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»Perspektiven von Jüdinnen und Juden in Deutschland

auf antisemitismus«

Die Diskriminierungserfahrungen und ihre Auswirkungen auf einzelne Jüdinnen und Juden sowie auf das jüdische Leben in Deutschland sind nur selten Bestandteil der Forschung. Für den Bericht des zweiten UEA wurde daher eine Expertise am Bielefelder Institut für Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) unter der Leitung von Prof. Dr.

Andreas Zick in Auftrag gegeben,339 die sich insbesondere mit der jüdischen Perspektive auf Antisemitismus in Deutschland befasst.

5.5.1 Ziel der Expertise

Ziel der Expertise sollte es sein, Sichtweisen von Jüdinnen und Juden auf das Thema Antisemitismus sowie die Erfah-rungen von Antisemitismus zu erheben.

Für die Expertise wurden zwei übergreifende Leitfragen gestellt:

1) Wie begreifen Jüdinnen und Juden das Phänomen des Antisemitismus?

Die Antworten sollten Aufschluss über die Perspek-tive von Jüdinnen und Juden auf das Phänomen des Antisemitismus, ihr Verständnis von Antisemitismus und die Einschätzung möglicher Konsequenzen für Jüdinnen und Juden heute geben.

2) Wie erleben Jüdinnen und Juden Antisemitismus (im Alltag, in der öffentlichen Debatte usw.)?

Hier sollten Erkenntnisse über Erfahrungen der Abwertung und Ausgrenzung, über Ängste, Zukunfts-vorstellungen, Wünsche, das Sicherheitsgefühl und die Beziehung zu Israel gewonnen werden.

5.5.2 Umsetzung der Expertise

Die Studie wurde in enger Abstimmung mit dem UEA, unter Einbeziehung wichtiger jüdischer Organisationen in Deutschland, relevanter Akteure der jüdischen Com-munity, jüdischer Vertreterinnen und Vertreter aus der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft sowie von vielen Jüdinnen und Juden aus der Bevölkerung umgesetzt.

339 andreas hövermann/silke Jensen/andreas zick/Julia Bernstein/nathalie Perl/Inna ramm, Jüdische Perspektiven auf antisemitismus in Deutschland.

studie des IKG der Universität Bielefeld für den Uea, Bielefeld 2016.

Entstanden sind am Ende drei miteinander verknüpfte Teilstudien:

1) Qualitative Befragung von Schlüsselakteuren (Auswahl der Befragten in Abstimmung mit Mitgliedern des UEA; befragt wurden u. a. Akteure jüdischer Organisa-tionen, Rabbiner unterschiedlicher Ausrichtung und aus unterschiedlichen Regionen)

2) Qualitative Befragung von Jüdinnen und Juden ab 16 Jahren, die überwiegend in Deutschland leben 3) Quantitative Befragung von Jüdinnen und Juden ab

16 Jahren, die überwiegend in Deutschland leben (nicht repräsentativ, aber möglichst breiter Zugang und möglichst große Stichprobe)

Die Studie wurde von einem gemischt jüdisch/nichtjüdi-schen Team von Sozialwissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen geplant und durchgeführt.340

340 Beteiligt waren folgende Personen: Dr. andreas zick (sozialpsycholo-ge, erziehungswissenschaftler; Universität Bielefeld), Prof. Dr. Julia Bernstein (Kulturanthropologin und soziologin; Frankfurt University of applied sciences), Dr. andreas hövermann (soziologe; Universität Bielefeld), andreas Grau (sozio-loge; Universität Bielefeld) und silke Jensen (soziologin; Universität Bielefeld).

5.5.3 Anlage und Umsetzung der Studie in drei Teilstudien

Während die ersten beiden Teile der Studie qualitative Methoden zur Informationsgewinnung nutzen, wurde in der dritten Teilstudie eine quantitative Erhebung durchge-führt. Im Planungsstadium wurde die Studie im Rahmen von Konsultationsgesprächen relevanten Akteurinnen und Akteuren der jüdischen Gemeinden und Community vorgestellt, Vorschläge für aus ihrer Sicht zentrale Themen eingeholt, mögliche kritische Punkte diskutiert und um Unterstützung bei der Durchführung der Studie gebeten.341

5.5.3.1 Qualitative Befragung (teilstudien I und II) Der Großteil qualitativer Daten stützt sich auf Interviews, Gruppentreffen (Gruppendiskussionen und teilnehmende Beobachtungen) und Einträge in Forschungstagebü-chern.342 Als Ergänzung zum quantitativen Teil geben die Ergebnisse der qualitativen Befragung Einblick in charakteristische Erfahrungsräume von Jüdinnen und Juden und bieten Anknüpfungspunkte für zukünftige Untersuchungen.

