorwand, den Kauf israelischer Waren unterbinden zu wollen, als Plattform für antisemitische Haltungen genutzt werden. Insge-samt gesehen spielen antisemitische Blogs im deutschen medialen Diskurs kaum eine Rolle, dennoch sind sie Teil der digitalen Öffentlichkeit und erfüllen auch eine Funk-tion: Antisemitische Erzählungen werden umfangreich weitergetragen und erreichen in den sozialen Netzwerken immer wieder Einzelne, die sich dem Verbreiten von Anti-semitismus willfährig anschließen. Außerdem finden sich im linken und feministischen Spektrum Blogs, die trotz

429 Der tagesspiegel, 20. 5. 2015, http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/

anzeigen-gegen-juliensblog-youtuber-will-gdl-zugfuehrer-nach-auschwitz- fahren/11803244.html (eingesehen 16.11.2016).

430 westfälische nachrichten, 11. 2. 2016, http://m.wn.de/Muensterland/

Kreis-steinfurt/westerkappeln/2271016-youtube-star-Julien-verurteilt- volksverhetzung-statt-videokunst (eingesehen 16.11.2016).

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ihres antirassistischen Ansatzes über das Thema Israel in antisemitische Vorurteile verfallen.

6.5.2.5 Instagram

Instagram gehört zu den wenigen Netzwerken, die mehr-heitlich von Frauen genutzt werden. Die Kommunikation findet über Bilder und Videos statt, die z. T. wie in einer Art Microblog mit Kommentaren versehen sind. Das Facebook-zugehörige Netzwerk ist in erster Linie eine Art digitaler Katalog. Politische Inhalte sind seltener zu finden als auf Twitter oder Facebook, jedoch werden auch auf Instagram immer wieder antisemitische Karikaturen und Bilder verbreitet ebenso wie Solidaritätsbekundungen mit Palästina, die oftmals Antisemitismus bedienen. Insbeson-dere im US-amerikanischen Raum zeigen sich antisemi-tische Narrative, die auf Instagram Verbreitung finden, nicht als Teil eines rechten oder rechtsextremen Diskurses, sondern als Teil einer feministischen und antirassistischen Haltung, die sich v. a. in der Modeszene verankert hat und auch im deutschsprachigen Raum Anklang findet. Da es bei Instagram keine klassische Teilungsfunktion gibt, muss nach antisemitischen Inhalten spezifisch gesucht werden.

Das Netzwerk löscht diese Inhalte nicht.

6.5.2.6 Google+ und andere netzwerke

Für den deutschsprachigen Raum sind weitere Netz-werke wenig relevant. Google+ ist eine Bedingung für die Nutzung von Googlemail. Zwar nutzen durchaus viele die Plattform, Kommunikation und Reichweite sind aller-dings nicht besonders ausgeprägt. Antisemitismus findet sich auch dort, jedoch ist die Relevanz für die öffentli-che Debatte nicht sehr hoch. Hinzu kommen zahlrei-che andere Netzwerke, die regionale Bedeutung haben (beispielsweise Yappy), aber zunehmend von Facebook abgelöst werden. Die Monopolisierung der Plattform Face-book und die dort vorhandene Wachsamkeit bezüglich des Themas Antisemitismus führt dazu, dass sich viele rechts-extreme und antisemitische Agitationen in das russische Netzwerk VK verlagert haben, wo sich v. a. seit 2015 eine gesteigerte Aktivität beobachten lässt. Jugendschutz.net weist im Bericht für das Jahr 2015 ebenso wie bereits 2014 darauf hin, dass sich das russische Netzwerk VK beharrlich weigere, »sämtliche Verstöße zu löschen und Maßnahmen zum Schutz junger User zu ergreifen«.431

2013 konstatierte jugendschutz.net: »Auch die Blogging-plattform Tumblr, die bei hiesigen Usern zunehmend an Bedeutung gewinnt, reagiert bei rassistischer Hetze

431 Jugendschutz im Internet. ergebnisse der recherchen und Kontrollen, Bericht 2015, s.  16, http://www.jugendschutz.net/fileadmin/download/pdf/

bericht2015.pdf (eingesehen 16. 11. 2016).

unzureichend und entfernt weder strafbare Symbole noch volksverhetzende Beiträge.«432 In ihrem Bericht für das Jahr 2015 wiederholte jugendschutz.net diesen Hinweis:

»So reagiert die zu Yahoo gehörende Bloggingplattform Tumblr auf Verstöße noch immer unzureichend.«433

6.5.3 Themen

434

In den Sozialen Medien werden Diskussionen und Debat-ten zu verschiedenen Themenbereichen genutzt, um anti-semitisch zu argumentieren. Dies geschieht sowohl sehr offen, eindeutig und explizit, z. T. aber auch eher verhalten, verdeckt und implizit.

Zentral sind die Themen Außenpolitik, Geo- bzw. Frie-denspolitik und Fragen globaler Sicherheitspolitik sowie Menschenrechte. Hierbei gilt die Regel: Je komplexer das Thema, desto schneller werden antisemitisch durchzo-gene Narrative bedient. So wird etwa Israel die Verant-wortung aller derzeitigen Konflikte angelastet und die Kontrolle über alle wichtigen globalen Institutionen unterstellt. Gleichzeitig wird Israel selbst als »größter Feind der Menschenrechte« bezeichnet und der Konflikt zwischen den palästinensischen Autonomiebestrebungen und israelischer Sicherheit allein Israel angelastet. Hierbei werden jegliche Fakten ausgeblendet und andere Akteure von Menschenrechtsverletzungen freigesprochen.

Auch eine verkürzte Kapitalismuskritik bedient immer wieder antisemitische Stereotype. Das kapitalistische System, Ängste vor Ausbeutung und globaler Ungerechtig-keit sowie seine möglichen Auswüchse werden gebündelt

»den Juden« zur Last gelegt. Ein bekanntes Beispiel aus

»den Juden« zur Last gelegt. Ein bekanntes Beispiel aus