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alter und Geschlecht antisemitischer straftäter

und straftäterinnen

Die Angaben der polizeilichen Statistik zur PMK beschrän-ken sich auf Alter, Geschlecht und politische Motivation der Täter (Abb. 3.8). Weiterführende Informationen über Bildung, soziale Herkunft oder Zugehörigkeit zu Orga-nisationen finden sich nicht. Solche Befunde ließen sich nur aus der wissenschaftlichen Analyse von Polizei- und Gerichtsakten gewinnen. Seit einer frühen Studie von Rainer Erb für die Jahre 1993–1995 hat es derartige Untersuchungen nicht mehr gegeben.124 Hier besteht eine deutliche Wissenslücke.

123 In Berlin wurden 2015 25 anschläge gezählt, davon 17 auf Kirchen (davon 16 der PMK-rechts zugeordnet – zumeist hakenkreuzschmierereien), fünf auf synagogen und drei auf Moscheen. abgeordnetenhaus Berlin, 17. wahlperiode, Drucksachen 17/17733, 17/734, 17735, schriftliche anfragen der abgeordne-ten clara herrmann (Grüne) vom 14. 1. 2016. von den fünf vorfällen unter der rubrik »synagogen« betrifft allerdings nur ein Fall tatsächlich eine synagoge (Joachimsthaler str./charlottenburg), die übigen vorfälle betreffen andere jü-dische einrichtungen (Drucksache 17/1735, s. 1). 2014 waren es 21 anschläge (Kirchen: 13; synagogen: 5; Moscheen: 3) und 2013 13 (Kirchen: 3; synago-gen: 2; Moscheen: 8).

124 rainer erb, antisemitische straftäter der Jahre 1993–1995, in: Jahrbuch für antisemitismusforschung, 6 (1997), s. 160–180.

Abb. 3.8: Alter und Geschlecht antisemitischer Straftäter/innen

Alter

Jahr bis 13 14–17 18–20 21–24 25–30 über 30

m w m w m w m w m w m w

2001 22 3 262 33 210 20 134 9 82 3 146 19

2002 19 5 247 42 230 14 178 12 212 6 304 15

2003 9 0 216 20 191 13 176 1 112 8 331 31

2004 8 1 238 33 211 18 176 10 133 9 352 40

2005 10 3 227 23 231 12 191 9 149 4 394 21

2006 9 3 297 23 259 18 241 10 182 15 324 27

2007 11 4 197 29 181 28 150 6 145 2 332 24

2008 19 3 213 15 218 19 185 9 126 2 262 23

2009 14 2 204 20 233 19 174 9 137 8 276 39

2010 20 0 146 16 152 10 130 8 104 2 180 22

2011 11 5 126 10 121 5 108 6 103 5 275 33

2012 8 0 121 8 100 6 120 11 123 7 295 23

2013 6 1 129 18 104 6 133 10 137 3 301 25

Gesamt 166 30 2423 290 2433 188 2096 110 1651 74 3772 342

Quelle: Deutscher Bundestag, 18. wahlperiode, Drucksache 18/4173, s. 6

Die Auswertungen der antisemitischen Straftaten nach dem Alter und der Geschlechtszugehörigkeit ergeben ein klares Bild. Die meisten der ermittelten antisemitischen Straftaten werden aus dem nach wie vor männlich domi-nierten rechtsextremen Spektrum heraus begangen. Ent-sprechend ist daher mit einem höheren Anteil männlicher Täter zu rechnen. Es sind denn auch die Altersgruppen der 14–24-Jährigen, die mit über 2000 männlichen Tätern in der Zeit von 2001–2013 den höchsten Anteil stellen. Die bis 13-Jährigen stellen mit 166 männlichen und 30 weib-lichen Tätern noch einen geringen Anteil, während die 25–30-Jährigen mit 1664 männlichen und 72 weiblichen Tätern/Täterinnen zwar ebenfalls einen großen Anteil stellen, doch geht deren Zahl der Tatbeteiligten gegenüber den Jahrgängen der 14–24-Jährigen erkennbar zurück.

Unter den über 30-Jährigen finden sich 3772 Täter und 342 Täterinnen, doch umfasst diese Gruppe einen erheb-lich größeren Anteil der Bevölkerung. Die Zahlen zeigen

auch, dass der Anteil der Täterinnen wesentlich unter dem der Täter liegt. Für alle Altersgruppen zusammen genom-men liegt das Verhältnis bei ca. 1 : 12 (1032 zu 12.743).

3.5 straftaten im Bereich hasskriminalität

Hasskriminalität richtet sich nicht nur gegen Juden, auch andere gesellschaftliche Gruppen sind ihr ausgesetzt. Das BKA ordnet diese Straftaten bestimmten Unterthemen zu, von denen Antisemitismus eines unter mehreren darstellt.

Eine trennscharfe Einstufung einer Tat als fremdenfeind-lich, antisemitisch, rassistisch oder religiös dürfte im konkreten Fall jedoch nicht leicht vorzunehmen sein.