Die erste Teilstudie befasst sich mit der Einschätzung von Schlüsselakteuren zum aktuellen Antisemitismus in Deutschland: Wie groß ist das Problem Antisemitismus derzeit? In welchen Ausdrucksformen tritt Antisemitis-mus besonders auf? Welche besonders problematischen Entwicklungen lassen sich erkennen? Wie wird die Stim-mung in der jüdischen Gemeinde eingeschätzt? Welche Themen, Sorgen, Wünsche usw. sind dort vorhanden?

Hierzu wurden, in Abstimmung mit Mitgliedern des UEA, Schlüsselpersonen ausgewählt, die die jüdische Commu-nity in Deutschland möglichst in ihrer Vielfältigkeit abbil-den und Einsicht in unterschiedliche Kontexte (Gemein-den, zivilgesellschaftliche Organisationen, Wissenschaft usw.) haben. Die Befragung erfolgte in Form qualitativer Interviews mit 13 Akteurinnen und Akteuren aus unter-schiedlichen jüdischen Organisationen in Deutschland;

zu Wort kamen leitende Fach- und Führungskräfte. Die Interviews fanden im Frühsommer/Sommer 2016 statt und wurden von Prof. Dr. Julia Bernstein und ihrem Team geführt und ausgewertet.

341 Konsultationsgespräche fanden u. a. mit dem vorsitzenden des zentral-rats der Juden, Dr. Josef schuster, sowie mit vertreterinnen und vertretern des netzwerkes zur erforschung und Bekämpfung des antisemitismus (neBa)  – Deidre Berger, Prof. Dr. Julius h. schoeps, anetta Kahane – statt.

342 Die autorin führte während der gesamten zeit der Forschung regelmäßig ein tagebuch. In diesem wurden Beobachtungen des alltags sowie aus persön-lichen netzwerken vieler jüdischer Menschen zum thema antisemitismus auf der Grundlage der erkenntnislogischen Differenz nach klassischer kulturan-thropologischer Methode entsprechend dem Konzept der „dichten Beschrei-bung“ von Geertz protokolliert. clifford Geertz, Dichte Beschreibung: Beiträge zum verstehen kultureller systeme, Frankfurt a. M. 2002 (im Original erschie-nen in: Interpretation of culture. selected essays, new York 1973).

»Insgesamt war im qualitativen teil dieser studie sehr großer redebedarf festzustellen. […] vielen war es explizit wichtig, dass ihre stimme als Juden gehört wird, dass sie sich verstanden fühlen und dass sie die Möglichkeit bekommen, über antisemitismus offen zu sprechen, ihre Überlegungen und einschätzungen

›in die welt zu tragen‹ und über ihre Bewältigungs-strategien und wünsche für die zukunft sprechen zu können. einige haben an dieser studie besonders positiv geschätzt, dass Juden direkt zum thema anti-semitismus zu wort kommen, dass also nicht aus einer nichtjüdischen sicht über sie gesprochen wird. Dies-bezüglich sind viele IP [Interviewpartner] der ansicht, dass ihre Meinungen über jüdische themen oft als nicht ›objektiv‹ gesehen und somit als zu einseitig diskreditiert werden. wer hat die Deutungshoheit in Bezug auf die Fragen des antisemitismus? Die Betrof-fenen, die subjektiv empfinden und interpretieren, oder die außenstehenden, die scheinbar neutral dazu stehen, aber keine eigenen Diskriminierungserfahrun-gen bezüglich des themas gemacht haben?«

Ausschnitt aus der Expertise von Julia Bernstein für den UEA

erFahrUnGsräUMe UnD PersPeKtIven Der JÜDIschen BevÖlKerUnG IM UMGanG MIt antIseMItIsMUs | 99

In der zweiten Teilstudie, die ebenfalls von Julia Bernstein durchgeführt wurde, sollte mithilfe einer qualitativen Befragung ein vertiefter Eindruck der Perspektiven von Jüdinnen und Juden in Deutschland auf ihren Umgang mit Antisemitismus gewonnen werden. Die Erkenntnisse der qualitativen Befragung beziehen sich in erster Linie auf 31 narrativ-biografische Interviews, die ebenfalls im Frühsommer/Sommer 2016 geführt und in denen auch offene Fragen zum »Antisemitismus« beantwortet wur-den. Von den Interviewpartnern unterschiedlichen Alters stammen 14 aus der ehemaligen Sowjetunion, sieben aus Israel, zehn sind in Deutschland geboren und aufgewach-sen. Daneben fanden auch zwei Gruppengespräche statt.

Die erste Gruppe bestand aus 26 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern aus verschiedenen jüdischen Gemeinden in Deutschland. Die zweite Gruppe setzte sich aus 23 rus-sischsprachigen Personen des Seniorenklubs einer jüdi-schen Gemeinde zusammen. »Die Kommunikation beider Treffen fand auf Russisch statt. Besonders das Treffen mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die alltäglich intensive Kontakte mit einem breiteren Publikum in den jüdischen Gemeinden pflegen, hat uns ermöglicht, viele Informationen, alltägliche Szenarien und Geschichten zu erfahren.«343

5.5.3.2 Quantitative Befragung von Jüdinnen und Juden (teilstudie III)344

Ziel war es, eine möglichst große Anzahl von Jüdinnen und Juden in Deutschland nach ihrer Einschätzung und ihrem persönlichen Erleben von Antisemitismus zu befragen; dabei sollten die Perspektiven möglichst unter-schiedlicher jüdischer Milieus der Community einbezogen werden. Die Studie wurde als Online-Version konzipiert.

Ausschlaggebend hierfür war sowohl die Erreichbarkeit von möglichst vielen Personen als auch Zeit- und Kosten-abwägung. Der Feldzugang zu der Zielgruppe wurde mög-lichst breit angelegt. Die Einladung zur Teilnahme und der Link zur Online-Studie wurde im Schneeballsystem über Schlüsselpersonen versendet; eine möglichst heterogen zusammengesetzte Liste mit Schlüsselpersonen wurde mit Mitgliedern des UEA abgestimmt. Der Fragebogen

343 Die Befragung wurde in Form narrativer Interviews durchgeführt, für die zuvor leitfragen entwickelt worden waren. zusätzlich wurden zwei Gruppenin-terviews durchgeführt. Die InGruppenin-terviews fanden in möglichst privater, angeneh-mer und vertrauensvoller atmosphäre statt. Die jeweiligen Gesprächsprotokol-le konnten mittels der teilnehmenden Beobachtung im hinblick auf die in den Gruppen angesprochenen aspekte geführt und für den Bericht ausgewertet werden. Obwohl ursprünglich lediglich 20 Interviews mit den Betroffenen ge-plant waren, wurden entsprechend dem Prinzip des »sättigungsprozesses« viel mehr Interviews und zusätzlich noch Beobachtungen und Gespräche durch-geführt. vgl. Daniel Bertaux (hrsg.), Biography and society: the life history approach in the social sciences, london 1981.

344 Beruht auf den ergebnissen einer quantitativen Online erhebung, die im auftrag des Uea als teil der studie zu »Jüdischen Perspektiven auf antisemitis-mus in Deutschland« vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltfor-schung in Bielefeld durchgeführt wurde.

wurde u. a. über jüdische Institutionen, Einrichtungen und Verbände sowie über verschieden ausgerichtete Gemein-den im ganzen Bundesgebiet, aber auch über jüdische Medien (Zeitungen, Online-Foren) und private Netzwerke versendet. Die Erhebung lief von Ende Mai bis Ende Juli 2016, wobei die meisten Teilnehmenden gleich zu Beginn der Feldphase in der letzten Maiwoche gewonnen werden konnten, was für Online-Befragungen durchaus üblich ist.