antIseMItIsch MOtIvIerte straFtaten | 45

Abb. 3.9: Straftaten im Bereich Hasskriminalität 2014–2015

Quelle: Bundesamt für verfassungsschutz, verfassungsschutzbericht 2015

Abb. 3.10: Gewalttaten im Bereich Hasskriminalität 2014–2015

Quelle: Bundesamt für verfassungsschutz, verfassungsschutzbericht 2015 3945

1596

807 696

184 106 32

8529

1366 1214 1112

222 320

19

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000

fremdenfeindlich antisemitisch rassistisch Religion

sex. Orientierung gesell. Status Behinderung

2014 2015

554

45

145 104

37 7 4

975

36

174

110 54 39

3 0

200 400 600 800 1000 1200

fremdenfeindlich antisemitisch rassistisch Religion

sex. Orientierung gesell. Status Behinderung

2014 2015

Betrachtet man die Anzahl der Straftaten im Bereich Hasskriminalität generell (Abb. 3.9), so nehmen antisemi-tische Straftaten, nach fremdenfeindlichen Straftaten, den zweiten Rang ein. Ein anderes Bild ergibt sich bei Gewalt-taten. Hier dominieren fremdenfeindlich sowie rassistisch motivierte Übergriffe. Juden oder jüdische Einrichtungen sind von direkter Gewalt hingegen – auch aufgrund ihrer Bewachung – seltener betroffen. Dies spiegelt sich in den Zahlen des Jahres 2015 wieder, das durch einen starken Zustrom von Geflüchteten und einer verstärkten antimus-limischen Propaganda begleitet war. Straf- und Gewaltta-ten haben hier in fast allen Dimensionen der Hasskrimi-nalität sehr deutlich zugenommen.

Im Bereich der antisemitischen Straf- und Gewalttaten zeigt sich jedoch eine entgegengesetzte Entwicklung (Abb. 3.10). Waren die Zahlen der gegen Juden und jüdi-sche Einrichtungen begangenen Straf- und Gewalttaten im Jahr 2014 sehr hoch – 27 Prozent aller Hassverbrechen (1596 von 5858)125 – sank dieser Anteil im Jahr 2015 auf 13 Prozent (1366 von 10.373). Diese Entwicklung lässt sich zum einen auf den, im Vergleich zu 2014, fehlenden Mobilisierungseffekt für antisemitische Straftaten durch Eskalationen im Nahostkonflikt zurückführen und zum anderen auf die Konzentration rechtsorientierter Täter auf Menschen, die im Rahmen der Fluchtbewegungen aus Kriegs- und Krisengebieten im Mittleren Osten und Nordafrika nach Deutschland gekommen sind.

Den Hauptanteil der antisemitischen Straftaten bilden ideologisch motivierte Propagandadelikte. Antisemitische Gewalttaten nahmen 2014 einen Anteil von 2,7 Prozent aller antisemitischen Straftaten ein, 2015 einen Anteil von 2,6 Prozent. Dominante Tätergruppe sind im Bereich der antisemitisch motivierten Straf- und Gewalttaten nach wie vor rechtsmotivierte Täter. Der Anteil der Gewalttaten aus dem Bereich der rechtsmotivierten antisemitischen Straftaten betrug 2,4 Prozent (32 von 1342), aus dem Bereich der PMAK 6,7 Prozent (12 von 176). 2015 lag der Anteil von Gewalttaten an allen antisemitischen Straftaten aus dem Bereich PMK-Rechts bei 2,5 Prozent (30 von 1246) und im Bereich PMAK bei 5,1 Prozent (4 von 78).126  Pro-zentual finden sich also mehr antisemitische Gewalttaten im Bereich PMAK. Werden jedoch die Gesamtzahlen zugrundegelegt dominieren auch weiterhin rechtsmo-tivierte Täterinnen und Täter sowohl im Bereich der antisemistichen Straften als auch im Bereich der antisemi-tischen Gewalttaten.

125 In Frankreich erreichten 2014 die 851 antisemitischen straftaten sogar einen anteil von 51 Prozent an allen hassverbrechen, wobei dort die zahl der Juden mit 1 Prozent der Gesamtbevölkerung auch mehr als doppelt so hoch ist wie in Deutschland. Dennoch zeigt sich hier ein etwas anderes Muster. siehe:

human rights First, Breaking the cycle of violence. countering antisemitism and extremism in France, January 2016, s. 5.

126 Bundesamt für verfassungsschutz, verfassungsschutzbericht 2014.

3.6 schutz jüdischer einrichtungen

Der Schutz der Jüdischen Gemeinden obliegt den Bun-desländern und wird von den jeweiligen Polizeikräften wahrgenommen. Eine bundesweite Übersicht über den Schutz einzelner Gemeinden bzw. über die an die Gemein-den gezahlte Förderung zur Durchführung eigener Sicher-heitsmaßnahmen liegt u.W. nicht vor. Die Intensität der Bewachung (Bestreifung) seitens der Polizei hängt auch von der Einschätzung der aktuellen Gefährdungslage ab.

Für das Land Berlin liegt aufgrund der Schriftlichen Anfrage »Ist der Schutz jüdischer Einrichtungen in Berlin gesichert?« vom 11. Februar 2016 eine entsprechende Antwort der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vor.127 Demnach schützen Sicherheitskräfte der Berliner Polizei 65 jüdische Einrichtungen mobil und/oder stationär rund um die Uhr. Zudem erhält die Jüdische Gemeinde zu Berlin »zusätzlich und freiwillig seit dem Jahr 2000 nach Absprache mit dem Landeskriminalamt (LKA) Berlin und der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Leistungen für eigenes Sicherheitspersonal«.128 Die Beträge sind von 2008 bis 2012 von jährlich 1.770.160 Euro auf 2.549.280 Euro gestiegen. Das Land Berlin hat diese Sicherheitszu-wendungen bis 2015 weitergezahlt, obwohl es sich seit September 2013 in einem Rechtsstreit mit der Jüdischen Gemeinde zu Berlin über diese Zuwendungen befindet.129 In Nordrhein-Westfalen liegt der Umfang des Landesan-teils an Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtun-gen 2015 bei 3.780.000 Euro. Für die von den jüdischen Gemeinden vorgehaltenen eigenen Wachdienste werden Sachkosten in Höhe von bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr erstattet.130

3.7 einschätzung der antijüdischen

hate crimes vonseiten