Die Stichprobe

Die Stichprobe umfasst insgesamt 553 Befragte, die mindestens 16 Jahre alt sind und überwiegend in Deutsch-land leben.345 Ewas mehr als die Hälfte der Befragten sind Frauen, was nahezu der Geschlechterverteilung in der Gesamtbevölkerung entspricht. Die Befragten sind – ver-glichen mit der Gesamtbevölkerung – im Durchschnitt jung und hochgebildet (57 Prozent sind höchstens 45 Jahre alt, 63 Prozent verfügen über einen Hochschulabschluss).

Der überwiegende Teil (77 Prozent) kommt aus Großstäd-ten und nur vier Prozent der BefragGroßstäd-ten wohnen in einem ostdeutschen Bundesland (ohne Berlin). Die große Mehr-heit der Befragten hat die deutsche Staatsangehörigkeit (68 Prozent haben nur die deutsche Staatsangehörigkeit, 15 Prozent haben darüber hinaus noch eine weitere). Rund die Hälfte (52 Prozent) der Befragten sind in Deutschland geboren, 43 Prozent kommen ursprünglich nicht aus Deutschland. Von Letzteren stammen gut zwei Drittel (65 Prozent) aus der ehemaligen Sowjetunion. Damit ist der Anteil derer, die aus der ehemaligen Sowjetunion kommen, eher unterrepräsentiert.

Der Fragebogen

Der standardisierte Fragebogen wurde gemeinsam im jüdisch/nichtjüdischen Team und in enger Abstimmung mit Mitgliedern des UEA entwickelt, dann vor der Haupt-untersuchung in einem Pretest erprobt und noch einmal überarbeitet. Neben einer deutschsprachigen Version wurde auch eine russischsprachige zur Verfügung gestellt;

auch die Einladung zur Teilnahme wurde in zweisprachi-ger Version verschickt. Der Bogen umfasst insgesamt rund 150 Fragen und wurde im Durchschnitt in einer knappen halben Stunde ausgefüllt.

Vergleichbarkeit mit der FRA-Studie 2013

Die Anlage der für den UEA angefertigten Studie folgt im Wesentlichen der FRA-Studie 2013 (beides sind Online-Studien, die Fragebögen und Fragen sind ähn-lich), sodass sich das Muster der Ergebnisse insgesamt im Sinne einer Validierung durchaus vergleichen lässt,

345 Umfang der stichprobe nach Bereinigung. Die Bereinigung folgte den üblichen Kriterien: v. a. abweichung von der definierten stichprobe und früher abbruch der Umfrage.

die Ergebnisse im Einzelnen sich aber aus methodischen Gründen der unmittelbaren Vergleichbarkeit entziehen.

Stichprobe: Die Stichprobe ähnelt der Stichprobe der FRA-Studie, insbesondere was das hohe Bildungsniveau, die überwiegend deutsche Staatsangehörigkeit und den hohen Anteil der Befragten mit Wohnort in großen Städ-ten betrifft. Lediglich in Bezug auf die Altersverteilung zeigt sich ein Unterschied zur FRA-Studie: Die Befragten der Teilstudie III sind in der Tendenz noch etwas jünger.

In der FRA-Studie finden sich zudem keine Informationen über den Anteil der Befragten, die aus der ehemaligen Sowjetunion zugewandert sind. Durch die Gewinnung der Stichproben beider Studien im Schneeballsystem lässt sich eine Vergleichbarkeit jedoch letztlich – trotz bestehender Ähnlichkeiten – nicht gewährleisten.346

Fragebogen: Die Fragen ähneln sich, wurden aber z. T. in unterschiedlichen Fragekontexten gestellt (z. B. einmal am Anfang, einmal in der Mitte des Fragebogens nach jeweils anderen vorangegangenen Themen). Etliche Befunde der FRA-Studien wurden in der zugänglichen Publikation nur über alle untersuchten Ländern hinweg berichtet, was den Vergleich zusätzlich erschwert.

Die Befunde der nun vorgelegten Studie können also nicht direkt mit denen der FRA-Studie verglichen werden, sondern die Hinweise aus beiden Studien ergänzen ggf.

einander und komplementieren das Bild.

5.6 ergebnisse der in auftrag gegebenen studie

347

Im Folgenden werden zentrale Befunde der drei Teilstu-dien zusammengefasst und um Befunde aus vorangegan-genen Untersuchungen ergänzt. Die Befunde der aktuel-len Studie sind dabei – wie gezeigt werden wird – in vieaktuel-len Aspekten denen der FRA-Studie überraschend ähnlich.

346 Die zusammensetzung der stichproben könnte u. a. durch unterschied-liche zugangsweisen (d. h. über welche Kanäle die stichproben gewonnen wurden) voneinander abweichen. so hat die Fra-studie nach eigener aussage offenbar v. a. Personen erreicht, die mit einer jüdischen Organisation in Kontakt stehen, während vermutlich nicht-organisierte Personen eher unterrepräsen-tiert waren. Die hier vorgelegte neue studie hat ähnliche zugangswege gewählt, aber darüber hinaus versucht, über soziale netzwerke auch Personen ohne nä-heren Kontakt zu jüdischen Organisationen zu erreichen, auch wenn dies nur bedingt gelungen zu sein scheint.

347 alle Prozentangaben und abbildungen wurden aus der expertise von zick u. a. 2016 übernommen. Dort finden sich zu einigen aspekte weitere, detaillier-tere ergebnisse.

5.6.1 Die große Resonanz zeugt vom Bedarf, angehört und gehört zu werden

Dass überhaupt eine Studie zu der Fragestellung durch-geführt und Jüdinnen und Juden nach ihren Ansichten und Erlebnissen gefragt wurden, stieß bei zentralen Akteuren, aber auch bei vielen Befragten auf ein sehr positives Echo; auch der Fragebogen wurde insgesamt von vielen positiv bewertet, und viele Befragte gaben in der Kommentarspalte am Ende des Fragebogens die Rückmel-dung, wie gut und wichtig sie eine solche Studie finden.

Über 3000 Personen öffneten die Startseite, ein Drittel dieser Personen begann mit der Befragung und rund 600 Personen beendeten sie. Damit liegt die Gesamtbeen-digungsquote bei fast einem Fünftel (gut 18 Prozent), was für Umfragen in diesem Format als gut einzuschätzen ist.

Bereits dies spiegelt den großen Bedarf von Jüdinnen und Juden wider, in ihrer Perspektive, ihrem Erleben und ihren Sorgen sichtbar, ernst genommen und gehört zu werden.

5.6.2 Jüdische Identität

Die große Mehrheit der Befragten identifiziert sich selbst als jüdisch (93 Prozent voll und ganz bzw. eher) und Israel ist ein wichtiger Teil dieser jüdischen Identität (für 80 Pro-zent voll und ganz oder eher) (vgl. Abb. 5.1). 72 Pro80 Pro-zent der Befragten sind Mitglied einer jüdischen Gemeinde oder Organisation (damit sind auch in dieser Stichprobe ähnlich wie in der FRA-Stichprobe an Organisationen gebundene Personen vermutlich etwas überrepräsentiert).

Hingegen ist nur für weniger als die Hälfte der Befragten die religiöse Praxis im Alltag wichtig (für 43 Prozent sehr oder eher wichtig). Auch die große Mehrheit der Befragten der FRA-Studie identifiziert sich eindeutig als jüdisch, ohne sich aber mehrheitlich als religiös zu bezeichnen bzw. der religiösen Praxis konsequent zu folgen. Hier ist für beide Befragungen kritisch anzumerken, dass Perso-nen, die sich selbst nicht so sehr als jüdisch identifizieren ggf. auch seltener bereit waren, an der Studie teilzuneh-men, die sich explizit an Juden richtete.

erFahrUnGsräUMe UnD PersPeKtIven Der JÜDIschen BevÖlKerUnG IM UMGanG MIt antIseMItIsMUs | 101

Abb. 5.1: Jüdische Identität (Angaben in Prozent)

Abb. 5.2: »Die Erfahrungen meiner Eltern und Großeltern …« (in Prozent)

5.6.3 Erfahrungen der Großeltern und

Beständigkeit antisemitischer Stereotype